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Hyaluronsäure - ein legendärer Wirkstoff

 

Hyaluronsäure ist im wahrsten Sinne des Wortes schon ein legendärer Wirkstoff, der in der Hautpflege, der Faltenbeseitigung und der Behandlung des trockenen Auges nicht mehr wegzudenken ist. Neben Licht gibt es aber auch viel Schatten. So kommen immer mehr Behandlungsverfahren mit Hyaluronsäure auf, die in die Rubrik Geschäftemacherei gehören und jeglicher wissenschaftlichen Basis entbehren. Lesen Sie, was wirklich in dem Wirkstoff steckt.

 

Hyaluronsäure ist ein körpereigenes zuckerähnliches Biopolymer, das abwechselnd aus D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-Glucosamin-Einheiten besteht. 

Hyaluronsäure

Hyaluronsäure ist ein essenzieller Bestandteil des Augen-Glaskörpers, ein ubiquitäres Schmiermittel in den Gelenken und ein wichtiger Baustein der extrazellulären Matrix und des Bindegewebes der Haut. Mengenmäßig hat die Haut den größten Anteil. Mit Zunahme des Alters vermindert sich die Hyaluronsäure in den Geweben kontinuierlich. Der Name "Hyaluronsäure" ist im Übrigen aus dem griechischen Begriff für "gläsern" abgeleitet und deutet auf seine Anwesenheit im Glaskörper des Auges. Wenn von Hyaluronsäure in der Kosmetik die Rede ist, handelt es sich fast ausnahmslos um das Natriumsalz (INCI: Sodium Hyaluronate).

Bindet enorm viel Wasser

Hyaluronsäure kann sehr viel Wasser binden. Wie viel Wasser, darüber gehen die Meinungen bei den käuflichen Produkten weit auseinander. Anschaulich ist aber der Vergleich mit der früher so beliebten Götterspeise ("Glibberpudding"), deren Basis das verwandte Xanthan ist: Man benötigt extrem wenig Pulver, um eine große Menge steifes Gel zu produzieren.
Aufgrund des hohen Wasser-Bindevermögens ist das Gel für die Kosmetik interessant. Aber noch eine weitere Eigenschaft macht sie gegenüber anderen Polysacchariden unschlagbar: Hyaluronsäure bildet Filme auf der Hautoberfläche, die sich nicht wie andere modifizierte Polysaccharide (Carboxymethylcellulose, Hydroxymethylcellulose, etc) nach dem Verdunsten des Präparatewassers wie eine Pergament-Folie abziehen lassen. Sie kann daher auch pur als Wirkstoffkonzentrat aufgetragen werden.
Eine interessante dermatologische Indikation ist das Syndrom des trockenen Auges. Hier werden Hyaluronsäure-Lösungen auf das geschlossene Auge gesprüht und verhindern durch die Feuchtigkeitsretention die typischen Augenrötungen und Entzündungen bei niedriger Raumfeuchte und mangelnder Tränensekretion. Für diesen Zweck haben sich auch liposomale Kombinationspräparate bewährt.

Zaubert Fältchen weg

Hyaluronsäure verbindet sich über Wasserstoffbrücken so mit dem Keratin der Haut, dass beim Verdunsten eine leichte Spannung entsteht, die kleine Fältchen wegzaubern kann. Ein weiterer Effekt ist eine leichte Aufpolsterung am Faltengrund. Hyaluronsäure ist daher ein fester Bestandteil von Anti-Aging-Präparaten. Apropos Xanthan: Kombinationen von Hyaluronsäure mit Xanthan ergänzen sich perfekt.
Wasserbindung und Aufpolsterungseffekt werden auch bei der Faltenunterspritzung und der Lippenvergrößerung genutzt. Sowohl in der Kosmetik als auch in der ästhetischen Dermatologie wird heute biotechnologisch hergestellte Hyaluronsäure eingesetzt. Die Zeit, als sie aus Hahnenkämmen gewonnen wurde, ist längst vorbei. Der Streptococcus zooepidemicus produziert beispielsweise ein qualitativ hervorragendes Produkt, das in der Regel keinerlei Unverträglichkeiten zeigt.

