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Fette und Öle - Kohlenwasserstoffe in Kosmetika

 

Kohlenwasserstoffe sind wichtige Bestandteile der Haut und spielen auch in Hautpflegepräparaten eine große Rolle. Fette und Öle kommen dort häufig zum Einsatz. Guter Grund für eine Auffrischung in Sachen Chemie.

 

Das Sebum der Haut setzt sich aus Triglyceriden, Fettsäuren, Wachsen, Squalen, Cholesterin und Cholesterinestern zusammen und bildet zusammen mit den Bestandteilen der Barriereschichten den Lipidmantel der Haut. Die Sebum-Triglyceride gleichen den fetten pflanzlichen Ölen, wobei deren Triglyceride allerdings mehr ungesättigte Fettsäuren in gebundener Form enthalten. Das hauteigene Squalen ist ein reiner flüssiger Kohlenwasserstoff (KW): Das heißt, es enthält als Bestandteile nur Kohlenstoff und Wasserstoff. Squalen gehört zur Gruppe der Triterpene und ist die Vorstufe des Cholesterins.

Verschiedener Ursprung: Pflanze oder Erdöl

Squalen und niedermolekulare - zum Teil sogar gasförmige KW - sind im Pflanzenreich weit verbreitet. Viele Pflanzenwachse wie Bienenwachs, Candelillawachs, Carnaubawachs und Fruchtschalenwachse enthalten KW unterschiedlicher Zusammensetzung. Neben Paraffinen sind das häufig ungesättigte Terpene und verwandte Stoffe. Andere - vor allem gesättigte und damit reaktionsträge KW - bilden die Ausnahme.
Zu den mineralischen Kohlenwasserstoffen zählen gesättigte und reaktionsträge, aus Erdöl und Erdwachsen gewonnene KW wie Paraffin (fest), Paraffinöle (dick- bis dünnflüssig) und Vaseline (halbfest). Sie zeichnen sich durch ein sehr breites Spektrum an Einzelkomponenten aus und werden aus Erdöl durch fraktionierte Destillation, Extraktion und Hydrierung gewonnen und von krebserregenden oder erbgutverändernden Komponenten befreit.

Gereinigte Substanzen für medizinische Zwecke

Hochgereinigte Fraktionen haben als Salben- und Zäpfchengrundlagen Eingang in die Arzneibücher gefunden. Ihre Hautverträglichkeit ist durchweg ausgezeichnet, wobei aber weiße Vaseline in reiner Form einen deutlich erhöhten Akanthose-Faktor besitzt, also eine Verdickung der Oberhaut auslösen kann.
Erhöhte Akanthose-Faktoren werden gelegentlich auch bei einzelnen pflanzlichen Triglyceriden beobachtet, wenn man sie in reiner Form auf die Haut appliziert - etwa bei Rizinusöl. Allerdings werden Öle und Fette in der Praxis nur in sehr seltenen Fällen zu 100 Prozent eingesetzt, so dass sich diese Befunde folglich relativieren.

Vorteile pflanzlicher Komponenten

Was spricht dagegen, in Kosmetikprodukten anstelle von empfindlichen pflanzlichen Ölen preisgünstigere mineralische Kohlenwasserstoffe einzusetzen?

  • Pflanzliche Öle sind keine Fremdkörper und integrieren sich in das stoffliche Gefüge der Haut. Sie können demzufolge auch abgebaut werden.
  • Pflanzenöle enthalten physiologische Säuren mit Wirkstoffcharakter.
  • Viele Pflanzenöle enthalten Phytosterine, die strukturell gesehen dem hauteigenen Cholesterin sehr ähnlich sind. Weitere natürliche Begleitstoffe, die vorteilhafte Funktionen haben, können unter anderem Vitamine sein, z.B. das Vitamin E.
  • Pflanzliche Triglyceride glätten die Haut und bewirken, dass der transepidermale Wasserverlust (TEWL) moderat sinkt. Das heißt, die Haut kann also noch "atmen".

Pflanzliche Öle haben eine multifaktorielle Wirkung, die sich je nach Pflanzenöl unterscheidet. Ein Nachteil der ungesättigten Pflanzenöle ist, dass sie empfindlich gegenüber Luftsauerstoff sind. Daher werden sie durch antioxidative Vitamine oder deren Derivate stabilisiert.
Wasserhaltige Präparate sind nur begrenzt haltbar, da es zu einer sehr langsamen Spaltung der enthaltenen Triglyceride kommt. Sie kann sich durch die Veränderung der Geruchseigenschaften zeigen.

