Das Ziel, die Haut zu regenerieren oder sie dabei zu unterstützen, ist so alt wie die Kosmetik selbst: Die dekorative Kosmetik zeigt, wie wir uns eine Regeneration optisch vorstellen. Die pflegende Kosmetik bietet mit ihren Wirkstoffen Hilfe zur Regeneration. Cosmeceuticals stoßen physiologisch-biochemische Prozesse an. Apparative Behandlungen wie Ultraschall & Co. beschleunigen Reaktionen der Epidermis. Zu den ästhetisch-medizinischen Behandlungen gehören etwa Dermaroller, Laser- und Hormonbehandlungen.
Die vorliegende Übersicht konzentriert sich auf die pflegende Kosmetik und Cosmeceuticals. Sie streift apparative Verfahren nur dort, wo sie in Verbindung mit kosmetischen Präparaten sinnvoll erscheinen. Am Anfang steht ein Schaden... Regeneration setzt einen Schaden voraus - etwa einen Sonnenbrand oder eine durch Verhaltens-, Umwelt- oder kulturelle Einflüsse vorzeitig gealterte Haut. Natürlich wäre in diesen Fällen Prävention die bessere Alternative gewesen. Beim näheren Hinsehen wird man aber feststellen, dass viele präventive Maßnahmen auch zur späteren Schadensbegrenzung geeignet sind. Eine weitere Erkenntnis ist, dass sich die Haut wie ein Konto verhält. Das bedeutet: "kleine Überziehungen", sprich Schäden, lassen sich ausgleichen, bei "größeren Beträgen" muss man teuer bezahlen oder gar den Offenbarungseid leisten - dann ist der angerichtete Schaden irreversibel. Nun, Hautschäden entstehen nicht plötzlich, sondern eher schleichend und kumulieren unmerklich. Die Alterung der Haut ist das beste Beispiel für einen derartigen Prozess. Und noch etwas: Ebenso wie unser Gedächtnis vergisst die Haut nichts. Was kann man also tun? Es empfiehlt sich, zunächst einmal die Hautbarriere zu betrachten, die Epidermis und Körper schützt. Barrierestörungen sind für viele, tiefer liegende Probleme verantwortlich. Barrierestörungen Bereits die trockene Haut rechnet man zu den Barrierestörungen. Die Barriereschichten aus Cholesterin, Fettsäuren und Ceramiden sind durchlässig oder lückenhaft. Der Natural Moisturizing Factor (NMF), bestehend aus Salzen, Harnstoff, Glycerin und Aminosäuren, ist geschädigt. Dementsprechend kann Feuchte in Form von Wasserdampf entweichen. Umgekehrt können Stoffe bei der Arbeit, aus der Umwelt sowie Mikroorganismen von außen eindringen und unerwünschte Effekte in der Epidermis auslösen: Rötungen, Entzündungen, Mykosen und bakterielle Infekte. Prof. Albert Kligman konnte zeigen wie sich atopische (neurodermitische) Haut, die mit extremen Barrierestörungen einhergeht, klinisch signifikant bessert, wenn man die Haut mit geeigneten physiologischen Feuchthaltstoffen behandelt, die den NMF unterstützen. Mit Lipiden, die dem natürlichen Aufbau der Haut entsprechen, verhält es sich ähnlich. Er nannte diese Behandlung Korneotherapie (corneotherapy) oder auch "Outside-in"-Strategie. Aus anderen Untersuchungen weiß man, dass vom Stratum corneum zahlreiche Signale ausgehen, die wichtige Funktionen in der lebenden Epidermis steuern. Daher liegt der Rückschluss nahe, dass die Art der Hornschicht-Pflege einen zwar indirekten, aber entscheidenden Einfluss auf regenerative Vorgänge tieferer Hautschichten hat, die letztendlich wiederum den Zustand des Stratum corneum beeinflussen. Peelings & Co Die Signale, die vom Stratum corneum ausgehen, kann man - ohne Wissenschaftler zu sein - makroskopisch an zwei einfachen Beispielen beobachten: Pflaster und reichlich aufgetragene nichtphysiologische Fettstoffe (Mineralöle, Mineralwachse, Vaseline), die an der Hautoberfläche bleiben, dämpfen die eigene Regenerationstätigkeit der Haut. Eine Abtragung oberflächlicher Epidermisschichten durch mechanische, enzymatische oder chemische Peelings - zu denen übrigens sinngemäß auch Kräuterschälungen gehören -, regt die Haut an, sich zu intensiv zu regenerieren. Eine Mikrodermabrasion macht im Prinzip nichts anderes. Bei Erbium-YAG- und CO2-Lasern wird die thermische Energie zur Abtragung genutzt.
