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Rosacea: Einsatz von Hautpflege-Boostern – Prävention und Therapie

 

Rosacea ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich ärztliche Therapie und kosmetische Prävention ergänzen und wie Sie mit gezielten kosmetischen Maßnahmen ärztliche Interventionen minimieren oder überflüssig machen können.

 

Hautrötungen haben vielfältige Ursachen. Rosacea ist nur eine von vielen und manchmal schwer abzugrenzen, da das Erscheinungsbild variieren kann. Ohne auf die komplexen biochemischen Vorgänge im Einzelnen einzugehen, lässt sich feststellen, dass es sich um das Zusammenspiel von Veränderungen der oberflächlich-kapillaren Blutgefäße, des Bindegewebes und einer Vergrößerung der Talgdrüsen handelt und sich die Symptome in Form von Erythemen, Pusteln und Teleangiektasien (Couperose) äußern.
Betroffen sind hauptsächlich hellhäutige Erwachsene mit UV-belasteter, durch Kälte oder Wärme gestresster und auf minimale Reize reagierender Haut. Demodex-Milben können darüber hinaus an entzündlichen Reaktionen beteiligt sein. Derzeit gibt es keine Therapie, die Ursachen der Rosacea zu beheben. Das Ziel ist es, die Symptome kosmetisch präventiv oder dermatologisch-therapeutisch zu behandeln und Faktoren auszuschalten, die eine Verschlimmerung bewirken können.    

Prävention

Eine wichtige präventive Maßnahme ist der Schutz vor einer UV-Belastung mithilfe einer Sonnenschutzcreme, wenn sich eine Sonnenexposition durch Schattenaufenthalt oder entsprechender Kleidung inklusive Sonnenhut nicht vermeiden lässt. Der notwendige hohe Lichtschutzfaktor lässt sich in der Regel nur mit entsprechenden Konzentrationen an Trägersubstanzen (Lösemittel, Lipide) realisieren, die wiederum eine hohe Okklusivität und eine Belastung mit Emulgatoren nach sich ziehen. Okklusivität fördert die für Rosacea typische anaerobe Keimflora, während konventionelle Emulgatoren kontraproduktiv für die vorliegende geschädigte Haut sind.
Ein Ausweg aus dem Dilemma kann der Einsatz lamellarer, auf hydriertem Phosphatidylcholin basierenden, emulgatorfreien Cremes sein. Auf Konservierungsstoffe des Anhangs der Kosmetikverordnung (KVO) sollte wegen ihres durchgehend allergenen Potenzials ebenfalls verzichtet werden, da auch sie leicht durch das geschwächte Stratum corneum hindurch diffundieren und Reaktionen auslösen. Ersatzweise kann man mit der aus der Dermatologie bekannten Azelainsäure arbeiten, die vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als Konsistenzmittel bis zu 1% für Kosmetika als unbedenklich eingestuft wird und liposomal vor dem Konservierungsstoff-freien Sonnenschutz als Serum aufgetragen werden kann. Aber selbst bei diesem optimalen Schutz ist Vorsicht geboten, da er immer noch die Infrarot-Wärmestrahlung der Sonne ungehindert hindurchlässt.
Ein weiteres Handicap der Rosacea-geplagten Haut besteht darin, auf konzentrierte wässrige Medien, die gegebenenfalls auf der Haut noch eintrocknen und sich so weiter konzentrieren, empfindlich zu reagieren. Als solche kommen Schweiß, Salz- und Meerwasser, Öl-in-Wasser-Cremes, Shampoos und alkoholreiche Gesichtswässer in Frage. Während normale Haut in der Lage ist, diese hypertonischen Situationen auszugleichen, gelingt das der Rosacea-anfälligen Haut nicht, insbesondere, wenn sie sich in einem akut entzündeten Zustand befindet.