Das ist eine sehr stabile Sache

Paraffinöl & Co verfügen über eine hohe chemische Stabilität gegenüber Luftsauerstoff, Wasser oder mikrobiellem Abbau. Wirkstoffcharakter haben mineralische KW aber dafür nicht. Mineralische KW eignen sich folglich für langlebige, preiswert zu produzierende Produkte, die sich vor allem auf die Hautglättung fokussieren. Zur Regeneration der gestörten Hautbarriere tragen Mineralöle nicht bei. Was genau ist mit dem Begriff Regeneration in diesem Zusammenhang gemeint? Im kosmetischen Bereich ist hierunter die hauteigene (endogene) Regeneration zu verstehen. Mineralische KW führen zweifellos zu einer äußerlichen (exogenen) Regeneration: Mineralöle und Vaseline können tröpfchenförmig in die oberen Barriereschichten eingebaut werden, vor allem, wenn die Barriere - wie bei trockener Haut - gestört ist.

Auf lange Sicht wird die Haut träger

Die oberflächliche Reparatur der Barriereschicht entspricht jedoch nicht der natürlichen Physiologie. Dennoch führt sie zunächst dazu, dass der TEWL wie gewünscht abgesenkt und die Hautfeuchte erhalten wird. Den stärksten okklusiven Effekt und damit eine extreme Senkung des TEWL zeigt Vaseline durch oberflächliche Filmbildung.
Werden bei trockener Haut undurchlässige Filme auf die Haut appliziert, verhindert das die Erhöhung der epidermalen Fettsäure-Synthese. Die natürliche Anregung von DNA-Aktivitäten z.B. wird unterbunden. Dementsprechend lösen auch andere Stoffe, die den TEWL stark erniedrigen, ähnliche Effekte aus. Dies deckt sich mit der Erfahrung, dass die Benutzerinnen hoch mineralölhaltiger Cremes ihre Haut in überdurchschnittlichem Maß als sehr trocken einschätzen, was eine Folge der unterentwickelten Eigenregeneration der Haut ist.
Mineralöle werden nicht wie pflanzliche Öle resorbiert. Die dagegen vergleichsweise schnelle Resorption pflanzlicher Öle wird durch die enzymatische Spaltung der Triglyceride in ihre Einzelbestandteile (Glycerin und Fettsäuren) begünstigt. Bei Mischungen von Mineral- und Pflanzenölen reichern sich die mineralischen Kohlenwasserstoffe in den oberflächennahen Schichten an.
Dementsprechend hält das glättende Gefühl länger an, was anwendungstechnisch wie auch sensorisch ein Vorteil ist. Das natürliche Gleichgewicht und die Regenerationsbereitschaft der Haut werden dadurch aber gehemmt. Bei starker Senkung des TEWL werden die epidermale Zellreifung verzögert und der Säureschutzmantel gestört.
Der Einsatz natürlicher Fettstoffe und mineralischer Öle verfolgt daher unterschiedliche Ziele. Geht es um den reinen Hautschutz, entscheidet man sich mit Mineralölen für eine ökonomisch und sensorisch günstige Variante. Allerdings um den Preis, dass die Haut immer träger wird. In den letzten Jahren wird daher die Auffassung vertreten, dass die Aufrechterhaltung einer möglichst hohen Regenerationsbereitschaft der Haut Vorrang haben sollte.

Silikone und verwandte Kohlenwasserstoffe im Blick

Den Paraffinprodukten verwandt sind mikrokristallines Wachs sowie mineralische Erdwachse wie Ozokerit und Ceresin. Ihre Einsatzgebiete gleichen dem der Vaseline. Eine weitere interessante Stoffgruppe mit vergleichbaren Eigenschaften sind die synthetischen Poly-Alpha-olefine (PAO). Zwar ist auch hier die Ausgangsbasis letztendlich Erdöl, aus dem diese Stoffe über sogenannte Crackprozesse gewonnen werden. Bei den PAO handelt es sich aber nicht um Stoffgemische, sondern um völlig einheitliche KW ohne störende Verunreinigungen. Die ADI-Werte (ADI steht für Acceptable Daily Intake, also die akzeptable Menge der täglichen Aufnahme) von PAO werden aber günstiger beurteilt, weshalb diese Stoffe auch in Lippenstiften eingesetzt werden.
In einem Atemzug mit den Mineralölen werden vielfach Silikone genannt, wenn es um fettende Komponenten (Emollients) in Kosmetika geht. Bei den Silikonen handelt es sich um eine sehr umfangreiche synthetische Stoffgruppe. Darunter finden sich flüchtige und flüssige Stoffe, durch deren Einsatz sich kosmetische Präparate bequem verteilen lassen, aber auch hochmolekulare Substanzen. Sie vermitteln einerseits ein gutes Hautgefühl, bleiben aber andererseits - ähnlich wie die Mineralöle - filmartig auf der Hautoberfläche zurück. Die glättende und anhaftende Wirkung ist ausgeprägter als bei den Mineralölen. Daher kommen sie inzwischen sehr häufig als rückfettende Substanzen bei Reinigungspräparaten zum Einsatz.
Silikone werden in topisch applizierten Präparaten gut vertragen, führen nicht zu Hautreaktionen und werden als sicher bewertet. Aufgrund der hohen Effizienz sind schon kleine Dosierungen ausreichend für den gewünschten Effekt. Vor allem die hydrophobe Wirkung bei einem gleichzeitig auch samtigen Hautgefühl wird vom Verwender als sehr angenehm empfunden. Silikone sind jedoch - wie die Mineralöle - physiologisch nicht am Stoffgleichwicht der Haut beteiligt. Das heißt, dass das angenehme Gefühl nicht mit einer realen, endogenen Regeneration der Haut korreliert.
Die Haltbarkeit der Silikone ist praktisch unbegrenzt, da sie weder chemisch durch Luftsauerstoff oder Wasser, noch mikrobiologisch in nennenswertem Umfang angegriffen werden.

