Hyaluronsäure1,2 alias Hyaluronan ist ein körpereigenes, zuckerähnliches Biopolymer, das abwechselnd aus D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-glucosamin-Einheiten besteht (Abbildung 1). Der Name Hyaluronsäure ist aus dem griechischen Begriff für "gläsern" abgeleitet und deutet auf seine Anwesenheit im Glaskörper des Auges. Hyaluronsäure ist ein ubiquitäres Schmiermittel in den Gelenken und ein wichtiger Baustein der extrazellulären Matrix und des Bindegewebes der Haut. Die Hyaluronsäure-Dichte in der Haut nimmt altersbedingt ab. Dem wird durch Faltenunterspritzungen von Hyaluronsäure und ihren zum Teil vernetzten Derivaten in der ästhetischen Medizin entgegengewirkt.
Abb. 1 Disaccharid-Wiederholungseinheit der Hyaluronsäure: D-Glucuronsäure (links) und N-Acetyl-D-glucosamin (rechts).
In der Kosmetik wird meist das Natriumsalz der Hyaluronsäure (INCI: Sodium Hyaluronate) eingesetzt. Durch die extrem hohe Wasserbindekapazität der Hyaluronsäure3 entwickelt sich ein angenehmer Feuchtefilm auf der Haut. Dabei verbindet sich die Hyaluronsäure durch Wasserstoffbrückenbindung mit dem Keratin und erzeugt eine leichte Spannung, die kleine Fältchen glättet. Der Film führt außerdem zur Verringerung der Faltentiefe. Die Hyaluronsäure-Herstellung erfolgt biotechnologisch mithilfe von Bakterienkulturen, die Polymerketten von mehreren Millionen Dalton (Da) erzeugen. Experimentelle Studien mit fragmentierter Hyaluronsäure zeigen, dass bei Größenordnungen von 50.000 und 130.000 Da ("niedermolekular") im Vergleich zu "hochmolekularer" Hyaluronsäure (ca. 2.000.000 Da) eine Steigerung der Hautfeuchte und -elastizität sowie eine Abnahme der Faltentiefe eintritt.4 Daraus wurde geschlossen, dass niedermolekulare Hyaluronsäure dieser Größenordnung die Hautbarriere durchdringen kann.5 Biophysikalisch ist die Passage bei intakter Hautbarriere jedoch nicht möglich. Inwieweit wesentlich kleinere, als auch größere Fragmente in der Gaußschen Größenverteilung des verwendeten Materials vorlagen, wurde nicht untersucht. Ungeklärt ist auch, ob das Mikrobiom der Haut zu einem weiteren Abbau der Fragmente beiträgt. Die kleinsten Bruchstücke sind letztendlich Glucuronsäure und N-Acetyl-D-glucosamin mit 221 Da und gegebenenfalls sogar Glucosamin mit 179 Da. Diese Moleküle können die Hautbarriere passieren und die endogene Hyaluronsäure-Produktion anregen.6,7 Als Penetrationsbeschleuniger für die Passage von N-Acetyl-D-glucosamin in Hautpflegemitteln eignen sich Phosphatidylcholin enthaltende Liposomen und D-Panthenol (Provitamin B5). Alternativen zu Versuchen, Hyaluronsäure oder deren Fragmente durch die Hautbarriere zu transportieren, bestehen darin, die Bildung der endogenen Hyaluronsäure außer durch Applikation von N-Acetyl-D-glucosamin durch Isoflavonoide oder Sapo(ge)nine zu stimulieren oder ihren Abbau zu beeinflussen, indem körpereigene Hyaluronidasen gehemmt werden. Für die Stimulierung nützliche Isoflavonoide kommen in Soja- und Rotklee-Extrakten vor. Geeignete Saponine finden sich etwa in Mäusedorn-Extrakten. Nachteil Abbau-hemmender Stoffe wie Heparin, Pektinen und Alginsäuren (Braunalgen) ist ihre ebenfalls hochmolekulare Struktur. Bei Süßholzwurzel-Saponinen wie Glycyrrhizin und Glycyrrhetinsäure (Aglycon) sowie dem Aescin der Rosskastanie sind die Bedingungen zwar günstiger, aber wie bei allen anderen Stoffen liegen nur in-vitro-Nachweise vor.
