Aus der Ernährung wissen wir, dass Wasser nicht gleich Wasser ist. Gleiches gilt für die Körperpflege, wenn es um die Körperhygiene geht oder um Wasser (INCI: Aqua) als Inhaltsstoff von Cremes und anderen Kosmetika.
Wasserhärte
Jedem ist die Unterscheidung zwischen weichem und hartem Wasser geläufig, d. h. Wasser mit wenig gelösten Salzen und Wasser mit hohen Konzentrationen von Härtebildnern wie Kalzium- und Magnesiumsalzen. Hartes Wasser macht sich durch Ablagerungen an Wasserhähnen und Wasserkesseln bemerkbar. Regenwasser enthält praktisch gar keine Salze und ist der Prototyp des weichen Wassers. Da es durch Verdunstung und Kondensation entsteht, gleicht es weitgehend dem destillierten Wasser. Die Haut dem Regen auszusetzen, ist bekanntermaßen ein bewährtes Rezept für eine schöne Haut, wobei neben der hydratisierenden Wirkung des Wassers auch Temperatureffekte (kalt/warm) eine Rolle spielen. Das in der Sauna am Körper herab rinnende Wasser ist neben dem Schweiß aus der feuchten Luft kondensiertes Wasser, also auch destilliertes Wasser.
Entsalztes Wasser
Da in Wasser enthaltene Salze bei der Herstellung von Kosmetika stören können, verwendet man dort destilliertes Wasser oder demineralisiertes Wasser. Demineralisiertes Wasser - auch entmineralisiertes oder deionisiertes Wasser genannt - wird durch Behandlung von Leitungswasser mit Ionenaustauschern hergestellt, d. h. es werden die im Wasser enthaltenen Metall-Ionen wie Natrium (Na+), Kalium (K+), Kalzium (Ca2+) und Magnesium (Mg2+) beim Durchströmen eines speziell zusammengesetzten Harzes gegen Wasserstoff-Ionen (H+) ausgetauscht. Gleichzeitig werden negativ geladene Ionen wie Chlorid (Cl-), Sulfat (SO42-), Nitrat (NO3-) entfernt und Hydroxyl-Ionen (OH-) freigesetzt. Wasserstoff- (H+) und Hydroxyl- (OH-)-Ionen, die bei diesem Vorgang in gleicher Menge entstehen, neutralisieren sich und bilden ebenfalls Wasser (H2O). Im Haushalt verwendet man häufiger Ionenaustauscher, die nur Kalzium und Magnesium gegen Natrium austauschen, es werden also allein die Härtebildner entfernt. Dies ist ausreichend, um Kesselstein und Kalkablagerungen in Geräten und Rohren zu vermeiden. Bei der Entsalzung von Meerwasser wird aufgrund der hohen Salzkonzentrationen die Umkehr-Osmose angewandt, bei der das Wasser unter hohem Druck durch eine spezielle, für die Salze undurchlässige Membran gedrückt wird.
Auf die Anwendung kommt es an
Ernährungsphysiologisch ist die Entfernung von Salzen aus dem Trinkwasser nicht wünschenswert, da die Salze in unterschiedlichen Mengen vom Körper benötigt werden. Doch wird der tägliche Bedarf an Salzen in der Regel durch andere Lebensmittel gedeckt. Bei stärkerem Wasserverlust durch harntreibende Getränke wie Kaffee oder Tee oder bei anstrengender, schweißtreibender Tätigkeit sind salzhaltige Mineralwässer oder vergleichbare Getränke jedoch unverzichtbar, da andernfalls eine Unterversorgung bis zum Kollaps führen kann. Personen mit Hautbarrierestörungen wie trockener Haut und vor allem Neurodermitis sollten dagegen äußerlich angewandt auf weiches Wasser achten. Die Carbonat-Härte aus Kalzium- und Magnesium-hydrogencarbonat sowie die Sulfat-Härte aus Kalziumsulfat - auch als Gips bekannt - führen nämlich durch Reaktion mit der Palmitinsäure der Haut zu einer weiteren Zerstörung der Hautbarriere, die das Leiden noch verstärken kann. Man kann den in der Haut ablaufenden Vorgang äußerlich beobachten, wenn man sich bei kalkhaltigem Wasser mit einer althergebrachten Kernseife (Natriumsalze der Palmitinsäure und der Stearinsäure) wäscht. Dabei entstehen weißliche Flocken von Kalkseifen (Kalziumsalze der Palmitinsäure und Stearinsäure), die sich am Beckenrand oder der Badewanne absetzen. Die gleichen Kalkseifen entstehen in der Haut. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Moor und Heilerde eine enthärtende Wirkung haben, da sie die Härtebildner durch die enthaltenen Huminsäuren absorbieren. Sie eignen sich daher bei empfindlicher Haut sehr gut für Packungen.
