Selten werden kosmetische Präparate von vornherein für die Haut von Säuglingen und Kleinkindern entwickelt. Die Anzahl diesbezüglich ausgelobter Produkte ist gering. Pflegeprodukte aus dem Erwachsenenbereich werden daher manchmal als Notnagel benutzt. Aber ist das sinnvoll? Kinderhaut ist anders als die von Erwachsenen. Vor allem auch Babyhaut hat eine vergleichsweise geringe Dicke und ist sehr durchlässig. Daraus könnte man folgern, man müsse sie mittels Hautpflegepräparaten besonders intensiv schützen. Das stimmt aber nicht. Erstens muss sich das Immunsystem entwickeln können - das heißt, die Wirkung äußerer Reize sollte nicht unterbunden werden. Zweitens wirken sich belastende Inhaltsstoffe auf den kleineren Organismus ungleich höher aus. Grundsätzlich sollte die Hautpflege daher nur ein Hilfsmittel bei Defiziten sein. Zu diesen Defiziten kann es durch die Reinigung kommen, bei der man in Sachen Hautschutz daher anfangen sollte. Für die Art der Reinigung gilt: So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich, um den natürlichen und bei Säuglingen noch nicht vollständig ausgeprägten Säure- und Lipidschutzmantel zu schonen. Ein längeres warmes Schaumbad ist für die Hautbarriere nicht förderlich, ja sogar schädlich. Im Kindesalter quillt die Haut im warmen, tensidhaltigen Wasser besonders stark auf und wird dabei entsprechend ausgelaugt, je länger das Bad dauert. Ist dies der Fall, empfiehlt es sich anschließend, eine barriereaktive Pflege anzuwenden. Übertriebene Hygienemaßnahmen sind der Gesundheit des Kindes nicht zuträglich. Es gilt heute als erwiesen, dass extreme Reinlichkeit und übermäßige Pflege im Kindesalter mit dem Auftreten von atopischer und empfindlicher Haut in späteren Jahren korrelieren. Je öfter tensidische Reinigungsmittel angewandt werden, desto häufiger kommt Windeldermatitis vor. Benutzt man nach dem Wechsel der Windel emulgatorhaltige Pflegepräparate, hilft dies meist wenig, da die natürlichen Barrierebedingungen so in der Regel nicht wiederhergestellt werden. Schonender ist die Reinigung mit reinem Wasser und einem geeigneten Pflanzenöl. So lassen sich Reizungen vermeiden. Allerdings ist die Anwendung von reinen Pflanzenölen manchmal gewöhnungsbedürftig. Paraffinöle haben nahezu die gleiche Reinigungswirkung, sind jedoch nicht physiologisch und hinterlassen letztendlich einen Oberflächenfilm, der die Entwicklung der natürlichen Hautflora stört.
Spätfolgen meiden
Für Kinder ist die direkte Sonnenbestrahlung schädlich, da die Melaninbildung vor allem im ersten Lebensjahr noch unzureichend ist. Mittels Sonnenpräparaten kann man die Haut zwar vor UV-Strahlung schützen, nicht aber vor IR-Strahlung (Infrarot). Bei Kleinkindern sind daher Kopfbedeckung und angemessene Kleidung die beste Alternative. Mit ihnen kann man es vermeiden, die Haut mit UV-Filtern zu belasten. Sollen dennoch Sonnenpräparate eingesetzt werden, sind physikalische UV-Filter wie Titandioxid oder polymere, an der Hautoberfläche verbleibende Filter vorzuziehen, da sie die Hautbarriere nicht durchdringen können. Da aber die erforderlichen hohen Schutzfaktoren so meist nicht zu erreichen und chemische Filter daher fast unvermeidlich sind, ist zudem auf eine niedrige Emulgatordosierung oder besser auf Emulgatorfreiheit der Cremegrundlagen zu achten. Denn insbesondere nichtionische Emulgatoren fördern die Diffusion der Filter durch die Haut. Kommt es trotz aller Vorsicht zu Lichtschäden (Erytheme), können linolsäurereiche Liposomen und regenerierende Wirkstoffe, z. B. Sonnenhutextrakt oder Leinöl, in Form von flüssigen Nanopartikeln schnell und effektiv helfen. Frühe Lichtschäden führen - trotz Regeneration - zu vorzeitiger Hautalterung und erhöhen das Hautkrebsrisiko.
