Als Dermatosen werden allgemein alle Erscheinungen bezeichnet, die sich von der normalen Haut unterscheiden, also Rötungen, Entzündungen, Bläschen, Barriere- und Verhornungsstörungen (Keratosen) oder Schwellungen, die mit Juckreiz, Schmerzen, geänderter lokaler Empfindlichkeit oder anderen Beschwerden verbunden sind. Dermatosen können genetische, mikrobielle, virale und physikalische Ursachen (z. B. Strahlung, mechanische Beanspruchung der Haut) haben oder durch den Kontakt mit unverträglichen Stoffen entstehen (Kontaktdermatosen), wobei das Zusammenspiel stofflicher und physikalischer Faktoren bei Kontaktdermatosen nicht selten ist. Viele Ursachen In der Praxis sind insbesondere drei Typen von Interesse, für die es - wie in der Medizin nicht unüblich - eine Reihe von Synonymen gibt: - Allergische Kontaktdermatose - alias Allergische Kontaktdermatitis oder Allergisches Kontaktekzem: Allergische Reaktionen setzen die Passage von Stoffen mit naturgemäß kleiner Molekülmasse durch die Hautbarriere und die Auslösung einer über das Ziel hinausgehenden Immunreaktion voraus. Dabei kann es zu Sofortreaktionen oder Spättyp-Allergien (bis zu 72 h nach Kontakt) kommen. Die biologischen Mechanismen sind recht unterschiedlich.
- Irritative Kontaktdermatose - alias Toxisches Kontaktekzem oder Irritatives Kontaktekzem: Bei Irritationen erfolgt ein direkter Angriff exogener Stoffe auf die Hautstrukturen und es kommt zu akuten Entzündungen. Sowohl synthetische als auch natürliche Stoffe können die Ursache sein.
- Kumulativ-subtoxisches Kontaktekzem - alias Subtoxisch-degeneratives Ekzem, Irritatives Ekzem oder Abnutzungsekzem: Diese Irritation erfolgt eher schleichend und kommt im Übrigen in Betrieb und Haushalt sehr häufig zusammen mit dem Medium Wasser vor.
Kontaktdermatosen treten generell gehäuft bei manuellen Tätigkeiten auf, bei denen allergene oder aggressive Stoffe als solche oder in Verbindung mit Lösemitteln wie Wasser, Kohlenwasserstoffen, niedermolekularen Estern (z. B. Essigsäureethylester), Isopropanol und Aceton zum Einsatz kommen. Daher sind die Betriebe seitens der Berufsgenossenschaften verpflichtet, Hautschutzpläne auszulegen. Verbreitete Kontaktallergene Kontaktallergene lauern an vielen Stellen, wo man sie nicht vermutet. Schon ein Blick in die Baumärkte kann dabei aufschlussreich sein. So sind heute (Stand: Sommer 2016) durchweg alle lösemittelfreien Lacke und Dispersionsfarben auf wässriger Acrylatbasis für den Innen- und Außenbereich mit Chlormethylisothiazolinon und Methylisothiazolinon (alias Kathon CG) konserviert. Darunter befinden sich unter anderem Holzlacke für den Innenbereich, die als speichelfest angepriesen werden. Beide Chemikalien wurden erst kürzlich gemäß der Kosmetikverordnung (KVO) wegen ihrer Allergenität für Leave-on-Produkte verboten. Eine ähnliche Situation liegt bei wässrigen Lösungen zur Imprägnierung (Primer), Spachtelmassen auf Gipsbasis (flüssig und pulverförmig) und Holzleimen vor. Im Supermarkt wird man in gleicher Weise fündig, wenn man sich in der Abteilung Haushaltsreiniger, Spülmittel und Flüssig-Waschmittel umsieht. Bei "Express"-Wäschen mit geringer Anzahl von Schleuderzyklen ist daran zu denken, dass es je nach