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Eindringlinge eindämmen - Virale und bakterielle Infektionen über Haut und Schleimhäute

 

Um eine Infektion zu ermöglichen, müssen Bakterien, Pilze, Viren und Co. zuerst die Hautbarriere oder die Schleimhäute durchdringen. Erst dann ist ein Angriff auf die internen Strukturen des Körpers möglich. Durch welche Faktoren wird das Eindringen erleichtert oder erschwert? Und was können wir im Alltag dazu beitragen, es zu verhindern?

 

Der menschliche Körper verfügt über ein ausgeklügeltes System, um sich gegen Angriffe von Mikroorganismen und Viren zu schützen. Die erste Hürde ist die Hornschicht, die einen physikalischen Schutz darstellt und, solange sie intakt ist, höchstens kleinere Moleküle passieren lässt, die allenfalls Allergien auslösen können.
Auch die Schleimhäute des Auges (Bindehaut), der Nase (inklusive der unteren Atemwege), des Mundes, des Genitalbereichs, des Magen-Darm-Traktes sind für Eindringlinge eher lebensfeindliche Medien. Hinzu kommt die Besiedlung der Haut und der Schleimhäute mit einer Flora aus angepassten Mikroorganismen (Mikrobiom), die in vielfältiger Weise Synergien mit dem Körper bilden und ebenfalls dazu beitragen, dass er optimal geschützt ist. Tiefere Verteidigungslinien sind endogene antimikrobielle Peptide (AMP) und das Immunsystem.

Übertragung

Wie gelingt es äußerlichen Krankheitserregern, den Körper zu infizieren? Dazu muss man sich zunächst einmal die generellen Übertragungswege ansehen:

  • Tröpfcheninfektion: Durch Niesen oder Husten erzeugte Aerosole gelangen in Nase und Atemwege
  • Hautkontakte: Anfassen, Kuss, Sex
  • Schmierinfektion: Anfassen von Nase, Mund oder Bindehaut nach der Berührung kontaminierter Gegenstände
  • Hautreibung: Wundscheuern, Windeldermatitis etc.
  • Verdorbene Lebensmittel und verkeimtes Wasser
  • Spritzen, Bluttransfusion und Insektenstiche

Nicht alle Menschen sind gleich empfindlich und werden krank, d. h. sie sind mit den genannten Verteidigungslinien unterschiedlich gut ausgestattet. Aber es kommen weitere externe Umstände hinzu.

Barrierestörungen

So steigt regelmäßig zu Beginn der kalten Jahreszeit die Rate von Atemwegserkrankungen und Barrierestörungen wie Neurodermitis an, um zu Beginn des Frühjahrs seinen höchsten Stand zu erreichen. Einen ähnlichen Verlauf nehmen die Grippeerkrankungen und Hautprobleme in Form von Ekzemen im gewerblichen Bereich, wo Hände ständig mit Arbeitsflüssigkeiten und Chemikalien in Berührung kommen. 
Warum? Während des Winters nimmt die Kondition der Haut und der Schleimhäute kontinuierlich ab. Faktoren sind fehlende Sonne und mangelnde Bewegung sowie der hauptsächliche Aufenthalt in den Innenräumen. Der größte Stressfaktor ist aber die geringe Luftfeuchte, die den transepidermalen Wasserverlust ansteigen lässt, die Haut austrocknet und die Schleimhäute, insbesondere bei älteren Menschen trockenlegt. Die Hautbarriere ist gestört und die Mucopolysaccharide im Nasenraum sind nicht mehr in der Lage, Fremdkörper durch ihre einhüllende Funktion zu inaktivieren.