Anwendungen und Ansprüche
Hyaluronsäure eignet sich zur Behandlung des „trockenen Auges“, das sich insbesondere bei Bildschirmarbeit, niedriger Raumfeuchte und mangelnder Tränensekretion durch Rötungen und Entzündungen äußert. Die zweckmäßig mit Phosphatidylcholin-Liposomen vermischten Hyaluronsäure-Lösungen werden auf das geschlossene Auge gesprüht. Eine ähnliche Anwendung findet bei trockenen und gegebenenfalls entzündeten Nasenschleimhäuten statt, indem man vorzugsweise abends vor dem Zubettgehen Hyaluronsäure zusammen mit D-Panthenol in die Nase sprüht. Wie viele Polysaccharide ist auch die Hyaluronsäure ein auf der Hautoberfläche wirkender Radikalfänger. Dadurch tritt gegenüber aus der UV-Strahlung resultierenden Sauerstoff-Radikalen eine geringe Schutzwirkung ein. Die an der Radikalbildung beteiligten Schwermetallspuren wie Eisen werden komplexiert. Bei der Hautreinigung mit Wasser wird Hyaluronsäure leicht entfernt. Sie muss wieder neu aufgetragen werden. Hyaluronsäure wird in Nahrungsergänzungsmitteln angeboten. Claims wie "für eine junge Haut" oder "Erhalt einer guten Hautfeuchtigkeit" wurden von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auch bei Vorliegen einer angeblich gegenteiligen japanischen Studie als nicht bewiesen beurteilt. Nach Verordnung (EU) Nr. 1066/2013 sind diese Claims – wenn sie nicht ausdrücklich erlaubt sind ("Erlaubnisvorbehalt") – verboten. In der Werbung für entsprechende Kapseln wird daher auf die Beschreibung von Hyaluronsäuredefiziten ausgewichen, die sich durch den Alterungsprozess der Haut einstellen. Vom Aminozucker D-Glucosamin nimmt man übrigens an, dass er lebensverlängernd wirkt.8 Einen Übersichtsartikel zur Chemie und Physiologie der Hautpflege ist kürzlich erschienen.9
Literatur
1 Lautenschläger H, Hyaluronsäure – ein legendärer Wirkstoff, Kosmetische Praxis 2008, 4, 16-18. 2 Lautenschläger H, Hyaluronsäure und Polysaccharide – für Hautfeuchte und gegen Falten, medical Beauty Forum 2018, 6, 15-18. 3 Hyaluronsäure und Haut, Trends in Clinical and Experimental Dermatology, Volume 3, Volume Editors: Wohlrab W, Neubert RRH, Wohlrab J, Shaker Verlag, Aachen 2004. 4 Pavicic T, et al., Efficacy of cream-based novel formulations of hyaluronic acid of different molecular weights in anti-wrinkle treatment, Journal of Drugs in Dermatology 2011, 10 (9), 990-1000. 5 Kaya G, Tran C, Sorg O et al., Hyaluronate fragments reverse skin atrophy by a CD44-dependent mechanism, PLoS Med 2006, 3, e493. 6 Uitterlinden EJ et al., Glucosamine increases hyaluronic acid production in human osteoarthritic synovium explants, BMC Musculoskelet Disord. 2008, 9, 120. 7 Sayo T, Sakai S and Inoue S, Synergistic effect of N-acetylglucosamine and retinoids on hyaluronan production in human keratinocytes, Skin Pharmacol Physiol. 2004, 17 (2), 77-83. 8 Bell, GA et al., Use of glucosamine and chondroitin in relation to mortality, Eur J Epidemiol 2012, 27, 593-603. 9 Lautenschläger H, Die Haut und ihre Pflege, Chemie in unserer Zeit 2021, 55 (5), 306-319; https://doi.org/10.1002/ciuz.202000057.
Dr. Hans Lautenschläger |