Die Bezeichnung Alkohol stammt aus dem Arabischen und hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Erst im Zusammenhang mit der Weinbereitung wurde daraus der Weingeist - also der Bestandteil, der für dieses Getränk charakteristisch ist. Die Chemie spricht in diesem Fall von Ethanol und definiert den Begriff Alkohol viel allgemeiner. Danach ist ein Alkohol ein Kohlenwasserstoff, der mit einer Hydroxygruppe (-OH), wie man sie vom Wasser kennt, verbunden ist:
Wasser (H2O): H-OH Alkohole: R-OH (R symbolisiert den Kohlenwasserstoff)
Von einfach bis aromatisch
Die einfachsten Alkohole sind:
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Methanol (CH3-OH): Besitzt 1 Kohlenstoffatom. Methanol kursiert in der Presse immer wieder im Zusammenhang mit Todesfällen infolge gepanschten Alkohols.
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Ethanol (C2H5-OH): Enthält 2 Kohlenstoffatome.
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Propanol (C3H7OH) und Isopropanol: Besitzen jeweils 3 Kohlenstoffatome.
Bei diesen einfachen Alkoholen handelt es sich um Flüssigkeiten ähnlich wie Wasser. Cetylalkohol (Hexadecanol), ein Alkohol mit 16 Kohlenstoffatomen, ist dagegen fest. Auf Grund der wasserähnlichen Hydroxygruppe und des lipophilen Kohlenwasserstoffrestes werden Alkohole mit kurzen Kohlenstoffketten als Lösungsvermittler, langkettige dagegen als Emulgierhilfsmittel verwendet. Ein Kohlenwasserstoff kann mehrere "alkoholische Hydroxygruppen" enthalten. Bekannte Beispiele sind Glykole mit 2, Glycerin mit 3, Glucose (Traubenzucker) mit 5 und der Zuckeraustauschstoff Sorbitol (E 420) mit 6 OH-Gruppen. Man nennt sie auch 2-, 3-, 5- und 6-wertige Alkohole. Mit der Anzahl der OH-Gruppen intensiviert sich - abgesehen von wenigen Ausnahmen - der süßliche Geschmack. Eine Sondergruppe stellen aromatische Alkohole dar, die unter dem Sammelnamen Phenole bekannt sind. Die Hydroxygruppe ist hier mit einem aromatischen Kohlenwasserstoffring verknüpft. Phenol (C6H5-OH) selbst ist ein giftiger Feststoff. Andere Phenole sind starke Konservierungsmittel oder Antioxidanzien wie etwa Flavone und Isoflavone (Phytohormone). Der menschliche Organismus baut Alkohole durch Oxidation ab - Ethanol beispielsweise über Acetaldehyd und Essigsäure zu Kohlendioxid, das ausgeatmet wird.
Funktion einzelner Vertreter
Ethanol: Der einfache Alkohol gilt nicht als Konservierungsstoff. Er wirkt aber ab ca. 10% bakteriostatisch. Deshalb wird er häufig in konservierungsstofffreien Präparaten eingesetzt. Die Furcht, dass dadurch die Haut austrocknet, ist bei diesen Konzentrationen völlig unbegründet. Problematisch sind hingegen Rasier- und Gesichtswässer mit weit mehr als 20 % Ethanol. Hierbei ist das Zusammenspiel mit Emulgatoren ein Faktor, der eine Barrierestörung in Form trockener Haut fördern kann. Bei Kombination mit anderen Alkoholen wie Glycerin und Sorbitol reichen bereits wenige Prozente, um die Präparate mikrobiologisch zu stabilisieren. Vorteil: Alkohol hat kein Sensibilisierungspotenzial. Da Ethanol ein Genussmittel ist und besteuert wird, werden in der Kosmetik Vergällungsmittel eingesetzt, um Kosten zu sparen. Diese Zusätze erkennt man in der INCI an der Bezeichnung Alcohol denat. Ausführliche Infos hierzu finden Sie in Kosmetische Praxis 2009 (5), 10-13.
Isopropanol: Auch Isopropylalkohol genannt, ist eine Alternative zu Ethanol, wenn es um Desinfektion im Institut geht. Der Alkohol ist preiswert und erinnert mit seinem charakteristischen Geruch an Haarwässer, in denen er nach wie vor weit verbreitet ist.
