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Apparate & Produkte - was ist gut, was erübrigt sich?

 

Geräte - je größer und jünger sie sind - demonstrieren Modernität. Digitale Anzeigen überzeugen mehr als Worte bei der Hautdiagnose, der Behandlung und der Beratung. Das ist nicht nur bei der Akquisition neuer Kunden so, sondern auch in der täglichen Routine ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Wenn mit den Geräten noch die Anwendung von Präparaten verknüpft wird, ist das Dreamteam perfekt.

 

Von den Kombinationen der Geräte mit Präparaten profitieren im idealen Fall alle, die Hersteller, die Behandelnden in den Bereichen Kosmetik und Dermatologie, und die behandelten Kunden und Patienten. Der Idealfall besteht darin, dass Diagnosen genauer, Behandlungen schneller und effektiver und Produktempfehlungen automatisiert erfolgen können.
Doch die Realität sieht manchmal anders aus: Die Investitionen werden auf die Behandlungskosten umgelegt, Geräte und Produkte passen nicht zusammen oder verhalten sich sogar kontraproduktiv zueinander, und Fehlbedienungen der Geräte führen im Extrem zu irreparablen Schäden. Letzteres hat den Gesetzgeber unterer anderem dazu veranlasst, die "Verordnung zum Schutz gegen die nichtionisierende Strahlung bei der Anwendung am Menschen" (NiSV) am 31.12.2020 in Kraft treten zu lassen. Darin ist geregelt, welche Berufsgruppen welche Behandlungen unter welchen Rahmenbedingungen durchführen dürfen und welche Voraussetzungen bei den Behandelnden in Form von Fachkundenachweisen gegeben sein müssen. Das ist im Detail recht kompliziert und wird dementsprechend in Fachkreisen und Verbänden lebhaft diskutiert.
Der folgende Überblick beschränkt sich darauf, Kombinationen hinsichtlich ihrer Effektivität zu beschreiben, Grenzen aufzuzeigen und im Einzelfall gleichwertige, nichtapparative Alternativen zu benennen.

Hautdiagnose und Präparate

Am Beginn steht die instrumentelle Hautdiagnose mit ihren speziellen Sonden für Hautfeuchte, Hautfette, Hautelastizität und Haut-pH, um nur die einfachsten zu nennen. Die Diagnose-Ergebnisse sind die Voraussetzung für die Auswahl oder Herstellung personalisierter Produkte. Dabei gibt es zurzeit im Wesentlichen drei Varianten:

  1. Ein Mischaggregat setzt nach Eingabe der Sonden-Daten ein individuelles Präparat aus einer begrenzten Anzahl von Einzelkomponenten - bestehend aus Reinsubstanzen oder Lösungen bzw. Dispersionen derselben - zusammen.
  2. Die im Hautdiagnosegerät befindliche Software berechnet direkt aus den Messwerten der Sonden die Empfehlungen für bestehende Fertigprodukte.
  3. Aus Grundlagen (Basis-Cremes, -Gele, -Lotionen) und Wirkstoffkonzentraten (Seren), bei denen es sich um eigene, gemäß KVO angemeldete Produkte handelt, werden ausgehend von den Messwerten - meist mittels einer separaten Software, die auch Problemhaut-Parameter erfasst - individuelle Kompositionen ermittelt. Dabei können zusätzlich Erfahrungswerte einfließen.

Die letzte Variante ist universell einsetzbar, da sie neben der Hautkondition auch Indikationen berücksichtigen kann. Beim Übergang von der dermatologischen Therapie zur kosmetischen Prävention kann die gleiche Grundlage verwendet werden. Über rechtliche Aspekte wurde bereits berichtet.1

Behandlung und Präparate

Während Hautdiagnose und Behandlung schrittweise, also separat hintereinander erfolgen, geht es bei der direkten Verknüpfung von Geräten und Präparaten darum, durch physikalische Prozesse die Wirkung der anzuwendenden Präparate effektiver zu gestalten, vor allem aber zu beschleunigen. Vorteil: Die Wirkung tritt bereits sichtbar während der Behandlung ein und nicht erst später. Der Sofort-Effekt ist ein schlagendes Verkaufsargument und kann auf unterschiedliche Weise erreicht werden:

  • Den betreffenden Hautarealen wird Energie zugeführt, die den Stoffwechsel anregt und die Haut durchlässiger macht. Es kommen dafür thermische Verfahren wie Bedampfung und Bodywrapping, mechanische Energie wie Ultraschall und Stoßwellen, elektromagnetische Strahlung in Form von Mikrowellen, Radiofrequenz und Infrarotstrahlung in Frage.
  • Die Haut wird durch Anlegen eines Spannungsfeldes für entsprechende, geladene Wirkstoffe durchlässiger (Iontophorese). Ungeladene, größere Moleküle können die Hautbarriere passieren, indem gepulste elektrische Felder die lamellaren Strukturen öffnen (Mesoporation); bei diesem Verfahren sind wiederum geladene Komponenten ungeeignet. Beim Medical Needling (Dermaroller) und der Mesotherapie (Mikroinjektionen) werden Wirkstoffe direkt in die Haut eingebracht.
  • Andere Verfahren kombinieren abrasive Techniken mit den Wirkstoffapplikationen, die entweder gleichzeitig oder danach erfolgen. Durch das teilweise Abtragen der Hautbarriere wird die Penetration von Wirkstoffen erleichtert, andererseits der Konzentrationsspitzen ausgleichende Depot-Effekt der Hautbarriere vermindert. Beispiele sind das rotierende Schleifen, Mikrodermabrasion mit Aluminiumoxid oder Siliciumdioxid ("Sandstrahlen"), Wasserstrahlen ("Hochdruckreiniger-Prinzip") und die Schwungwelle (Skin Scrubber).

Wie sinnvoll die Verfahren im Einzelnen und über längere Zeiträume angewandt sind, hängt vom Einzelfall ab.
Kosmetisches Needling mit Nadellängen von 0,2 - 0,3 mm führt eher zu Komplikationen durch die latente Infektionsgefahr und ist nicht effektiver als die Applikation von Präparaten mit penetrationsverstärkenden Komponenten (Liposomen, Nanodispersionen, Säureamide, D-Panthenol etc.), was im Übrigen auch für die Iontophorese gilt, während Medical Needling mit längeren Nadeln bei Narben und Altershaut zu guten Ergebnissen führen kann. Beim Medical Needling spielen allerdings gleichzeitig applizierte Wirkstoffe so gut wie keine Rolle mehr. Umso wichtiger ist es, vorher mit einem AMP-Booster (AMP = Antimikrobielle Peptide) Keimfreiheit zu gewährleisten und nach dem Needling regenerierende Produkte wie beispielsweise Vitamine A, C, E und D-Panthenol in lamellarer Grundlage anzuwenden.
Bei den abrasiven Techniken müssen die Dosierungen mancher kosmetischer Komponenten gesenkt werden, da nach Abtragung von Barriereschichten die irritativen und allergenen Schwellenkonzentrationen niedriger sind. Das gilt auch für die darauffolgende, initiale Heimbehandlung. Darüber hinaus benötigt die künstlich geschädigte Hautbarriere einen besonderen Schutz gegenüber Strahlung und unerwünschter Pigmentierung - mittels UV-Filtern und Tyrosinase-Hemmern bzw. Antioxidantien.
Ergänzend zu den elektrischen Verfahren ist noch zu erwähnen, dass Kombinationen von Präparaten mit Wechselstromanwendungen, die der Stimulation von Nerven, Muskeln und Zellstoffwechsel dienen, für die Wirkstoffpenetration ungeeignet sind.
Ferner kommt es bei manchen Techniken auf das Gerät an, was geht und nicht geht. Monopolare Radiofrequenzgeräte können die Effektivität wasser- und fetthaltiger Gele verstärken, während bi- und multipolare Geräte auf die Verwendung wasserfreier, lipophiler Medien und Wirkstoffe beschränkt sind. Allgemein besteht bei Wärme erzeugenden Geräten die Gefahr eines zu hohen Energie-Eintrages, der zu lokalen Schäden, Verbrennungen und Narbenbildung führen kann.

Hilfsstoffe

Ein weiteres Kriterium bei penetrationsverstärkenden Geräten ist der Verzicht auf Hilfsstoffe in den verwendeten Präparaten. Hilfsstoffe dringen naturgemäß wie die Wirkstoffe leichter in die Haut ein, können aber nicht wie die Wirkstoffe niedriger dosiert werden, da es sonst wie beispielsweise bei den in der KVO gelisteten Konservierungsstoffen mit durchweg allergenem Potential bereits bei der Lagerung zu Instabilitäten kommen würde. Ähnliches gilt etwa für deklarationspflichtige Parfümbestandteile, mit Phthalsäureestern denaturiertem Alkohol, endokrine Disruptoren, und starke, AMP-kontraproduktive Komplexbildner wie EDTA. Diesbezüglich sollte auch sichergestellt sein, dass die Behandlungen nicht an Präparate der Gerätehersteller gebunden sind und kein Haftungsausschluss für die Geräte besteht, wenn geeignetere Fremdpräparate zum Einsatz kommen.
Die genannten Kriterien gelten selbstverständlich auch umgekehrt für die Fälle, in denen Präparate lediglich eine Hilfsfunktion haben - Beispiel: Gleitmedien bei der Ultraschallbehandlung. Gerade an diesem Beispiel wird deutlich, dass Medizinprodukte im Gegensatz zu kosmetischen Ultraschallgelen vielfach bedenkliche Hilfsstoffe enthalten.

