Die häufigste Ursache für die Entstehung entzündlicher Prozesse ist eine defekte, durchlässige Hautbarriere: Fremdstoffe aus Arbeitsplatz und Umwelt dringen ungehindert in die Haut ein und können Irritationen und Allergien auslösen. Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze und Viren gelangen in die Epidermis und führen zu Infekten. Eine Melanin-arme, trockene Haut mit einem gestörten NMF (Natural Moisturizing Factor) ist die beste Voraussetzung für einen Sonnenerythem - auch bei relativ geringer Strahlungsintensität. Die mechanische Beanspruchung, z. B. der Hände, bringt eine bereits schwache Hautbarriere zum Reißen. Es bilden sich Rhagaden, die sich nur langsam schließen. Trockene Haut wird häufig von einem Juckreiz begleitet. Als Reaktion kratzt der Betroffene sich. Die Folge sind offene und besonders anfällige Stellen. Hartes Wasser wirkt durch seine Härtebildner (Calcium, Magnesium) geradezu zerstörend auf eine schon defekte Barriere.
Die Beachtung einiger einfacher Regeln sowie eine geeignete Barrierepflege tragen daher bereits entscheidend zur Prävention entzündlicher Vorgänge bei: Verwendung von Barrierecremes mit Lipiden, die der Physiologie und der physikalischen Struktur der Haut möglichst nahe kommen. Unterstützung des Natural Moisturizing Factor bei einer trockenen Haut mit Aminosäuren, Harnstoff und Glycerin. Ein Großteil der Radikale, mit denen die Haut über die Luft und Strahlung konfrontiert wird, wird so unschädlich gemacht. Harnstoff wirkt gegen Juckreiz. Enganliegende, reibende Kleidung ist zu vermeiden. Melanin-arme Haut ist durch Kleidung und Sonnenpräparate zu schützen. Mechanischer Schäden am Arbeitsplatz und in der Freizeit lassen sich durch Hautschutzcremes und Handschuhe mindern. Aggressive Tenside sollten bei der Haut- und Körperreinigung nicht verwendet werden. Warmes und möglichst weiches Wasser reicht vielfach völlig aus und schont die Hautbarriere. Bei einer Allergieanfälligkeit ist nicht nur auf die Zusammensetzung (INCI) von Kosmetika zu achten, sondern auch auf die von Haushaltsprodukten. Fassadenfarben und Spachtelmassen etwa enthalten Konservierungsstoffe mit hohem Allergiepotenzial. Duftstoffe mit deklarationspflichtigen Komponenten sind eine verbreitete Allergiequelle. Die irritierenden oder allergisierenden Substanzen entstehen zuweilen erst durch die Reaktion mit Luftsauerstoff. Beispiele sind Oxide der Abietinsäure (Kollophonium) und oxidierte Bestandteile des Teebaumöls.
Darüber hinaus kennt man viele Wirkstoffe, die Entzündungsprozesse verhindern oder beeinflussen: Mittel gegen Keime Antiseptika sind topisch aufgetragene Stoffe, die in der Medizin verwendet werden. Beispiele sind Jodtinkturen und Silberverbindungen. Bei Desinfektionsmitteln wie Chlor, Wasserstoffperoxid und konzentriertem Alkohol geht es um die Keimreduzierung von Oberflächen, Wasser oder anderen Materialien. Konservierungsstoffe dienen dagegen der Haltbarkeit von meist wässrigen Pharmaka und Kosmetika. Einige Stoffe werden übergreifend eingesetzt; typisch sind Polyhexanid (PHMB) und Triclosan, die als Antiseptika, Desinfektionsmittel und kosmetische Konservierungsstoffe Verwendung finden. Für Konservierungsstoffe schreibt die Europäische Kosmetikverordnung Dosierungsgrenzen vor, so dass die mit ihnen ausgestatteten Kosmetika in der Regel nur einen geringen Einfluss auf Hautinfekte haben. Eine objektiv vorliegende Wirkung wie beim antimykotischen Clotrimazol darf kosmetisch nicht ausgelobt werden. Die Werbeaussage beschränkt sich in diesem Fall auf die Anti-Schuppenbildung, obwohl man - entsprechende Rezepturen und Messungen vorausgesetzt - auch einen Einfluss auf Fuß- und Scheidenpilz finden würde. Hexamethylentetramin (INCI: Methenamine) wirkt antimikrobiell und antiseptisch aufgrund der Abspaltung von Formaldehyd im sauren Milieu der Haut. Ein stark antiseptisch wirkender Stoff ist Aluminiumchlorid, der Hauptbestandteil von Deo-Präparaten. Kosmetisch darf nur die schweißhemmende Wirkung beschrieben werden. Ebenfalls antimikrobiell wirken Zinkverbindungen (Zinkoxid, wasserlösliche Zinksalze) und Kupfersalze. Zinksalze wie etwa Zinkgluconat sind in Aknepräparaten enthalten. Dies gilt auch für Azelainsäure, die in Kosmetika bis 1% zugelassen ist und in liposomaler Verpackung eine sinnvolle Hautpflege bei dieser Indikation darstellt. Nicotinamid (Vitamin B3) hat eine mit Clindamycin vergleichbare antiinflammatorische Wirkung bei Akne vulgaris.1,2 Viele andere Stoffe werden als antimikrobiell beschrieben. Dabei ist zu beachten, dass man zum Teil In-vitro-Resultate kolportiert oder aus Schriften der