Silizium ist ein Halbmetall und bekannt als unverzichtbarer Bestandteil von Chips und Transistoren. In der Erdkruste ist es das zweithäufigste Element und liegt uns überall zu Füßen als Sand, Quarz oder - in Verbindung mit Aluminium - als Ton, Glimmer und anderes Gestein.
Kieselsäure und Co
Wenn Silizium verbrennt (oxidiert), entsteht Siliziumdioxid (SiO2). Das ist auch heute noch in manchen gewerblichen, scheuernden Handreinigungsmitteln enthalten, wenn es darum geht, hartnäckigen, fest anhaftenden Schmutz wie Teer, Farbe und Klebstoffe zu entfernen. Meist handelt es sich dabei um Quarzpartikel (z. B. Seesand), die man früher auch in kosmetischen Peelings einsetzte. Doch Quarz ist ein sehr hartes Material, deshalb ist diese Verwendung im kosmetischen Bereich lange überholt. Die verwandte Kieselsäure, ein leichtes Pulver mit großer Oberfläche, ist ein hydratisiertes (wasserhaltiges) Siliziumdioxid mit völlig anderen Eigenschaften. Man setzt sie beispielsweise als Trennmittel bei Gewürzmischungen oder Kochsalz ein, um die Rieselfähigkeit zu erhöhen. Kieselsäure reichert sich etwa in Kieselalgen an und kommt als Diatomeenerde (Kieselgur) in den Handel. Sie versteift die Sprossen des Schachtelhalms; mit "Zinnkraut" hat man früher Zinngeschirr gereinigt und poliert. Extrakte des Schachtelhalms enthalten ebenfalls Kieselsäure und werden als Zusatz in Gesichtstonics und Haarpflegemitteln verwendet. Inwieweit die Verkaufsargumente betr. "Haut, Nägel und Haar zu stärken" ursächlich mit dem Kieselsäuregehalt zusammenhängen, bleibt ein Geheimnis; adstringierend wirkende Schachtelhalmextrakte enthalten weitere interessante Bestandteile wie Saponine und Flavonoide. Bemerkenswert ist aber, dass sowohl das Bindegewebe als auch das Knochengerüst auf die Zufuhr von Kieselsäure angewiesen sind. Der menschliche Körper enthält durchschnittlich ca. 20 mg Kieselsäure pro kg, die über die Nahrung aufgenommen werden. Der Siliziumgehalt von Bier (aus Gerste und Hopfen) liegt bei bis zu 50 mg Silizium pro Liter. Feinverteilte (kolloidale) Kieselsäure - auch als Aerosil bekannt - dient als Konsistenzgeber für unpolare Öle wie Paraffinöl. Dabei bilden sich Oleogele (Lipogele) aus, die in der Pharmazie eine gewisse Rolle spielen, im kosmetischen Bereich aufgrund ihrer eher unangenehmen Haptik aber nicht akzeptiert werden. Ein interessanter Aspekt ist die Aufnahmefähigkeit des Aerosils für Öle; sie ermöglicht gewissermaßen die Verwandlung von Ölen zu Pulvern - eine Technik, die auch für Lebensmittel von Bedeutung ist. Mit Titandioxid und Eisenoxid beschichtete ("gecoatete") Kieselsäure lässt sich zur optischen Faltenreduktion in Pudern und Make-ups einsetzen. Diese Rohstoffe erzeugen eine diffuse Reflexion, minimieren die Kontrastwirkung von Falten und vermeiden durch ihre hautähnliche Transparenz ein maskenhaftes Aussehen. Kieselsäure ist generell ein häufiger Bestandteil von Pudern (INCI: Silica). Eine andere Form der Kieselsäure ist das Kieselgel, auch Silicagel genannt. Das Gel hat eine feste Konsistenz und kommt in verschiedenen Körnungen in den Handel. Es ist sehr hygroskopisch (wasseranziehend) und wird daher als Trockenmittel in Laboratorien verwendet. Im Kosmetikinstitut kann man Kieselgel zur Übertragung frischer Blumendüfte in Hautpflegeöle nutzen, indem man beispielsweise Rosenblüten in Gegenwart der entsprechenden Öle in einem geschlossenen Gefäß trocknet.