Kontraproduktive Kombinationen

Viele Gerätebehandlungen kommen ohne Präparate aus oder können alternativ mit Präparaten oder ohne ausgeführt werden. Das führt gelegentlich dazu, dass in gutem Glauben Präparate verwendet werden, die den beabsichtigten Gerätewirkungen entgegenstehen. Dazu einige Beispiele aus der Dermatologie:

  • Rotlicht (630-635 nm) stimuliert den Hautstoffwechsel. Dabei werden ähnlich wie bei der photodynamischen Therapie (PDT) zur Behandlung aktinischer Keratose und Hautkrebs Radikale gebildet, die unter anderem auch Hautreizungen und Rötungen auslösen können. Begleitende Hautpflegeprodukte mit hohen Gehalten an starken Antioxidantien (Radikalfänger) wirken dabei kontraproduktiv.
  • Ebenso kontraproduktiv sind aus gleichem Grund Antioxidantien bei der Anwendung von Blaulicht (425-475 nm). Die Radikalbildung initiiert die Heilung unreiner und zu Akne neigender Haut.
  • Analoge Überlegungen gelten für die Phototherapie mit Ultraviolett-A-Strahlung (315-380 nm) nach oraler oder topischer Applikation von 8-Methoxypsoralen (PUVA = Psoralen + UV-A), z. B. bei Psoriasis.

Synergistische Kombinationen

  • Bei Laserbehandlungen, die zur Anregung der Melaninbildung führen, lässt sich die örtliche Hyperpigmentierung mit liposomalem Ascorbylphosphat (INCI: Sodium Ascorbyl Phosphate) unterdrücken. Mit freiem Vitamin C (Ascorbinsäure) gelingt dies nicht. Bei IPL-Anwendungen ist die Situation ähnlich.
  • Wie beim Medical Needling sind bei abrasiven Verfahren die Vitamine A, C, E und D-Panthenol in lamellarer Grundlage zur Vor- und Nachbehandlung geeignet. Hohe Konzentrationen starker Antioxidantien sollten allerdings vermieden werden, da sie mit den vernetzenden Disulfid-Brücken der Filaggrine interagieren können.
  • Sind bei den Behandlungen Irritationen zu erwarten, können nanodisperse Seren mit essenziellen Fettsäuren hilfreich sein. Die Vorbehandlung bei radikalerzeugender Strahlung ist allerdings wegen der Gefahr der Peroxidbildung kontraindiziert.
  • Bei der ärztlichen Gamma-Bestrahlung (Krebsbehandlung) werden Präparate gegen trockene und entzündete Haut verwendet, wenn die Haut das Durchgangsorgan ist.

Ausblick

Gegenwärtig überschlagen sich die Geräte-Hersteller mit (zum Teil scheinbaren) Neuerungen. Handliche Sonden wie beispielsweise Hyaluronsäure-Pen, Plasma-Pen und Billigprodukte aus Fernost haben Konjunktur. Eine latente Gefahr besteht darin, dass den Versprechungen der Hersteller zu wenig Erfahrung insbesondere seitens des Fachpersonals mit Kurzausbildung entgegengesetzt wird. Die Branche ist einerseits sehr kreativ, jedoch die Kenntnisse im Bereich der Physik und Chemie nicht sehr ausgeprägt. Damit sind Behandlungen mit temporären, aber auch bleibende Schäden nicht auszuschließen.

Weitere Details über gerätespezifische Eigenschaften, auch ohne den Einsatz kosmetischer Präparate, wurden kürzlich publiziert.2 Ein Plädoyer für Anti-Aging-Behandlungen ohne Geräte ebenfalls.3 

Quellen

  1. Lautenschläger H, Eine gute Basis - Pharmazeutische und kosmetische Basiscremes, medical Beauty Forum 2016 (5), 12-17
  2. Lautenschläger H, Bioengineering der Haut - Die Kombi macht's, medical Beauty Forum 2015 (6), 42-45
  3. Lautenschläger H, Anti-Aging-Behandlungen - gibt es sie auch noch ohne Geräte? Kosmetik & Pflege 2017 (1), 22-23

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Beauty Forum
2019 (5), 14-18

 
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