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Lippenerkenntnisse - Bewährte und neue Pflegetipps

 

Geschmeidig, glatt, glänzend: Gesunde Lippen sind attraktiv. Wachs- und pigmenthaltige Präparate und Stifte sind deshalb aus der Kosmetik nicht mehr wegzudenken. Manche Lippenpflegemittel haben sich im Lauf der Zeit erstaunlich wenig verändert, andere sind aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnis dazugekommen.

 

Die Lippen sind ein empfindliches Tastorgan, das viele Nerven enthält. Ihre Barriere ist im Vergleich zur übrigen Gesichtshaut wesentlich schwächer ausgeprägt. Schweiß-, Talgdrüsen und Behaarung fehlen ganz. Das erklärt die glatte Lippenoberfläche, die ständig und unwillkürlich durch den Speichel befeuchtet und in einem gleitfähigen Zustand gehalten wird. Auch die Elastizität der Lippenhaut ist aufgrund ihrer geringen Dicke sehr hoch. Die Lippen können praktisch jeder kleinsten Bewegung der Kiefer und der Muskulatur im Bereich des Mundes folgen. Nicht zu vergessen ist ihre Schließfunktion, die durch die ideale Oberfläche und den Feuchtefilm perfekt arbeitet. Bemerkenswert ist, dass die Lippen völlig entspannt sind, wenn sie geschlossen sind. Umso unangenehmer ist es, wenn die Lippen mal nicht so funktionieren wie sie sollten.

Störungen im Lippenbereich

  • Zu trockenen Lippen kommt es, wenn der Speichelfluss gestört ist - zum Beispiel im fortgeschrittenen Alter, durch Krankheit, Nebenwirkungen von Medikamenten (z. B. Psychopharmaka), Strahlentherapie, oder der Mund längere Zeit geöffnet ist, etwa im Schlaf.
  • Ein anderes Problem sind Barrierestörungen an der angrenzenden Haut, die durch Bewegungen der Zunge über den Lippenbereich hinaus ausgelöst werden. In diesem Fall finden eine Entfettung und gegebenenfalls eine Quellung statt, die in der Kombination mit kleineren Infekten zu Irritationen, Entzündungen und Rhagaden führen können, die sich an den Lippen fortsetzen.
  • Auch aggressive Lebensmittel wie Fruchtsäfte oder Früchte können solche Irritationen, Entzündungen oder Rhagaden verursachen. Typische Beispiele sind frische Ananas oder die Berührung mit Fruchtschalen von Apfelsinen und Zitronen. Auslöser sind Fruchtsäuren, ätherische Öle sowie pflanzliche Proteine und Enzyme.
  • Im Extremfall führen Fruchtkontakt oder auch ungeeignete Kosmetika mit allergenen Konservierungsstoffen zu einer perioralen Dermatitis. Sie tritt bei Personen mit Neigung zur Rosacea häufiger auf. Empfindliche Menschen reagieren schon auf Bestandteile von Zahncremes und Mundspülungen. Routinemäßig ausgeführte kosmetische Fruchtsäurebehandlungen, chemische Peelings und Kräuterpeelings erhöhen die Empfindlichkeit der Haut rund um den Mund.
  • Die Lippen enthalten kein oder nur wenig Melanin. Die rote Farbe resultiert hauptsächlich aus den zahlreichen, nahe an der Oberfläche liegenden Blutgefäßen. Sie sind ein Zeichen dafür, dass an den Lippen ein hoher Wärmeübergang erfolgt - insbesondere bei Erregung. Umgekehrt kann aber auch schnell ein hoher Wärmeverlust eintreten - erkennbar an der Blauverfärbung bei Kälte. Der Schutz der Lippen gegen Kälte und Ultraviolettstrahlung (Sonne) ist daher unabdingbarer Bestandteil ihrer Pflege.
  • Bei niedriger Luftfeuchte, niedrigem Luftdruck und hohen Temperaturen erhöht sich generell der transepidermale Wasserverlust der Gesichtshaut und der Lippen. Beispiele: Reisen im Flugzeug, Bergwanderungen, Sonnenbäder, Wüstenklima. Die Folge sind Spannungsgefühle und Risse vor allem in den Mundwinkeln, die bei schnellen Bewegungen wie Kauen oder emotionaler Mimik noch weiter einreißen und schmerzhaft sein können. Infektionen durch Bakterien, Pilze oder Viren verschlimmern die Lage.

