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Make-up für die Problemhaut

 

Make-up ist Kosmetik in ihrer ureigensten Bedeutung - es verschönert das Erscheinungsbild. Dafür nutzte man schon seit jeher unterschiedliche Pigmente, Farbstoffe und mineralische Komponenten. Die Gesunderhaltung der Haut gehörte dagegen eher in den medizinischen Bereich. Heute vereint die Kosmetik beides: Hautpflege und dekorative Präparate. Wenn das auch mit ein und demselben Präparat funktioniert, profitieren davon insbesondere Kunden mit Problemhaut.

 

Bei den meisten Make-up-Präparaten besteht trotzdem ein Widerspruch zur Hautpflege. Sie beeinträchtigen wegen ihrer Zusammensetzung oft die Regenerationsfähigkeit der Haut, indem sie sie lückenlos abdecken. Bei der Problemhaut können sie geradezu kontraproduktiv sein, wenn darüber hinaus noch Konservierungsmittel und Duftstoffe in den Präparaten enthalten sind. Da gerade die sensible und Problemhaut sowie Barrierestörungen allgemein zunehmen, wächst das Bedürfnis nach Make-up-Präparaten, die gleichzeitig eine optimale Regeneration der Haut ermöglichen.

Camouflage: so lange wie nötig

Auf eine Camouflage, die ein Feuermal oder ähnliche bleibende und stark auffallende Hauterscheinungen vollständig abdeckt, kann man heute nicht verzichten. Diese perfekt kaschierenden, meist medizinischen Produkte enthalten organische Polymere (Hydrogenated Polyisobutene), langkettige Kohlenwasserstoffe (Mineral Oil, Petrolatum), und Wachse, die dafür sorgen, dass die Camouflage wischund wasserfest ist und somit möglichst allen äußeren Einflüssen standhält. Da aber auch bei Trägern der Camouflage die Regenerationsfähigkeit der Haut wichtig ist, empfiehlt es sich, diese tatsächlich nur so lange auf der Haut zu lassen, wie sie wirklich benötigt wird. Das verhindert, dass die bereits geschädigte Haut noch träger und sensibler wird und durch Atrophie-Erscheinungen anfälliger gegenüber Allergieauslösern und Irritanzien wird.

Wo bleibt die Regeneration?

Ganz anders sieht es bei alltäglichen Situationen aus, wenn die Haut zum Beispiel gerötet, im Grenzfall vielleicht leicht irritiert ist oder wenn vorübergehende Pigmentstörungen, Hautunreinheiten sowie lokale Auffälligkeiten vorliegen, die z. B. aus Couperose, Rosacea, Komedonen (Akne- und Aknevorstufen) sowie Verhornungs- und Barrierestörungen (z. B. Neurodermitis) resultieren, um nur einige zu nennen. In diesen Fällen sind einerseits eine atmungsaktive Kaschierung notwendig, andererseits aber auch ein Hautschutz sowie eine mit der Hautpflege kompatible und regenerative Formulierung. Noch besser ist es, wenn der Make-up-Auftrag selbst hautpflegende Eigenschaften hat. Die Lösung dieser komplexen Aufgabe ist jedoch nicht ganz einfach. Naturgemäß muss man Kompromisse eingehen, wobei die Erhaltung eines optimalen Hautzustandes auf Dauer als Hauptziel im Vordergrund stehen muss. Dies lässt sich nur erreichen, wenn die Zusammensetzungen physikalisch und chemisch möglichst physiologisch sind und individuell angepasst werden können.

Pigmente gut verpackt

Ausgehend von emulgatorfreien Systemen wie Derma Membran Struktur (DMS), die diese Bedingungen erfüllen, liegt der Gedanke nahe, sie mit mineralischen Pigmenten basierend auf Titandioxid (INCI: Titanium Dioxide), Siliziumdioxid (INCI: Silica), Glimmer (INCI: Mica) und Eisenoxiden (INCI: Iron Oxides) zu kombinieren. Diese Pigmente einschließlich Eisenhexacyanoferrat (INCI: Ferric Ferrocyanide (CI77510)) sind in Lebensmittelqualität verfügbar und decken mit ihrem Farbspektrum praktisch alle Hauttöne ab. Die Pigmente sind zumeist mehrschichtig aufgebaut, d. h. sie haben in der Regel einen Kern aus Mica, Silica oder Titandioxid, der z. B. von unterschiedlich dicken Schichten aus Eisenoxid umgeben ist. Diese Schichten werden auch als "Coating" bezeichnet. Dadurch lassen sich ganz unterschiedliche optische Effekte bis hin zur scheinbaren Faltenreduktion erzeugen, die auf der Beeinflussung der Lichtreflexion beruhen. Insgesamt sind dies scheinbar beste Voraussetzungen für das Problemhaut-Make-up. Doch sind die bekannten DMS-Systeme allein nicht in der Lage, Pigmente in ausreichender Konzentration in einer Creme aufzunehmen und später auf der Haut stabil und optisch zufriedenstellend zu fixieren. Nicht umsonst enthalten heute neben der Camouflage auch Creme-Foundations und getönte Tagescremes meist langkettige Kohlenwasserstoffe wie Paraffine, Vaseline, Erdwachse oder nichtflüchtige Silikone, die auf der Hautoberfläche zurückgehalten werden und dort für einen glättenden Film und über längere Zeit eine stabile Fixierung der Pigmentteilchen sorgen. Sie sind auch für Wasserresistenz und Schweißfestigkeit verantwortlich. Leider verringern sie aber auch die Regenerationsfähigkeit der Haut und sind aus dermatologischer Sicht, insbesondere wenn darunter ein Heilungsprozess ablaufen soll, weniger geeignet.

