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Geschichte und aktuelle Gesichtspunkte der Korneotherapie

 

Der Begriff der Korneotherapie wurde erstmalig von A. Kligman geprägt. Insbesondere bei einer gestörten Homöostase der Haut, wie sie bei der atopischen Dermatitis vorliegt, lassen sich mit der Korneotherapie substanzielle klinische Effekte erzielen, wenn mit geeigneten hautpflegenden Stoffen konsequent therapiert wird. Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Korneotherapie auf eine Sanierung des Stratum corneums abzielt, vor allem aber die Funktion der Barriere und in der Folge die Homöostase der gesamten Haut verbessert. Im Sinne der präventiven Korneotherapie ist daher die Vermeidung von Hautpflegemitteln mit schädigenden Stoffen (Irritantien, Allergene), die Auswahl von Hautpflegemitteln mit geeigneten Pflegestoffen, die individuelle Anpassung der Hautpflegemittel an die Problemhaut und gegebenenfalls eine Verhaltensänderung durch korneotherapeutische Beratung wichtig. Aus jüngsten klinischen Studien geht hervor, dass nicht nur Barrierestörungen wie die atopische Dermatitis auf die Korneotherapie ansprechen. Auch Verhornungsstörungen und Dermatosen lassen sich adjuvant erfolgreich behandeln. In den Studien wurden Präparate mit Membranstrukturen eingesetzt, die sowohl chemisch als auch physikalisch der Situation im Stratum corneum ähneln. Eine wichtige Voraussetzung scheint dabei die Anwesenheit von Phosphatidylcholin zu sein. Phosphatidylcholin kann in Membrancremes (Barrierecremes) und Liposomen eingesetzt werden. Zwei weitere galenische Formen sind Nanopartikel und Oleogele. Von der jeweiligen Hautanalyse und dem Hautproblem hängt es ab, welche galenische Form im Einzelfall zweckmäßiger ist. Darüber hinaus gestatten modulare Systeme den Einbau von pharmazeutischen und kosmetischen Wirkstoffen. Einer der großen Vorteile der Korneotherapie ist die weitgehende Freiheit von Nebenwirkungen, wie man sie von topischen Pharmazeutika kennt. Präventiv angewandt kann sie die beschwerdefreie Zeit verlängern und den Einsatz von konventionellen Dermatika reduzieren oder überflüssig machen.

 

Historie

Der Begriff der Korneotherapie wurde erstmalig von A. Kligman geprägt und in einem Editorial von J. Lübbe (2) erwähnt. Während J. Lübbe dem Thema eine größere Bedeutung vorhersagte, wurde die Korneotherapie in der Öffentlichkeit bisher eher wenig beachtet. Wohl deshalb, weil nur das bestätigt wurde, was schon früher als "Wasser-Dermatologie" eingestuft wurde (3). Nämlich dass die wiederholte Applikation geeigneter Moisturizer die Hautfeuchte erhöhen und die Barrierefunktion der Haut signifikant verbessern kann (4). Insbesondere bei einer gestörten Homöostase der Haut, wie sie bei der atopischen Dermatitis vorliegt, lassen sich substanzielle klinische Effekte erzielen, wenn mit diesem Stoffen konsequent therapiert wird. Für die Praxis der dermatologischen Hautpflege hat diese Erkenntnis weit reichende Konsequenzen, da auch andere Basisstoffe wie Lipide und Filmbildner (5) die Homöostase positiv beeinflussen können. Die Korneotherapie ist demnach eine wichtige adjuvante Hautpflege (6) bei der dermatologischen Behandlung barrieregestörter Haut.

Outside-in-Therapie

Ohne auf die komplizierten biophysikalischen Prozesse einzugehen, kann man zusammenfassend feststellen, dass die Korneotherapie auf eine Sanierung des Stratum corneums abzielt, vor allem aber die Funktion der Barriere und in der Folge die Homöostase der gesamten Haut verbessert. A. Kligman spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Outside-In-Therapie, wobei mit "Outside" das Stratum corneum und mit "in" die von dort ausgehenden Folgewirkungen auf tiefere Hautschichten gemeint sind. Demgegenüber steht die konventionelle Inside-out-Therapie, die z. B. mit pharmazeutischen Wirkstoffen Entzündungsprozesse im Inneren der Haut hemmt oder das Immunsystem beeinflusst und erst sekundär Wirkungen auf das Stratum corneum ("out") hat. An diesem Vergleich wird deutlich, welche Bedeutung die begleitende Pflege des Stratum corneums selbst bei konventioneller Therapie haben kann. Bei intakter Barriere werden nämlich pathogene Keime, die wie z. B. Staphylococcus aureus bei atopischer Dermatitis sehr verbreitet sind (6), am Eindringen in die Epidermis gehindert. Ein gestörtes Stratum corneum wird dagegen immer wieder Rezidive fördern. Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, umgekehrt kontraproduktive Einflüsse der Hautpflege zu vermeiden. So ist schon lange bekannt, dass Inhaltsstoffe von Hautreinigungsmitteln wie Natriumlaurylsulfat (SDS) zu verstärkten Irritationen der Haut führen, indem sie zuerst die Barrierefunktion schädigen und dann zelluläre Reaktionen auslösen. SDS wird inzwischen in der dermatologischen Forschung als Standard-Irritans eingesetzt. Durch die geschädigte Barriere dringen darüber hinaus sensibilisierende Substanzen, die unter anderem auch zur Konservierung und Parfümierung von Hautpflegemitteln verwendet werden, wesentlich besser in die Haut ein.

