dermaviduals® DMS
  MenuMenü Publikationen >> Problemhaut Impressum Sitemap English
 

Neurodermitis - gezielte Prävention

 

Neurodermitis ist für Betroffene vor allem wegen der ständig trockenen, oft juckenden Haut eine große Belastung. Eine gezielte Pflege der Haut mit entsprechenden Präparaten hilft, diese Symptome zu mindern.

 

Die Angaben über die Häufigkeit der Neurodermitis, auch als atopische Dermatitis oder endogenes Ekzem bezeichnet, variieren bei Kindern zwischen 10 - 20% und bei Erwachsenen zwischen 3 und 5%. Fest steht, dass es in den letzten Jahren eine kontinuierliche Zunahme an Erkrankungen gegeben hat.
Die Auslöser für Neurodermitis-Schübe sind vielfältig: Passivrauchen, Stress, psychische Belastungen, Nahrungsmittel bis hin zu Milch und Zitrusfrüchten, Allergene wie Hausstaubmilben, Pflanzenpollen, Tierhaare, Textilien sowie Hautreizungen, Infektionen und klimatische Einflüsse (Schwitzen!).

Prävention

Es besteht ein Zusammenhang zu anderen atopischen Erkrankungen wie Heuschnupfen (allergische Rhinitis) und allergischem Asthma. Die atopischen Krankheiten basieren im allgemeinen auf einer Veranlagung, die auf eine Überempfindlichkeit des Immunsystems zurückzuführen sind. Es scheint außerdem die unzureichende Ausbildung des Immunsystems in den ersten Kindheitsjahren aufgrund kultureller Einflüsse eine Rolle zu spielen. Bei Kindern ist die Neurodermitis heute die häufigste Hautkrankheit. Unter ihnen sind offensichtlich die besonders gut "behüteten" Kinder weit stärker betroffen.
Die Krankheit kann Teile oder den ganzen Körper befallen. Häufig sind juckende Hautpartien in den Gelenkbeugen, zum Teil auch nässende Herde im Gesicht und Bläschenbildungen an Füßen und Händen.
Für die Betroffenen ist dabei vor allem die extrem trockene Haut, die sich auch zwischen den wellenartig verlaufenden Schüben nicht ändert, belastend. Diese Trockenheit kann saisonal, z. B. im Winter, stärker ausgeprägt sein. Der oft unerträgliche Juckreiz verleitet zum Kratzen, bis die Haut mitunter völlig wund ist.

Klassische Therapien

Bei akuten Schüben werden im allgemeinen Salben angewandt, die Corticoide (Cortison) und/oder Harnstoff enthalten. Cortison wirkt entzündungshemmend, Harnstoff juckreizstillend und hautfeuchteerhöhend.
Weitere Therapien bei Neurodermitis sind z. B. Ganzkörperbestrahlungen mit UV-A und UV-B nach Solebädern (Balneotherapie), die orale Einnahme von Immunmodulatoren wie Cyclosporin A und Interferon-γ oder die topische Behandlung mit Tacrolimus.
Der Nachteil von cortisonhaltigen Cremes besteht bei längerer Behandlung in einer Atrophie der Haut und damit in einer wachsenden Sensibilität gegenüber Stoffen mit allergenem Potenzial, die auf die Haut einwirken. Dazu gehören unter anderem auch Stoffwechselprodukte von Pilzen, die auf gesunder natürlicher Haut vorkommen. Daher sind die kurz nach Absetzen des Cortisons erfolgenden Schübe oftmals ausgeprägter als die vorangegangenen. Die Prävention der Neurodermitis setzt sich aus Stressbewältigung (nervliche Belastung), gezielter Ernährungsberatung, Änderungen negativer klimatischer Bedingungen und Strategien zur Vermeidung des Hautkontaktes mit auslösenden Stoffen zusammen.
Die Umstellung auf allergenarme Nahrungsmittel und eine begleitende Entspannungstherapie können daher sehr viel bewirken.