Gewebematerial zu Rückständen kommen kann, die z. B. bei Sporttrikots später durch den Schweiß auf die Haut übertragen werden. Ein ähnliches Problem stellen die halogenierten aromatischen Verbindungen in Desinfektionsmitteln dar. Neben Allergien können sie Chlorakne auslösen. Triclosan1, 5-Chlor-2-(2,4-dichlorophenoxy)-phenol, das z. B. auch in Kunststoffen für Toilettensitze enthalten sein kann, bildet in Verbindung mit Sonnenlicht halogenierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane auf der Haut. Auch Triclosan wurde kürzlich nach der KVO für Leave-on-Produkte verboten. Großes allergisches Potenzial Gemäß einer EU-Verordnung aus dem Jahre 2001 dürfen Modeschmuck, Knöpfe, Reißverschlüsse, Gürtelschnallen, Armbanduhren etc., die ständig mit der Haut in Kontakt kommen, maximal 0,5 μg Nickel pro cm2 (Piercings 0,2 μg pro cm2) und Woche abgeben. Nach einer Mitteilung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) lagen aber 17,4% des geprüften (neuen) Modeschmucks im Jahre 2014 über den Grenzwerten - mit steigender Tendenz. Die Freisetzung dieses und anderer Metalle wird durch Hautpflegepräparate, die Polyethylenglykole (PEG) und Komplexbildner wie EDTA enthalten, in Verbindung mit Luftsauerstoff verstärkt. Allergene Schwermetalle sind auch nach wie vor noch ein Thema bei unzulässigen Farben für Tattoos. Haarfärbemittel und Thioglykolsäure-Präparate für Dauerwellen und zur Enthaarung sind typische Allergiequellen im Friseurgewerbe. Furocumarine (Psoralene) werden bei Kontakt mit der Herkulesstaude, dem Wiesen-Bärenklau oder dem Sellerie übertragen und wirken phototoxisch (Wiesengräserdermatitis). Sie kommen auch in Zitronen- und Apfelsinenschalen vor und können bei entsprechendem Kontakt eine periorale Dermatitis erzeugen. Bei ätherischen Ölen, Duftstoffen und Harzen sind es häufig erst die Peroxide und andere Sauerstoffverbindungen, die bei der Lagerung entstehen und Allergien verursachen, z. B. Ascaridol (Teebaumöl) und die Oxide der Abietinsäure (Kolophoniumharz). Die Polyethylenglykole (PEG) von Kosmetika bilden bei Sonnenbelastung ebenfalls Peroxide; sie sind für die Mallorca-Akne mitverantwortlich. Eine weitere Quelle sind die Konservierungsstoffe, die in der KVO benannt sind. Sie besitzen durchweg ein allergisches Potenzial. Deshalb sind sie im Anhang der KVO gelistet und mit den Aktivstoffen von Desinfektionsmitteln gleichzusetzen. Pflanzenextrakte sind Multikomponentensysteme. Je höher ihre Anzahl in einem Hautpflegemittel ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass allergene Proteine, biogene Amine und andere individuell unverträgliche Stoffe darin enthalten sind. Katzenhaare, Insektenstiche, Parasiten (z. B. Milben) und der Kontakt mit Quallen im Meer sind Beispiele für tierische Allergiequellen. Irritierende Stoffe - Säuren (niedrige pH-Werte) wie konzentrierte Fruchtsäuren (AHA), medizinische Säure-Peelings und Kräuter-Peelings verursachen Irritationen oder sogar Verätzungen. Erstere sind bei Peelings erwünscht, letztere ein Kunstfehler. Gleiches gilt für Laugen, Flüssigkeiten und Cremes zur Entfernung von Hornhaut und Hühneraugen. Ihre hohen pH-Werte sind für die Ablösung des verhornten Materials notwendig.