Verträglichkeit gegeneinander abwägen

Pflanzenöle sind ein ständiger Nahrungsbestandteil und daher für den menschlichen Organismus unkritisch. Werden Mineralöle kontinuierlich über einen langen Zeitraum in geringen Mengen aufgenommen, wie das z. B. beim Gebrauch von Lippenstiften der Fall sein kann, ist vor allem die Langzeitverträglichkeit von Bedeutung.
Bei längerem Gebrauch von Paraffinöl-haltigen Abführmitteln wurden z. B. granulomatöse Veränderungen im Verdauungstrakt beschrieben. Da sich die Qualitätsanforderungen aber immer wieder erhöht haben und die genauen Zusammensetzungen der unter Versuchsbedingungen aufgebrachten Öle größtenteils nicht exakt bekannt sind, ist die Literatur nicht repräsentativ. So wurde unter anderem auch ein Einzelfall beobachtet, in dem es nach dem Einatmen eines Sprays zu einer nachfolgenden Pneumonie (Lungenentzündung) kam.
Dazu muss kritisch bemerkt werden, dass sämtliche, vom Körper nicht abbaubare Stoffe bei bestimmten Teilchengrößen zu vergleichbaren Reaktionen führen können. Mit anderen Worten: die Reaktionen sind nicht unbedingt spezifisch für Mineralöle. Sprays mit Komponenten, die der Körper nicht abbauen kann, sind im kosmetischen Bereich nicht akzeptabel.
Paraffinische KW und Silikone werden vom Körper in Spuren resorbiert - oral oder über die Haut. Da sie nicht verstoffwechselt werden, können sie im Fettgewebe gespeichert werden bzw. werden unverändert wieder ausgeschieden. Bis heute gibt es jedoch diesbezüglich keine Auflagen für die Hersteller kosmetischer Präparate.
Die Haut ist das Substrat für eine natürliche Hautflora. Durch die hauteigenen Lipasen und Esterasen werden Triglyceride in Glycerin und freie Säuren zerlegt. So entsteht der niedrige pH, der die Haut vor äußerlichen Infektionen durch pathogene Keime schützt. Okklusive Bedingungen verändern die Flora gravierend. Daher ist es vorteilhaft, bei der Hautpflege eher auf eine physiologische Strategie zu setzen und für die Hautfettung Pflanzenöle zu nutzen, um das Gleichgewicht der Hautflora zu fördern. Auch aus der Perspektive der modernen Korneotherapie sind in kosmetischen Präparaten natürliche Öle und Fette vorzuziehen - auch wenn die sensorischen Eigenschaften, wie z. B. die Hautglättung, im Langzeitgebrauch manchmal nicht an die Substanzen der Petrochemie heranreichen.

Gegebenenfalls Kompromisse eingehen

Bei mineralölfreien Produktkonzepten sind manchmal Kompromisse erforderlich, die technisch bedingt sind. So sind langkettige Kohlenwasserstoffe von Mineralölen oder Silikone bei wisch- und wasserfesten, elastischen Camouflage-Produkten zurzeit noch unverzichtbare Träger für Pigmente. Pigmenthaltige, atmungsaktive Foundations (Make-up) lassen sich dagegen ohne Weiteres alternativ mit pflanzlichen Triglyceriden realisieren.
Bei der Entscheidung für natürliche Fettstoffe oder mineralische Öle muss man also abwägen: Geht es um den reinen Hautschutz oder darum, die Regenerationsbereitschaft der Haut in größtmöglichem Umfang zu fördern.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetik International
2008 (10), 47-50

 
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