Propylenglykol: Dieser 2-wertige Alkohol unterbindet in moderaten Konzentrationen ähnlich wie Ethanol das Wachstum von Mikroorganismen. Auch er ist in der Kosmetikverordnung nicht als Konservierungsstoff ausgewiesen. Nach Berichten von Prof. Gloor, Universität Karlsruhe, wurde bei Propylenglykol entgegen älteren Beobachtungen trotz intensiver Verwendung kein Sensibilisierungsrisiko festgestellt. Dies ist offensichtlich auf die veränderte Reinheit des Stoffes zurückzuführen. Ähnlich wirken andere Glykole wie Butylenglykol, Pentylenglykol, Hexylenglykol und Decylenglykol, die sich lediglich durch die Länge der Kohlenstoffkette unterscheiden. Polyethylenglykole enthalten nur noch eine oder wenige alkoholische Hydroxygruppen. Diese Verbindungsklasse wurde in Kosmetische Praxis 2009 (1), 12-15 ausführlich beschrieben.
Glycerin: Dieser als 3-wertig bezeichnete Alkohol entsteht unter anderem beim enzymatischen Abbau von natürlichen Fetten und Ölen (Triglyceride). Er ist Bestandteil des NMF (Natural Moisturizing Factor) der Haut und daher vielfach in der INCI anzutreffen. Wie beim Ethanol hört man oft, dass Glycerin austrocknend wirken soll. Dies ist eine eher subjektive Empfindung, zum Beispiel bei Handcremes mit hohem Glycerinanteil. Die Hautfeuchte wird zunächst merklich erhöht. Werden die Hände nachfolgend gereinigt, wird jedoch ein Großteil des wasserlöslichen Glycerins wieder durch Wasser ausgewaschen. Danach fühlen sich die Hände naturgemäß sehr trocken an. Daher sind Handcremes mit hohem Fett- und einem moderaten Glyceringehalt vorzuziehen. Je höher der schützende Fettgehalt ist, umso weniger wird Glycerin ausgewaschen. Glycerin wird heute sowohl durch Verseifung natürlicher Öle als auch synthetisch hergestellt. Die Diskussion unter Naturkosmetikern, welches Glycerin nun das bessere sei, ist aus chemischer Sicht nicht nachvollziehbar. Entscheidend ist die Reinheit.
Sorbitol (Sorbit): Der 6-wertige Alkohol kommt als Zuckeraustauschstoff in Lebensmitteln vor. Ähnlich wie Glycerin besitzt er wasserbindende Eigenschaften. Der sog. Zuckeralkohol ist ein Pflanzeninhaltsstoff und wird aus Stärke durch Reduktion der intermediären Glucose (Traubenzucker) hergestellt. In Kombinationen mit Ethanol, Glykolen oder Glycerin entwickelt Sorbitol eine antimikrobielle Wirkung in konservierungsstofffreien Präparaten. Ähnliche Eigenschaften haben Mannitol (Mannit), das in Algen, Strand- und Wattpflanzen anzutreffen ist, und das körpereigene Inositol (Inosit), bei dem es sich um einen ringförmigen 6-wertigen Alkohol handelt.
Saccharide (Zucker): Die mehrwertigen Alkohole werden vielfach in Kosmetika verwendet. Eine Übersicht ist in Kosmetische Praxis 2009 (4), 12-15 zu finden.
Benzylalkohol (C6H5-CH2-OH): Die bittermandelartig riechende Flüssigkeit wird als Konservierungsstoff nicht nur in Kosmetika sondern auch in wässrigen medizinischen Präparaten eingesetzt. Rosenartig riecht das um ein Kohlenstoffatom reichere Phenylethanol (C6H5-CH2-CH2-OH), der Hauptbestandteil des konservierenden Rosenwassers. Das fast gleich klingende Phenoxyethanol (C6H5-O-CH2-CH2-OH) enthält noch ein zusätzliches Sauerstoffatom und fungiert in Verbindung mit Parabenen als Konservierungsstoff, der überaus weit verbreitet ist.
Cetylalkohol (Hexadecanol) und Stearylalkohol (Octadecanol) sind beliebte Co-Emulgatoren in O/W-Emulsionen und erhöhen deren Stabilität. Sie werden auch als Gemisch (Cetylstearylalkohol) verwendet. Die ihnen nachgesagte Komedogenität ist nicht ausreichend belegt und vermutlich auf ihre feste Konsistenz zurückzuführen, die selbstverständlich in Relation zu anderen Komponenten des jeweiligen Präparates gesetzt werden muss. Ähnliche Verhältnisse findet man bei der Stearinsäure; auch hier spielen unspezifische physikalische Effekte eine Rolle, die bei der Dosierung zu berücksichtigen sind.