Hautpflege  

Dem Bedürfnis, die Haut kosmetisch zu pflegen, sind enge Grenzen gesetzt. Um wasserhaltige Präparate überhaupt zu vertragen, lassen sie sich nur sehr sparsam verwenden. Jede Überdosierung führt zu Reizungen und fettreiche Produkte begünstigen die Ausbreitung anaerober Keime. Ein Ausweg können wasserfreie Oleogele sein, die auf pflanzlichen Triglyceriden und Phosphatidylcholin bestehen und in der Lage sind, antimikrobielle, nicht-allergene Komponenten wie die Azelainsäure aufzunehmen. Im Gegensatz zu den konventionellen Oleogelen auf Mineralölbasis ziehen diese in die Haut ein, wirken dadurch weniger okklusiv, reizen nicht und begünstigen das Wachstum der Anaerobier nicht.
Eine andere spezifische Eigenheit der Rosacea-Haut ist ihre nur sehr gering ausgeprägte Ausstattung an antimikrobiellen Peptiden (AMP), die zwar laufend endogen synthetisiert werden, aber leider noch schneller durch eigene proteinspaltende Enzyme (Proteasen) wieder abgebaut werden. Dies erklärt die generell leichte Infizierbarkeit der Haut durch fakultativ pathogene Keime des Hautmikrobioms und die damit verbundenen lokalen Entzündungen in Form von Pusteln. Keime arbeiten ebenfalls mit Proteasen, die einerseits gegen die AMPs der Haut gerichtet sind, andererseits aber auch dazu dienen, Hautproteine zu spalten und die resultierenden Bruchstücke und Aminosäuren als Nahrungsquelle zu verstoffwechseln.

Für die Pflege der Rosacea-Haut sind drei Wirkstoffgruppen wichtig:

  • Protease-Inhibitoren sind unterschiedlich wirksam. Wünschenswert ist die selektive Hemmung der AMP-abbauenden endogenen Proteasen und der exogenen, auf den Abbau von AMP und sonstigen Proteinen gerichteten, mikrobiellen Proteasen. Ein nicht selektiver Inhibitor ist das EDTA, dessen Wirkung auf der Bindung der zentralen Metallatome von Enzymen beruht. Da davon auch viele nützliche Oxidoreduktasen betroffen sind, sollte man – abgesehen von der Abwasserproblematik – besser auf EDTA in Kosmetika verzichten. Selektiv wirksame Protease-Inhibitoren scheinen die Boswelliasäuren des Weihrauchs zu sein, deren entzündungshemmende Wirkung ursprünglich auf eine 5-Lipoxygenase-Hemmung zurückgeführt wurde, die aber nur in vitro nachgewiesen wurde. In der Praxis zeigen nanodisperse Weihrauchextrakte in der indikationsbegleitenden Hautpflege bei Rosacea und Akne eine hohe Wirksamkeit.1
  • Entzündungshemmende Stoffe sind fester Bestandteil in Präparaten zur Hautpflege. Zu Ihnen gehören essenzielle Fettsäuren, die topisch durch das Enzym 15-Lipoxygenase verstoffwechselt werden. Dabei entstehen sauerstoffhaltige Metaboliten, die antiinflammatorisch wirken. Allerdings sollte vermieden werden, Linolsäure-, alpha- und gamma-Linolensäure-haltige Öle zu verwenden, wenn eine Sonnenexposition zu erwarten ist, da die Säuren durch UV-Strahlung und Luftsauerstoff unkontrolliert oxidieren und irritierende Peroxide gebildet werden.
    Von den Vitaminen ist das Niacinamid (Vitamin B3) zu erwähnen, das darüber hinaus auch eine regenerative Funktion hat.
    Azelainsäure kommt in kleinerer Menge im Getreide vor, hat selbst keine antiinflammatorische Aktivität, hemmt aber das Enzym 5-alpha-Reduktase von Bakterien, die so daran gehindert werden, sich unter der schützenden Decke hautpflegender Lipide auszubreiten.
    Betulinsäure stammt aus der Rinde von Laubbäumen wie Birken und Platanen und entwickelt dort wie in der Haut eine antiparasitäre Wirkung gegen Dermatophyten und Plasmodien. Antiparasitär hinsichtlich entzündungsauslösender Demodex-Milben wirkt Niemöl, das aus den Samen des indischen Niembaums gewonnen wird.
  • Als regenerative Komponenten gelten bei Rosacea neben Niacinamid und essenziellen Fettsäuren Zinksalze wie das Zinkpyrrolidoncarboxylat und gefäßstabilisierende Substanzen. Unter den letzteren dominiert die Tranexamsäure, ein synthetisches Antifibrinolytikum, das sehr effektiv die Gesichtsrötungen mildert. Unter den Extrakten sind die Saponine des Mäusedorns und der Echinacea-Extrakt hervorzuheben, die ebenfalls Rötungen und Teleangiektasien (Couperose) reduzieren und neben den oberflächennahe, kapillaren Gefäßen auch das Bindegewebe stabilisieren. Das ebenfalls gut wirksame Vitamin K darf schon seit vielen Jahren nicht mehr in Kosmetika verwendet werden. Neben der oralen Vitamin A-Säure (Tretinoin) kommt zuweilen auch Vitamin A in Form seiner Ester, allerdings niedrig dosiert, zum Einsatz.

