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Ressourcen der Natur - Pflanzliche Öle im Rahmen der Hautpflege

 

Pflanzenöle werden von Kunden geschätzt. Wer sie anwendet oder empfiehlt, sollte sich aber auch gut mit der Materie auskennen. Schließlich wollen die Kunden fundiert beraten werden. Wissenswertes zum Thema von Dr. Hans Lautenschläger.

 

Schon die Namensgebung macht sie sympathisch: Walnuss-, Sesamöl und Co. haben nicht nur einen guten Klang, sondern unterscheiden sich auch durch die Attribute "natürlich" und "bio" wohltuend von den Inhaltsstoffen der chemischen Industrie. Ihre Historien lassen sich bis zu den Anfängen der Kosmetik zurückverfolgen.
Bei einem pflanzlichen Öl weiß man, was man hat. Es sind keine aufwändigen Marketingaktionen notwendig, um - wie bei anderen Stoffen - einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erreichen. Beim näheren Hinsehen entpuppen sich die Öle allerdings als eine wesentlich komplexere Materie. Während eine synthetische Substanz in der Tat nur eine einzige chemische Spezies ist, bestehen Öle nicht selten aus mehreren hundert Einzelindividuen, deren Anzahl und Mengenverhältnisse je nach Provenienz, Jahrgang, Kultivierungsbedingungen und nachgeordneten Herstellungsprozeduren beträchtlich variieren. Die Beurteilung ihrer Qualität erfordert daher ein gewisses Knowhow, wie man es ansatzweise von den Olivenöl-Sorten im Lebensmittelbereich kennt.

Unterschiedliche Typen

Es gibt drei Arten pflanzlicher Öle:

  • Fette Öle - man spricht auch von flüssigen Fetten - sind generell Verbindungen, die wie das Olivenöl aus Fettsäuren und Glycerin bestehen und als Triglyceride bezeichnet werden. Sie werden in der Regel aus Früchten, deren Kernen oder Samen gewonnen.
  • Flüssige Wachse fühlen sich zwar ähnlich wie die fetten Öle an, enthalten aber statt Glycerin Wachsalkohole, mit denen die Fettsäuren verbunden sind. Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe ist wohl das Jojobaöl.
  • Ätherische Öle sind strukturell sehr vielfältig. Es dominieren die Terpene mit häufig duftenden, leicht flüchtigen Komponenten aus der Gruppe der Aldehyde, Ketone und Ester1, die durch Destillation und Extraktion von Blüten, Blättern und Wurzeln gewonnen werden. Ein typischer Vertreter ist das Lavendelöl.

Die fetten Öle sind für die Hautpflege - genauer gesagt die Hautbarriere-Pflege - von großer Bedeutung. Sie weisen neben den Triglyceriden in untergeordneter Menge Begleitstoffe auf, die für Zusatzeffekte zuständig sind. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um:

  • Vitamine - in Form der Vitamine A und E sowie gelegentlich in geringen Mengen auch Vitamin D
  • Sterine - das sind Stoffe die dem körperlichen Cholesterin ähneln und es in seiner Schutzfunktion in der Hautbarriere ergänzen.
  • Phytohormone (Isoflavone) zeigen lokal begrenzte, schwache östrogene Hormonwirkungen und sind aufgrund ihrer Polyphenolstruktur Antioxidantien2.
  • Squalen, ein Triterpen, ist ein ungesättigter Kohlenwasserstoff, der mit der gleichnamigen Sebumkomponente identisch ist. Öle mit höheren Squalen-Gehalten sind das Avocado- und das Olivenöl.
  • Farbstoffe - häufig Karotinoide, die zum Teil in der Haut in Vitamin A umgewandelt werden, und Flavonoide mit antioxidativen Eigenschaften
  • Geruch- und Bitterstoffe
  • Anthropogene Stoffe in Form von Pestiziden aus dem Anbau, Stoffen aus der Umwelt sowie Rückständen und Reaktionsprodukten aus Raffinationsprozessen

Je nach Art der Aufbereitung

Die Konzentration der Begleitstoffe ist entscheidend von der Aufbereitung der Öle abhängig. Ohne im Einzelnen auf die vielfältigen Behandlungs- und Reinigungsmethoden der Rohöle3 einzugehen: Kaltgepresste Öle enthalten ein größeres Spektrum an Naturstoffen, allerdings auch mehr Schadstoffe und allergene pflanzliche Komponenten, während diese in den Raffinationsprozessen deutlich reduziert oder ganz entfernt werden. Das gilt auch für die empfindlichen Vitamine. Allerdings können während der Raffination insbesondere bei hohen Temperaturen aus dem Glycerin der Triglyceride Glycidol (ein Epoxid), Monochlorpropandiol (2-MCPD) und deren Fettsäureester4 entstehen. Über die Kausalität allergischer Reaktionen durch diese Verbindungen bei topischen Anwendungen gibt es bisher noch keine gesicherten Daten.
Der wichtigste Parameter eines Pflanzenöls ist die Fettsäurebesetzung (Fettsäuremuster) seiner Triglyceride. Darunter versteht man Art und prozentuale Anteile der gebundenen Fettsäuren. Sie unterscheiden sich durch ihre Kettenlängen und die Anzahl und Position ihrer Doppelbindungen. Fettsäuren ohne Doppelbindung bezeichnet man als gesättigt; typisch sind z. B. Palmitinsäure und Stearinsäure. Einfach ungesättigt mit einer Doppelbindung sind Ölsäure und Palmitoleinsäure. Mehrfach ungesättigt und essenziell sind Linolsäure mit zwei Doppelbindungen sowie alpha-Linolensäure und gamma-Linolensäure mit 3 Doppelbindungen. Essenziell bedeutet, dass eine Säure physiologisch notwendig ist, aber nur über eine externe Quelle wie ein Pflanzenöl verfügbar ist.5

