Solange es noch nicht die Seifen der chemischen Industrie gab, hat man sich an der Natur orientiert. Zu Reinigungszwecken wurden die in Pflanzen oder Extrakten enthaltenden oberflächenaktiven Saponine verwendet. Enthalten sind sie beispielsweise in der Rinde des südamerikanischen Seifenrindenbaumes, in indischen Waschnüssen, in Hülsenfrüchten und in Rosskastanien. Die Wurzeln des Seifenkrauts (Saponaria officinalis) enthalten 2-5% Saponine.
Saponine, vom lateinischen Wort Sapo (Seife) abgeleitet, bestehen aus einem lipophilen und wasserunlöslichen Steroid-, Steroidalkaloid- oder Triterpengerüst und daran gebundenen hydrophilen, wasserlöslichen Zuckermolekülen. Stoffe, die gleichzeitig lipophil und hydrophil sind, nennt man amphiphil - eine Eigenschaft, die Saponine mit Emulgatoren und Tensiden gemeinsam haben und die Voraussetzung für ihre reinigenden Eigenschaften ist. Die in der Kosmetik verwendeten milden synthetischen Zuckertenside sind entfernte Verwandte der Saponine.
Glykoside
Natürlich ist für die Pflanzenphysiologie nicht die reinigende Eigenschaft der Saponine wichtig, sondern vielmehr die Überführung wasserunlöslicher in wasserlösliche Stoffe. Die Saponine gehören zu den Glycosiden, die innerhalb der Pflanzen mühelos hin und her transportiert werden können. Da sich die Grundkörper der Saponine - auch Sapogenine genannt - durch eine besonders komplexe Ringstruktur auszeichnen, reicht ein einziges Zuckermolekül wie bei anderen Glykosiden für die Wasserlöslichkeit nicht aus. Daher werden mehrere aneinander gekoppelt. Manchmal wird neben D-Glucose, D-Galaktose und anderen Monosacchariden auch D-Glucuronsäure, eine Zuckersäure, angehängt. Letztere dient im Übrigen in der menschlichen Niere ebenfalls dazu, nicht mehr benötigte, ursprünglich unlösliche Stoffe, unter anderem auch Arzneimittel und deren Abbauprodukte, wasserlöslich zu machen und über den Harn zu entsorgen.
Verwendung und Funktion
Saponine kommen praktisch in allen ober- und unterirdischen Pflanzenteilen sowie in den Samen vor. Dementsprechend sind sie häufig in wässrigen und alkoholischen Extrakten enthalten, die für pharmazeutische Tinkturen, Tees und kosmetische Präparate Verwendung finden. Über ihre Funktion in den Pflanzen ist relativ wenig bekannt. Die meisten Saponine und Sapogenine gehören zum sekundären Pflanzenstoffwechsel. Dazu zählen Verbindungen, die für die pflanzlichen Organismen nicht unbedingt existenziell sind, andere gelten als Abwehrstoffe - etwa gegen Fressfeinde oder schädliche Einzeller. Das schwach giftige Solanin - das Sapogenin ist ein Steroidalkaloid - verursacht die Grünfärbung der Schalen von Kartoffeln und Tomaten und schützt die Knollen vor dem Angriff von Mikroorganismen.
Empfindliche Haut
In der Kosmetik haben saponinhaltige Extrakte lange ein Schattendasein geführt. Vielleicht deshalb, weil immer wieder pauschal die hämolytische Aktivität der Verbindungsklasse kolportiert wurde. Hämolytisch wirksame Stoffe sind dafür bekannt, dass sie Schleimhautreizungen und Irritationen verursachen können - ähnlich wie die meisten Tenside; Natriumlaurylsulfat (SDS) ist z. B. ein in der Dermatologie zu Vergleichszwecken eingesetztes Standardirritans (Reizmittel für die Haut). Die Praxis sieht allerdings anders aus, denn saponinhaltige Extrakte werden mittlerweile gerade bei empfindlicher Haut im Augenbereich, Dekolleté und zur Hautpflege bei Rosacea (siehe unten) mit Erfolg und ohne Nebenwirkungen eingesetzt. Im Gegenteil: Einige Saponine stabilisieren sogar die oberflächlichen Blutkapillaren und festigen das umliegende Bindegewebe. Eine diesbezüglich lange Historie hat das Aescin der Rosskastanie hinter sich. Es vermindert die Gefäßpermeabilität und wird bei Veneninsuffizienz und Couperose in der Medizin und in der Hautpflege verwendet. Darüber hinaus wird die Hämolyse in vitro gemessen. In vivo spielen dagegen die individuelle Struktur der Saponine, die Dosierungen, die Penetration, die Reaktion mit Barriere- und Gewebebestandteilen (z. B. Cholesterin) und der Abbau durch Glykosidasen, d. h. Enzyme, die Glykoside spalten können, eine entscheidende Rolle. Auch die Gesamtzusammensetzung der verwendeten Extrakte und die Synergien der Einzelkomponenten sind von Bedeutung. Eigene Messungen an liposomalen und nanopartikulären Wirkstoffkonzentraten, die Saponine enthalten und durch die