Zu den Früchten und Samen, die von einer holzähnlichen Schale umschlossen sind, gehören die Nüsse, aber auch Hülsenfrüchte wie die Erdnüsse, Steinfrüchte wie die Pistazien, die kleinen Fruchtkerne der Hagebutten und Kernobst wie die Äpfel. Nicht jede Nuss ist wirklich eine Nuss im streng botanischen Sinne. Jedoch geht es beim Thema Kerne weniger um exakte biologische Stammbäume als um die Inhalte und Gemeinsamkeiten prominenter Vertreter. Ihre Zusammensetzungen sind dafür entscheidend, für welche Zwecke sie in der Kosmetik infrage kommen. Die Anteile einzelner Komponenten, wie etwa der Fettsäuren, können variieren, da sie von der Provenienz (Herkunft) der aus den Kernen resultierenden jeweiligen Öle, deren Charge, vom Zeitpunkt der Analyse, von der Aufbereitung (Extraktions- und Raffinationsmethoden, Bedingungen bei der Pressung)1 und nicht zuletzt vom messenden Labor abhängig sind. Die Literaturquellen2 sind hinsichtlich dieser Informationen häufig zurückhaltend, so dass man den Daten eine gewisse Bandbreite zugestehen muss. Im Zweifelsfall sollte auf das Analysenzertifikat des Herstellers zurückgegriffen werden.
Walnuss – serotoninreich
Schon der erste Vertreter der Schalenfrüchte, die Walnuss, fällt durch eine Besonderheit auf. Es ist der hohe Serotoningehalt von etwa 280 mg/kg, der sämtliche Obst- und Gemüsesorten übertrifft. Serotonin ist ein Neurotransmitter, dessen Mangel unter anderem bei Depressionen und Migräne auffällt. Für die Kosmetik und die Pflege-Eigenschaften ist die Fettsäurezusammensetzung des ausgepressten fetten Öles (INCI: Juglans Regia Seed Oil) von Interesse. Es dominiert Linolsäure mit etwa 54 bis 65 Prozent neben α-Linolensäure (9 bis 15 Prozent) und Ölsäure (13 bis 21 Prozent). Die Gehalte an gesättigten Fettsäuren betragen sechs bis acht Prozent Palmitinsäure und ein bis drei Prozent Stearinsäure. Wichtig: Sie sind Bestandteile der Hautbarriere. Die Fettsäuren der Öle liegen als Triglyceride vor, also als Ester des Glycerins. In der Haut werden die Triglyceride durch esterspaltende Enzyme in die freien Fettsäuren und Glycerin zerlegt. Letzteres ist Bestandteil des Natural Moisturizing Factors (NMF) der Haut. Extrakte aus den noch grünen Walnussschalen enthalten Juglon (5-Hydroxy-1.4-naphthochinon) und erzeugen einen braunen Teint auf der Haut. Produkte dieser Art werden seit Jahrzehnten mit Bezeichnungen wie Tiroler Nussöl assoziiert.
Erdnuss – oxidationsstabil
Generell enthalten Nüsse hohe Anteile an essenziellen Fettsäuren, die unter anderem ihre bis zu tiefen Temperaturen flüssige Konsistenz erklären. Eine Ausnahme bildet das fette Öl der Erdnuss (INCI: Arachis Hypogaea Oil)3, das keine Omega-3-Säure wie die α-Linolensäure, weniger Linolsäure (Omega-64, 12 bis 43 Prozent), dafür aber hohe Anteile an Ölsäure (35 bis 69 Prozent) und gesättigten Fettsäuren (Palmitinsäure: 8 bis 14 Prozent, Stearinsäure: 1 bis 5 Prozent) enthält. Es ist dadurch weniger anfällig gegen Autoxidation (Oxidation durch Luftsauerstoff), die sich durch ranzigen Geruch und Geschmack bemerkbar macht. Der Erstarrungspunkt liegt um den Gefrierpunkt. Die kosmetische und pharmazeutische Verwertung von Erdnussöl ist in letzter Zeit stark zurückgegangen. Stattdessen werden mehr andere oxidationsstabile mittelkettige Triglyceride verwendet, die durch Raffination aus der Palmöl- oder schon seit einiger Zeit der Kokosöl-Produktion entstammen.