Präventive Korneotherapie

Allergien und die atopische Dermatitis nehmen in den Industrieländern ständig zu. Ein interessantes Phänomen ist auch die trockene Haut, über die immer mehr Menschen klagen. Es bedarf diesbezüglich keiner umfangreichen Forschung, um festzustellen, dass dafür ursächlich kulturelle Einflüsse eine Rolle spielen. Dazu gehören unter anderem die häufigere Hautreinigung, verbunden mit dem Auswaschen von Hautschutzstoffen, und die verstärkte (ungeeignete) Pflege der Haut. Im Sinne der präventiven Korneotherapie sind daher folgende Punkte wichtig:

  • Vermeidung von Hautpflegemitteln mit schädigenden Stoffen (Irritantien, Allergene)
  • Auswahl von Hautpflegemitteln mit geeigneten Pflegestoffen
  • Individuelle Anpassung der Hautpflegemittel an die Problemhaut
  • Reduzierung übertriebener Hygiene (Waschen, Duschen)
  • Vermeidung ungeeigneter Kleidung (eng, okklusiv)

Zu den eindeutig schädigenden Stoffen gehören Tenside, Emulgatoren, Konservierungsmittel und allergene Parfümstoffe. Bei okklusiven Stoffen ist zu beachten, dass sie die Hautfeuchte erhöhen, andererseits aber die Regenerationstätigkeit der Haut erniedrigen (7). Okklusiv wirken z. B. Paraffinöle, Vaseline und mineralische Wachse, insbesondere in hohen Konzentrationen. In diesem Fall sind Fettstoffe auf der Basis von Triglyceriden, die auf die Physiologie der Haut abgestimmt sind, eine gute Alternative. Unter geeigneten Pflegestoffen sind solche zu verstehen, die der Zusammensetzung des Stratum corneums weitgehend entgegenkommen. Da die Barriereschichten des Stratum corneums die Struktur von Lipid-Doppelmembranen (Bilayer) haben, sind hautverwandte Zusammensetzungen von Vorteil, da sie im Gegensatz zu Emulsionen ebenfalls über eine Membranstruktur verfügen können. Schon lange ist bekannt, dass Stratum corneum-Lipide in Wasser unter der Einwirkung von Ultraschall liposomale Strukturen bilden (8-9). Daher sind umgekehrt auch Liposomenpräparate sehr gut für die Korneotherapie geeignet. Hautpflegemittel mit Membranstruktur können sehr gut individuell an die Problemhaut angepasst werden (10). Dies ist besonders wichtig, da einerseits die Hautverhältnisse ganz verschieden sein können, andererseits weitere Anpassungen im Verlauf der Therapie möglich sind.

Klinische Studien

Aus jüngsten klinische Studien (11) geht hervor, dass nicht nur Barrierestörungen wie die atopische Dermatitis auf die Korneotherapie ansprechen. Auch Verhornungsstörungen und Dermatosen lassen sich adjuvant erfolgreich behandeln. In den Studien wurden Präparate mit Membranstrukturen eingesetzt, die sowohl chemisch als auch physikalisch der Situation im Stratum corneum ähneln. Eine wichtige Voraussetzung scheint dabei die Anwesenheit von Phosphatidylcholin zu sein. Dieser Stoff spielt in der Natur als Baustein von Zellmembranen eine herausragende Rolle. In nativer Form ist er darüber hinaus ein Linolsäure-Lieferant für die Bildung von Ceramid I. Linolsäure ist auch wirksam bei der Behandlung der Akne vulgaris 1. und 2. Grades, wenn sie durch eine Verhornungsstörung am Ausgang der Talgdrüsen ausgelöst wird. Phosphatidylcholin ist physiologisch essenziell für die Umwandlung von Ceramiden in Sphingomyeline. Interessant ist die Tatsache, dass die Durchlässigkeit (Fluidität) der Hautbarriereschichten mit linolsäurehaltigem Phosphatidylcholin kurzzeitig erhöht werden kann. Diese Eigenschaft entspricht dem eigentlichen Mechanismus bei der Penetrationsverstärkung von Wirkstoffen durch liposomale Verkapselung. Andererseits wird die Fluidität der Hautbarriere mit hydriertem Phosphatidylcholin erniedrigt. Die Hautbarriere kann daher ganz gezielt auf Durchlass oder Barriere eingestellt werden, eine Eigenschaft die einerseits für den Wirkstofftransport, andererseits für einen natürlichen Hautschutz von großer praktischer Bedeutung ist. Zusammengefasst ist die Anwendung der Korneotherapie in den folgenden Fällen zu empfehlen:

  • Neurodermitis
  • Ichthyosis
  • Psoriasis
  • Akne (fettige Haut)
  • Akne (trockene Haut)
  • Periorale Dermatitis
  • Cheilitis
  • Perianale Barrierestörungen
  • Irritative Kontaktdermatosen (allgemein)
  • Abnutzungsdermatosen

Galenische Besonderheiten

Phosphatidylcholin kann wie oben schon erwähnt in Membrancremes (Barrierecremes) und Liposomen eingesetzt werden. Zwei weitere galenische Formen sind Nanopartikel und Oleogele. In Nanopartikeln liegt ein Monolayer von Phosphatidylcholin mit öligem Kern vor, während in Oleogelen die Wasserphase ganz fehlt. Diese Systeme werden bevorzugt, wenn ein höherer Anteil an Lipiden für die Korneotherapie notwendig ist. Für den Hautfeuchteverlauf ergeben sich daraus ganz unterschiedliche Charakteristiken. Von der jeweiligen Hautanalyse und dem individuellen Hautproblem hängt es ab, welche galenische Form im Einzelfall zweckmäßiger ist. Darüber hinaus gestatten modulare Systeme auch den Einbau von pharmazeutischen und kosmetischen Wirkstoffen (10). Für die Praxis der Prävention ist außerordentlich wichtig, dass die modularen Systeme auch mit dekorativen Komponenten kompatibel sind, da sie sichtbare Hautanomalitäten optisch mildern und den Leidensdruck der betreffenden Personen vermindern. Voraussetzung für dekorative Komponenten ist allerdings wie bei den Basisformulierungen die Abwesenheit von irritierenden, sensibilisierenden und okklusiven Hilfsstoffen.

Ausblick

Einer der großen Vorteile der Korneotherapie ist die weitgehende Freiheit von Nebenwirkungen - im Gegensatz zu topischen Pharmazeutika. Präventiv angewandt kann die Korneotherapie die beschwerdefreie Zeit verlängern und den Einsatz von konventionellen Dermatika reduzieren oder überflüssig machen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Korneotherapie ist allerdings eine exakte Diagnose und eine große Erfahrung hinsichtlich des Aufbaus von Hautpflegemitteln und deren Inhaltsstoffen. Neben den oben erwähnten Feuchthaltestoffen, Lipiden und Filmbildnern spielen Ceramide sowie Amide allgemein eine Rolle bei der Auswahl der Inhaltsstoffe (8).

Es bleibt zu hoffen, dass sich die Korneotherapie mit ihrer wenig spektakulären Vorgehensweise gegenüber konventionellen Behandlungsverfahren rasch durchsetzen kann.

Literatur

  1. Lautenschläger H, The history and current aspects of corneotherapy, IV. International Symposium on Aesthetic Medicine, Moscow, April 19-20th, 2005
  2. Lübbe J, Evidence-Based Corneotherapy, Dermatology 2000; 200:285- 286
  3. Kligman AM: Hydration injury to human skin. In: Bioengineering of the Skin: Water and the Stratum corneum. Elsner P, Berardesca E, Maibach HI (eds).CRC Press, Boca Raton 1994, pp 251-255
  4. Tabata N, O'Goshi K, Zhen YX, Kligman AM, Tagami H, Biophysical assessment of persistent effects of moisturizers after their daily Applications: Evaluation of Corneotherapy, Dermatology 2000;200:308-313
  5. De Paepe K, Hachem JP, Vanpee E, Reseeuw D, Rogiers V., Effect of rice starch as a bath additive on the barrier function of healthy but SLS-damaged skin and skin of atopic patients, Acta Derm Venerol 2002;82:184-6
  6. Lübbe J, Secondary infections in patients with atopic dermatitis, American Journal of Clinical Dermatology 2003;4(9):641-654
  7. Grubauer G, Elias PM, Feingold KR, Transepidermal water loss: the signal for recovery of barrier structure and function, Journal of Lipid Research 1989;30:323-333
  8. Friberg SE et al., Water permeation of reaggregated stratum corneum with model lipids, J Invest Dermatol 1990;94:377-380
  9. Abraham W, Downing DT, Preparation of model membranes for skin permeability studies using stratum corneum lipids, J Invest Dermatol 1989;93:809- 813
  10. Lautenschläger H, Spezielle Wirkstoffe und Grundlagen in der Korneotherapie, Kosmetische Medizin 2004;2:72- 74
  11. Suvorova K, Korneotherapie der Hautkrankheiten, die von der Störung der Epidermis begleitet werden (in Russisch), Les Nouvelles Esthétiques (Russische Version) 2004;4:28
Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Medizin
26 (2), 58-60 (2005)

 
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