Quellwasser & Co
Manchmal wird bei Kosmetika auf die Verwendung von frischem Quellwasser oder Brunnenwasser hingewiesen. Meist handelt es sich dabei um ein salzarmes Wasser, das denselben Anforderungen unterliegt wie aufbereitetes Trinkwasser. Vorteil: bei der direkten Verwendung als Lebensmittel kann aufgrund der meist niedrigen Keimzahl auf eine Entkeimungsfiltration und den Zusatz von keimtötendem Chlor verzichtet werden. Quellwasser mit größeren Mengen fester oder gasförmiger Stoffe bezeichnet man auch als Mineralwasser. Zuweilen findet sich auch die Bezeichnung "gereinigtes Wasser" (Aqua purificata). Aqua purificata entspricht den Reinheitskriterien des Europäischen Arzneibuches (Ph. Eur.); es wird aus Trinkwasser durch Destillation, unter Verwendung von Ionenaustauschern oder anderen geeigneten Methoden, hergestellt. Es darf höchstens 100 koloniebildende, aerobe Mikroorganismen je Milliliter enthalten und muss eine Reihe weitere Kriterien erfüllen. Für die Herstellung von Kosmetika sind diese Anforderungen selbstverständlich, so dass es dieses Hinweises eigentlich nicht bedarf.
Die Super-Wässer
Darüber hinaus werden allerlei Wässer angeboten, die sich angeblich durch besondere Eigenschaften auszeichnen. Dazu kann ein Blick in das Internet ganz unterhaltsam sein. Hier finden sich "levitiertes Wasser", das durch spezielle Schwingungen mit Energie ("Leben") beladen wird, "sauerstoffangereichertes Wasser" mit einem besonders hohen Sauerstoffgehalt, "ionisiertes" Wasser mit unterschiedlichen pH-Werten, je nachdem ob es an der Plus- oder Minus-Elektrode entnommen wird, und einer Zusammensetzung, die - sofern ihm eine Elektrolyse zugrunde liegt - abhängig ist von den darin gelösten Salzen. Daneben gibt es "kolloidales Wasser" und "strukturiertes Wasser", denen nicht nachprüfbare Molekül-Aggregate zugeschrieben werden. Auch "Mondwasser", das zu bestimmten Mondphasen abgefüllt wird, und "magnetisiertes Wasser" werden angeboten. Der Herstellungsprozess dieser und anderer Super- und Ultra-Wässer bleibt meist im Dunkeln; ihnen zugesprochene Eigenschaften, Wirkungen und Heilversprechen sind durchweg nicht belegt, nicht nachprüfbar und verstoßen vielfach gegen geltendes Lebensmittel- und Arzneimittelrecht, wobei Placebo-Effekte nicht ausgeschlossen sind. Zusammengefasst bringen solche Produkte und Geräte, auch aufgrund ihrer preislichen Gestaltung, nur dem Anbieter Vorteile. Auch Gletscherwasser gehört in diese Kategorie. Es bietet gegenüber Regenwasser oder destilliertem Wasser keinen Vorteil, mit einer Ausnahme: es enthält geringe Mengen an Wasserstoffperoxid, das für dessen schwach bleichende und antimikrobielle Wirkung verantwortlich ist. Wasserstoffperoxid bildet sich durch Reaktion von Luftsauerstoff mit Wasser unter dem Einfluss von ultraviolettem Licht, das im Gebirge besonders aktiv ist. Gelöste Gase wirken sich wie bei "sauerstoffangereichertem Wasser" bei der Herstellung von Kosmetika nicht aus, da diese unter Vakuum hergestellt werden, um den Einschluss von Gasblasen zu vermeiden. Dementsprechend werden beim Herstellungsprozess auch gelöste Gase weitgehend entfernt.
Thermalwasser
Spurenelemente (Eisen, Kupfer, Zink, Jod etc.) und eine entsprechende Temperatur sind die Charakteristika von Thermalwässern, denen einerseits eine heilsame Wirkung zugeschrieben wird und die andererseits für die Physiotherapie genutzt werden. Neuerdings werden Thermalwässer auch anstelle von demineralisiertem Wasser in Kosmetika verwendet. Inwieweit hier eine Wirkung seitens der Spurenelemente auf die Haut vorhanden ist, ist vom Vertreiber nachzuweisen, wenn er die Effekte des Thermalwassers auslobt.
