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Haut im Stress - Juckreiz & Co - Ursachen und Lösungen

 

Ein unangenehmes Phänomen: quälender Juckreiz verbunden mit Hautrötungen. Ob Insektenstich oder Nesselsucht nach dem Kontakt mit einer Pflanze, der Drang zu Kratzen ist in der Nacht besonders unangenehm und in der Öffentlichkeit entsteht der Eindruck von mangelnder Hygiene und Parasitenbefall. Manchmal ist ein Reiz vorhanden, der nicht zu orten ist - das Kratzen bringt keine Erlösung. Ursachen und kosmetische Hilfestellungen, das sind die Themen der vorliegenden Übersicht.

 

Das Kitzeln von Haaren, Fasern oder eines Insekts auf der Haut, die leichte Spannung einer trockenen Haut oder allein der Gedanke in einer schlaflosen Nacht, es juckt irgendwo, lösen einen fast automatischen Kratzvorgang aus. Diese eher harmlosen Reize mit physikalisch-psychologischer Ursache begleiten uns auf Schritt und Tritt. Interessant ist, dass sich der Reiz wie ein Signal auf andere Personen überträgt, wenn darüber gesprochen oder die Kratzbewegung von anderen Personen beobachtet wird - möglicherweise ist das eine archaische Reaktion, um Parasitenbefall durch Läuse, Milben, Flöhe etc. abzuwehren.
Problematischer wird es, wenn auf der Haut juckende Quaddeln (Urtikaria) durch äußerliche Einflüsse entstehen. Bei Berührung mit den Haaren der Brennnessel lösen die übertragenen biogenen Amine Histamin und Serotonin in Verbindung mit Ameisensäure und Acetylcholin Jucken und Brennen aus. Ähnliches passiert beim Kontakt mit Quallen im Meer. Körpereigenes Histamin wird bei Insektenstichen, Parasiten und allergischen Hautreaktionen auf Fremdstoffe ausgeschüttet. Oral aufgenommene Stoffe können ein generalisiertes Hautkribbeln (Pruritis) erzeugen. Dazu gehören bei entsprechender Empfindlichkeit pharmazeutische Wirkstoffe, aber auch Nahrungsmittel von den Gewürzen und Kräutern bis zum Rotwein. Windpocken, Gürtelrose und andere Infekte nerven die Betroffenen mit juckenden Pusteln. Manchmal ist es aber auch der persönliche Stress, der ähnlich dem permanenten Griff zur Zigarette zu nervösem Kratzen hinter den Ohren verführt.
Wenn Kosmetika Hautjucken verursachen, dann handelt es sich meist um irritierende Inhaltsstoffe wie Tenside, die unter anderem entfettend wirken und nach der Dusche eine trockene Haut erzeugen. Darüber hinaus sind allergische Reaktionen auf ätherische Öle, Extrakte und Konservierungsmittel zu nennen.
Weit verbreitet sind Hautprobleme wie entzündliche Akne, Neurodermitis und Schuppenflechte sowie Barrierestörungen, Verhornungsstörungen, Sonnenbrand und Reaktionen auf den eigenen Schweiß. Zu ihren Begleiterscheinungen gehört der Juckreiz - und zwar überall dort, wo die Haut vom Normalzustand abweicht. Die Reaktionen verstärken sich durch ungeeignete Textilien oder Kosmetika. Ungeeignet heißt nicht schlecht, sondern im Einzelfall nicht den Anforderungen der Haut entsprechend.