Tab: Einige Beispiele zur Luftfeuchte

Außentemperatur, NachtLuftfeuchte außen, NachtInnentemperaturLuftfeuchte innen
10 °C100% (Nebel, Oktober)20 °C 50%
0 °C100% (Reif, November)20 °C25%
0 °C 50% (NO-Wind, März)20 °C12%

Noch niedriger ist die Luftfeuchte bei tieferen Außentemperaturen und höheren Temperaturen, die in den Innenräumen durchaus üblich sind. Der transepidermale Wasserverlust (TEWL) der Haut und die Austrocknungsrate der Nasenschleimhäute steigen exponentiell an. In gleichem Maße wächst das Infektionsrisiko, da die Durchlässigkeit von Haut und Schleimhäuten für virale und bakterielle Erreger ebenfalls stark zunimmt.
Daher besteht im Winter eine der effektivsten Vorsorgemaßnahmen gegen Infekte darin, die Raumtemperaturen zu senken und statt kurzärmlichem Hemd oder Bluse warme Kleidungsstücke zu benutzen. Das spart darüber hinaus noch Geld und schont die Umwelt!
Wenn die Außentemperaturen im Frühjahr und Sommer steigen, nimmt die Luftfeuchte in Innenräumen wieder zu. Die Durchlässigkeit von Haut und Schleimhäuten normalisiert sich. Die Infektionsraten nehmen ab und Grippe & Co. kommen zum Stillstand. Voraussetzung ist allerdings, dass ein gewisser Anteil der Bevölkerung bereits immun ist. Das trifft für das neue Coronavirus SARS-CoV-2 leider nicht zu.
Niedrige Luftfeuchte und trockene Haut sind auch ständige Begleiter des Bordpersonals in Flugzeugen. Dort wird die Austrocknung noch durch den um etwa 20% gesenkten Luftdruck verschärft.

Hautschutzplan

Das häufige Händewaschen inklusive Desinfizieren, zum Beispiel durch hochprozentige, alkoholische Präparate, ist als Prophylaxe gegen Infektionen prinzipiell richtig, kann aber insbesondere bei hoher Frequenz zu Hautbarriere-Schäden führen, die durch effektive Pflege- und Hautschutzcremes ausgeglichen werden müssen, da die Haut sonst rissig und erst recht durchlässig für Keime und andere Mikroorganismen wird.
Daher sind Hautschutzpläne, wie sie von den einschlägigen Berufsgenossenschaften in den ärztlichen und betrieblichen Bereichen gefordert werden, ein wichtiger Bestandteil nicht nur für den Hautschutz, sondern auch für den Infektionsschutz. Darin werden Präparate für die Reinigung nach der Arbeit, den Hautschutz während der Arbeit und die Regeneration in der arbeitsfreien Zeit festgelegt.

Zu viel des Guten

In Zeiten umlaufender Infektionskrankheiten wie aber auch zu normalen Zeiten im privaten Bereich wird allerdings bei der Reinigung und körperlicher Hygiene häufig über das Ziel hinausgeschossen.
Das Angebot an kosmetischen und Medizinprodukten ist riesig und die Versuchung groß, in gutem Glauben seinem Körper etwas Gutes zu tun. Das Gegenteil ist der Fall, insbesondere, wenn die hauteigenen Barrierestoffe laufend ausgewaschen und die natürliche Hautflora gestört werden. Dazu einige Beispiele:

  • Fußpilze können sich immer dann gut ausbreiten, wenn Barrierestoffe ausgewaschen sind und die Hornschicht durch Nässe aufgequollen ist. Der sich dadurch verstärkenden Barrierestörung können Entzündungen durch bakterielle Infektionen folgen.
  • Kopfschuppen sind ebenfalls eine Folge eines lokalen Pilzbefalls. Die beteiligten Pilze befinden sich meist auch auf intakter Haut, vermehren sich aber erst durch ungeeignete und zu häufige Kopfhautreinigung.
  • Intimregion: Störungen in diesem Bereich werden durch Enthaarung, Spülungen und zu enge Kleidung ausgelöst. Vaginalcremes, vor allem Medizinprodukte mit Konservierungsstoffen, stören die notwendige eigene Mikroflora empfindlich und können Resistenzen erzeugen.
  • Akne: Hautpflege mit hohen Gehalten an ungeeigneten Fettstoffen fördert das Wachstum anaerob lebender Keime.
  • Rosacea: Bei entsprechender Veranlagung legen zum Beispiel Fruchtsäurepeelings den Grundstock für eine ähnlich wie bei der Akne anaerob lebende Flora, die auf abdeckende Fettstoffe mit sofortiger Vermehrung reagiert und die Behandlung mit antibiotisch wirkenden Pharmaka erfordert.
  • Periorale Dermatitis ist vielfach eine Folge von Überpflegung - in Form ständiger Reinigung und Anwendung ungeeigneter Pflegeprodukte. Auch hier sind es immer wieder fakultativ pathogene Keime, die in der gestörten Barriere gute Lebensbedingungen vorfinden.
  • Neurodermitis: Tatsache ist, dass Menschen, die eine Veranlagung für diese mit Barrierestörungen verbundene Indikation haben, aus Angst vor lokalen Infekten mitunter zweimal am Tag duschen - inklusive der Verwendung von Ganzkörper-Reinigungsmitteln. Auch das ist kontraproduktiv, da das wachsende Defizit an eigenen Barrierestoffen mit Pflegestoffen nicht ausgeglichen werden kann.

Kettenreaktion

Insbesondere bei ernsten Infekten ist auch eine Verkettung von Faktoren zu erkennen:

  • Es liegt eine Vorschädigung der Barriere oder der Schleimhäute wie beschrieben anlage-, saison- oder kulturbedingt vor. Die Durchlässigkeit ist entsprechend hoch.
  • Bakterien bauen zusätzlich Schutzstoffe mittels ihrer Enzyme ab.
  • Viren können nun ungehindert zu ihren Wirtszellen vordringen.

Der umgekehrte Vorgang führt zum Beispiel bei grippalen Infekten - und das dürfte auch beim SARS-CoV-2-Erreger eine große Rolle spielen - zu den gefürchteten Lungenentzündungen. Die Vireninfektion öffnet das Tor zum Beispiel für Pneumokokken, die ihrerseits durch wachsende Resistenzen nur schwer mit Antibiotika in den Griff zu bekommen sind. Insbesondere bei älteren Menschen ist daher eine prophylaktische Impfung gegen Pneumokokken hilfreich. Eine Vorschädigung durch Asthma birgt ebenfalls ein Risiko.

Keimreduzierung

Bei Mikroorganismen und Viren ist die Verbreitung durch das Anfassen von kontaminierter Haut, Oberflächen und Flüssigkeiten sehr unterschiedlich. Für HIV-Viren wurde zum Beispiel nachgewiesen, dass über Mund, Speichel und intakter Hautbarriere keine Ansteckung stattfinden kann. Generell scheint die Übertragbarkeit über keimbelastete glatte Flächen (Metall, Glas, Kunststoff) größer zu sein als über poröse, aufsaugende Flächen wie Papier oder unbehandeltes Holz. Glatte Flächen lassen sich jedoch wesentlich leichter desinfizieren.
Für die Desinfektion werden unter anderem Oxidationsmittel wie Wasserstoffperoxid, Aldehyde und quartäre Ammoniumsalze verwendet, die in Alkoholen wie Ethanol oder Isopropanol gelöst sind. Alkohole allein erreichen ihre höchste Effektivität in Konzentrationsbereichen von 60-80%. Für die Entfernung von Viren an den Händen sind Seifenstücke und Flüssigseifen ausreichend. In geöffneten flüssig-festen kosmetischen Präparaten sind Viren übrigens nicht lebensfähig.

Tipp: Für die Aktivierung körpereigener Abwehrmechanismen ist nach wie vor die Lebensweise ein wichtiger Co-Faktor. Die kalte Dusche, die bekanntlich mit einem Ausstoß von Nebennierenhormonen verbunden ist, und die gesteigerte Mikrozirkulation durch Bewegung sind bewährte und kostenlose Hilfsmittel.


Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Beauty Forum
2020 (5), 50-52

 
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