Vorbeugende Maßnahmen

Da die Auslöser der Schübe um so besser durch die Haut dringen, je trockener die Haut ist, sind Neurodermitiker besonders empfänglich für Konservierungsmittel- und Parfümstoff- Allergien, insbesondere wenn die Durchlässigkeit der Haut durch eine langanhaltende Cortisontherapie erhöht wurde.
Auch Mikroorganismen (Pilze, Bakterien, Viren) penetrieren leichter und können Entzündungen auslösen. Daher kommt der Prävention der trockenen Haut, die das äußerlich sichtbare Zeichen für eine Barrierestörung ist, eine große Bedeutung zu. Darüber hinaus ist langfristig ein Cortison-Entzug anzustreben.
Ebenso wie die Neurodermitis tritt auch das Phänomen der trockenen Haut heute in der Praxis immer häufiger auf als in früheren Jahren. Unter Experten ist man sich einig, dass die richtige Auswahl der Zusammensetzung der Hautpflegemittel eine große Rolle spielt.
Bei den heute üblichen Komponenten fallen einige Inhaltsstoffe auf, die sowohl bei Neurodermitikern als auch bei trockener Haut geradezu kontraindiziert sind:
Mineralöle (häufigster Inhaltsstoff nach Wasser) und verwandte Stoffe wie Vaseline und Erdwachse hinterlassen zwar auf der Haut ein sehr schönes glattes Gefühl, bremsen jedoch auf Dauer die eigenen regenerativen Kräfte der Haut aus. Das gilt ebenso für die inzwischen sehr verbreiteten Silikone.

Inhaltsstoffe überprüfen

Emulgatoren sind Hilfsstoffe mit der nützlichen Eigenschaft, Fettstoffe und Wasser zu einer Creme zu verbinden und in die Haut zu transportieren. Andererseits haben sie aber leider den Nachteil, umgekehrt Cremebestandteile und hauteigene Schutzstoffe aus der Haut heraus zu lösen.
Bei häufigerem Waschen kommt es daher sehr schnell zu einem trockenen Hautzustand und je nach Emulgatortyp zu teils massiven Barrierestörungen. Diese Effekte von Mineralölen und Emulgatoren erzeugen beim Verwender allmählich den subjektiven Eindruck, ohne (viel) Hautcreme nicht auskommen zu können. In Wirklichkeit ist die Haut von diesen Stoffen abhängig geworden. Es dauert eine gewisse Zeit, bis diese Abhängigkeit wieder gelöst werden kann.
Die Umstellung auf eine emulgatorfreie Hautpflege mit natürlichen Fettstoffen regt auf Dauer Stoffwechsel und Regeneration der Barriereschichten an.

Pflege ohne Emulgator

Bei einer emulgatorfreien Hautpflege verringert sich der transepidermale Wasserverlust (TEWL) der unbehandelten Haut, ein Maß für die Integrität der Barriereschichten. Selbst wenn das Eincremen einmal vergessen wurde, fühlt sich die Haut nicht gleich trocken an. Für die Integrität der Barriereschichten der Haut ist das linolsäurehaltige Ceramid I besonders wichtig. Je geringer seine Konzentration in der Barriere ist, umso mehr treten schuppende und trockene Hautzustände auf. Messungen haben ergeben, dass der Ceramid I-Gehalt in der Haut von Neurodermitikern in der Regel besonders gering ist. Daher haben sich Pflegepräparate bewährt, die in der Lage sind, Linolsäure in gebundener Form in die Haut zu penetrieren.
Für die Penetration sind insbesondere Liposomen und Nanopartikel geeignet. Um den Juckreiz zu lindern, haben sich Zusätze von Harnstoff bewährt. Da Liposomen und in abgeschwächter Form Nanopartikel die Hautbarriere durchlässiger machen, ist eine Folgebehandlung mit einer emulgatorfreien und fetthaltigen Creme sinnvoll, um die Barriere wieder zu schließen.

Hautbarriere schützen

Um eine geschlossene Hautbarriere zu erhalten, haben sich mittlerweile die sogenannten DMS-Cremes fest etabliert. DMS steht hierbei als Abkürzung für Derma-Membran-Struktur; damit sind Zusammensetzungen gemeint, die chemisch und physikalisch der Zusammensetzung der Hautbarriere sehr verwandt sind. Diese DMS-Cremes werden neben der Verwendung zur unterstützenden Prävention der Neurodermitis zunehmend auf Privatrezept zur Behandlung verschrieben. Unter den Pflegemitteln werden von Neurodermitikern insbesondere auch reine pflanzliche Öle und Wachse, wie z. B. Olivenöl und Jojobaöl meist sehr gut vertragen.
Da Öle in reiner Form naturgemäß unangenehm fetten, hat man versucht, sie in eine Form zu bringen, die ähnlich wie Cremes zu handhaben ist, aber trotzdem nach wie vor wasserfrei ist (Oleogele).
Die Wasserfreiheit hat den Vorteil, dass auf Konservierungsmittel von vornherein ganz verzichtet werden kann. Auch schwache Hautreizungen durch wasserlösliche Stoffe, die sich bei der Verwendung wasserhaltiger Cremes durch Verdunsten des Wasseranteils auf der Haut aufkonzentrieren, vergleichbar mit dem Auftrocknen von Salzwasser (Meerwasser) auf der Haut, entfallen hier.