Pflege mit Schimmer: Lipgloss

Objektiv betrachtet benötigen die Lippen bei voller Funktion keine besondere Pflege. Da sie nicht nur hinsichtlich ihrer Sensibilität, sondern auch optisch zu den stärksten erogenen Zonen des Körpers gehören, haben sich aber seit jeher dekorative Korrekturen und Betonungen in allen Kulturen durchgesetzt. Öl- und wachshaltige Cremes waren die Vorläufer der heutigen Lippenstifte. Die mit allerlei Pigmenten und anderen farbigen Komponenten ausgestatteten Cremes gibt es auch heute noch in weiterentwickelter Form als Lipgloss. Sein feuchter Schimmer signalisiert hohe Sinnlichkeit.

Obwohl Farben und Art des Glanzes zeitlichen und saisonalen Einflüssen unterworfen sind, dominiert auch beim Lipgloss die Farbe Rot in allen Variationen mit und ohne Glitzereffekt. Bei den Pigmenten konzentriert man sich heute hauptsächlich auf Eisenoxide (Rottöne), Titandioxid (weiß) und natürliche oder speziell beschichtete Mineralien auf Glimmer- und Kaolinbasis, Um eventuell giftige Schwermetalle früherer Zeiten muss man sich beim Lipgloss keine Sorgen mehr machen. Der Anschein der Feuchte wird mit pflanzlichen, mineralischen und synthetischen Ölen erzeugt - meist Triglyceride, Esteröle, Squalan, Polyalphaolefine (PAO) und Silikone, gegebenenfalls in Kombination mit Wachsen und deren synthetischen Varianten. Zur leichteren Verteilung bei der Anwendung dienen synthetische kurzkettige Dicarbonsäureester oder verzweigte Ester von Monocarbonsäuren. In diese Matrix werden pflegende, feuchtigkeitsbindende Zusätze wie Proteine und deren Hydrolysate, Polysaccharide (z. B. Hyaluronsäure) und deren Derivate sowie pflanzliche Schleime wie Aloe eingearbeitet. Mit Ihnen erreicht man eine gewisse Aufpolsterung der Lippen. Antioxidantien wie Vitamin E, beruhigende Komponenten wie D-Panthenol und Bisabolol sind weitere Ingredienzien. Je nach Konsistenz werden die Lipglosspräparate in Tiegeln, Tuben, Flaschen mit Pinseln oder als Drehstift angeboten.

Lippenstifte enthalten keine Emulgatoren

Lippen- und Konturenstifte sind Basis der dekorativen Tagespflege. Ihre halbfeste Konsistenz erfordert einen hohen Anteil an Wachsen wie Carnauba-, Candelilla-, Bienen- oder mineralischem Wachs. Dabei ist nach wie vor eine Tendenz zu pflanzlichen, physiologisch unkritischen Komponenten festzustellen, da die Diskussion um das unvermeidbare Verschlucken der Bestandteile von Lippenstifte nicht verstummt ist. Das gilt sinngemäß natürlich auch für Gloss und andere Lippenpräparate. Ein weiterer Kritikpunkt ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass undurchlässige Filme im Lippenbereich durch Gewöhnungseffekte die Eigenregeration herabsetzen. Wird kein Präparat aufgetragen, kann das zu trockenen Lippen führen.

Ein Vorteil von Stiften gegenüber wasserhaltigen Cremes ist die Abwesenheit von Emulgatoren. Auch auf Konservierungsstoffe kann wegen der fehlenden Wasserphase verzichtet werden; trotzdem sind sie häufig enthalten - offensichtlich mit dem Ziel, die oberflächliche Weitergabe von Keimen zu vermeiden, wenn mehrere Personen ein und denselben Stift verwenden. Damit Stifte - dies gilt auch für pigmenthaltige Cremes - besser haften, enthalten sie meist Rizinolsäure, deren Triglyceride oder hydrierte Verbindungen auf Basis von 12-Hydroxystearinsäure, die nebenbei auch die Pigmente fixieren können.