Wirk- und Hilfsstoffe
Auch der Wasserhaushalt der frühkindlichen Haut unterscheidet sich von der Erwachsenenhaut. Insbesondere das Stratum corneum ist dünner und durchlässiger, die Haut trocknet leichter aus. Aus der Pharmakologie ist bekannt, dass der Wirkstofftransport von topischen Arzneistoffen wesentlich schneller erfolgt, wodurch es z. B. zu stärkeren Nebenwirkungen kommt. Die Penetrationsraten steigen durch okklusive Bedingungen - z. B. im Windelbereich und durch dichte Kleidung - weiter an. So kommt es bei der Applikation von Vitamin-A-säure und ihren Derivaten wesentlich schneller zu Irritationen als bei Erwachsenen. Glucocorticoide und chlorhaltige Antiseptika sind ebenfalls kritische Stoffgruppen. Diese Verhältnisse lassen sich auf kosmetische Präparate übertragen. Hier ist insbesondere Vitamin A zu nennen, das zu einem beachtlichen Teil zu Vitamin A-säure verstoffwechselt wird. Vitamin A muss daher sehr vorsichtig dosiert werden. Gleiches gilt auch für kosmetische Konservierungsstoffe. Die zugelassenen chlorhaltigen phenolischen Verbindungen und Chlormethylisothiazolinon eignen sich nicht gut zur Konservierung kindgerechter Präparate. Präparate ohne Konservierungsstoffe sind eindeutig vorzuziehen, da generell alle Konservierungsstoffe, die im Anhang der Kosmetikverordnung gelistet sind, ein sensibilisierendes Potenzial besitzen. Dieses Problem wird durch die hohe Permeabilität der Kinderhaut noch verstärkt. Nebenbei ist anzumerken, dass alle Verträglichkeitsstudien von Kosmetika an erwachsenen Probanden durchgeführt werden. Dementsprechend liegen fast keine Erkenntnisse darüber vor, wie verträglich sie insbesondere bei Kleinkindern sind. Umso wichtiger ist es, die INCI von kosmetischen "Erwachsenen-Produkten" genauer anzusehen, bevor sie ersatzweise zur Pflege der Kinderhaut eingesetzt werden.
Emulgatorfreie Präparate
Aufgrund der hohen Durchlässigkeit werden nicht nur Pflege- und Wirkstoffe, sondern auch Emulgatoren stärker in die Haut transportiert. Dadurch können hauteigene Barrierestoffe bei einer späteren Reinigung stärker ausgewaschen werden. Dies trifft insbesondere für Öl-in-Wasser-Emulgatoren zu. Daher eignen sich pflanzliche Öle bei Kleinkindern nicht nur für die Reinigung, sondern auch für die Hautpflege besser als Emulsionen. Alternativ können emulgatorfreie Barrierecremes eingesetzt werden, die die gleiche physikalische Struktur wie die Hautbarriere besitzen. Konservierungsmittelfreie Produkte zeichnen sich mitunter durch eine relativ hohe Konzentration an wasserlöslichen Stoffen aus. Dies kann bei kleinen oberflächlichen Verletzungen der Haut zu einem kurzzeitigen leichten Brennen führen. Dies ist zwar völlig harmlos, kann aber von Kindern als unangenehm empfunden werden. In diesem Fall kann auf Oleogele ausgewichen werden, die die Pflegestoffe der oben genannten Barrierecremes enthalten, aber wasserfrei sind. Zu den emulgatorfreien Produkten zählen auch Hydrogele. Im Gegensatz zu den Oleogelen besteht die Matrix dieser Produkte aus einer rein wässrigen Basis. Rötungen und andere auffällige Hauterscheinungen sind auch bei Kindern Anlass für den Besuch beim Dermatologen. Mitunter werden zur schnellen Beruhigung der Haut hochwirksame corticoidhaltige Salben verschrieben. Diese helfen umgehend, sind aber dauerhaft angewandt eher kontraproduktiv. Mit einer geeigneten kosmetischen Grundpflege kann man bei entsprechend disponierter Haut aber präventiv einiges ausrichten. Es werden hauptsächlich reizfreie Präparate eingesetzt, in denen weitestgehend auf Hilfsstoffe wie Konservierungs- und Parfümstoffe, Emulgatoren sowie Mineralöle verzichtet wird. Bei Barriere- und Verhornungsstörungen steht die Applikation essenzieller Fettsäuren der Omega-6 und Omega-3-Reihe als Wirkstoffkomponenten im Vordergrund. Die Öle können pur oder besser nano-dispergiert verwendet werden. Bei aufgesprungenen Händen eignet sich Hamamelis-Extrakt - aufgrund seiner zusammenziehenden Wirkung. D-Panthenol hilft bei kleinen oberflächlichen Verletzungen und sorgt für eine rasche Regeneration der Haut.
Dr. Hans Lautenschläger |