Grad der Empfindlichkeit

Je ungesättigter eine Säure bzw. das Öl ist, umso empfindlicher wird es gegenüber Luftsauerstoff, Strahlung und Wärme. Dies gilt es auch bei kosmetischen Anwendungen der Öle zu beachten. Produkte mit Nachtkerzen-, Borretsch-, Hagebutten-, Kiwi- und Leinöl beispielsweise sollte man möglichst abends oder am Tage auftragen, wenn keine Strahlungsbelastung zu erwarten ist. Sie sind auch weniger für die Pflege der Barriere geeignet, da dafür gesättigte Säuren benötigt werden. Eine Ausnahme bilden Linolsäure-reiche Öle, die ein Ceramid-I-Substrat darstellen. Ceramide sind neben gesättigten Säuren und Cholesterin die wichtigsten Bestandteile der Hautbarriere.
Die essenziellen Fettsäuren der omega-3- und omega-6-Reihe setzt man insbesondere für Sonderaufgaben wie die Pflege geröteter, entzündeter und atopischer Haut ein. Anders als bei oraler Aufnahme und der damit verbundenen Leberpassage werden essenzielle Fettsäuren auf der Haut durch die epidermale 15-Lipoxygenase (15-LOX)6 metabolisiert. Die damit verbundene antierythematöse Wirkung nimmt z. B. bei leichten Verbrennungen vom Typ "heiße Herdplatte" sehr schnell den Schmerz und unterbindet die Blasenbildung. Historisch kennt man diese Wirkung von Zinkoxid-Leinöl-Pasten. Die heutigen Nanodispersionen von Lein- und Kiwikern-Öl sind allerdings wesentlich praktikabler in der Anwendung, da sie als wässrige Dispersionen vorliegen. Auch Mückenstiche lassen sich mit einer Nachtkerzenöl-Nanodispersion und Harnstoff schnell beruhigen. Neurodermitiker mit einem delta-6-Desaturase-Defekt profitieren ebenfalls von topisch (äußerlich) appliziertem Nachtkerzenöl.
Die aus dem Ernährungsbereich stammenden Empfehlungen hinsichtlich des Verhältnisses von gesättigten, zu omega-3 und omega-6-Säuren bei der Nahrungsaufnahme haben für die Hautpflege keine Bedeutung.

Der Stoffwechsel in der Haut

Pflanzenöle werden in der Haut bereits lokal metabolisiert. Der erste Schritt besteht darin, dass aus den Triglyceriden mittels epidermaler Lipasen nacheinander die Fettsäuren abgespalten werden, wobei zuerst Diglyceride, dann Monoglyceride und am Ende freies Glycerin entsteht, das unter anderem Bestandteil des NMF (Natural Moisturizing Factor) ist. Gesättigte Fettsäuren, wie die Palmitinsäure des Avocadoöls oder Behensäure (Raps, Erdnuss) können in die Hautbarriere aufgenommen oder durch Beta-Oxidation abgebaut werden, während die ungesättigten Säuren initial von Lipoxygenasen zerlegt werden. Eine nicht unerhebliche Rolle spielen diesbezüglich auch abbauende Enzyme der Hautflora (Mikrobiom), die auf diese Weise helfen, den für die Haut typischen pH ("Säureschutzmantel") herzustellen.