Volksheilkunde auf die Wirkung entsprechender pflanzlicher Extrakt extrapoliert, ohne diese wirklich gemessen zu haben. Fänger von Radikalen Sauerstoffhaltige Abbauprodukte ätherischer Öle können - wie oben schon erwähnt - allergisch bedingte Entzündungen auslösen. Das lässt sich durch Antioxidantien vermeiden, die die auslösenden Radikale entschärfen. UV-Filter verhindern bereits die Entstehung von Erythem-auslösenden Radikalen, indem sie die Strahlungsenergie des Sonnenlichts in Wärme umwandeln. Ein unspezifischer guter Schutz gegen Radikale ist der Natural Moisturizing Factor (NMF) der Haut, den man äußerlich mit Aminosäuren und Harnstoff unterstützen kann. Polyphenole aus Extrakten von grünem Tee, Rotem Klee, Soja oder Traubenkernen z. B. oder anderen pflanzlichen Quellen sind ebenfalls hilfreich, um exogene und endogene Radikale zu vernichten. Nicht zuletzt sollte man auch an die Klassiker wie Vitamin C und Vitamin E denken. Gegen den Juckreiz Die erwähnte juckreizhemmende Wirkung von Harnstoff (Kohlensäurediamid) und Allantoin (cyclisches Amid) lässt sich auf viele andere, vor allem organische Amide und Peptide extrapolieren. Beispiele sind die in der Hautbarriere vorkommenden Ceramide und die zu den Endocannabinoiden zählenden Fettsäureethanolamide wie Palmitinsäuremonoethanolamid. Mit diesen Substanzen lassen sich indirekt entzündliche Reaktionen der Haut vermeiden. Denn das Aufkratzen der Haut provoziert naturgemäß Infektionen. Polidocanol (INN) wird im Bereich der Dermatologie bei Juckreiz und Neurodermitis als Lokalanästhetikum eingesetzt und vermindert das Schmerzempfinden der Haut. Die zu den Polyethylenglykolen (PEG) gehörige Substanz ist in der Kosmetik unter dem Namen Laureth-9 (INCI) bekannt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, 2003) stuft Hautpflegeprodukte mit diesem Inhaltsstoff aber als gesundheitlich bedenklich ein. Adstringierende Stoffe Adstringenzien sind Stoffe, die mit Proteinen reagieren und zusammenziehend wirken. Sie besitzen meist eine antibakterielle und juckreizhemmende Wirkung und sind daher bei rissiger Haut hilfreich. Zu ihnen gehören Gallussäure und deren Ester sowie die Tannine (polyphenolische Gallussäureester). Typisch sind Hamamelis-, Birken- und Eichenrinde-Extrakte. Auch andere pflanzliche Extrakte wie grüner Tee-Extrakt (enthält Epigallocatechingallat) und Salbei-Extrakt wirken adstringierend. Sie werden vielfach in Deos verwendet. Dies gilt auch für die adstringierenden Aluminiumsalze wie das oben genannte Aluminiumchlorid. Einfluss auf das Zellgeschehen Boswelliasäuren aus dem Weihrauchharz hemmen die für die Entzündungskaskade verantwortliche 5-Lipoxygenase. Die 5-Lipoxygenase ist ein wichtiges Schlüsselenzym, das die körpereigene Arachidonsäure zur 5-Hydroperoxyeicosatetraensäure (5-HPETE) oxidiert, aus der nachfolgend die proinflammatorischen Leukotriene LTA4, LTB4, LTC4, LTD4 und LTE4 entstehen. Die Hautpflege mit Boswellia hat sich bei Personen bewährt, die zu Akne vulgaris, aktinischer Keratose, Schuppenflechte und Neurodermitis neigen. Omega-3-Säuren wie Alpha-Linolensäure, die gebunden in Leinöl, Kiwiöl und Hagebuttenkernöl vorkommen, und Eicosapentaensäure (Bestandteil des Fischöls) sowie Omega-6-Säuren wie Linolsäure und Gamma-Linolensäure werden nach topischer Applikation durch die 15-Lipoxygenase in der Epidermis in entzündungshemmende Säuren umgewandelt. Natürliche Öle mit einem hohen Anteil gebundener essenzieller Fettsäuren sind daher für die Hautpflege von großem Wert. Sie werden wegen ihrer Licht- und Sauerstoffempfindlichkeit abends appliziert. Entzündungshemmende, pflanzliche Extrakte Neben den definierten Substanzen, die auf die eine oder andere Weise auf Entzündungen Einfluss nehmen, gibt es viele natürliche Extrakte, deren Wirkung durch das Zusammenspiel mehrerer Komponenten (Synergie) bedingt ist. Als Beispiele lassen sich Auszüge aus Calendula, Spitzwegerich, Mahonia, Kamille, Aloe vera, Weidenrinde, Sonnenhut und Arnika nennen. Anhand der Arnika z. B. lässt sich auch verdeutlichen, dass Pflanzenextrakte individuell unterschiedlich verträglich sind. Neben den wundheilenden Wirkungen können sich auch gegenteilige Effekte wie eine Arnika-Allergie, Dermatitis und Ekzeme zeigen. Literaturquellen Shalita AR, Smith JG, Parish LC, Sofman MS, Chalker DK, Topical nicotinamide compared with clindamycin gel in the treatment of inflammatory acne vulgaris, Int J Dermatol. 1995 Jun;34(6):434-7 Khodaeini E et al., Topical 4% nicotinamide vs. 1% clindamycin in moderate inflammatory acne vulgaris, Int J. Dermatol 2013;52:999-1004
Dr. Hans Lautenschläger |