Alumosilikate
In der Natur findet man viele Mineralien, in denen Kieselsäure mit Aluminiumoxid vergesellschaftet ist; sie heißen Alumosilikate. Das Alumosilikat Kaolin dient als Weißpigment unter anderem bei der Puder- und Make-up-Herstellung. Kaolin entsteht bei der Verwitterung von Feldspat. Feldspäte sind Gerüstsilikate und enthalten neben Silizium und Aluminium andere Elemente wie Natrium und Kalium sowie Calcium und Barium. Zu den leicht spaltbaren Schichtsilikaten gehören die Glimmer, die als Mica (INCI) vielfältige Verwendung in der dekorativen Kosmetik finden. Glimmer haben spezielle optische Eigenschaften und werden als feines Pulver vielfach wie Kieselsäure beschichtet (siehe oben). Zusammen mit Quarz und Feldspäten bilden Glimmer Gesteine wie Granit und Gneis, die zu Ton verwittern. Aufgrund der großen Oberfläche werden Tone und tonhaltiger Lehm zu Heilerden ("Terra sana") verarbeitet. In kosmetischen Packungen und Masken absorbieren sie körpereigene Stoffe, andererseits können sie beigemischte Wirkstoffkomponenten kontrolliert an die Haut abgeben. Die Entfernung des Tons nach der Behandlung ist allerdings vergleichsweise mühsamer als die Entfernung von Crememasken und Modelagen. Gut geeignet ist eine emulgatorfreie Reinigungsmilch. Heilerden lassen sich mit vielfältigen physiotherapeutischen Behandlungen kombinieren. Das Vermögen des Tons, Ionen auszutauschen, ist bei Zeolithen noch stärker ausgeprägt. Man kann mit ihnen sogar in begrenztem Umfang Wasser enthärten (Phosphatersatz) und sie als Badezusatzstoff verwenden. Das Alumosilikat Bentonit nimmt sehr viel Wasser auf und bildet 5-10%ige thixotrope, anorganische Gele. Zusammen mit Pigmenten, Glykolen und Ölen lassen sich aus Bentonit und analogen Alumosilikaten Flüssig-Make-ups herstellen.
Talk
Ein besonders weiches anorganisches Material ist der natürlich vorkommende Talk alias Speckstein. In Pulverform nennt man ihn Talkum. Talkum ist ein Magnesiumsilikat, das sich wie ein Fettstoff anfühlt. Als Puderbestandteil, der das Verteilen des Puders leicht und angenehm macht, ist das Mineral in der Kosmetik weit verbreitet. Fasrige Talkumstäube sind jedoch nicht harmlos, da sie ähnlich wie Asbest bei niedrigen Teilchengrößen in der Lunge Granulome erzeugen und biologisch nicht abbaubar sind. Es wird daher immer mehr mit talkumfreien Pudern geworben.
Silikone
Im Gegensatz zur Kieselsäure und den Silikaten sind Silikone rein synthetische Stoffe. Richtig heißen sie eigentlich Siloxane bzw. Polysiloxane, da sie aus kurzen oder längeren, hintereinander folgenden Silizium-Sauerstoff-Einheiten (-Si-O-Si-O-) bestehen. An jedem Siliziumatom befinden sich darüber hinaus zwei (am Anfang und Ende der Ketten drei) Kohlenwasserstoffreste. Wenn es sich dabei um zwei Methylgruppen handelt, hat man die in der Kosmetik weit verbreiteten Dimethicone (Dimethylpolysiloxan) vor sich. Wenn die Ketten ringförmig geschlossen sind, heißen sie Cyclomethicone. Explizit werden einzelne zyklische Siloxane mit der Vorsilbe "Cyclo-" und der Endsilbe -siloxane bezeichnet (z. B. Cyclotetrasiloxane). Methicone enthalten an den Siliziumatomen nur eine Methylgruppe sowie einen anderen Kohlenwasserstoffrest, der als Zusatz innerhalb der INCI explizit aufgeführt wird. Außer diesen relativ einfachen Grundtypen gibt es eine ungeheure Vielfalt anderer Polysiloxane. Hier befinden sich an den Siliziumatomen anstatt der Methylgruppen andere Kohlenwasserstoffreste sowie unterschiedliche funktionelle Gruppen. Dementsprechend vielseitig sind ihre Einsatzgebiete. Mehrheitlich überwiegen die hydrophoben und konditionierenden Eigenschaften, die man in der Kosmetik nutzt. Es gibt flüchtige und flüssige Polysiloxane, die dazu dienen, kosmetische Präparate bequem zu verteilen, und hochmolekulare, sogar wachsartige, die auf der Hautoberfläche zurückbleiben. Die hydrophobe Wirkung bei gleichzeitig samtigem Gefühl in Pflegepräparaten wird als sehr angenehm empfunden. Die glättende und anhaftende Wirkung nutzt man unter anderem für die Rückfettung bei Reinigungspräparaten und bei Bodylotionen. Das dabei auftretende gute Hautgefühl täuscht jedoch eine subjektive Hautregeneration vor, die objektiv nicht vorhanden ist. Ein breites Einsatzgebiet sind Shampoos und Haarkuren.