Auf die Verarbeitung kommt es an

Andererseits muss man bei der Dosierung von Ölen in Cremes beachten, dass ein Zuviel anaerobe Verhältnisse auf der Haut erzeugt. Damit wird das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen und somit beispielsweise unreine Haut und Rosacea gefördert. Ein weiterer kritischer Punkt ist dabei die Verwendung von Emulgatoren, mit denen die Öle zu O/W- oder W/O-Emulsionen dispergiert werden. Emulgatoren können irritierend wirken oder für einen kontraproduktiven Auswascheffekt bei der Hautreinigung sorgen, wenn sie in der Haut nicht abgebaut werden. Dies lässt sich vermeiden, indem man emulgatorfreie lamellare Dispersionen oder die oben bereits erwähnten, physiologisch kompatiblen Mono- und Diglyceride als Hilfsmittel verwendet. Das Einziehvermögen der Öle lässt sich mit dem in pflanzlichen Zellmembranen vorkommenden Phosphatidylcholin grundlegend verbessern. Unangenehm ölige Filme gehören dank der daraus resultierenden Nanotechnologie der Vergangenheit an. Auch die Verteilung ölhaltiger Produkte auf der Haut wird dadurch wesentlich erleichtert. Naturgemäß werden, je trockener und gegebenenfalls auch älter die Haut ist, langkettigere gesättigte Fettsäuren bevorzugt, wie sie beispielsweise im Macadamianuss-Öl vorkommen. Kurzkettigere und höher ungesättigte Öle wie Aprikosenkern-Öl besitzen eine höhere Fluidität und somit eine kürzere Verweilzeit auf der Hautoberfläche.
Im Hinblick auf die Fettsäuremuster einzelner fetter Öle7 ist noch zu erwähnen, dass klassische Öle häufig besser sind als aktuelle, von der Werbung hochgelobte teure Öle. Hier lohnt es sich im wahrsten Sinne des Wortes, sich näher mit den entsprechenden Spezifikationen der Öle zu befassen und zu vergleichen. Dank zuverlässiger, im Internet zugänglicher Datenbanken oder Wikipedia sind diese Daten problemlos zugänglich.

Die Öl-Stabilität

Die Haltbarkeit pflanzlicher Öle ist von vielen Faktoren abhängig. Die Empfindlichkeit wächst mit dem Anteil mehrfach ungesättigter Säuren und sinkt mit antioxidativen Begleitstoffen oder Zusätzen, sowie bei niedrigen Lagertemperaturen und Lichtausschluss. Eine besonders hohe Oxidationsstabilität haben Jojobaöl, das zu den flüssigen Wachsen gehört, und das universell einsatzbare Neutralöl, das nur gesättigte, aber mittelkettige Fettsäuren enthält (INCI: Caprylic/Capric Triglyceride). Beim Neutralöl handelt es sich um ein Raffinat, das aus Kokos- oder Palmöl hergestellt wird.
Reine Öle mit hohen Sterin-Gehalten neigen bei niedriger Temperatur zu Ausfällungen, die sich bei Erwärmung wieder auflösen. Da hohe Sterin-Gehalte für die Hautbarriere und den Hautschutz besonders wertvoll sind, sind Ausfällungen nicht von Nachteil, sondern eher ein Qualitätsmerkmal, das man auch bei Olivenöl im Haushalt beobachten kann.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Abschließend ist noch zu erwähnen, dass neben der üblichen Verarbeitung der Öle in Cremes, Körperölen und Lotionen, viele klassische Anwendungen ihre Aktualität nicht verloren haben. Dazu gehören Massagen - meist mit Ölmischungen - sowie die mit den gleichen Ölen durchführbaren Salz- und Zucker-Peelings. Die reizfreie Intimpflege8 und emulgatorfreie Ölbäder9 für die atopische Haut sind weitere Beispiele. Eine noch recht neue Entwicklung ist die Verarbeitung fetter Öle zu pflegenden Oleogelen10, die sogar bei Rosacea eingesetzt werden können11.

Literatur

  1. Lautenschläger H, Riechprobe? Aldehyde und Ketone, Kosmetik International 2010 (5), 42-44
  2. Lautenschläger H, Flavone und Isoflavone - die Wirkstoff-Generalisten, Kosmetik International 2016 (10), 62-65
  3. Lautenschläger H, Pflanzliche Öle und Extrakte - Essentielle Komponenten, Kosmetische Praxis 2007 (4), 8-10
  4. 3-MCPD-, 2-MCPD-, Glycidyl-Fettsäureester in Lebensmitteln: EFSA und BfR sehen Gesundheitsrisiko vor allem für jüngere Bevölkerungsgruppen, Mitteilung Nr. 020/2016 des BfR vom 07. Juli 2016
  5. Lautenschläger H, Essenzielle Fettsäuren - Kosmetik von innen und von außen, Beauty Forum 2003 (4), 54-56
  6. Lautenschläger H, Das ABC der Fettsäuren, Beauty Forum 2009 (12), 40-47
  7. Lautenschläger H, Pflanzenöle, Kosmetik International 2009 (1), 16-18
  8. Lautenschläger H, Intimpflege - sensibel & schonend, medical Beauty Forum 2017 (6), 38-41
  9. Lautenschläger H, Therapie und Wellness in der Wanne - Balneogische Präparate, Pharm. Ztg.148 (3), 22-26 (2003)
  10. Lautenschläger H, Vorteile von Produkten ohne Wasser und Hilfsstoffe, Kosmetik International 2017 (6), 56-58
  11. Lautenschläger H, Kloss J, Patentanmeldung DE 102017002125 (8.3.2017)

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetik International
2019 (4), 30-33

 
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