Eine umfassende Hautdiagnose ist die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche kosmetische Behandlung und Pflege der Mischhaut. Präparate, die für den einen Hautzustand gut geeignet sind, können im anderen Fall zu Reizungen und Unreinheiten führen. Jede Haut hat ihre eigenen Anforderungen.
Der Hautzustand
Die Definition der normalen Haut erscheint auf den ersten Blick recht einfach: nicht zu feucht und nicht zu trocken, weder fettarm noch fettend soll sie sein. Ideale Eigenschaften, die von den Erbanlagen bestimmt werden. Doch ganz so einfach ist es nicht. Der Hautzustand wird von einer Reihe weiterer Faktoren beeinflusst. Dabei spielen z. B. Klima und Mikroklima eine große Rolle. Eine asiatische Haut, die bei 30 oC und 90%iger Luftfeuchte normal erscheint, kann nach mehreren Stunden unter einer Klimaanlage mit 22 oC Raumtemperatur und 30%iger Luftfeuchte völlig ausgetrocknet sein. Ähnliche Veränderungen kann man bei uns beobachten, wenn sich Luftfeuchte und Temperatur im Außen- und Innenbereich unterscheiden - typischerweise in der kalten Jahreszeit. Darüber hinaus spielen Essen und Trinken, das Reinigungsverhalten und die verwendete Hautpflege eine herausragende Rolle. Dies lässt sich leicht an der Tatsache ermessen, dass trockene Haut heute sehr viel häufiger vorkommt als wie vor 50 Jahren. Nicht zuletzt verändert sich unsere Haut vom Babyalter über den Teenager bis hin zur reifen und Altershaut. Dabei lassen sich Änderungen in der Hautdicke, der Hautdurchlässigkeit und Hautzusammensetzung feststellen, die durch Hormone und andere körperliche Regulatoren gesteuert werden. Wenn wir Hautzustände wie fett-feucht, fett-trocken, trocken-fettarm, fettarm-feucht unterscheiden, sind diese also immer relativ zu den jeweiligen Rahmenbedingungen zu sehen.
T-Zone & Co.
Der Hautzustand variiert bei ein und derselben Person - z. B. abhängig von der Hautdicke - über den ganzen Körper. Behaarte Zonen haben andere Eigenschaften als unbehaarte. Die Schweiß- und Talgdrüsen sowie die Durchblutung sind ungleich verteilt. Extremitäten unterscheiden sich von Rumpf und Gesäß. Eine ganz besondere Bedeutung hat die Gesichtshaut. Sie steht im Mittelpunkt, da sie ein Aushängeschild für die einzelne Persönlichkeit ist. Bereits kleine Unterschiede finden hier besondere Beachtung. Auffallend ist vor allem, wenn die T-Zone, also Stirn, Nase und Kinn, fett-feucht sind, während die Wangen, eher "normal" oder sogar trocken-fettarm, insbesondere im Bereich der Augen und des Mundes, erscheinen. Für diesen Zustand hat sich schon früh die Bezeichnung "Mischhaut" eingebürgert. Hautdiagnostisch gesehen, gibt es diese Unterschiede auch bei der scheinbar normalen Haut, nur sind sie vielleicht nicht so ausgeprägt.
Objektive Messungen
Zwei einfache Messungen können dies veranschaulichen: die Messungen der Hautfeuchte und des Sebums. Sie können leicht mit einem Corneometer (Hautfeuchte) und einem Sebumeter (Sebum) durchgeführt werden und dauern zusammen nicht einmal eine halbe Minute. Sie zeigen in der Regel bei jedem Hauttyp Unterschiede zwischen der T-Zone und dem übrigen Gesicht, wobei die Differenzen kleiner oder größer sein können. Die Messungen belegen, dass die Einschätzung "Mischhaut" sehr subjektiv sein kann - vergleicht man Messwerte und den persönlichen Eindruck. Interessant kann auch der Vergleich der Mess-Resultate sein, wenn man die Messungen bei der gleichen Haut ca. 2 Stunden nach der Reinigung ohne erneute Pflege und ca. 2 Stunden nach dem Auftragen der Pflege betrachtet. Die T-Zone tritt nämlich in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Pflege dann besonders stark hervor, wenn diese Fettstoffe enthält, die nur langsam oder gar nicht in die Haut eindringen. Häufig wird von dem Betroffenen auch ein Glänzen der oberflächlichen Fettstoffe beobachtet.
Pflegestoffe
Fest steht, dass Fettstoffe durch den erhöhten Sebumfluss entlang der T-Zone langsamer einziehen. Daraus kann man hinsichtlich der Pflege schon einen wichtigen Schluss ziehen, nämlich dass die Auswahl der Fettstoffe unter anderem nach ihrem Einzugsvermögen erfolgen sollte. Dies ist für einen Nichtchemiker nicht so ganz einfach. Es gilt die Faustregel: Natürliche Fettstoffe in Form von Triglyceriden ziehen besser ein als indifferente Kohlenwasserstoffe (Mineralöle und Wachse), niedrigmolekulare und ungesättigte schneller als höhermolekulare und gesättigte. Triglyceride haben darüber hinaus den Vorteil, dass sie zur Physiologie der Haut besser passen und zum Teil zu Diglyceriden, Monoglyceriden sowie Glycerin und Fettsäuren abgebaut werden können. Für Mineralöle, Erdwachse und Silikone trifft dies nicht zu. Sie verändern sich nicht.