- Exsikkations- und Hausfrauenekzeme bilden sich schleichend. Sie sind eine Folge des Bade- und Waschverhaltens, wenn Shampoo und Körperwaschlotion jeden Tag die Haut entfetten. Die Haut wird trocken, rötlich und reißt ein. Im Haushalt und Beruf intensivieren Tenside wie Lauryl(ether)sulfate diesen Prozess. Meist sind es nur die bekannten einzelnen Tropfen, die beim längeren Hantieren mit dem Medium Wasser ihre Wirkung zeigen. Wenn Urin auf die porentief gereinigte Haut bei Kleinkindern trifft, entsteht oft die Windeldermatitis.
- Weniger bewusst, aber umso häufiger finden die entfettenden Wirkungen von eng anliegenden Textilien und von Papier und Kartonagen statt. Füllstoffe von Kartonagen wie Calciumcarbonat schädigen außerdem den Säuremantel der Haut. Recyceltes Papier und Pappen enthalten unter anderem die oben erwähnten Abietinsäure-Oxide und können zu Handekzemen führen. Enge Kleidung erzeugt durch die ständige mechanische Reibung auch wunde Stellen - vergleichbar mit einem Dauer-Peeling.
- Vitamin A irritiert in hoher Dosierung durch die Bildung von Vitamin-A-Säure. Ein fast alltägliches Phänomen ist mittlerweile die Überpflegung der Haut2 geworden, indem sich die Bestandteile der Präparate aufkonzentrieren und zu Reaktionen der Haut führen.
Therapie & Prävention Bei nässenden Ausschlägen ist erst dann wieder mit der Hautpflege zu beginnen, wenn sich die Hautareale trocken anfühlen. Hilfreiche Ausnahmen können wässrige Seren sein, die adstringierende (Gallussäure, Tannine), entzündungshemmende (Omega-3-, Omega-6-, Boswelliasäuren, Kamille) oder juckreizhemmende Wirkstoffe (Harnstoff, Allantoin, Fettsäureamide) enthalten. Wo die Haut einreißt, sind adstringierende Stoffe wie Teepräparate (Gerbstoffe) oder Hamamelis-Extrakt und nachfolgend eine emulgatorfreie und fettreiche, aber mineralölfreie Creme zu empfehlen, die die Spannung reduziert. Über kurze Zeit angewandt dämpfen Glucocorticoide die Entzündungen. Bei akuten und streuenden Verlaufsformen von Ekzemen kann eine kurzzeitige systemische Therapie mit passenden Arzneimitteln hilfreich sein. Allergene möglichst meiden Zur Prävention von Kontaktdermatosen wird man alle in Frage kommenden Kontaktstoffe meiden. Das ist im Alltag manchmal nicht möglich, vor allem wenn man den Auslöser nicht kennt. Mit einem Tagebuch kann man ihm gegebenenfalls auf die Spur kommen. Eine andere Möglichkeit sind Handschuhe, wenn man mit Löse- oder Desinfektionsmitteln hantiert. Dies gilt auch für die Raumpflege mit schwach tensidhaltigem Wasser. Handschuhe können jedoch aufgrund ihrer Bestandteile wie Latex und Gummi sowie ihrer Okklusivität ebenfalls zu unerwünschten Reaktionen führen. Dann helfen "Unterzieh-Handschuhe" aus Baumwolle und die vorherige Behandlung der Hände mit den oben erwähnten adstringierenden, gerbstoffhaltigen Extrakten. Wichtig sind in der belastungsfreien Zeit, vor allem nachts, regenerationsfördernde Pflegecremes - mit möglichst wenigen Hilfsstoffen. Sie ergänzen den betrieblichen Hautschutz mit Barrierecremes. Hinsichtlich der Hautreinigung sollte man in akuten Fällen tensidhaltige Präparate ganz meiden und soweit möglich nur angewärmtes Wasser benutzen. Bei hartem Wasser kann darüber hinaus eine Enthärtungsanlage hilfreich sein. Literatur 1) Lautenschläger H, Triclosan - teils verboten, weit verbreitet, Beauty Forum 2016 (5), 92-94 2) Lautenschläger H, Überpflegung - Einfach zu viel des Guten, Kosmetik International 2015 (3), 22-25
Dr. Hans Lautenschläger |