Macadamianuss - pflegend Ebenfalls reich an einfach ungesättigten Säuren (etwa 80 Prozent) wie Ölsäure (C18-Omega-9-Fettsäure) und Palmitoleinsäure (C16-Omega-7-Fettsäure) ist die Macadamianuss. Die Anteile essenzieller Fettsäuren sind marginal und die der gesättigten Fettsäuren mit etwa 15 Prozent relativ hoch. Macadamianussöl entwickelt dadurch einen guten pflegenden Charakter, während die hoch ungesättigten Öle wie auch Walnussöl aufgrund ihrer Substratfunktion für die hauteigene 15-Lipoxygenase eher in Problembereichen eingesetzt werden. Dabei geht es um eine entzündungshemmende Wirkung, also zum Beispiel bei perioraler Dermatitis, Rosacea und Sonnenbrand. Macadamianussöl (INCI: Macadamia Ternifolia Seed Oil) hat am Ende der 1980er Jahre als damalig bestes Pflege-Öl Furore gemacht. In dieser Zeit entwickelte sich auch die "essbare" Kosmetik.
Paranuss – hoher Selenanteil
Relativ ausgeglichen ist das Fettsäurespektrum des Öls der Paranuss (INCI: Bertholletia Excelsa Seed Oil) mit bis zu 25 Prozent gesättigten Säuren, bis zu 45 Prozent Ölsäure und 30 bis 45 Prozent Linolsäure. Eine andere Eigenschaft sticht aber bei der Paranuss hervor – es ist die hohe Selenanreicherung mit etwa 2 mg/kg im Fruchtfleisch. Für Paranüsse existieren Importbeschränkungen, nachdem man festgestellt hatte, dass viele Lieferanten nicht in der Lage waren, den häufig zu hohen Aflatoxin-Gehalt zu kontrollieren. Aflatoxine sind toxische Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen.
Cashew-Kerne - walnussartig
Die nussähnlichen Cashew-Kerne gehören botanisch zum Schalenobst. Das aus ihnen gewonnene fette Öl (INCI: Anacardium Occidentale Seed Oil) hat einen Ölsäuregehalt von über 70 Prozent, etwa 12 Prozent gesättigte Säuren und nur etwa 14 Prozent Linolsäure. Bemerkenswert ist der hohe Tryptophan-Gehalt von 238 Milligramm pro 100 Gramm der Kerne. Im menschlichen Körper ist die Aminosäure die Vorstufe für das Serotonin (siehe Walnuss). Dementsprechend werden ihr ähnliche Wirkungen zugeschrieben.
Pekannuss, Haselnuss, Hanf
Die Pekannuss ist wiederum eine "echte" Nuss und nahe verwandt mit der Walnuss. Das Fettsäurespektrum des Öls (INCI: Carya Illinoensis Seed Oil) unterscheidet sich allerdings durch den hohen Ölsäuregehalt (57 Prozent). Entsprechend niedriger fallen die Werte für Linolsäure (31 Prozent) und α-Linolensäure (ca. 1 Prozent) aus. Die gesättigten Fettsäuren (10 Prozent) sind der Walnuss ähnlich. Auch aus der Haselnuss lässt sich ein Öl (INCI: Corylus Avellana Seed Oil) pressen. Der Ölsäuregehalt ist auch hier mit 66 bis 83 Prozent hoch, neben 8 bis 25 Prozent Linolsäure und etwa 10 Prozent gesättigten Säuren. Botanisch echte Nüsse liefert, man sollte es nicht glauben, auch der Hanf. Das Öl (INCI: Cannabis Sativa Seed Oil) der Hanfnüsse gehört zu den