penetrationsfördernden Carrier besonders tief in die Haut eindringen, haben in keinem Fall auch nur eine einzige Hautunverträglichkeit bei einem Probanden gezeigt. Glykosidasen kommen übrigens auch im humanen Verdauungstrakt vor, so dass auch bei gewöhnlichem, saponinreichem Obst und Gemüse keine Probleme bekannt sind. Selbstverständlich kann man in der Hautpflege nicht alle Saponine verwenden. Denn manche sind giftig oder haben bereits bei niedrigen Dosierungen eine starke systemische Wirkung. So kommt etwa aus den Samen des Roten Fingerhuts das giftige Digitonin. Apropos Roter Fingerhut: Den Saponinen sehr ähnlich sind die herzwirksamen Digitalisglycoside Digoxin und Digitoxin aus den Blättern, die statt der Monosaccharide der Saponine Desoxyzucker enthalten
Multifunktionelle Wirkung
Einzelne Saponine zeichnen sich durch ein ganzes Spektrum an Wirkungen aus. Allerdings lassen sich nicht alle aus der Volksmedizin stammenden Berichte heute nachvollziehen. Erschwerend ist der Umstand, dass es sich bei den in Extrakten befindlichen Saponinen häufig um komplexe Mischungen handelt, in denen die Zusammensetzung der Zuckermoleküle variiert. Je nach Aufbereitung der Extrakte finden Abspaltungen der Zucker statt, weil manche Saponine nicht hitzestabil oder säureinstabil sind. Mit anderen Worten: Es kommen neben den Saponinen auch die Sapogenine vor. Das Verhältnis ist entscheidend für die spätere Verarbeitung in einem kosmetischen Präparat - insbesondere wenn moderne Carrier verwendet werden. Sapogenine sind für Nanodispersionen und Saponine für Liposomen geeignet. Höhere Konzentrationen von Saponinen in Liposomen können allerdings wegen ihrer hohen Oberflächenaktivität ähnlich wie bei der Hämolyse die aus Phosphatidylcholin bestehenden Membranen der Liposomen auflösen1 - wiederum eine Parallele zu den Tensiden, die sich analog verhalten.
Die Saponine der pflanzlichen Phytosterine und das humane Cholesterin besitzen identische Grundkörper aus Triterpenen. Die strukturelle Verwandtschaft dürfte die Ursache dafür sein, dass Saponine mit Cholesterin Komplexe bilden, die durch Wasserstoffbrücken und Van-der-Waals-Kräfte zusammengehalten werden. Einige Saponine reinigen daher nicht nur, sondern ziehen auch auf die Cholesterin enthaltenden Haare auf und wirken konditionierend, weshalb sie mit Erfolg in milden Haarwaschmitteln verwendet werden. Die Hautbarriere profitiert von der Bindung der Saponine am Cholesterin, da die Zuckerreste oberflächlich Feuchtigkeit binden. Die Feuchtigkeitsbindung kann durch die gleichzeitige Applikation von Hyaluronsäure verstärkt werden.2 Häufig werden Soja-Saponine eingesetzt. Der Gehalt in der Soja ist mit etwa 43 g/kg relativ hoch.3 Andere, teils fragwürdige Extrakte aus Seegurken (Seewalzen; INCI: Sea Cucumber Saponins) der Gattung Cucumaria frondosa, Seesternen (Asterias amurensis; INCI: Starfish Saponins), Großem Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis; INCI: Ziyu Glycoside III), Wurzeln der Ballonblume (Platycodon grandiflorum; INCI: Platycodin D) wurden im Inventory of Cosmetic Ingredients (CosIng) der European Commission registriert. Apropos Shampoo: Saponine bilden bei Anwendung entsprechender Formulierungen einen stabilen Schaum, den man saisonal auch auf Oberflächengewässern in pflanzenreicher Umgebung beobachten kann. Yucca- und Quillaja-Saponine (Panamarinde) werden mitunter als "Biotenside" für schäumende Getränke verwendet.
Ernährungsphysiologisch interessant ist die cholesterinsenkende Wirkung einiger Saponine, die offensichtlich ebenfalls auf der oben beschriebenen Interaktion mit Cholesterin sowie analog mit Gallensäuren im Magen-Darm-Trakt beruht.4
Die Spezialisten
Über die immunstimulierende, z. B. der Ginseng-Saponine5, und die antioxidative Wirkung einzelner Saponine wird immer wieder berichtet. Die meisten dieser Aktivitäten wurden an Zellkulturen oder anderen artifiziellen Systemen in vitro festgestellt. Inwieweit sie in der Hautpflege wirklich relevant sind, bleibt daher vielfach offen. Es gibt aber eine Reihe von Saponinen bzw. Saponin-haltigen Extrakten, die sich bei Problemen mit kapillaren Blutgefäßen und damit zusammenhängenden entzündlichen Prozessen, sprich Couperose und Rosacea, aber auch perioraler Dermatitis, in der Praxis bewährt haben. Dabei konnten straffende Einflüsse auf das Bindegewebe festgestellt werden.