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind beispielhaft folgende Vertreter zu nennen: Dimethicone (INCI): Von leichtflüssig wie Wasser bis zu zähflüssig ist bei diesen Siloxanen mit unterschiedlichen Kettenlängen alles möglich. Der einfachste Vertreter mit definierter Kettenlänge, das Hexamethyldisiloxane (INCI), hat einen Siedepunkt von 101oC und ist wie Wasser flüchtig - jedoch ohne dessen kühlende Wirkung. Die flüssigen und flüchtigen Verbindungen sind Spreiter und Weichmacher mit niedriger Oberflächenspannung. Sie sind häufig in Antitranspiranten und Deos anzutreffen und verbessern allgemein die Nasskämmbarkeit der Haare. Die höhermolekularen, nichtflüchtigen Vertreter werden vielfach in Kombination mit Mineralölen wie Fettstoffe in Cremes sowie wasserabweisenden Hautschutzpräparaten verwendet. Sehr nachteilig bei silikonhaltigen Präparaten im gewerblichen Hautschutz sind die nur schwer entfernbaren Fingerabdrücke auf Werkstücken, so dass in diesem Bereich häufig mit "silikonfrei" geworben wird. Im Übrigen stellt dies auch einen Nachteil bei Haarpräparaten dar, weil Polysiloxane bei häufiger Anwendung (Shampoo, Haarkur) in den Haaren kumulieren.
Hexamethyldisiloxane (INCI)
Cyclomethicone (INCI): Unter dieser Bezeichnung verbergen sich verschieden große, undefinierte Dimethylpolysiloxan-Ringe. Das definierte Cyclopentasiloxane (INCI) besteht aus einem 10-gliedrigen Ring und wird beispielsweise als Spreiter für hochviskose Silikonöle eingesetzt. Man kann mit dieser Kombination etwa Haarspitzen behandeln und glattes, glänzendes Haar erzeugen. Außerdem wird die Kämmbarkeit des Haares im nassen und trockenen Zustand verbessert. Der 6-gliedrige Ring des Cyclotrisiloxane (INCI) und der 8-gliedrige Ring des Cyclotetrasiloxane (INCI) haben noch stärkere spreitende Eigenschaften. Sie sind wie das Hexamethyldisiloxane flüchtig. Ein Einsatzgebiet der zyklischen Siloxane sind Lippenstifte, in denen sie einen Teil der nichtflüchtigen Kohlenwasserstoffe ersetzen. Sie sind auch in Deosprays und Aerosol-Präparate zu finden.
Alkyl Dimethicone: ist die Sammelbezeichnung für Dimethylpolysiloxane, bei denen eine Methylgruppe am Siliziumatom partiell durch einen längeren Kohlenwasserstoffrest ausgetauscht ist. Beispiele: Cetyl Dimethicone, Stearyl Dimethicone, C24-28 Alkyl Dimethicone, C30-45 Alkyl Dimethicone. Wenn eine Methylgruppe vollständig ausgetauscht ist, heißen sie Alkyl Methicone: Hexyl Methicone, Stearyl Methicone, Cetearyl Methicone, C30-45 Alkyl Methicone. Die meist wachsartigen Stoffe werden in Pflegecremes, Sonnenschutz- und Deko-Produkten verarbeitet - u. a. in Lippenstiften, Mascaras und Make-ups. Langkettige Alkylreste erzeugen eine ähnliche Okklusivität wie Vaseline auf der Haut. Polymerisiertes Vinyl Dimethicone (INCI) bildet Wachsgele, deren Viskosität man mit niedrigmolekularen Siloxanen anpassen kann. Umgekehrt dient es als Konsistenzgeber in Pflegecremes.
Phenyl Methicone (INCI): Diese Verbindungen enthalten eine Methyl- und eine Phenylgruppe an den Siliziumatomen. Sie haben neben den konditionierenden interessante optische Eigenschaften; ihr Brechungsindex ist mit dem Haar identisch. Sie erhöhen den Glanz und die Leuchtkraft der Haare. Andererseits bilden sie Gleitfilme und machen das Haar geschmeidig.