trocknenden Ölen und besitzt neben Ölsäure (etwa 15 Prozent) hohe Anteile mehrfach ungesättigter, essenzieller Fettsäuren, hauptsächlich Linolsäure (etwa 55 Prozent), α-Linolensäure (etwa 15%) und einige Prozente γ-Linolensäure. Hanföl enthält kein berauschendes Tetrahydrocannabinol (THC), allerdings nennenswerte Mengen (etwa 10 Milligramm pro Kilogramm) seiner vermutlichen Vorstufe Cannabidiol (CBD), das als hautschützend und antioxidativ eingestuft wird.5
Steinfrüchte
Die nicht zu den Nüssen, sondern zu den Steinkernen einer Steinfrucht gehörenden Mandeln ergeben ein Öl (Prunus Amygdalus Dulcis Oil), das raffiniert ebenso wie das Erdnussöl in den pharmazeutischen Pharmakopöen gelistet ist und zwischen 64-82% Ölsäure, 8-28% Linolsäure und 6-8% Palmitinsäure sowie 1-2% Stearinsäure enthält. Es eignet sich sehr gut als Massage- und Körper-Öl und findet sich verbreitet in fast jedem Kosmetikbereich, wo man mit Naturölen arbeitet. Botanisch ebenfalls ein Steinkern in einer Steinfrucht ist die Kokosnuss. Ihr Öl, das Kokosöl (Cocos Nucifera Oil), enthält einen sehr hohen Anteil gesättigter Fettsäuren, aber nicht nur langkettige wie Palmitinsäure (C16, 7-10%) und Stearinsäure (C18, 2-4%), sondern auch einen hohen Prozentsatz an mittelkettigen wie C8: Capryl-, 5-10%; C10: Caprin-, 5-8%; C12: Laurin-, 45-53%; C14: Myristinsäure, 17-21%. Das erklärt auch seinen Schmelzpunkt, der bei 23-26°C liegt, und die alternative Bezeichnung Kokosfett. Von den ungesättigten Säuren ist Ölsäure mit nur 5-10% und Linolsäure mit nur 1-3% vertreten. Durch Spaltung der Triglyceride, Destillation der erhaltenen Säuren erhält man Fraktionen, die wiederum mit Glycerin verestert mittelkettige Triglyceride (INCI: Caprylic/Capric Triglyceride) ergeben und als inertes (oxidationsstabiles) hautpflegendes Öl in sehr vielen Kosmetika enthalten sind. Die Laurinsäure wird durch chemische Umwandlung zu Emulgatoren und Tensiden verarbeitet. Beispiele (INCI) sind: Lauryl Alcohol, Sodium Lauryl Sulfate, Sodium Lauryl Ether Sulfate. Ein ähnliches Spektrum an Fettsäuren und Verarbeitung wie das Kokosöl bietet das Palmkernöl alias Palmkernfett (Camellia Sinensis Seed Oil) aus den Kernen (Steinfrüchten) der Ölpalmen, nicht zu verwechseln mit dem Palmöl (INCI: Palm Oil), das aus dem Fruchtfleisch gewonnen wird. Palmkernöl, Palmöl und ihre Verarbeitungsprodukte sind in der Kosmetik rückläufig, da ihr fortschreitender Anbau immer mehr in die Natur eingreift. Auch die Aprikosen (Steinobst) besitzen einen ölhaltigen Steinkern, aus dem ein fettes Öl (Prunus Armeniaca Kernel Oil) gewonnen wird. Man bezeichnet es im Hinblick auf die Hautpflege als ein eher leichtes Öl, das wegen seines hohen Ölsäureanteils (65-70%) leicht einzieht. Der Linolsäureanteil liegt bei etwa 23%, die gesättigten Fettsäuren bei 6,5%.