Die richtige Behandlung
Selbstverständlich sollte der Auftrag an der T-Zone geringer ausfallen als in den anderen Bereichen. Der Gebrauch eines talkumfreien Puders kann hilfreich sein, da er nicht nur überschüssiges Fett aufnehmen kann, sondern bei geeigneter Zusammensetzung auch die Lichtreflexion diffus in alle Richtungen lenkt und damit das Glänzen unterbindet. Eine weitere Möglichkeit der Behandlung sind unterschiedliche Präparate für T-Zone und Gesicht allgemein. Hier bieten sich bei stärkerem Sebumfluss Liposomenkonzentrate an, die unter diesen Hautverhältnissen eine leichte Sebumsuppression bewirken. Praktisch gesehen trägt man an der T-Zone das Liposomenkonzentrat auf und appliziert danach auf der gesamten Gesichtshaut ein weiteres Pflegepräparat. Letzteres sollte möglichst frei von Emulgatoren und Konservierungsstoffen sein, um die Wirksamkeit der Liposomen nicht zu beeinträchtigen und Probleme mit eingeschleusten Konservierungsstoffen zu vermeiden. Gegebenenfalls kann man an der T-Zone auf eine weitere Behandlung ganz verzichten oder für das ganze Gesicht ein fettarmes oder fettfreies Gel anwenden. Bei der Reinigung ist es wichtig, dass eine häufige Entfettung die Sebumproduktion noch mehr anregt. Da dabei ständig NMF-Substanzen (Natural Moisturizing Factor) entfernt werden, kann im Extremfall eine feuchtigkeitsarme Haut entstehen. Dann sollte man mit NMF-haltigen Liposomen behandeln.
Hormonelle Einflüsse
Durch die hormonelle Umstellung in den Wechseljahren nimmt die Sebum-Produktion meist ab und die vorher fettreicheren Zonen erscheinen nicht mehr so dominant. Dann erübrigt sich eine Sonderbehandlung, da nun insgesamt ein normaler bis trocken-fettarmer Hautzustand vorherrscht. Für die trocken-fettarme Haut sind dann Pflegecremes empfehlenswert, die einen entsprechenden Fettanteil und Feuchthaltesubstanzen enthalten.
Abgestimmte Pflege
Im Allgemeinen wird die Mischhaut eher unter der normalen Haut eingeordnet und findet daher in der Dermatologie wenig Beachtung im Vergleich zur kosmetischen Institutspraxis. Dagegen hat man es in beiden Disziplinen neben der originären Mischhaut häufig mit anderen partiellen Störungen wie z. B. Akne und Couperose zu tun. Hier kann in gleicher Weise verfahren werden wie oben beschrieben. Die Kombination aus einem geeigneten Wirkstoffkonzentrat und Pflegecreme oder -lotion ist immer die beste Lösung. Zu bemerken ist noch, dass auch die Auswahl von Make-ups und getönten Tagescremes zum Instrumentarium des Instituts gehört, um unterschiedliche Hautpartien optisch auszugleichen. Sie müssen allerdings hinsichtlich ihrer Zusammensetzung auf die vorangegangene Pflege abgestimmt sein, um kontraproduktive Effekte auszuschließen.
NMF-Haushalt
Die fett-feuchte Haut wird im ausgeprägten Zustand als Seborrhoe oleosa, die fett-trockene als Seborrhoe sicca bezeichnet. Das Glänzen der Haut kann bei der Seborrhoe sicca fehlen, wenn das Sebum durch die veränderte Struktur der Hornschicht größtenteils absorbiert wird. Hier sollte bei der Wahl der NMF-Substanzen vor allem auf Aminosäuren und Harnstoff Wert gelegt werden. Liposomen dienen als Penetrationsverstärker und helfen in doppelter Hinsicht als Wirkstoff: Sie reduzieren den Sebumfluss und modulieren die häufig zugrunde liegende stärkere Verhornung durch das in ihnen enthaltene Phosphatidylcholin. Zum Schluss noch ein Wort zur fettarm-feuchten Haut. Sie ist eher die Ausnahme, kommt meist nur temporär vor und ist in der Regel auf eine feucht-heiße Umgebung zurückzuführen. Bei einem Wechsel zu einer Umgebung mit niedriger Luftfeuchte entsteht daraus eine trocken-fettarme Hautsituation, da der transepidermale Wasserverlust (TEWL) aufgrund des mangelhaften Lipidmantels ansteigt und der NMF der Haut nicht ausreicht, genügend Wasser zu binden.
Dr. Hans Lautenschläger |