Aescin ist ein Saponin-Gemisch der Kastanie, das oberflächliche kapillare Blutgefäße stabilisiert und das umgebende Bindegewebe festigt. Die Extrakte werden zur Pflege der Augenpartien und für die Rosacea-anfällige Haut, Couperose, Ödeme und die Dekolleté-Pflege verwendet. Medizinisch wird Aescin zur Behandlung von Beinvenen verwendet. Centella Asiatica (Indischer Wassernabel, Tigergras): Der an Saponinen, u. a. Asiaticosid alias Madecassoside, reiche Extrakt ist Bestandteil straffender Präparate. Efeu-Extrakt wirkt in Form von Hustensaft sekretolytisch (schleimlösend) und bronchospasmolytisch.6 Er enthält Saponine wie α-Hederin, Hederacosid B und C. In der Hautpflege steht die Ödemhemmung im Vordergrund (vgl. Mäusedorn). α-Hederin wirkt gefäßverengend.7 Inwieweit der Extrakt bei Cellulite wirksam ist, ist eher fraglich. Kigelia-Extrakte (Leberwurstbaum)8 enthalten steroidale Saponine (Aglycon: Ruscogenin) sowie Glycoside des Luteolins und 6-Hydroxy-Luteolins (gefäßtonisierend, vasoprotektiv). Phytosterine und Flavone sind weitere Bestandteile, die den Extrakt für straffende Augen- und Dekolleté-Präparate prädestinieren. Mäusedorn-Extrakt (Ruscus Aculeatus) hat eine adstringierende, gewebestraffende und gefäßstabilisierende Wirkung und wird vor allem zur Augenpflege verwendet. Er enthält Saponine und Sapogenine wie Ruscin, Ruscogenin und Neo-Ruscogenin und wird darüber hinaus bei Ödemen, Couperose und Rosacea empfohlen. Modelagen und Packungen verstärken die Wirkung. Ackerschachtelhalm-Extrakt (Equisetum arvense) wirkt ebenfalls straffend (Bindegewebe) und adstringierend durch Saponine (Equisetonin9), Flavonoide und Kieselsäure.
Am Schluss sollte noch das Glycyrrhizin alias Glycyrrhizinsäure erwähnt werden. Während sich die meisten Saponine durch einen bitteren Geschmack auszeichnen, ist das in Extrakten der Süßholzwurzel (Glycyrrhiza glabra) enthaltene Glycyrrhizin extrem süß. Es ist das Glycosid der Glycyrrhetinsäure und zeigt eine entzündungshemmende Wirkung. Süßholzextrakte werden topisch auch bei Hyperpigmentierungen verwendet, da das ebenfalls enthaltene Glabridin, ein Flavonoid, die Tyrosinase hemmt. Das Aglycon der Glycyrrhizinsäure, die Glycyrrhetinsäure, zeigt lipolytische Aktivität.10
Literatur:
- T. Paepenmüller, C. Müller-Goymann, Influence of Quil A on liposomal membranes, International Journal of Pharmaceutics 475, 138-145 (2014)
- A. Bürger, S. Gallinat, S. Fänger, A. Filbry und C. Mummert, Kosmetische Zubereitung mit Hyaluronsäure und Saponinen zur Behandlung von Hautalterungserscheinungen, DE 102005012554A1 (2005)
- H.-D. Belitz, W. Grosch und P Schieberle, Lehrbuch der Lebensmittelchemie, Springer-Verlag, Berlin, 6. Aufl., S. 787 (2008)
- B. Watzl, Saponine - Charakteristik, Vorkommen, Aufnahme, Stoffwechsel und Wirkungen, Ernährungs-Umschau 48 (6), 251-253 (2001)
- Cosmetic Ingredient Review: Safety Assessment of Panax spp. Root-Derived Ingredients as Used in Cosmetics, Final Report, October 5, 2012
- F. Runkel, L. Prenner und H. Häberlein, Ein Beitrag zum Wirkmechanismus von Efeu, Pharmazeutische Zeitung online, Ausgabe 04, 2005
- M. Wink, Ben-Erik van Wyk,, C. Wink, Handbuch der giftigen und psychoaktiven Pflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008, S. 136
- Sangita Saini, Harmeet Kaur, Bharat Verma, Ripudaman und S K Singh, Kigelia afrikana (Lam.) Benth. - An overview, Natural Product Radiance 8 (2), 190-197 (2009)
- R. Hegnauer, Chemotaxonomie der Pflanzen: Eine Übersicht über die Verbreitung und die systematische Bedeutung der Pflanzenstoffe, Springer-Verlag 2013, S. 247
- J. Bielenberg, Das kutane Fettgewebe - ein endokrines Organ, Ästhetische Dermatologie (mdm) 2015 (3), 32-39
Dr. Hans Lautenschläger |