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Produktwerbung – nur nicht zu kreativ

 

Werbung belebt das Geschäft. Und die Digitalisierung eröffnet viele Möglichkeiten, neben den Printmedien verkaufsfördernde Informationen kostengünstig zu verbreiten. Dabei wird oft übersehen: Nicht alles ist erlaubt – das gilt auch in der Kosmetikbranche.

 

Hersteller, Handel und behandelnde Institute unterliegen in der Kosmetikbranche der Kosmetikverordnung (KVO). Sie regelt, welche Stoffe in Produkten reglementiert und verboten sind, wie Produkte zu kennzeichnen sind, welche Angaben zum Gebrauch und zur Entsorgung auf den Verpackungen gemacht werden müssen und dürfen. Darüber hinaus sind darin die verantwortlichen Personen, der Sicherheitsbericht, die Herstellungspraxis und das Anmeldeverfahren zu den Kosmetika festgelegt.
Die KVO ist dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) untergeordnet. Dieses ist Nachfolger des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG).
Eine Form der Werbung sind Produkt-Etiketten, gleichwohl darf Etikettenschwindel jedoch nicht betrieben werden. Eigene Etiketten der Institute sind keine Seltenheit. Sie werden – beispielsweise mit Institutsnamen und -adressen und griffigen Slogans – neben dem Etikett des Herstellers zusammen angebracht. Das Überkleben oder Austauschen der Hersteller-Etiketten und das Anbringen eigener Etiketten sind weitere Varianten, die in der Regel nicht KVO-konform sind. Abfüllungen aus Kabinenware in eigen-etikettierte Behältnisse und deren Verkauf sind ebenfalls verboten.
Auch Apotheken unterliegen der KVO und besitzen diesbezüglich keine Sonderrechte. So musste z. B. eine Apotheke ihren Versandhandel einstellen, weil unter anderem die Kennzeichnungspflichten nach KVO nicht eingehalten wurden (VG Ansbach, Urt. v. 20.11.2012 - AN 1 K 11.02002035). Dieser Rechtsstreit beleuchtet im Detail die Fallstricke der KVO.1

Produktinhalte

Einen großen Raum nimmt die Produktwerbung in Flyern, Broschüren, Internet und sozialen Netzwerken sowie in den Instituten in Form von Aufstellern und Plakaten etc. ein. Diesbezüglich ist der Artikel 20, § 1 ("Werbeaussagen"), der KVO von Bedeutung. Dort heißt es: Bei der Kennzeichnung, der Bereitstellung auf dem Markt und der Werbung für kosmetische Mittel dürfen keine Texte, Bezeichnungen, Warenzeichen, Abbildungen und andere bildhafte oder nicht bildhafte Zeichen verwendet werden, die Merkmale oder Funktionen vortäuschen, die die betreffenden Erzeugnisse nicht besitzen.
Wenn es um Wirkstoffe geht, muss beispielsweise ihre Konzentration ausreichen, um ihre Eigenschaften auszuloben zu dürfen. Das trifft bei Produkten mit einer langen INCI-Liste oft nicht zu. Andererseits sind Angaben über nicht enthaltene Stoffe nicht statthaft, wenn es sich um Selbstverständlichkeiten handelt. Ein Massageöl auf der Basis von fetten Ölen etwa kann nicht mit dem Prädikat "Ohne Konservierungsstoffe" angepriesen werden. Denn Produkte ohne Wasserphase benötigen keine Konservierung.
Konzentrationsangaben werden zuweilen im Handel missbräuchlich verwendet. Wenn in einem Produkt 10% Hyaluronsäure-Gel enthalten ist, wird dies häufig mit 10% Hyaluronsäure beworben, obwohl der Hyaluronsäure-Anteil im Gel nur 1% beträgt, was letztlich einem Anteil von 0,1% im Endprodukt entspricht.

Was sonst noch drin ist...

Zuweilen wird auch auf das Nichtvorhandensein von Stoffen hingewiesen, die von der KVO explizit verboten sind – zum Beispiel "Ohne Kortison". Kortison darf nur in Arzneimitteln verwendet werden. Wenn liposomale Eigenschaften beschrieben werden, müssen auch Liposomen drin sein. Das ist bei einem so beworbenen Sonnenschutzmittel eher nicht der Fall. Umgekehrt zu behaupten, der Sonnenschutz enthalte keine Nanoteilchen, wenn Titandioxid in entsprechender Größenordnung eingesetzt wird, entspricht ebenfalls nicht der Realität.

Tierversuche

"Ohne Tierversuche" ist eine Selbstverständlichkeit, da Tierversuche mit Kosmetika seit geraumer Zeit verboten sind. Wenn allerdings nachgewiesen wird, dass in der gesamten Kette, also auch bei allen Inhaltsstoffen und gegebenenfalls deren Vorstufen keine Tierversuche – etwa zur Bestimmung der Toxizität – von Herstellern oder Dritten durchgeführt wurden, ist diese Auslobung möglich. Das ist jedoch eine sehr seltene Ausnahme und auf einfache Produkte wie natürliche Pflegeöle ohne weitere Zusätze beschränkt.