Auslöser erkennen

Um den individuellen Ursachen auf die Spur zu kommen, sind neben einer fundierten Hautanalyse eine Menge gesunder Menschenverstand und eine gute Beobachtungsgabe notwendig. Denn das Problem ist oft auch ein psychisches. Je mehr sich die Betroffenen mit Kribbeln & Co auseinandersetzen, umso eher spielen ihnen die Nerven einen Streich. Im Kosmetikinstitut gehören sie zu den ganz schwierigen Kunden. Sie benötigen eine einfühlsame und überzeugende Beratung. Denn sie haben meistens schon eine diagnostische Odyssee hinter sich und eine Unzahl von Präparaten ausprobiert. Darüber hinaus kommen auch im normalen Institutsalltag hin und wieder spontane Reizreaktionen durch Behandlung oder Präparate vor, d. h. die Kosmetikerin ist gut beraten, sich intensiv mit der Materie auseinanderzusetzen, um auf entsprechende Fälle vorbereitet zu sein. Andererseits kann man davon ausgehen, dass von Juckreiz geplagte Menschen nach einer erfolgreichen Behandlung zu den besten Werbeträgern zählen. Die Kosmetik kann zwar nur eine Hilfestellung leisten, ihre Möglichkeiten sind aber im Rahmen der adjuvanten Korneotherapie und präventiven Pflege nicht zu unterschätzen.

Gezielt behandeln

Juckreiz ist mit Ausnahme der rein psychisch ausgelösten Varianten immer ein Zeichen für eine besonders empfindsame Haut und eine gestörte Barriere. Dementsprechend ist die Hautpflege auf die Integrität der Barriere fokussiert. Dabei werden lokal entzündliche Vorgänge wie sie bei Komedonen (Akne), Neurodermitis (Infekte durch Aufkratzen) und Schuppenflechte (hyperaktive Haut) vorkommen, mit geeigneten Wirkstoffen präventiv behandelt.

Zu den Barrierestörungen gehört auch die permanent trockene und gespannte Haut. In diesem Fall ist der natürliche Feuchthaltefaktor der Haut (NMF = Natural Moisturizing Factor) zu ergänzen durch Aminosäuren in fetthaltigen Cremes, die frei von Emulgatoren, Parfümstoffen und Konservierungsstoffen sind. Des Weiteren bringen die geringere Häufung von Waschen und Baden und die Verwendung von nichtschäumenden Reinigungsmitteln langfristig Erleichterung. Um das kontraproduktive Quellen der Haut zu vermeiden, ist der Aufenthalt unter der Dusche und in der Badewanne auf einen kurzen Zeitraum und möglichst niedrige Temperaturen zu beschränken. Besonders problematisch sind hohe Wasserhärte und niedrige Luftfeuchte. Letztere wird im Winter durch Senkung der Raumtemperatur abgemildert. Oft wird auch der Faktor Kleidung übersehen: leichte, nicht reibende und nicht eng anliegende Kleidung kann nicht nur tagsüber, sondern auch nachts viel bewirken. Gegebenenfalls kann der Pyjama auch mal ganz weggelassen werden.

Juckende Hautpilzerkrankungen an den Füßen und im Schambereich sind in der Regel auf übertriebene Hygiene, ein dauernd feuchtes Mikroklima oder eine erhöhte Schweißproduktion zurückzuführen. Für Besiedlungen der Kopfhaut, die sich durch Schuppenbildung äußert, gilt das Gleiche. Da Pilze die Barriere regelrecht perforieren, ist die ausdauernde, auf Regeneration ausgerichtete Intensiv-Pflege nach Anwendung eines Antimykotikums wichtig. Barrierecremes, die der Hautstruktur nachempfunden sind und D-Panthenol sowie die Vitamine A, C, E enthalten, sind diesbezüglich gut geeignet. Die Strategie der umfassenden Regenerationsförderung hat sich auch bei frischen, kribbelnden Narben bewährt.

Bei atopischer (neurodermitischer) Haut handelt es sich um eine stärker ausgeprägte Barrierestörung. Neben den Pflegestoffen zur Barrierewiederherstellung können die fettreichen Cremes antiinflammatorische Wirkstoffe wie Nachtkerzenöl, Leinöl und Boswellia-Harz-Extrakte enthalten. Diese Wirkstoffe haben den Vorteil, zu fetten, wobei gleichzeitig auf unphysiologische Paraffinöle verzichtet werden kann. Harnstoff (Urea) reduziert den Juckreiz. Bei Empfindlichkeit auf Emulsionen, die sich nach dem Auftragen durch ein temporäres Brennen äußert, kann man auf wasserfreie Oleogele ausweichen - eine Alternative, mit der auch Kinderhaut gepflegt werden kann.

