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Dreimal aktiv gegen Falten

 

Kosmetische Wirkstoffe haben vielfältige Funktionen. Das Spektrum der Aktivitäten entspricht zusammengenommen dem typischen Instrumentarium gegen die vorzeitige Hautalterung, das heißt Anti-Aging. Es lässt sich in präventiv schützende, regenerative und antiinflammatorische Aktivitäten unterteilen. Dabei spielt die Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle.

 

Unter den Funktionen kosmetischer Wirkstoffe verbergen sich einzelne Facetten, die individuell – je nach Kondition, gegebenenfalls auch Indikation und Lebensumständen – von unterschiedlicher Bedeutung sind:

  • Hautschutz gegen:
    • physikalische Einflüsse (Strahlung, Mechanik und Erosion)
    • chemische Einflüsse (Haushalt, Arbeitsplatz und Umwelt)
    • mikrobielle Einflüsse (Mikrobiom und externe Mikroorganismen)
  • Behandlung & Regeneration von:
    • Barrierestörungen
    • Verhornungsstörungen
    • Bindegewebe- und Gefäßstörungen
    • Irritationen, Allergien und Entzündungen
    • Pigmentstörungen
  • Ausgleich endogener Defizite, zum Beispiel Enzymdefekte:
    • präventive Pflege
    • nachhaltig (= ohne Langzeitnebenwirkungen)
    • indikationsbegleitend
    • Camouflage-Behandlungen mit dekorativen Produkten

Eine zum Teil durch klinische Studien dokumentierte Gruppe von kosmetischen Wirkstoffen sind die Cosmeceuticals. Sie bewegen sich in einer Nische zwischen Pharmazie und Kosmetik. Allgemeingültige Regeln zur Einstufung von Wirkstoffen als Cosmeceuticals gibt es allerdings nicht.

Dokumentation

Um eine hohe Verfügbarkeit und Wirkung am Zielort zu ermöglichen, müssen kosmetische Wirkstoffe in die Hautbarriere penetrieren und gegebenenfalls auch permeieren können (z. B. Vitamine).
Eine in vitro gemessene Aktivität reicht für den Nachweis nicht aus. Reproduzierbare Studien und signifikante Kausalitäten sind daher wünschenswert, vielfach aber nicht verfügbar. Außerdem dürfen sich die Aktivitäten nur lokal und nicht systemisch auswirken. Darüber hinaus werden die Konformität mit der Kosmetikverordnung (KVO) und eine dokumentierte Sicherheit (Sicherheitsreport) gefordert.
In der KVO verbotene Stoffe wie Hormone dürfen nicht, pharmazeutische Wirkstoffe jedoch in begrenztem Umfang verwendet werden, wenn der Hautzustand verbessert, stabilisiert und Hautstörungen beseitigt werden – Beispiele sind D-Panthenol (Provitamin B5) bei Neigung zu Hautrötungen, Azelainsäure ≤ 1% bei Neigung zu unreiner Haut, Akne, Rosacea & perioraler Dermatitis, Tranexamsäure zur Hautaufhellung und Minderung von Hautrötungen, Pirocton-Olamin (INN) alias 1-Hydroxy-4-methyl-6-(2,4,4-trimethylpentyl)-2(1H)-pyridon Monoethanolaminsalz bei schuppender Kopfhaut. Allerdings ist in diesen Fällen die Werbung mit Wundheilung (D-Panthenol), Akne-Behandlung (Azelainsäure) und antimykotischer Wirkung (Pirocton-Olamin) nach KVO verboten.

