Die Hautveränderungen bei der Vitiligo können einzelne Flecken oder größere zusammenhängende Hautflächen betreffen, die sich meistens im Laufe der Zeit weiter ausdehnen. Die betroffenen Hautareale werden bleich, Haare können sich weiß oder grau verfärben. Vitiligo ist weder schmerzhaft noch löst die Pigmentstörung Juckreiz aus. Die Melanozyten und die melaninbildende Tyrosinase fehlen vollständig. Das Leiden ist sehr belastend und eine Herausforderung für die korneotherapeutische Behandlung.
Ursachen
Die Ursachen für die Vitiligo, die weltweit mit einer Häufigkeit von 0,5% bis 2% auftritt, sind im Detail weitgehend unbekannt. Vererbung, Schockerlebnisse, Schilddrüsenerkrankungen und Arzneimittel wie etwa Betablocker und Antibiotika werden als Auslöser diskutiert. Topische Coenzym-Q10- und Curcumin-haltige Präparate (Curcumin alias Kurkuma ist gelbfärbender Bestandteil des Currys) können aufgrund des gestörten Chinon-Stoffwechsels (Dopachinon, Indol-5,6-chinon) die Vitiligo verschlechtern. Es wird vermutet, dass der Wasserstoffperoxidhaushalt in der Haut gestört ist, indem das Peroxid verstärkt gebildet, gespeichert oder langsamer abgebaut wird. Die Katalase-Konzentrationen in der Haut sind erniedrigt; Katalase überführt Wasserstoffperoxid in Wasser und molekularen Sauerstoff. Weitere Hinweise deuten auf die Beteiligung von Peroxinitrit, das wie das Wasserstoffperoxid in pathologisch hohen Konzentrationen einen oxidativen bzw. nitrosativen Stress erzeugt, mit dem Aminosäure- und Peptidstrukturen zerstört werden, die für den Transport von Mineralstoffen wie Kalzium zuständig sind. Das durch Reaktion von L-Tyrosin, dem Ausgangsstoff für die Melaninsynthese, mit Peroxinitrit entstehende L-Nitrotyrosin gilt als ein zuverlässiger Biomarker für nitrosativen Stress sowie für die Apoptose. Da die Schilddrüsenhormone aus der Iodierung von Tyrosin mittels Jodid und Wasserstoffperoxid (Thyreoperoxidase) resultieren, kann auch hier ein Zusammenhang bestehen.
Behandlung
Eine Behandlungsmethode mit einer hohen Repigmentierungsquote scheint die Schmalband-UVB-Therapie (311 nm) über ca. 1 Jahr zu sein. Die Wirkung wird verstärkt, wenn man vorher eine kalzium- und manganhaltige Creme appliziert, deren Mn2+-Ionen durch UVB-Bestrahlung in Mn3+-Ionen überführt werden. Diese Behandlung entspricht den Bedingungen, wie sie beim Baden im Toten Meer herrschen. Manganspuren haben die Wirkung einer „Pseudokatalase". Der Erfolg scheint an die Hautdicke und möglicherweise die damit zusammenhängende ungünstige Passage der UVB-Strahlung sowie der Mangansalze gekoppelt zu sein, da Füße, Hand- und Analbereiche weniger auf die Therapie ansprechen. Der Aufenthalt in gechlortem Wasser (oxidativer Stress durch Hypochlorit-Anionen) verschlechtert die Krankheit. Auch die Kombination von UVB-Bestrahlung und Calcitriol (Vitamin D) führt zum Teil zu einer Repigmentierung.
Hautpflege
Die Hautpflege orientiert sich generell an Präparaten, die frei von irritierenden und sensibilisierenden Stoffen sind, um den vorhandenen Stress nicht noch zu vergrößern. Peroxidbildende Stoffe wie Polyethylenglykole und andere phototoxisch wirkende Bestandteile aus Riechstoffen und Extrakten sowie barrierestörende Emulgatoren sind zu meiden. Für die Hautpflege gibt es darüber hinaus mehrere Ansätze:
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allgemein regenerierende und schützende Pflege
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Kontrastminderung durch Bleichung nicht betroffener Hautareale
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Anwendung von Selbstbräunern auf den betroffenen hellen Flecken
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Anwendung einer deckenden Camouflage
Die wichtigsten Wirk- und Inhaltsstoffe werden nachfolgend in alphabetischer Reihenfolge beschrieben. Kombinationen sind möglich.
Aminosäuren: Die Aminosäuren des NMF der Haut bilden den natürlichen nicht-selektiven Schutzwall gegen exogene Radikale. Daher eignen sich liposomale Pflegelotionen mit Aminosäuren für das Stratum corneum der Vitiligohaut.
Azelainsäure wird als kompetitiver Tyrosinasehemmer beschrieben und hilft in liposomaler Dispersion (max. 1%), die unbetroffenen Hautareale aufzuhellen und den Kontrast zwischen pigmentierter und unpigmentierter Haut zu mildern. Azelainsäure, die auch bei Melasmen wirksam ist, ist eine untoxische Dicarbonsäure, die in Getreidearten natürlich vorkommt und bei der Akne- und Rosacea-Haut antimikrobiell wirkt.