Eine Mixtur aus Barrierecreme, Nachtkerzenöl-Nanopartikeln und Urea hilft im Übrigen schon nach wenigen Minuten bei quälenden Mückenstichen.
Bei Haut, die zu Schuppenflechte neigt, kann ganz analog vorgegangen werden, wobei der Fettgehalt der Cremes von der individuellen Haut abhängig ist. Fumarsäurehaltige liposomale Lotionen nach der Körperreinigung ergänzen die Pflege. Sie sind praktisch fettfrei, während bei atopischer Haut Lotionen mit Barrierestoffen sinnvoll sind.

Bei Akne sind entzündungshemmende Wirkstoffe gut geeignet. Wenn die Haut fettreich ist, kann auf eine Creme ganz verzichtet und die Wirkstoffe pur aufgetragen werden. Mit dem Rückgang von Entzündungen und Effloreszenzen vergehen der Juckreiz und vor allem die Neigung zum Kratzen. Die zugrunde liegende Verhornungsstörung, lässt sich sehr gut mit Linolsäure beeinflussen, wenn sie chemisch an ein Transportmittel wie natives Phosphatidylcholin gebunden ist. Hilfreich ist die keratolytisch wirksame und juckreizhemmende Salizylsäure.
Das irritative Kontaktekzem wie z. B. eine Windeldermatitis entsteht, wenn ein dauernder Reiz durch äußerliche Stoffe - meist in Verbindung mit einem wässrigen Milieu - stattfindet. Bei Beteiligung des körperlichen Immunsystems kommt es zu allergischen Kontaktekzemen. Auch in diesen Fällen hat die Wiederherstellung der intakten Barriere Priorität. Überall dort, wo die Haut einreißt, sind adstringierende Stoffe wie Teepräparate (Gerbstoffe) oder Hamamelis-Extrakt hilfreich.

Temporäre Hautausschläge, die nur für wenige Stunden anhalten, können bei Kälteeinwirkung z.B. an den Unterarmen oder Beinen auftreten. Sie erzeugen einen starken Juckreiz und Stecknadelkopf-große rötliche Quaddeln. Sie sind unangenehm, benötigen jedoch keine kosmetische Behandlung. Der Schutz durch eine langärmelige Bluse oder den Pullover genügt. Umgekehrt kann eine erhöhte Hauttemperatur einen latent vorhandenen Juckreiz verstärken. Dann ist ein altes Hausmittel zu empfehlen - nämlich Wechselduschen, welche die Haut an Temperaturwechsel gewöhnen. Äußerlich appliziertes Capsaicin (Chili) bewirkt einen stundenlangen starken Juckreiz, Parakresse (Antifaltenwirkstoff) ein wenige Minuten langes leichtes Kribbeln; danach werden die behandelten Hautareale völlig unempfindlich.

Kribbeln und Jucken am Auge sind auf Unverträglichkeiten mit Kontaktlinsen, Heuschnupfen (Pollen) und nicht ausreichende Tränenflüssigkeit zurückzuführen. Letzteres wird auch als trockenes Auge bezeichnet und kann recht gut mit einem Spray aus Phosphatidylcholin-haltigen Liposomen und Hyaluronsäure, das auf das geschlossene Auge gesprüht wird, behandelt werden.

Nicht zuletzt verursachen auch Darmparasiten lästiges Jucken im Analbereich. Andererseits sind perianale Barrierestörungen meist eine Folge übersteigerter Hygiene. Der damit verbundene Juckreiz geht bei längerer Druckbelastung in Schmerz über. In diesem Fall helfen Barrierecremes.

Grundsätzlich sollten die Behandlungschritte auf das Nötigste reduziert werden, um die Haut nicht noch zusätzlich zu reizen. Abrasive Verfahren wie Peeling und Mikrodermabrasion sollten daher die Ausnahme bei juckreizempfindlichen Personen bleiben. Bei der Abklärung der Ursachen der Empfindlichkeit müssen neben der Ernährung Stoffwechselstörungen in der Leber und Schilddrüse sowie Nierenschäden und Zuckerkrankheit (Diabetes) in Betracht gezogen werden.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Beauty Forum
2008 (10), 106-108

 
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