Die Häufigkeit, Art und Intensität von Peelings ist vielfach diskutiert worden. Fest steht, dass Übertreibungen kontraproduktiv sind, da mit ihnen ein Schaden oder eine Irritation gesetzt wird. Wir erinnern uns an die kumulierende Wirkung bei Sonnenbränden, die allerdings durch die tiefgehende Wirkung der UV-Strahlung eine vergleichsweise andere Qualität hat. Hinsichtlich der beliebten Fruchtsäure-Behandlungen kennt man inzwischen Langzeit-Nebenwirkungen wie Rosacea und periorale Dermatitis. Kurzfristige Nebenwirkungen wie Hauttrockenheit, Infektionen und Narbenbildung (Laser) hängen von der Intensität der Verfahren ab. Masken & Packungen Masken oder Packungen sind fester Bestandteil vieler Behandlungen. Dabei setzt man neben der Regeneration der Barriere vor allem auf intensive Kurzzeiteffekte von Wirkstoffen. Diese zielen beispielsweise darauf ab, die Kollagenbildung anzuregen, Falten zu reduzieren, den Feuchtigkeitsgehalt der Haut zu steigern oder spezielle Problemhautsituationen der Haut wie Akne, Rosacea, Pigmentstörungen etc. zu entschärfen - um nur einige der wichtigsten zu nennen. An dieser Stelle steht man häufig vor dem Dilemma, dass die Hautbarrierepflege und die beabsichtigte Tiefenwirkung von Wirkstoffen einen Gegensatz darstellen. Denn man muss die Haut erst einmal öffnen, um die Wirkstoffe in tiefere Hautschichten zu transportieren. Das geschieht konventionell mit einem Peeling. Nachfolgend wird die Barriere durch den Einsatz von Fettstoffen unterstützt. Eine einfache und physiologische sinnvolle Alternative stellt eine Variante der Kligman'schen Korneotherapie dar. Hierbei bedient man sich liposomaler und biologisch abbaubarer nanodisperser Seren, die aus körpereigenen Stoffen bestehen. Sie wirken fluidisierend auf die Barriere. Das Stratum corneum lässt die Wirkstoffe der Seren passieren. Anschließend wird mit physiologischen Barrierestoffen nachbehandelt und die Barriere bleibt erhalten. Theoretisch kann man sich bei dieser Prozedur ein Peeling sparen - es sei denn, man möchte die Hornzellen ohnehin nur leicht an der Oberfläche abtragen. In diesem Zusammenhang sind auch leichte Massagen sinnvoll, um die Durchblutung der Haut und das Bindegewebe anzuregen. Sinnvoll ist es auch, das gleiche Material wie das der Masken und Packungen zu verwenden. Generell sind im Zusammenhang modular konzipierte Präparate von Interesse, mit denen man gezielt auf die individuellen Hautbedürfnisse eingehen kann. Cosmeceuticals In neuerer und jüngster Zeit wurden viele Wirkstoffe entwickelt, denen man konkrete biochemische und physiologisch nachweisbare Einflüsse auf die Hautregeneration zuschreibt. Dabei handelt es sich vor allem um: Antioxidantien: Die Radikalfänger schützen vor oxidativem Stress und sind aus der täglichen Praxis nicht mehr wegzudenken. So fördert etwa das multifunktionelle liposomale Sodium Ascorbyl Phosphate (INCI) zusätzlich die Kollagenbildung. Retinoide: Sie werden enzymatisch zu Vitamin-A-Säure umgebaut, die bei Verhornungsstörungen die Regeneration ankurbelt. Vitamine mit postulierten regenerativen Eigenschaften Phytohormone gehören zu den Polyphenolen mit vielfältiger, schwach östrogener lokaler Wirkung. Peptide: Zum Teil handelt es sich um Effektwirkstoffe, die z. B. mit botoxähnlicher Wirkung vorübergehend Falten reduzieren. Andere beeinflussen z. B. die Kollagenbildung. Wachstumsfaktoren & Botenstoffe wurden ebenfalls in das Repertoire der Cosmeceuticals aufgenommen. Da es sich meist um langkettige Peptide handelt, ist die Verfügbarkeit aus den Cremes heraus eher gering; man muss sie mit Penetrationsverstärkern applizieren. Die elegantere Variante ist es, die in der Epidermis vorhandenen Wachstumsfaktoren durch äußerlich applizierte niedrigmolekulare Verbindungen wie die Retinoide zu aktivieren. Extrakte oder Substanzen aus pflanzlichen Stammzellen oder Pflanzenzellkulturen sind nicht anders als Cosmeceuticals mit antioxidativer oder anderweitiger Wirkung einzuordnen; ihre pflanzlichen Stammzelleigenschaften lassen sich nicht auf menschliche Hautzellen übertragen. Stoffe mit hemmender oder anregender Wirkung auf dermale Enzyme: Beispiele sind entzündungshemmende 5-Lipoxygenasehemmer, Matrixmetalloproteinasehemmer, die den Kollagenabbau hemmen, oder Tyrosinasehemmer gegen Hyperpigmentierungen. Essenzielle Fettsäuren spielen als Ceramidsubstrate und lokale Entzündungshemmer mittlerweile eine große Rolle bei atopischer und zu Akne neigender Haut. Arzneistoffe, die in Kosmetika erlaubt sind: Vertreter sind D-Panthenol mit zellproliferativen und Azelainsäure mit antimikrobiellen Eigenschaften. Spurenelemente wie Kupfer, Zink, Selen, Mangan und Silizium mit vielfältigen regenerativen Wirkungen in der Epidermis.
Des Öfteren wird man allerdings mit biochemischen Studien konfrontiert, deren Ergebnisse aus In-vitro-Beobachtungen an künstlicher Haut, Gewebeproben oder Pflanzenzellen resultieren und unkritisch auf die realen Hautverhältnisse übertragen werden. Spekulation und Phantasie sind jedoch kein guter Ratgeber, was die Hautregeneration betrifft.
Dr. Hans Lautenschläger |