Beispiele für antientzündliche Wirkstoffe

  • 15-Lipoxygenase-Substrate – Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren wie Linolsäure (aus pflanzlichen Ölen, Phosphatidylcholin), Gamma-Linolensäure (Nachtkerze, Borretsch) und Alpha-Linolensäure (Lein, Kiwi, Hagebutte, Phosphatidylcholin [Soja]). Die durch die körpereigene 15-Lipoxygenase entstehenden Metaboliten essentieller Fettsäuren haben antiinflammatorische Wirkung.
  • 5-Lipoxygenase-Inhibitoren – 3,4-Dihydroxyzimtsäure (Kaffeesäure), Curcumin (Kurkuma-Wurzeln), Hyperforin (Johanniskraut), 3-O-Acetyl-11-keto-ß-boswelliasäure (Weihrauchextrakt in vitro). Mittels der 5-Lipoxygenase entstehen aus körpereigener Arachidonsäure Leukotriene, die unter anderem allergische und entzündliche Reaktionen auslösen.
  • Antibakterielle Stoffe wie Azelainsäure ≤ 1% (im Getreide vorkommend), die in diesem Fall speziell das Wachstum von anaerob lebenden Keimen hemmt.
  • Protease-Inhibitoren – Boswelliasäuren (Weihrauchextrakt in vivo) inhibieren Proteasen.
  • Makrophagen-aktivierende Stoffe – Phosphatidylserin (Soja, körpereigen) aktivieren das Immunsystem.

Beispiele für regenerative Wirkstoffe

  • Retinoide, die u. a. Wachstumsfaktoren stimulieren: Vitamin A (Retinol) und Ester, Retinal (Aldehyd), Provitamin A (β-Carotin und Carotinoide). Ein wirksamer Metabolit ist die in der Kosmetik verbotene Vitamin A-Säure (INN: Tretinoin). Anwendungen: Hautglättung, unreine Haut (Akne). Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt die Beschränkung auf das Gesicht.
  • Vitamin B-Reihe – unter anderem Stimulation von Wachstumsfaktoren. Beispiele: Vitamin B3 (Niacinamid: antientzündlich bei unreiner Haut bzw. Akne), Provitamin B5 (D-Panthenol: irritierte Haut, Wundsein).
  • Vitamin E verbessert die Epithelisierung und das Feuchthaltevermögen der Haut.
  • Sphingosin-1-phosphat – Hemmung der Keratinozyten-Proliferation: Hautpflege bei Schuppenflechte.
  • Zinksalze (≤ 1%) – sind an der Bildung von Oxidoreduktasen wie der Superoxiddismutase (SOD) beteiligt.
  • Isoflavonoide – Phytohormone, Bindung an lokale Östrogen-Rezeptoren.
  • Gamma-Linolensäure – bei Delta-6-Desaturase-Enzymdefekten (atopische Haut).
  • Wachstumsfaktoren & Botenstoffe – verschiedene Peptidstrukturen.
  • In die Kategorie überwiegend temporär wirksamer Stoffe fallen faltenreduzierende Oligopeptide, Spilanthol [(2E,6Z,8E)-N-(2-Methylpropyl)-2,6,8-decatrienamid], Hyaluronsäure sowie hautstraffende Extrakte und Wirkstoffe wie Centella asiatica, Kigelia-Extrakt, Saponine, N-Acetyl-Glucosamin. Sie sind häufige Vertreter in Produkten, die mit "Anti-Aging" beworben werden.