Der pH des Wassers
Der pH des Wassers, d. h. das Maß für dessen saure oder alkalische Reaktion, ist ein wichtiges Qualitätskriterium. Vergleichsweise höhere pH-Werte führen in einem Bad zu einer stärkeren Quellung der Haut als niedrigere. Quellungen sind möglichst zu vermeiden, da sie ein Zeichen für eine Schädigung der Barriereschichten sind. Quellungen werden durch Zusätze basisch reagierender Salze und oberflächenaktiver Stoffe verstärkt, so z. B. durch den "Tropfen" Spülmittel in der Küche oder durch Hautreinigungsmittel. In betrieblichen Nassbereichen können aus diesem Grund über Jahre Berufsdermatosen entstehen. Personen, die im Friseur- und Reinigungsgewerbe (Fenster- und Fassadenreinigung) tätig sind, leiden darunter besonders häufig. Auch Kosmetikerinnen können davon betroffen sein. Hier ist eine entsprechende Prävention durch geeignete Hautpflegemittel, die die Regeneration fördern, besonders wichtig.
Meerwasser
Hohe Salzgehalte, wie sie z. B. im Toten Meer in Form von Natrium- und Magnesiumsalzen anzutreffen sind, bremsen die Zellproliferation in der Haut. Daher werden Bäder im Toten Meer oder Wannenbäder mit Salz aus dem Toten Meer für Personen mit Schuppenflechte empfohlen. Auch für Neurodermitiker können Bäder in normalem Meerwasser heilsam sein. Es stresst die Haut nicht und versorgt sie mit physiologischen Salzen. Wie empfindlich die Haut auf Salzkonzentrationen reagiert, lässt sich daran ermessen, dass sehr empfindliche Häute, auf denen Salze oder Schweiß antrocknen, zu Juckreiz und Rötungen neigen. Daher kann Meerwasser bei der Herstellung von Kosmetika nicht die Wasserphase ersetzen, sondern allenfalls als Zusatz dienen.
Wasser als Rohstoff
Trotz aller beschriebenen unterschiedlichen Eigenschaften ist Wasser der weitaus preiswerteste Rohstoff in der Kosmetik. Er ist ein wichtiger Bestandteil in Emulsionen und dient in Verbindung mit Emulgatoren der tröpfchenförmigen Verteilung von pflegenden Fettstoffen (O/W-Emulsionen) und erleichtert so ganz wesentlich deren Applikation auf der Haut. Dies gilt auch für W/O-Emulsionen, d. h. wenn sich umgekehrt Wassertröpfchen in der Fettphase befinden. Das Verdunsten des Wassers wird sensorisch als angenehm kühlende Wirkung wahrgenommen. Daneben spielt Wasser auch als Lösemittel für polare (hydrophile) Wirk- und Hilfsstoffe eine Rolle.
"Wasser-Dermatologie"
In Verbindung mit feuchtigkeitsbindenden Wirkstoffen führt der Wassergehalt der Präparate nicht nur zu einer vorübergehenden, sondern auch zu einer länger andauernden, messbaren Erhöhung der Hautfeuchte. An dieser Stelle setzt die Korneotherapie an, die von Prof. A. Kligman geprägt und zuweilen von ihm auch als Wasserdermatologie bezeichnet wurde. Danach gehört Wasser zu einem der wichtigsten Wirkstoffe. In Studien konnte er zeigen, dass die effektive Wasserbindung im Stratum corneum zu klinisch nachweisbaren Effekten bei ernsthaften Barrierestörungen führt, d. h. auf Dauer gleiche Wirkung haben kann wie topisch applizierte Pharmazeutika - aber ohne deren Nebenwirkungen. Daher kommt dem in Kosmetika verwendeten Wasser, seiner Qualität und den darin gelösten Stoffen eine eminente Bedeutung zu. Eine exakte Hautanalyse und die Empfehlung eines entsprechenden Produktes, das in der Wasserphase geeignete Moisturizer (z. B. Harnstoff, Aminosäuren und hautidentisches Glycerin) in passender Konzentration enthält, sind wichtiger als jedes hoch gelobte Super-Wasser.
Dr. Hans Lautenschläger |