Unverseifbares
Generell lässt sich festhalten, dass die langkettigen gesättigten Säuren barrierepflegend, die essenziellen Säuren der Omega-6 und Omega-3-Reihe entzündungshemmend und die Triglyceride der Ölsäure gut einziehen. Das leichte Einziehen hat man sich insbesondere in dermatologischen Präparaten zunutze gemacht, indem man freie Ölsäure additiv als Penetrationsverstärker für pharmazeutische Wirkstoffe einsetzt. Weitere wichtige Komponente der fetten Öle sind die pflanzlichen Sterine (Phytosterine), denen in der Tierwelt das Cholesterin entspricht. Cholesterin gehört zusammen mit gesättigten Säuren wie Palmitinsäure und den Ceramiden zu den wichtigsten Membranbestandteilen der Hautbarriere und kann, wenn es fehlt, durch Phytosterine mit ihrer sehr ähnlichen Struktur funktionell gleichwertig ersetzt werden. Phytosterine sind Teil des "Unverseifbaren" von Ölen und Fetten, d. h. sie bleiben bei der Seifenherstellung, in deren Verlauf die pflanzlichen Triglyceride gespalten werden ("Verseifung"), unverändert zurück. Herausragend hinsichtlich des Phytosterin-Gehaltes ist die Sheanuss, die, obwohl von einem Baum stammend, den Beeren zuzuordnen ist. Die aus ihrer Frucht gewonnene Sheabutter (INCI: Butyrospermum Parkii Butter) enthält bis zu 11% Unverseifbares und darüber hinaus bis zu 50% Triglyceride gesättigter Säuren. Der Schmelzpunkt (35-40°C) liegt daher noch über dem des Kokosöls im Bereich der Hauttemperatur. Sheabutter ist ein ideales physiologisches Pflegeprodukt und dient zunehmend als Ersatz für die biologisch nicht abbaubaren Mineralwachse, Vaseline und Paraffine. Vorteilhaft ist dabei, dass die Sheabutter mit ihrer starken Hautfettung nur temporär okklusiv, Paraffine & Co dagegen permanent okklusiv wirken und dadurch die endogene Regeneration hemmen. In diesem Zusammenhang ist vergleichsweise das Öl der Avocado (Persea Gratissima Oil) zu erwähnen, dessen sehr gute Hautpflegewirkung auch aus etwa 6% Unverseifbaren und dem hohen Gehalt von etwa 20 % Palmitinsäure resultiert. Im Gegensatz zu den hier beschriebenen Ölen ist es wie das Olivenöl ein Fruchtfleisch-Öl. Zu den Beeren mit harter Schale gehört auch die Arganfrucht, deren Öl (Argania Spinosa Kernel Oil) entgegen seinem hohen Preis keine Besonderheiten aufweist. Es besitzt mit etwa 20% einen relativ hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, hauptsächlich Palmitinsäure, neben etwa 45% Ölsäure und 34% Linolsäure. Der Phytosteringehalt liegt nur zwischen 1-2%. Das Unverseifbare der fetten Öle kann auch Squalen enthalten. Das ist ein reiner ungesättigter Kohlenwasserstoff, der auch von den Talgdrüsen der Haut ausgeschieden wird.
Begleitstoffe in Nüssen und Steinfrüchten
Nüsse und nussähnliche Früchte enthalten in ihren Fruchtkörpern naturgemäß viele Mineralstoffe, vor allem Kalium, aber auch andere wie Magnesium, Phosphor, Eisen und Spurenelemente. Diese Stoffe inklusive der wasserlöslichen Vitamine wie Thiamin (B1) und Niacin (B3) sowie Proteine und Kohlenhydrate sind nur für den Verzehr von Bedeutung, da sie nicht in die kosmetisch relevanten fetten Öle übergehen. Daher findet man nur die fettlöslichen Vitamine A und E in den Ölen wieder. Die Mengen können je nach Aufarbeitung der Öle stark variieren. Vitamin A bzw. Carotinoide allgemein machen sich durch eine Gelbfärbung der Öle bemerkbar. Vitamin E (Tocopherol) bietet insbesondere den empfindlichen mehrfach ungesättigten Fettsäuren bzw. ihren Triglyceriden einen gewissen Schutz als Antioxidans. Dieser Schutz ist beim späteren Einsatz der Öle in Pflegeprodukten jedoch begrenzt, da der steigende Anteil ungesättigter Säuren in den Ölen gewissermaßen eine Konkurrenz darstellt, was die Reaktion mit Strahlung und Sauerstoffradikalen betrifft. Die dadurch möglichen Radikalkettenreaktionen können, insbesondere bei starker Sonneneinwirkung, zu heftigen Irritationen führen.6 Daher gilt für die Verarbeitung und Anwendung der Öle:
- Einsatz in moderaten Konzentrationen,
- zusammen mit ggfs. weiteren Antioxidantien.