Camouflage: Gegenüber einem gewöhnlichen Make-up ist die Camouflage absolut wisch- und wasserfest. Da technisch gesehen zur Aufnahme der Pigmente langkettige Kohlenwasserstoffe unvermeidlich sind, handelt es sich um eine okklusive Situation, die der Regeneration der Haut abträglich ist. Camouflage sollte daher nicht ständig benutzt werden. Der Farbausgleich durch die Camouflage gelingt leichter nach der Vorbehandlung mit einem Selbstbräuner.
Carotinoide: Mit Beta-Carotin-Präparaten erreicht man eine leichte gelbliche bis rötliche Färbung der weißen Stellen. Tiefer in die Haut eingedrungenes Beta-Carotin wird zu Vitamin A abgebaut.
Dihydroxyaceton (DHA): Der Selbstbräuner reagiert mit Aminogruppen-haltigen Bestandteilen der Hautoberfläche in einer komplizierten Kondensationsreaktion (Braunfärbung). Im Falle von Vitiligo muss mit einem nachfolgenden Make-up oder einer Camouflage korrigiert werden.
Glutathion: Das natürliche Tripeptid reagiert mit freien Radikalen.
Grundlagen: Ceramid- und phytosterinhaltige Basiscremes mit Derma-Membran-Struktur haben sich für die Kombination mit weiteren Wirkstoffen bewährt.
Peeling: Leichte Peelings mit Wachsreibekörpern oder Enzympeelings helfen, den Übergang von pigmentierter zu unpigmentierter Haut herzustellen.
Pfefferextrakt: Hauptwirkstoff des Extraktes ist das Piperin, ein amidisch aufgebautes, scharf schmeckendes Alkaloid. Es ist fraglich, ob sich die bei Mäusen gefundene Melanozytenproliferation auf die Vitiligo des Menschen übertragen lässt. Die Melaninbildung muss durch zusätzliche UV-Bestrahlung angeregt werden. Die Schärfe des Piperins und das Formaldehyd abspaltende Potenzial des Methylendioxyphenylrests der Piperinsäure dürften einer Langzeitverwendung entgegenstehen.
Phosphatidylcholin ist Carrier in Liposomendispersionen für hydrophile Wirkstoffe und in Nanodispersionen für lipophile Wirkstoffe.
Puder: Für kosmetische Puder kommen Pigmente infrage, die möglichst keine Eisenspuren freisetzen, um nicht zusätzliche Radikale zu erzeugen.
Radikalfänger: Der Sinn des Einsatzes von Radikalfängern außer Vitaminen ist fraglich, da die in den einzelnen Kompartimenten der Haut ablaufenden Redoxreaktionen sehr unterschiedlich und äußerst komplex vernetzt sowie die wirklichen Ursachen und Abläufe der Vitiligo im Detail nicht bekannt sind. Hinzu kommt, dass die richtige Substanz zum richtigen Ort gelangen muss. All das erinnert eher an den Versuch, einen nicht lokalisierbaren Schwelbrand mit einem Löschmittel zu bekämpfen, obwohl man nicht weiß, was wirklich brennt und ob das Löschmittel dafür geeignet ist. Phenolische Verbindungen können sogar kontraproduktiv sein, wenn sie in den Chinonstoffwechsel eingreifen.
Sonnenschutz ist wichtig, da bei Vitiligo das schützende Melanin fehlt. Andererseits ist eine individuell moderate UV-Strahlung von Nutzen, da sie den Pigmentierungsprozess und die Vitamin D-Bildung anregt.
Spurenelemente: Die ärztliche Bestimmung der Spurenelemente ist wichtig. Erst dann kann die etwaige Behandlung mit Nahrungsergänzungsmitteln oder kosmetischen Zubereitungen erfolgen. Andernfalls besteht die Gefahr, unnötigerweise in andere Regelkreise störend einzugreifen. Eine Ausnahme scheinen Mangansalze zu sein.
Vitamine: Sie sind ein essenzieller Bestandteil kosmetischer Präparate zur Hautpflege bei Vitiligo. Aus heutiger Sicht sind Vitamin A (Retinol), B2 (Riboflavin), B3 (Niacin), Provitamin B5 (D-Panthenol), Vitamin B12 (Cyanocobalamin), C (Ascorbinsäure) und E (Tocopherol) von besonderem Interesse, da sie an Redoxreaktionen beteiligt sind.
Whitening-Wirkstoffe: Bleichend wirken eine Reihe von Pflanzenextrakten, liposomales Ascorbylphosphat und Azelainsäure. Sie werden auf der nicht von Vitiligo betroffenen Haut appliziert, um als Tyrosinasehemmer die Repigmentierung zu vermindern und mit der Zeit den Kontrast zu den hellen Hautstellen zu verringern. Kontraproduktiv sind depigmentierende Substanzen wie Kojisäure, Hydrochinon und Wasserstoffperoxid.
Dr. Hans Lautenschläger |