Hautreinigung

Ein häufig vernachlässigter Faktor der Hautpflege bei Menschen mit Barrierestörungen ist die Hautreinigung. Ein tägliches Duschbad mit Shampoo und/oder Reinigungs-Syndet ist Gift für die Haut des Neurodermitikers, da alle diese Präparate entfettend wirken und die wenigen, noch vorhandenen natürlichen Barrierestoffe ausschwemmen. Hier sollte nach Möglichkeit nur reines Wasser verwendet werden, wobei auch dabei Häufigkeit und Dauer möglichst reduziert werden sollte. Besonders bei sehr kalkhaltigem Wasser ist zu beachten, dass die darin enthaltenden Calciumionen bei einer gestörten Barrierefunktion leicht in die Haut eindringen können und die Barriere weiter zerstören können. Bei Menschen, die beruflich viel mit Wasser und calciumreichen Materialien wie Gips und Mörtel zu tun haben, treten gehäuft Dermatosen auf.
Selbstverständlich kann auch der Neurodermitiker bei einer stärkeren Hautverunreinigung nicht auf ein Reinigungsmittel verzichten. Ein probates Mittel ist die gute alte Kernseife, wenn sie verdünnt und nur kurz angewandt wird. Die in der Kernseife enthaltenen Salze der Stearin- und Palmitinsäure können bei niedriger Konzentration vom Säuremantel der Haut neutralisiert und in hautidentische Säuren umgewandelt werden. Pur oder konzentrierter angewandt sind sie dagegen schädlich, da das Neutralisationsvermögen der Haut überfordert wird und die Haut aufquillt.
In jedem Fall sind Produkte zu meiden, die ethoxylierte Alkohole und andere Ethoxylate ("PEG's") enthalten, erkennbar an den Endungen der INCI-Bezeichnungen: .....eth. Dazu gehören auch die häufig enthaltenen rückfettenden Substanzen. Sie stören wie Cremes, die Ethoxilate enthalten, die Hautbarriere nachhaltig, da der Körper sie nicht abbauen kann. Darüber hinaus können sie bei Lichtexposition zu entzündlichen Reaktionen auf der Haut führen (Mallorca-Akne).
Die in vielen Reinigungsprodukten immer noch zu findende waschaktive Substanz: Natriumlaurylsulfat (INCI: Sodium Lauryl Sulfate) sollte ebenfalls gemieden werden. Sie dient heute bei dermatologischen Tests als Standard- Reizmittel zu Vergleichszwecken.

Ölbäder

Diese Art der Pflegemittel für Neurodermitiker wird unter den Dermatologen kontrovers diskutiert, da mit Ausnahme neuerer Entwicklungen auf der Basis hautaffiner Membranstoffe (Kosmetik International 2001 (3), 98- 100) das Ziel einer Ganzkörperfettung durchweg nicht erreicht wird, sondern im Gegenteil eine Entfettung stattfindet.

Parfümstoffe & Co. sind tabu

Parfümstoffe und Konservierungsmittel sind wie bereits erwähnt für Neurodermitiker tabu, da sie bei der vorliegenden Barrierestörung besonders leicht die Haut durchdringen können. Hier gilt es, die INCI genau zu studieren. Auch die in den Sonnenschutzmitteln enthaltenen chemischen Filter sind weitgehend zu meiden.
Allgemein kann festgehalten werden, dass die zu verwendenden Hautpflegemittel aus möglichst wenigen Komponenten zusammengesetzt sein sollten, die physiologisch sind bzw. kein Allergiepotenzial aufweisen.

Passende Kleidung auswählen

Die Kleidung der Neurodermitiker sollte luftig und atmungsaktiv sein, da Schweiß beim Verdunsten Salze hinterlässt, die hautreizend wirken können. Alle Materialien, die den Juckreiz erhöhen, wie z. B. Wolle, sind zu meiden. Außerdem ist auf Imprägnierungen und andere Hilfsstoffe zu achten, die ebenfalls Initial-Reizungen auslösen können.
Außerdem kann bei Neurodermitikern der Kontakt mit einer Selbsthilfegruppe nützlich sein, da dort gegenseitig Erfahrungen ausgetauscht werden können.