- Gleichzeitige intensive Pflege des körpereigenen NMF (Natural Moisturizing Factor), der mit seinen Aminosäuren effektiv Radikale abfängt.
- Einsatz der Pflegeprodukte abends und nicht tagsüber in der prallen Sonne.
Die Öle eignen sich umso mehr für die Hautpflege nach einem Sonnenerythem, je mehr essenzielle Fettsäuren sie enthalten, da sie wie eingangs erwähnt ein Substrat für die 15-Lipoxygenase darstellen. Dieses Enzym oxidiert die Fettsäuren in kontrollierter Weise unter Bildung sauerstoffhaltiger Metaboliten, die durchweg über eine antiinflammatorische Wirkung verfügen.
Nüsschen und deren Öle
Sammelnussfrüchte nennt man die von Schalen umgebenden kleinen Fruchtkörper der Hagebutte. Deren Merkmal ist es, dass sie ein hochungesättigtes Öl (Rosa Canina Seed Oil) mit einem Omega-3-Säure-Gehalt von etwa 30% α-Linolensäure, knapp 50% Linolsäure (Omega-6) und 15% Ölsäure enthalten (raffinierte Qualität). Das ist ernährungstechnisch dort bedeutsam, wo man auf möglichst hohe Omega-3-Anteile als Vorstufe für die mit der Arachidonsäure (Omega-6) konkurrierende Eicosapentaensäure (Omega-3) abzielt. Eicosapentaensäure ist eine typische Komponente des Fischöls und des Lebertrans von Schellfisch und Kabeljau. Beide Säuren werden in der Leber unter anderem zu lokal hormonartig wirkenden Prostaglandinen, Thromboxanen und Prostacyclinen metabolisiert. Der α-Linolensäure-Gehalt des Öls der Hagebuttensamen wird nur noch vom Öl der hartschaligen Samen der Kiwi (INCI: Actinidia Chinensis Seed Oil) mit 51% übertroffen, die allerdings botanisch wiederum zu den Beeren gezählt wird. Die Linolsäure kommt hier nur noch auf 17% und Ölsäure auf etwa 20%. Palmitinsäure und Stearinsäure sind zu etwa 10% enthalten. Die Zusammensetzung ist mit dem Leinsamenöl (INCI: Linum Usitatissimum Seed Oil) vergleichbar, das allerdings per Definition keiner Schalenfrucht entstammt. Beide Öle haben ein Maximum an entzündungshemmendem Potential und können sogar bei leichten Verbrennungen eingesetzt werden, insbesondere wenn sie noch in Phosphatidylcholin-haltige Nanodispersionen eingebettet sind. Die daraus entstehenden wässrigen Lotionen ziehen sehr schnell ein und hinterlassen keine unangenehm öligen Hautoberflächen. Nach Berühren einer heißen Herdplatte etwa und dem unmittelbaren Auftrag der Dispersionen entstehen in der Regel keine Brandblasen. Zu den Sammelnussfrüchten alias Sammelsteinfrüchten rechnet man noch die Erdbeere, die aber bekanntermaßen kein Öl liefert.
Ölige und wässrige Extrakte
Ernährungstechnisch sind Nüsse, Samen wie Lein, Sesam, Weizenkorn, Bohne (Soja) oder Sonnenblume, insbesondere hinsichtlich der genannten Begleitstoffe, mehr in ihrer Gesamtheit von Bedeutung als die isolierten Öle, die auf fettlösliche Komponenten beschränkt sind. In der Hautpflege ist die Anwendung der Gesamtfrüchte in den genannten Fällen praktisch unmöglich. Ein Kompromiss ist die gleichzeitige Anwendung eines Öls und eines wässrig-alkoholischen Extraktes. Als Beispiele sind das Traubenkernöl (INCI: Vitis Vinifera Seed Oil) und der Traubenkernöl-Extrakt (INCI: Vitis Vinifera Seed Extract) zu nennen. Traubenkerne sind wie die Nüsse mit einer holzähnlichen Schale ausgestattet. Botanisch könnte man die Weintrauben den Beeren ("Weinbeere") zuordnen, es handelt sich aber um Rispen – also wissenschaftlich eine ziemlich komplizierte Materie. In der Zusammensetzung des raffinierten Traubenkernöls dominieren Ölsäure (12-28%) und Linolsäure mit 58-78%. Palmitinsäure und Stearinsäure betragen 6-11% bzw. 3-7%. Ganz anders der wässrig-alkoholische Extrakt der Traubenkerne bzw. entsprechende Trocken-Extrakte. Sie bestehen zum großen Teil aus oligomeren Proanthocyanidinen (50%) mit Flavon-Struktur, die wie der größte Teil des Extraktes den Polyphenolen (95%) zuzurechnen sind und stark antioxidativ wirken. Sie werden in Anti-Aging-Produkten bevorzugt liposomal eingesetzt. Als Standard-Antioxidantien zum Schutz von Produkten sind sie jedoch aufgrund ihrer Empfindlichkeit und ihres hohen Preises ungeeignet.