Heilen & Lindern

Es ist kein Geheimnis, dass Kosmetika bei diversen Hautstörungen eine große Hilfe sein können.2 Allerdings sind entsprechende Hinweise für die Behandlung von Indikationen wie Akne, Neurodermitis, Schuppenflechte & Co nicht erlaubt, selbst wenn durch die indikationsbegleitende Hautpflege eine signifikante Besserung eintritt. Die Werbung mit den Begriffen Heilen und Lindern oder deren Synonymen ist allein den Arzneimitteln vorbehalten. Auch Heilpraktiker müssen sich an diese Regelung halten.
Die Kosmetikverordnung erlaubt pharmazeutische Wirkstoffe, wenn sie sie nicht explizit verbietet. Grundsätzlich verbietet die KVO aber systemische Wirkungen, wobei z. B. ätherische Öle (Aromatherapie) grenzwertig sind. Typische Arzneistoffe, die in Kosmetika zum Einsatz kommen, sind D-Panthenol, Salizylsäure, Azelainsäure, Clotrimazol, Pirocton Oleamin, Tranexamsäure. Sie müssen durch den gemäß KVO obligatorischen Sicherheitsbericht in ihren Einsatzkonzentrationen unkritisch sein und die Etiketten zum Teil Warnhinweise wie im Fall der Salizylsäure enthalten. Anleihen auf arzneiliche Wirkungen dürfen nicht gemacht werden. Produkte mit Clotrimazol und Pirocton Oleamin beispielsweise sind eindeutig antimykotisch wirksam. Sie wären zur Behandlung von Fußpilz geeignet, dürfen aber nur als Antischuppenmittel angepriesen werden.
Seinerzeit hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kein Risiko darin gesehen, Azelainsäure bis 1% als Konsistenzgeber in Kosmetika einzusetzen. Solange nicht mit einer Anti-Akne-Wirkung (medizinische Indikation) geworben wird, sind sogar höhere Konzentrationen möglich – wenn sie im Sicherheitsbericht kein Risiko darstellen.

Produkte vom Medizinmann

Im Zusammenhang mit Produktbezeichnungen werden häufig Zusätze aus der medizinischen Terminologie verwendet. "Medizinische", "dermatologische" Hautpflege oder "dermokosmetische" Pflege sind weder unter Arzneimitteln, noch unter Medizinprodukten, sondern unter kosmetischen Produkten einzuordnen. Zusätze wie "medical", "med" sowie der "Dr." des Firmeninhabers im Produktnamen von Kosmetika sind ebenfalls erlaubt, solange nicht ausdrücklich auf eine medizinische Indikation Bezug genommen wird.
Medizinprodukte haben in der Regel ähnliche Zusammensetzungen wie Kosmetika, enthalten aber nicht selten Stoffe, die in der KVO längst reglementiert oder verboten sind. Sie dürfen im Gegensatz zu Kosmetika auf die Anwendung bei körperlichen Leiden hinweisen. Die Beweisführungen werden von Institutionen wie der Stiftung Warentest zu Recht in Zweifel gezogen.3
Eine Bemerkung noch zu Detox-Präparaten: Detox ist eine gesundheitsbezogene Angabe und somit nicht zulässig – wie der BGH bereits für Kräuterteemischungen geurteilt hat.4

Kontrollinstanzen

Die Einhaltung der KVO wird in Deutschland von ganz unterschiedlichen Institutionen kontrolliert. In Nordrhein-Westfalen sind es häufig, aber nicht immer die Veterinär- und chemischen Untersuchungsämter, in Süddeutschland meist die Landratsämter. Zum Teil gehören auch Stadtverwaltungen und Ordnungsämter dazu.
Die sehr unterschiedlichen Aufsichten tragen nicht gerade zur Übersichtlichkeit für die Beteiligten bei. Kontrollen finden nicht regelmäßig, sondern stichprobenhaft und vorher angemeldet statt.
Unerlaubte Werbeaussagen können auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb berühren. Neben den staatlichen Ämtern sind Abmahnvereine aus eigener Initiative oder im Auftrag von Dritten in diesem Bereich tätig.
Noch vor wenigen Jahren hat die Werbung mit dermatologischer Kosmetik zu Abmahnungen der Vertreiber geführt. Inzwischen hat sich aber gezeigt, dass die Nachhaltigkeit von Kosmetika ohne die Berücksichtigung dermatologischer und physiologischer Erkenntnisse undenkbar ist. Zunehmend nutzt die Dermatologie umgekehrt auch kosmetische Zusammensetzungen zur Behandlung ihrer Patienten – ohne die Nebenwirkungen konventioneller Arzneimittel.5,6

Fundstellen im Internet

Relevante Quellen zum Thema Werbung lassen sich über die Suchmaschinen im Netz problemlos finden:

  • Europäische Kosmetikrichtlinie – Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 (KVO)
  • Rechtliche Rahmenbedingungen für Kosmetika – Herausgeber: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
  • Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
  • Verordnung (EU) Nr. 655/2013 der Kommission zur Festlegung gemeinsamer Kriterien zur Begründung von Werbeaussagen im Zusammenhang mit kosmetischen Mitteln
  • Medizinproduktegesetz (MPG)
  • Heilpraktiker Gesetz (HeilprG)
  • Apothekenbetriebsverordnung (ApBetrO)
  • Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Referenzen

  1. Lautenschläger H, Magistralrezepturen – Kosmetische & pharmazeutische Kombinationen, Beauty Forum medical 2020 (2), 22-25
  2. Lautenschläger H, Grenzgänger – Kosmetische Hautpflege auf den Punkt gebracht, Beauty Forum 2010 (8), 27-29
  3. Lautenschläger H, Den Durchblick behalten – Was Medizinprodukte und kosmetische Produkte unterscheidet, Kosmetik International Top Medical 2020 (1), 42-45
  4. Mythos Entgiften, Stiftung Warentest 2022 (1), 18-19
  5. Lautenschläger H, Dermatologische Kosmetik – Brücke zwischen Kosmetik und Medizin, Kosmetische Praxis 2005 (5), 12-14
  6. Lautenschläger H, Vortrag: Kosmetische Dermatologie und Dermatologische Kosmetik, 8.05.2021, BEAUTY FORUM Xperience (online)

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetik International
2022 (3), 86-88

 
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