Hydroxypropyl Dimethicone (INCI): gehört zu Dimethylpolysiloxanen mit partiellen, funktionalisierten Alkylgruppen, die sich in diesem Fall durch eine erhöhte Hydrophilie auf die konditionierenden Eigenschaften auswirken. Die weitere Anlagerung von Propylenoxid und Ethylenoxid führt zu den Copolymeren wie PEG/PPG-25/25 Dimethicone (INCI). Sie vereinigen das emulgierende Prinzip der Polyethylenglykole (PEG) bzw. Polypropylenglykole (PPG) mit den konditionierenden Eigenschaften der Polysiloxane. Sie benötigen daher keinen Emulgator ("2 in 1") oder fungieren als Coemulgatoren und wirken antistatisch. Bei PEG-Copolymeren mit nicht definierter Kettenlänge ist auch die Bezeichnung Dimethicone Copolyol (INCI) geläufig. In veresterter Form, z. B. Dimethicone Copolyol Behenate (INCI), dienen sie als Feuchthaltemittel und Emollienzien. Auch Ether, z. B. mit Naturstoffen wie Bienenwachs (INCI: Dimethicone Copolyol beeswax), sind möglich. Dimethicone Copolyol (und Cyclomethicone) sind Bestandteile von Reinigungspräparaten, da sie lipophile Schmutzpartikel leicht anlösen. Dimethicone Copolyol unterstützt einen stabilen, dichten Schaum und ist daher in Schaumbädern, Duschgelen und Flüssigseifen anzutreffen.
Kationische Polysiloxane: sind wie die vorausgegangenen PEG-Derivate wasserdispergierbar, da die Alkylreste Aminogruppen enthalten, die ähnlich wie Quats mit Säuren Salze bilden und gut an Proteinen haften. Zu ihnen gehört Quaternium-80 (INCI), das substantiv auf das Haar zieht und wie die nichtfunktionalisierten Polysiloxane die Kämmbarkeit von nassem und trockenem Haar verbessert. Geschädigte Haarspitzen können behandelt werden. Im Vergleich zu den hydrophoben Dimethylpolysiloxanen ist es bei der Haarwäsche leichter zu entfernen. Ähnliche Eigenschaften haben Aminopropyldimethicone (INCI) und Amodimethicone (INCI; Ethylenediaminopropyl Dimethicone). Amodimethicone Hydroxystearate (INCI) ist ein Beispiel für ein Fettsäuresalz. Aus den Aminen werden auch Amide wie das Stearamidopropyl Dimethicone (INCI) synthetisiert, die als Filmbildner und Korrosionsinhibitoren Verwendung finden
Dimethiconole (INCI): haben an den Kettenenden Si-OH-Gruppen, deren Polarität die Haarkonditionierung und Schaumdämpfung verbessert. An dieser Stelle ist anzumerken, dass es insbesondere im Haarsektor häufig auf die Mischung unterschiedlicher Polysiloxane ankommt, um ein optimales Resultat zu erzielen. Die Si-OH-Gruppe der Dimethiconole lässt sich wiederum verethern; es entstehen z. B. Stearoxy Dimethicone (INCI) oder Behenoxy Dimethicone (INCI). Die Ether und Ester wie z. B. Dimethicone Stearate (INCI) und Dimethicone Behenate (INCI) sind als Emollienzien Bestandteile von Hautpflegepräparaten
Zum Schluss noch der Hinweis auf silikonisierte Kieselsäuren, z. B. Silica Dimethyl Silylate (INCI), die man als Konsistenzgeber einsetzt.
Generell sind Silikone sehr gut verträglich und nahezu universell einsetzbar, d. h. die oben genannten Anwendungen spiegeln nur einen kleinen Teil der Möglichkeiten wider. Andererseits sind Silikone mit Naturkosmetik und physiologischen Konzepten nicht vereinbar. Denn sie werden zwar vom Hautgefühl her sehr gut akzeptiert, fördern aber im Gegensatz zu physiologischen Fettstoffen die Hautregeneration nicht. Bei Problemhäuten im Zusammenhang mit Barriere- und Verhornungsstörungen steht das oberflächliche Hautgefühl unter Umständen diametral zum realen Hautzustand.
Dr. Hans Lautenschläger
Die vorliegende Publikation ist in einer kürzeren Fassung unter dem Titel: "Wie Sand am Meer - Silizium und seine Verbindungen" in Kosmetik International 2010 (7), 28-30 erschienen. |