Schutz bei Kälte, Hitze und UV-Licht

Pigmentfreie Versionen von Lippenstiften setzt man zum Kälteschutz im Winter oder bei alters- oder krankheitsbedingter Trockenheit der Lippen ein. Im Gebirge oder bei Flugzeugreisen oder heißer Witterung dienen Lippenpflegestifte temporär zur Senkung des transepidermalen Wasserverlustes. Zusätze von UV-Filtern schützen vor dem Sonnenlicht. Dabei handelt es sich meist um nahezu farbloses Titandioxid und chemische Filter. Wie bei mineralischen Ölen und Wachsen ist auch hier bei der toxikologischen Auswahl der Filter auf die unvermeidbare orale Aufnahme zu achten. Der Lichtschutz ist mit 50+ meistens sehr hoch. Im täglichen Gebrauch, der größtenteils in geschlossenen Räumen stattfindet, kann man wie bei Tagescremes auf die UV-Filter verzichten. Wenn dekorative Pigmente in Stiften oder Cremes enthalten sind, liegt ohnehin ein geringer Schutzfaktor von 1-4 vor.

Hilfe bei Reizungen

Ist es zu Reizungen, anormalen Rötungen oder Rissen im Lippenbereich gekommen, steht die Beseitigung der eingangs erwähnten Ursachen im Vordergrund. Schwierig wird es, wenn Infektionen im Spiel sind. Dann müssen gegebenenfalls für kurze Zeit lokale Antibiotika oder Antimykotika appliziert werden. Bevor kosmetische Maßnahmen folgen können, ist sicherzustellen, dass keine nässenden Bereiche mehr vorhanden sind. Dann kann man mit kosmetischen Wirkstoffkonzentraten auf der Basis von Hamamelis (adstringierend), Kamille (entzündungshemmend), D-Panthenol (fördert die Zellproliferation), Boswellia (entzündungshemmend) oder liposomaler Azelainsäure (antimikrobiell) nachbehandeln.

Auch nanodisperse pflanzliche Öle mit essentiellen Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren können hilfreich sein, da sie neben der Entzündungshemmung und Rötungsmilderung auch die Spannung aus den oberflächlichen Barriererissen nehmen können. Sonnenlicht ist zu vermeiden, da die ungesättigten Säuren unter UV-Licht von Luftsauerstoff angegriffen werden. Die wässrig eingestellten Öle decken die betreffenden Stellen nicht okklusiv ab, vermeiden kontraproduktive Hautquellungen und erschweren so anaeroben Bakterien das Leben. Aus gleichem Grunde verwendet man auch Barrierecremes anfänglich erst sparsam und cremt besser mehrfach am Tage mit geringen Mengen ein.

Vitamine regen die Regeneration an

Wenn die Ursache für Schaden behoben ist, geht es insbesondere nach Infektionen darum, die Regeneration möglichst zu beschleunigen. Das geschieht erfahrungsgemäß am besten mit physiologisch kompatiblen Barrierecremes (ohne Emulgatoren, Duft- und Konservierungsstoffe) mit den Vitaminen A, B, C und E. Auf diese Weise entzieht man Bakterien und Pilzen schnell die Grundlage für Neuinfektionen. Da Cremes mit ähnlicher Zusammensetzung ohnehin für das Gesicht zum Einsatz kommen, kann man an dieser Stelle die Pflege erheblich vereinfachen und für die Prävention von Störungen im Lippenbereich sorgen. Ein separates Lippenpflegepräparat ist dann nicht mehr notwendig. Sollte wider Erwarten eine stärkere Fettung erforderlich sein, kann eine Vitamincreme mit höherem Fettgehalt verwendet werden oder die Vitamincreme für das Gesicht mit einem gut verteilbarem Oleogel auf pflanzlicher Basis oder einem der oben erwähnten Pflegestifte für die Lippen kombiniert werden. Dies kann auch bei unterspritzten Lippen sinnvoll sein, da die nach außen gerichtete Lippenfläche wesentlich größer und dementsprechend anfälliger gegen Austrocknung ist.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
medical Beauty Forum
2014 (6), 18-20

 
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