Prozent ist nicht gleich Prozent

Wenn Hyaluronsäure-Lösungen (Gele) durch Gefriertrocknung entwässert werden, bleibt eine weißliche pulvrige Trockensubstanz zurück, die sehr leicht Wasser zieht, also hygroskopisch ist.
Der Handel wirbt gerne mit den hohen Hyaluronsäurekonzentrationen seiner Produkte. Dabei nimmt man es vielfach mit der Wahrheit nicht so genau. So begegnet man  z. B. Konzentrationen von 10 und 20%. Der Anwender sollte sich hier nicht täuschen lassen, denn in diesem Fall ist der Anteil von Hyaluronsäure-Gel (Hyaluronsäure plus Wasser) im Kosmetikpräparat gemeint. Da die Gele selbst in der Regel nicht mehr als 1% Trockensubstanz enthalten, beträgt dann die wirkliche Hyaluronsäurekonzentration 0,1 bzw. 0,2%, um bei den oben genannten Zahlen von 10% und 20% zu bleiben. Analoge Zahlenspiele sind im Übrigen auch bei der Angabe von Extrakt-Konzentrationen sehr beliebt.
Das hygroskopische Verhalten der Reinsubstanz bedingt auch ihre Anfälligkeit gegenüber Mikroorganismen, die auf die Anwesenheit von Wasser angewiesen sind. Die Aufbewahrung kann daher nur in gut verschlossenen Behältern erfolgen.

Gelangt sie in die Haut?

Hyaluronsäure wird in unterschiedlichen Molmassen angeboten. Als Anhaltspunkt kann die Molmasse von 1.000.000 Dalton (das entspricht 1.000.000 g/mol) dienen. Häufig findet man die Aussage, dass Hyaluronsäure mit kleineren Molmassen leichter in die Haut eindringen kann, große dagegen nicht. Auch der Terminus "monomere Hyaluronsäure" wird dabei benutzt. Fest steht: von außen applizierte Hyaluronsäure erreicht auf konventionellem Wege, d. h. als Gel oder Creme aufgetragen, die defizitäre Lederhaut nicht. Sie kommt auch nicht ansatzweise durch die intakte Hautbarriere. Selbstverständlich kann man mit mechanischer Energie wie Ultraschall eine noch bessere Verankerung mit dem Keratin der Haut erreichen. Andererseits führt Ultraschall auch zur Bildung von Kettenbruchstücken. Bei niedrigen Molmassen unter 25.000 g/mol wird eine Penetration nicht mehr ausgeschlossen. Niedermolekulare Hyaluronsäure-Bruchstücke werden auch als Signalstoffe bei Entzündungen freigesetzt.

Vernetzen - wann sinnvoll?

Hyaluronsäure hat den Nachteil, dass sie beim Waschen relativ leicht wieder entfernt wird und immer wieder neu aufgetragen werden muss. Ein weiterer Nachteil ist der enzymatische Abbau des bei Faltenunterspritzungen verwendeten Materials. Um diese Nachteile zu beseitigen, wird Hyaluronsäure immer mehr chemisch modifiziert. Dabei werden die einzelnen Hyaluronsäurestränge miteinander vernetzt. Dies geschieht durch Veretherung der freien Hydroxylgruppen (-OH) und Veresterung der Carboxylgruppen (-COOH) mit polyfunktionellen Stoffen, die eine künstliche Brücke zwischen den einzelnen Strängen aufbauen. Auch die Deacetylierung der N-Acetyl-D-Glucosamin-Gruppe und die nachfolgende Kondensation mit vernetzenden Aldehyden, Carbonsäuren etc. werden beschrieben. Für Faltenunterspritzungen mag eine Quervernetzung oder gar eine "doppelte Quervernetzung" hinsichtlich des enzymatischen Abbaus sinnvoll sein, für die äußerliche Hautpflege ist sie es nicht. Denn die Wasserbindekapazität leidet darunter, da die Anzahl und Verfügbarkeit der polaren Gruppen abnimmt. Die Verträglichkeit der vernetzten Produkte wird als sehr gut beurteilt.