Oleogele für den Hautschutz

Nun hat es in letzter Zeit eine weitere Entwicklung in der dermatologischen Kosmetik gegeben, die auf den Ersatz von Paraffinen in so genannten Oleogelen abzielte. Oleogele sind im Gegensatz zu Cremes halbfeste, wasserfreie Zusammensetzungen, die hauptsächlich aus Ölen und Fetten bestehen. Konventionelle Oleogele sind nicht sehr beliebt; sie lassen sich zwar besser als flüssige Öle auf der Haut verteilen, allerdings hinterlassen sie auf der Haut ein unangenehm fettiges Gefühl. Wenn man in diesen Formulierungen ein penetrationsförderndes Phosphatidylcholin und gleichzeitig ein barrierestabilisierendes hydriertes Phosphatidylcholin zusammen mit physiologischen Ölkomponenten (Triglyceride inkl. Phytosterine) einsetzt, erreicht man eine gute Resorption und eine Anreicherung von Fetten in den obersten Barriereschichen; mit anderen Worten: einen optimalen Hautschutz, der nicht auf die Hautoberfläche beschränkt ist. Man kann nun einen Teil des Fettkörpers durch Triglyceride mit aktiven Wasserstoffbrücken- bildenden Hydroxylgruppen, z. B. Rizinusöle oder deren Derivate, ersetzen und erzeugt nun je nach Dosierung auf der Hautoberfläche einen mehr oder weniger starken "Haftgrund", der das Fixieren von Pigmenten erleichtert.

Natürliche Foundations

Die geeignete Kombination aus den neuen Oleogelen (Hautschutz), DMS (Hautpflege) und dekorativen Pigmenten erlaubt die Herstellung von Fluid-Foundations und getönten Tagescremes, die auch dermatologischen Ansprüchen standhalten. Selbstverständlich kann man nicht die Grenzeigenschaften der oben beschriebenen Camouflage erwarten, dafür zeichnen sich die resultierenden Präparate aber durch eine hohe Natürlichkeit hinsichtlich ihrer optischen Eigenschaften aus. Appliziert man zuvor Wirkstoffkonzentrate, z. B. auf Basis von Linol-, α-Linolen- und γ-Linolensäure mit entsprechenden Carriersystemen, können Verhornungs- und Barrierestörungen unter der Oberfläche wirksam behandelt werden. Dadurch sinkt der psychologische Leidensdruck entscheidend.

Stifte für empfindliche Lippen

Ähnlich wie bei Oleogelen werden zur Herstellung von Lippenstiften wasserfreie Zusammensetzungen benötigt. Auch hier spielen natives und hydriertes Rizinusöl eine große Rolle, was die Haftung betrifft. Oleogele wären als Grundlage oder Komponente aus oben genannten Gründen ideal; sie sind aber nur beschränkt oder in Form kleiner Zusätze geeignet, da sie in der Regel eine zu weiche oder brüchige Konsistenz ergeben. Zur Konsistenzerhöhung und Verfestigung der Stifte werden nach wie vor Wachse wie Carnaubawachs und Bienenwachs verwendet. Zusammen mit den oben genannten Pigmenten sind aber Formulierungen möglich, die weitgehend frei von konservierenden und anderen Hilfsstoffen sind und sich damit auch für empfindliche Lippen und als Hautschutzstifte (pigmentfrei) eignen.

Puder ohne Konservierung

Wichtig im Sortiment der Make-up-Produkte sind Puder, die alleine oder als Abschluss auf die vorangegangene Foundation aufgetragen werden. Auch sie lassen sich frei von sensibilisierenden Hilfsstoffen aus den o. g. Pigmenten herstellen und sind dann für die Problemhaut gut geeignet. Auf Konservierungsstoffe kann man verzichten, wenn man Harnstoff zusetzt, der gleichzeitig dafür sorgt, dass evtl. vorhandener Juckreiz verschwindet und die Hautfeuchte durch den Puder nicht beeinträchtigt wird. Der Zusatz von Polyamiden, natürlicher Tonerde und Magnesiumstearat erhöht die Haftung der Puder; Talkum wird dazu dann nicht mehr benötigt. Die Puder nehmen Fettstoffe der Haut auf, was insbesondere bei seborrhoischer Haut von Interesse ist, wirken aber trotzdem nicht austrocknend. Kompaktpuder erhält man durch Zusatz geringer Mengen von Fettstoffen. Für dermatologische Anwendungen können die Puder darüber hinaus mit pharmazeutischen Wirkstoffen wie Lokalanästhetika, Antibiotika und Antiseptika versetzt werden.

Prävention

Selbstverständlich sind Make-up-Präparate für die Problemhaut auch für die dekorative Pflege der normalen Haut geeignet. Hier spielt naturgemäß insbesondere der Präventionsgedanke eine Rolle. Die Haut wird optisch verschönert, gleichzeitig sind aber Hautpflege und Hautschutz optimal gegeben. Ein weiterer positiver Aspekt ist der leichte Sonnenschutz von pigmenthaltigen Make-up-Präparaten, der größenordnungsmäßig je nach Konzentration zwischen Faktor SPF 1 und SPF 4 anzusetzen ist. Dadurch können chemische Filter, die häufig in Hautpflegepräparate eingebaut sind, ganz vermieden werden.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Praxis
2006 (6), 8-9

 
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