Periorale Dermatitis

Mitunter verbunden mit der Rosacea ist die periorale Dermatitits, die sich ebenfalls durch bakterielle Infektionen und eine hohe Empfindlichkeit gegenüber kosmetischen Emulsionen und fettreichen Zubereitungen auszeichnet. Gelegentlich kommt beides zusammen vor, wobei die periorale Dermatitis eher durch eine Überpflegung, insbesondere zusammen mit regelmäßigem chemischem Peeling, entsteht. Die kosmetische Behandlung ist der der Rosacea bis auf die nicht notwendige gefäßstabilisierende Tranexamsäure sehr ähnlich.
Im akuten Stadium sind Corticoide wie bei Rosacea kontraproduktiv, während andere topische pharmazeutische Präparate wie Metronidazol und Azelainsäure vergleichbar sind. Barrierestörungen sind besonders stark ausgeprägt. Bei nässenden Partien muss auf Kosmetika ganz verzichtet werden. Erst wenn die Hautoberfläche trocken ist, kann mit entzündungshemmenden liposomalen Seren (siehe oben) begonnen werden. Gerbstoff- und Polyphenol-haltige Extrakte wie Hamamelis und Epigallocatechingallat (EGCG) sind dann hilfreich. EGCG mit seiner antiangiogenetischen Wirkung ist auch eine vorteilhafte Komponente bei Rosacea; ein niedriger pH-Wert von etwa 4,2 dient hier der Stabilisierung des Wirkstoffs.
 
Hautbarriere

Peelings mit Reibekörpern, Frucht- und anderen Säuren, Kräuterextrakten ("Kräuterpeeling") oder Mikrodermabrasion sind kurzfristig und auf Dauer in der Regel kontraproduktiv. Vielfach wird die Rosacea dadurch erst provoziert, während vorsichtige Gesichtsmassagen helfen, das Bindegewebe zu konditionieren. Zu den Barriere-stabilisierenden Komponenten in Cremes, die sparsam und mit den oben genannten Wirkstoffen ausgestattet, angewandt werden, sind Phytosterine (statt Cholesterin), Ceramide und in geringem Maße Fettsäuren zu nennen, die am besten aus nativem (Linolsäure) und hydrierten Phosphatidylcholin (Stearinsäure, Palmitinsäure) dosiert aus lamellaren Cremes freigesetzt werden.  Wie bei Rosacea sind auch Oleogele mit diesen Komponenten anwendbar – allerdings sparsam und ebenfalls mit den genannten antimikrobiellen Wirkstoffen, welche die spezifische, anaerobe Hautflora hemmen.

1Lautenschläger H, Weihrauch – Harz mit Heilkraft, medical Beauty Forum 2015 (4), 12-16

Die blauen Passagen wurden vom Verlag online publiziert.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Beauty Forum medical
2020 (5), 30-31

 
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