In Form von Mikropartikeln

Eine andere Variante ist die Kombination von Hyaluronsäure mit einer Matrix aus 2-(Diethylamino)ethyl-dextran, einem chemisch modifizierten Dextrin - auch als Sephadex DEAE A25 bekannt -, Hypromellose, einer chemisch modifizierten Cellulose (Methyl-hydroxypropylcellulose), und quervernetzter Hyaluronsäure. Auch sollen die daraus resultierenden Mikropartikel langfristig keine Irritationen oder Entzündungen nach der Injektion auslösen. Die Kombination soll außerdem eine längere Lebensdauer als die einfache Hyaluronsäure haben, da sie weniger anfällig gegenüber abbauenden Hyaluronidasen ist. In der Werbung wird sie unter anderem auch als hyperverdrillte, stabilisierte Hyaluronsäure bezeichnet.

Kombination mit Laser?

Hyaluronsäurelösungen verändern sich bei thermischen (≥ 100 °C) und mechanischen Beanspruchungen (Hochdruckhomogenisation, Ultraschallanwendungen), d. h. die Lösungen werden dünnflüssiger und enthalten mehr und mehr kurzkettige Bruchstücke, die wie oben beschrieben, leichter in die Hornschicht eindringen. Nachteilig ist, dass dabei auch die Wasserbindungsfähigkeit abnimmt. In einer Patentanmeldung, die diesen nicht neuen Vorgang beschreibt, wird behauptet, dass derartige Bruchstücke nach der Applikation ("Einmassierung") und Penetration unter Anwendung eines Infrarot-Kaltlicht-Flächenlasers wieder miteinander zur ursprünglichen langkettigen Polymerstruktur der Hyaluronsäure fusionieren. Es gibt bis heute keinerlei Belege für diese Behauptung. Die Patentanmeldung ist daher eher im Zusammenhang mit einer gezielten Marketingaktion für den Verkauf von Laser-Geräten zu sehen.

Eigenproduktion stimulieren

Alternativ zur äußerlichen Applikation von Hyaluronsäurepräparaten werden zunehmend interessant:

  • die exogene Stimulierung der Hyaluronsäuresynthese in der Haut und
  • die Hemmung Hyaluronsäure-abbauender Enzyme (Hyaluronidasen).

Die Penetration entsprechender Wirkstoffe ist im Gegensatz zur Hyaluronsäure-Penetration wesentlich einfacher und eleganter. Die Hornschicht wird korneotherapeutisch mittels Liposomen oder Nanopartikeln auf Durchlass geschaltet und nach Passieren der Wirkstoffe durch entsprechende Barrierecremes wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt. Vorteil: die Wirkung tritt genau dort ein, wo sie benötigt wird.
Die Hyaluronsäurebildung wird z. B. durch Soja-Extrakt stimuliert, der sowohl reich an Phytohormonen (Isoflavone) als auch Saponinen ist. Alternativ kann man eine Kombination aus liposomalem Rotklee-Extrakt (Phytohormone) und Mäusedorn-Extrakt (Ruscus aculeatus) einsetzen. Im Mäusedornextrakt sind die Saponine Ruscin und Ruscosid sowie ihre Aglykone (die glykosidischen Wirkstoffe ohne den Zuckeranteil) Ruscogenin bzw. Neo-Ruscogenin. Entsprechende Augen- und Faltenpräparate können zusätzlich noch mit oberflächlich wirksamer Hyaluronsäure ausgerüstet sein.

Den Abbau hemmen

Hemmend auf den Hyaluronsäure-Abbau wirken viele Stoffe, die wie die Hyaluronsäure polysaccharidartig aufgebaut sind. Dazu gehören Heparin und pflanzliche Pektine, die wie Hyaluronsäure auch Gele aufbauen  und daher u. a. als Hilfsstoffe bei der Marmeladenproduktion dienen. Das Apfelpektin ist wohl das bekannteste. Die Alginsäuren von Braunalgen sind auch in diese Kategorie einzuordnen. Allerdings haben diese Polysaccharid-Derivate ein ähnlich ungünstiges Penetrationsverhalten wie die Hyaluronsäure selbst.
Dagegen sind Saponine wie Glycyrrhizin und Glycyrrhetinsäure (Aglykon), die beide im Süßholzwurzelextrakt enthalten sind, sowie Aescin (aus Rosskastaniensamenextrakt) günstiger zu beurteilen. Ihre Wirkung konnte aber bisher nur in vitro nachgewiesen werden. Dies gilt auch für die genannten Flavonoide.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Praxis
2008 (4), 16-18

 
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