2-Octyldodecanol ist ein typischer Vertreter der so genannten Guerbet-Alkohole, die chemisch synthetisiert werden und deren Kohlenstoffkette verzweigt ist. Sie werden zu ähnlichen Zwecken eingesetzt wie Cetylalkohol & Co. Sie sind aber nicht fest, sondern flüssig und aus dem oben genannten Grund für Emulsionen von Vorteil.
Wollwachs (Adeps lanae): Darunter versteht man eine Mischung aus tierischen Sterinen (Hauptkomponente: Cholesterin) und langkettigen Alkoholen ("Wollwachsalkohole"), die zum Teil mit Fettsäuren verestert sind (zur Definition von Estern siehe "Versteckte Alkohole"). Sie enthalten eine Unzahl unterschiedlicher Verbindungen, die aufgrund freier Hydroxygruppen der Sterine und der Fettalkohole als Emulgator für salbenartige W/O-Emulsionen dienen. Die Mischung von 65% Wollwachs, 15% Paraffinöl und 20% Wasser (Lanolin) dient als Salbengrundlage, in die pharmazeutische Wirkstoffe eingearbeitet werden.
12-Hydroxystearinsäure: Diese Substanz zeigt wie die verwandte, ungesättigte Ricinolsäure (12-Hydroxyölsäure) eine interessante Eigenschaft, wenn sich die alkoholische Hydroxygruppe mitten in einer Kohlenstoffkette befindet: Sie hat ein außerordentlich hohes Haftvermögen auf Haut und Schleimhäuten. Dies ist auf die Bildung intermolekularer Wasserstoffbrücken der OH-Gruppe zurückzuführen. Gleiches gilt für Ricinusöl, das Triglycerid der Ricinolsäure. Es wird wie Wollwachs in W/O-Emulsionen eingesetzt und ist häufiger Bestandteil von Lippenstiften, Make-up-Foundations und medizinischen Zäpfchen.
Aromatische Alkohole
Chlorphenole und Chlorkresole: Diese konservierend wirkenden aromatischen Alkohole besitzen ein Sensibilisierungspotenzial. Das antiseptisch wirkende Triclosan (5-Chlor-2-(2,4-dichlorphenoxy)-phenol) gehört ebenfalls in diese Gruppe. Bei UV-Bestrahlung und Verbrennungsprozessen können sich aus diesen Verbindungen gesundheitsschädliche polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane bilden.
Hydroxybenzoesäureester: Die Kurzbezeichnung hierfür lautet Parabene. Diese machen heute noch den größten Anteil der Konservierungsstoffe in Kosmetika aus. Das Wirkprinzip ist hauptsächlich auf die aromatische Hydroxygruppe zurückzuführen.
Flavone und Isoflavone (Phytohormone) sind Polyphenole, die - wie der Name schon andeutet - mehrere, an aromatische Ringe gebundene Hydroxygruppen enthalten und in der Natur sehr verbreitet sind. Die Sauerstoffempfindlichkeit der aromatischen Ringsysteme bedingt ihre Verwendung als Radikalfänger (Radical Scavenger).
Vitamin E: Zu den phenolischen Verbindungen zählen auch viele andere Naturstoffe, wie z. B. das Vitamin E, dessen Funktion als Antioxidans bekannt ist.
Versteckte Alkohole
Man findet Alkohole versteckt in vielen Naturstoffen. So bestehen die Hauptkomponenten von Pflanzenölen, die Triglyceride, aus Glycerin und 3 Fettsäuren. Triglyceride sind ein Sonderfall der großen Gruppe der Ester. Damit bezeichnet man Stoffe, die aus Alkoholen und Fettsäuren unter Wasseraustritt entstehen. Umgekehrt lassen sich Ester durch Wasseraufnahme wieder spalten. Diese Reaktion nennt man Verseifung - in Anlehnung an die früher verbreitete Herstellung von Seifen aus Pflanzenölen, Wasser und Natron oder Pottasche. Ester finden als fettende Bestandteile, Spreiter und Riechstoffe vielfältige Verwendung. Zu den Riechstoffen gehören auch Ether, die aus der Reaktion zweier Alkohole unter Wasseraustritt resultieren. Mit ihnen sind Acetale und Ketale sowie die Verknüpfungen von Zuckermolekülen in Oligo- und Polysacchariden verwandt. Wenn sich in direkter Nachbarschaft zur alkoholischen Hydroxygruppe eine Keton- oder Aldehyd-Funktion befindet, ergeben sich stark reduzierend wirkende Verbindungen (Antioxidanzien), die sogar sauren Charakter haben können. Der prominenteste Vertreter ist die Ascorbinsäure (Vitamin C).
Dr. Hans Lautenschläger |