Beispiele für schützende Wirkstoffe

  • Barriereaktive Komponenten wie langkettige Fettsäuren, Cholesterin und Phytosterine, Ceramide, hydriertes Phosphatidylcholin (PC-H), Squalan/Squalen. Darüber hinaus weitere Lipide in Form von Triglyceriden und Wachsestern. Bemerkung: Der Lipidgehalt von Cremes ist heute immer noch ein wichtiges Kriterium unter Dermatologen und Kosmetikern. Ohne Kenntnis der Art und Konzentration der verwendeten Emulgatoren ist die Angabe jedoch wertlos, da der mit ihnen verbundene Auswascheffekt nicht abgeschätzt werden kann.
  • Linolsäure – Ceramid-I-Substrat (wichtig für die Elastizität der Hautbarriere).
  • Moisturizer wie Glycerin, Glykole, Harnstoff, Aminosäuren des NMF, Mineralsalze und oberflächlich wirkende filmbildende, aber wasserdampfdurchlässige Polysaccharide wie Hyaluronsäure, Alginate und Cellulose-Derivate. Aminosäuren des Natural Moisturizing Factor (NMF) sind natürliche Radikalfänger
  • UV-Filter wandeln Strahlung in Wärme um. Sie gehören in vielen Ländern zur "Medical Skin Care" und unterliegen dort besonders intensiven Prüfungen. Sonnenschutzfaktoren sind so zu bemessen, dass sie die Strahlung unschädlich machen, die nicht vom Melanin eliminiert wird. Damit ist gewährleistet, dass immer noch in geringem Maße die Melaninbildung angeregt und Vitamin D gebildet wird. Zusätzliche Antioxidantien in Sonnenschutzprodukten sind für die Melaninbildung kontraproduktiv, davon abgesehen, dass sie unter Bestrahlung sehr kurzlebig sind und in höheren Konzentrationen die Radikalkettenbildung unterstützen.
  • Antioxidantien: Vitamine A, E, C, Isoflavonoide, Polyphenole und Derivate in angemessenen (!) Konzentrationen. Starke Antioxidantien sind dann kontraproduktiv, wenn Heilungs- und Pigmentierungsprozesse vorliegen, die durchweg radikalisch (!) verlaufen.
  • Tyrosinase-Hemmer unterbinden die Melaninbildung – häufig Antioxidantien, die gegen Hyperpigmentierung eingesetzt werden. Liposomales Ascorbylphosphat (alias Vitamin C-phosphat) in der Konzentration von ≤ 1% hemmt effektiv die Pigmentierung bei Laser-Behandlungen und fördert die Kollagen-Bildung.
  • Tranexamsäure (≤ 2%) stabilisiert oberflächliche Gefäße (Rosacea, Rötungen) und hemmt die Melaninbildung. Sie ist bei asiatischer Haut mit makellos weißem Erscheinungsbild besonders beliebt.

Wesentliche Elemente bei der Anwendung von Wirkstoffen sind die Hautdiagnose mit entsprechenden Sonden, Kamera und Aufnahme der Kunden-Historie, die Behandlung durch Reduzierung von Wirkstoffen auf das individuell notwendige, die Fokussierung auf Kausalität (Ursache & Wirkung) und adäquate Dosierungen sowie die Verträglichkeit der Endprodukte. Dabei ist die Frage irrelevant, ob eine Komponente aus der Natur oder der Synthese stammt.
Wichtig sind Komponenten-Reinheit, physiologische Kompatibilität, bekannter & unkritischer Metabolismus (ohne Langzeitnebenwirkungen) und die Mikrobiom-Kompatibilität.
Wenn, was nicht selten ist, die nachhaltige, präventive Hautpflege begleitend zu einer Therapie oder anschließend an eine Therapie erfolgen soll, ist es ratsam Pharmakopöe- bzw. ApoBetrO-gerechte Basiscremes zu verwenden, die einen Systemwechsel vermeiden. Dadurch wird eine hohe Therapietreue und eine optimale indikationsbegleitende Pflege gewährleistet.
Die pharmazeutischen (Therapie) und kosmetischen Wirkstoffe (Pflege) kann man aufeinander abstimmen Modulare Systeme erlauben das Einarbeiten von Arzneistoffen (Apotheke) und kosmetischen Wirkstoffkonzentraten (Kosmetikinstitute) in die Basiscremes.

Anti-Pollution

Neuerdings propagierte Wirkstoffe gegen partikuläre Umweltverunreinigungen ("Anti-Pollution") haben nur einen geringen Nutzen. Effektiver gewerblicher Hautschutz, die Hautpflege mit barriereaktiven, nicht okklusiven Komponenten, die moderate antioxidative Wirkung von Aminosäuren (NMF) und eine milde Hautreinigung (Tenside mit niedriger CMC) sind völlig ausreichend. Die Belastungen durch max. 10 µm ("PM10") und 2,5 µm große, Alveolen-gängigige Partikel ("PM2,5") sind in Deutschland seit Jahren rückläufig.

    
Literatur:

Lautenschläger H, Die Haut und ihre Pflege – Physiologie und Chemie im Einklang? Chemie in unserer Zeit 2021, 55 (5), 306-319; Copyright © 2021 Wiley-VCH GmbH; Reproduced with permission

Lautenschläger H, Sein oder Schein? – Was wirklich wirkt: Cosmeceuticals, Placebos & Co., Beauty Forum 2019 (4), 66-67 und (5), 54-55

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Beauty Forum
2022 (12), 48-50

 
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