Kernobst
Wie anfangs angedeutet, werden fette Öle nicht nur durch Pressung der Fruchtkörper und nachfolgende Raffination gewonnen, sondern auch durch Extraktion mit organischen Lösungsmitteln wie Hexan. Immer häufiger wird zu diesem Zweck überkritisches Kohlendioxid eingesetzt, das nach der Extraktion rückstandslos entweicht. So auch bei der Gewinnung des fetten Öls aus den von einer holzähnlichen Schale umgebenden Apfelkernen. Bei der CO2-Extraktion wird das in den Kernen vorkommende giftige Amygdalin weitgehend zurückgehalten. Amygdalin ist ein Glycosid, das leicht in Glucose, bittermandelartig riechenden Benzaldehyd und Blausäure gespalten wird. Apfelkernöl (INCI: Pyrus Malus Seed Oil) enthält Ölsäure (38%), Linolsäure (51%) und etwa 10% gesättigte Säuren wie Palmitinsäure, Stearinsäure und Arachinsäure (alias Eicosansäure; C20H40O2) sowie Tocopherole.7 Es eignet sich daher gut als Hautpflegeöl. Ähnliche Öle stammen von anderen Kernobstsorten wie etwa der Quitte.
Alternativen
Es muss nicht immer das teuerste Öl für kosmetische Anwendungen sein. Wenn man sich am Fettsäure-Spektrum orientiert, findet man immer Alternativen, die vergleichbare Eigenschaften haben und den Geldbeutel schonen. Auch die enthaltenen, natürlichen Antioxidantien werden werbetechnisch häufig überbewertet. Dagegen sind Komponenten wie gesättigte Fettsäuren und Sterine (Unverseifbares) wichtig, die sich in die Hautbarriere integrieren. Linolsäure ist ein Substrat für das Ceramid I. Linolsäure- und α-Linolensäure-Gehalte wirken sich entzündungshemmend aus.
Literatur
1 Hans Lautenschläger, Ressourcen der Natur – Pflanzliche Öle im Rahmen der Hautpflege, Kosmetik International 2019 (4), 30-33. 2 Sabine Krist: Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle, Springer, 2013, ISBN 978-3-7091-1004-1; Heike Käser: https://olionatura.de/oele-und-buttern; Hans-Dieter Belitz, Werner Grosch, Peter Schieberle, Lehrbuch der Lebensmittelchemie, Springer, 2008, ISBN: 978-3-540-73201-3; Deutsche Gesellschaft für Fettwissenschaft e.V.: www.dgfett.de; Wikipedia, Stichwort Pflanzenöle. 3 Die Erdnuss ist eine geschlossene Hülsenfrucht. Damit gehört sie zu den Nüssen. 4 Omega-6 bedeutet, dass sich die erste Doppelbindung vom Molekülende gezählt am 6. Kohlenstoffatom befindet. Analog gelten andere Ziffern. 5 https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/cosing 6 Unter diesen Bedingungen können sich reine, hoch ungesättigte fette Öle sogar selbst entzünden. 7 HL Tian, P Zhan, KX Li (2010), Analysis of components and study on antioxidant and antimicrobial activities of oil in apple seeds, International Journal of Food Sciences and Nutrition. 61 (4): 395–403.
Dr. Hans Lautenschläger
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