Die Haltbarkeit kosmetischer Produkte ist abhängig von effektiven Antioxidantien, Emulgatoren, Konsistenzmitteln und Konservierungsstoffen, aber auch von der Stabilität der eingesetzten Fettstoffe. Die Effektivität dieser Stoffe hinsichtlich der Lagerung von Kosmetika ist häufig mit gegenläufigen Eigenschaften in Hautpflege und Ökologie verbunden, das heißt die Nachhaltigkeit leidet darunter. Nachhaltigkeit in der Pflege bedeutet, dass ein Produkt nicht nur auf temporäre Soforteffekte, sondern auch auf langfristige Wirksamkeit ohne Nebenwirkungen angelegt ist. Nicht nachhaltige Produkte enthalten beispielsweise: - Emulgatoren mit hohem Auswasch-Effekt, die dazu führen, dass bei der Hautreinigung vorher applizierte Pflegestoffe und natürliche Barriere-Bestandteile verloren gehen
- Okklusive Fettstoffanteile, die die Eigenregeration der Haut herunterregulieren
- Nicht physiologische Komponenten wie Konservierungsstoffe, die in die Biochemie der Haut oder des Haut-Mikrobioms störend eingreifen
Emulgatoren & Tenside Hilfsstoffe sind auch in der freien Natur nicht gern gesehen, wenn sie nicht oder nur langsam biologisch abbaubar sind. Ältere Zeitgenoss(inn)en werden sich an die Schaumberge im Bereich der Staustufen von Flüssen erinnern, die noch bis in die 1980iger Jahre durch nicht abgebaute Tenside von Textilwaschmitteln und in geringem Ausmaß auch von Tensiden von Körperreinigungsmitteln entstanden. Dieses Problem scheint mittlerweile gelöst und die Emulgatoren, wie die Tenside heißen, wenn sie Cremes eingesetzt werden, wurden weiterentwickelt. Die mehr oder weniger irritativen Eigenschaften, speziell in höheren Konzentrationen sind allerdings geblieben. Tenside alias Emulgatoren gelten gemäß deutscher Tensidverordnung dann als biologisch abbaubar, wenn sie bis zu 80% abgebaut werden. Das ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass es sich (auch im Kosmetikbereich) um "technische" Komponenten handelt, die (trotz eines einzigen INCI-Codes) chemisch nicht einheitlich sind. Kationische und amphotere Tenside wurden übrigens gar nicht in die Verordnung aufgenommen. Nicht abbaubare Fettstoffe Bei den genannten okklusiven Fettstoffen bzw. lipophilen Komponenten, die abweichend von den Triglyceriden der Pflanzenöle und den natürlichen Wachsen in OECD-Tests biologisch nicht abbaubar sind, handelt es sich um: - Mineralölbestandteile in Form von Paraffinen, Erdwachsen und Co.
- Synthetische Kohlenwasserstoffe
- Poly-alpha-Olefine und verwandte synthetische polymere Kohlenwasserstoffe
- Langkettige Silikone und Siloxane
Für die Lagerstabilität von Kosmetika sind synthetische Emulgatoren und inerte Fettstoffe ideal. Sie werden deshalb verbreitet eingesetzt. Inerte Fettstoffe verhalten sich auch bei und nach der kosmetischen Behandlung indifferent und verbleiben an der Hautoberfläche. Sie führen bei längerer Anwendung zur Abhängigkeit. Denn die Bereitschaft der Haut, die Barriere aktiv zu regenerieren, nimmt kontinuierlich ab, da der künstliche Film auf der Hautoberfläche als ausreichender Schutz registriert wird. Physiologisch nicht abbaubare Emulgatoren verbleiben dagegen nicht an der Hautoberfläche, sondern interagieren mit den schützenden Bestandteilen der Hautbarriere und verstärken deren Auswaschen bei der Hautreinigung. Konservierungsstoffe Die in der Regel nicht physiologischen Konservierungsstoffe haben ebenfalls ein mitunter ungünstiges Abbauverhalten. Ein typischer Stoff ist das Triclosan, eine chlorierte aromatische Verbindung, die chemisch und mikrobiell so gut wie nicht abgebaut wird und in Rinse-off-Produkten den mikrobiellen Abbau anderer Komponenten verhindert. Jedoch sind nicht alle Konservierungsstoffe abbauresistent. Zur Hemmung des mikrobiellen Abbaus anderer Stoffe werden Konservierungsstoffe in Konzentrationen oberhalb ihrer minimalen Hemmkonzentration (MIC) verwendet. Übrigens: Eine in den OECD-Tests festgestellte Nichtabbaubarkeit bedeutet nicht, dass nicht ein langsamer chemischer oder physikalischer Abbau durch atmosphärische Einflüsse stattfinden kann. Auch hier ist Triclosan ein typisches Beispiel. Unter UV-Belastung (Sonne) setzt Dioxinbildung ein, d. h. es entstehen toxische, wiederum schlecht abbaubare Verbindungen. Ähnlich ist die Situation bei Kunststoffen (Polymere): Während solche mit funktionellen Gruppen (Polyamide, Acrylate etc.) zwar ebenfalls durch die Teste fallen, findet man sie in der Natur sehr selten, da sie doch langsam aber kontinuierlich abgebaut werden. Dagegen dominieren in den Rückständen das extrem inerte Polyethylen (PE) sowie das Polypropylen (PP) in Form von Mikroplastik. Komplexbildner In die Gruppe der häufigen, nichtphysiologischen Komponenten gehören auch die Komplexbildner (Chelatbildner). Diese Verbindungsklasse reagiert mit Metallionen. Ihre Funktion besteht darin, abhängig von ihrer individuellen Struktur, Wasser zu enthärten, indem sie die härtebildenden Calcium- und Magnesium-Ionen binden, oder Schwermetallspuren inaktivieren Das Abfangen von Schwermetallen ist in kosmetischen Produkten, insbesondere denjenigen, die sauerstoffempfindliche Komponenten enthalten, besonders wichtig. Schwermetallspuren gelangen unter anderem in Tiegel, wenn man den Inhalt mit den Fingern entnimmt. Aber auch, wenn Präparate auf die Haut aufgetragen werden, kommen sie dort mit umweltbedingten Schwermetallen in Kontakt. Zusammen mit dem Luftsauerstoff und gegebenenfalls noch intensiver bei Strahlenbelastung erzeugen Schwermetalle wie das in der Umwelt überall vorhandene und auch aus endogenen Quellen stammende Eisen aggressive Sauerstoffradikale, die zur Autoxidation organischer, besonders ungesättigter Verbindungen führen. Essenzielle Fettsäuren aus Pflanzenölen und Polyethylenglykole (PEG) werden besonders schnell angegriffen. Pflanzenöle erzeugen dann einen ranzigen Geruch. Die Oxidationsprodukte sind ihrerseits sehr reaktiv und können zu Irritationen führen. Antioxidantien helfen dann nur bedingt, da sie unter diesen Verhältnissen rasch verbraucht werden. Das hängt damit zusammen, dass die Schwermetalle immer wieder neue Oxidationszyklen starten. Andererseits würden zu hohe Konzentrationen an Antioxidantien eigene Radikalkettenreaktionen unterhalten. Mit starken Komplexbildnern bekommt man das Problem dagegen rasch in den Griff. EDTA Der in Kosmetika am häufigsten verwendete Komplexbildner ist das EDTA (Ethylendiamintetraessigsäure) und dessen Alkalisalze. Der Stoff ist sehr effektiv und preiswert, wird aber praktisch nicht abgebaut und läuft daher auch durch die kommunalen Kläranlagen, so dass man ihn in den freien Gewässern und zum Teil schon im Trinkwasser wiederfindet. Dort kann er auf seinem Weg ebenfalls Schwermetalle (Kobalt, Nickel, Quecksilber etc.) aus früheren industriellen Einträgen aufnehmen. Wenn sich EDTA in einem Produkt und somit auch später auf der Haut befindet, bindet es zwangsläufig die Schwermetalle Eisen, Kupfer und Zink, die unter anderem auch für die körperlichen antimikrobiellen Peptide (AMP), insbesondere die Oxidoreduktasen, benötigt werden. Diese unerwünschte Nebenwirkung tritt besonders bei geschädigter Barriere ein. Inwieweit dies auch Auswirkungen auf das Mikrobiom der Haut hat, ist gänzlich unbekannt. Abbaubare Alternativen von Komplexbildnern sind Zitronensäure und Phosphate. Zur Wasserenthärtung eignen sich auch die unlöslichen Zeolithe. Konsistenzgeber Eine andere Gruppe von Hilfsstoffen sind die Konsistenzgeber. Sie helfen, kosmetische Produkte in ihrer Viskosität zu regulieren und physikalisch zu stabilisieren, sodass sich Fett- und Wasserphase auch bei langer Lagerung und Temperaturschwankungen nicht trennen. Insofern unterstützen sie die Funktion der Emulgatoren. Unter Ihnen befinden sich auch lösliche Polymere wie die Acrylate, die chemisch gesehen Esterstrukturen enthalten. Diese Strukturelemente ermöglichen einen sehr langsamen, aber doch kontinuierlichen Abbau der Polymere. Auf der Haut bilden Konsistenzgeber Filme, die hautglättend wirken und wasserdampfdurchlässig sind. Daher kann man sie auch nicht in die Gruppe der okklusiven Verbindungen einordnen. Man hat sie, weil es sich um Polymere handelt, häufig mit Mikroplastik in Zusammenhang gebracht. Jedoch spielen sie bei den bekannten Meeresverunreinigungen so gut wie keine Rolle. Nichtsdestotrotz ist das Interesse an Bio-Alternativen und schneller abbaubaren Verbindungen groß. Allerdings hat sich die Realisierung bisher als sehr schwierig herausgestellt, da natürliche Polymere wie Cellulose-, Stärke- und Alginsäure-Derivate längst nicht die vorteilhaften Eigenschaften besitzen, die der Verbraucher gewohnt ist.
Dr. Hans Lautenschläger |