Dr. Hans Lautenschläger

 


Nutzen Sie zum Lesen unserer Seiten auch die Reader-Ansicht für mobile Endgeräte.
Für Fragen stehen wir über koko@dermaviduals.de gern zur Verfügung.
Dies gilt auch für Druck- und sachliche Fehler.
© Copyright Kosmetik Konzept KOKO GmbH & Co. KG, Leichlingen, www.dermaviduals.de
Revision: 26.05.2021
 
  pdf
Download
 

veröffentlicht in
Kosmetik International
2001 (11), 44-47

 
Problemhaut - weitere Literatur
Schmerzhafte Risse in der Haut
Auf den Punkt gebracht – Pigmentflecken
Krebserkrankungen – die Therapie begleiten
Korneotherapie – Quo vadis?
Problemhaut – Rückfälle in Kosmetik und Dermatologie
Rosacea: Einsatz von Hautpflege-Boostern – Prävention und Therapie
Ein Quantum Sonne - Prävention & Regeneration von Lichtschäden 
Enzyme - Hemmen oder stimulieren?
Mikrobiom und Hautentzündungen
Hormon-reguliert - Pubertät, Schwangerschaft und Wechseljahre - was tun?
Zuviel an Strahlung? Verschiedene Ursachen von Lichtschäden
Haut & Hormone
Mikroorganismen - im und um den Körper
Kettenreaktion - Hautenzyme und Enzymdefekte
Kontaktdermatosen - Ursachen, Prävention und Profi-Pflege irritierter Haut
Periorale Dermatitis - Gründe, Behandlung und Abgrenzung
Akne - Möglichkeiten der kosmetischen Prävention
Überpflegung - Einfach zu viel des Guten
Hautpflege vor und nach Eingriffen
Bitte nicht waschen! - Die schonende Hautpflege für Babys und Kleinkinder
Kosmetische Pflege bei starker Schweißbildung*
Die Barriere kitten - Wirkstoffe und Wirksysteme, die die Hautregeneration unterstützen
Die Barriere schützen - Hautpflege bei Pilzinfektionen
Schattenseiten - Erscheinungsformen von Lichtdermatosen
Im Anflug - Die Landung vorbereiten - Hautpflege bei Schwangeren
Nahrungsmittelintoleranzen - wenn Essen die Haut reizt
Behandlung von Problemhäuten - eine Übersicht
Hautpflege bei Krebstherapien
Hautpflege bei Vitiligo - Anspruch und Wirklichkeit
Cellulite von A bis Z
Grenzgänger - Kosmetische Hautpflege auf den Punkt gebracht
Korneotherapeutische Hautpflege bei Rosacea
Hormonzyklen - Hautpflege im Klimakterium
Hautpflege während der Pubertät
Hautpflege bei Schuppenflechte - ganz individuell
"Ich vertrage das Produkt nicht" - Einfluss von Arzneimitteln auf Haut und Hautpflege
Babyzarte Haut - Kriterien für die kindgerechte Pflege
Haut im Stress - Juckreiz & Co - Ursachen und Lösungen
Wenn die Haut reagiert - Kosmetika und ihre Wirkungen
Narbenbehandlung - kosmetische Prävention und Pflege
Hautpflege bei Strahlentherapie - Beruhigen, stärken & schützen
Hautelastizität - Was können Kosmetika leisten?
Dermopharmazie - Dekorative Kosmetik für die Problemhaut
Couperose - ein Thema für Wirkstoffkonzentrate
Make-up für die Problemhaut
Lichtgeschädigte Haut: Sonnenbad - das hilft danach 
"Kann man von zu vielen Feuchtigkeitsfaktoren in Cremes Akne bekommen?"
Gereizte Haut - Die Haut in Aufruhr
Aktinische Keratosen - eine Volkskrankheit?
Mischhaut - Haut mit zwei Gesichtern
Hautrötungen - den Ursachen auf der Spur
Geschichte und aktuelle Gesichtspunkte der Korneotherapie
Pflege bei Neurodermitis - Die Barriere unterstützen
Verhornungsstörungen - hautgerechte Pflege
Hautbarrierestörungen - gezielte Prävention
Akne - Prävention und Pflege
Essenzielle Fettsäuren - Kosmetik von innen und von außen
Schuppenflechte - angepasste Pflege
Neurodermitis - gezielte Prävention