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Trend zu physiologischen Inhaltsstoffen – Phosphatidylserin in der Hautpflege*)

 

Wohin bewegt sich die Hautpflege in der Zukunft? Vor dem Hintergrund der Eigenschaften eines kosmetischen Wirkstoffs aus der Gruppe der Phospholipide werden die wesentlichen Aspekte erläutert.

 

Die Hautpflege verzeichnet gegenwärtig zwei Entwicklungen. Zum einen ist die Abkehr von hautbelastenden Hilfsstoffen und der zunehmende Einsatz physiologischer Inhaltsstoffe festzustellen, das heißt von Stoffen, die körpereigen sind oder körperlich ohne Nebenwirkungen verstoffwechselt werden. Zum andern ist ein besonderes Augenmerk auf das Harmonieren der Einzelstoffe und der Gesamtzusammensetzungen mit dem Hautmikrobiom gerichtet. Phosphatidylserin – eine schon lange bekannte Komponente aus der Gruppe der Phospholipide – etabliert sich in der Hautpflege und wird beiden Entwicklungen gerecht.

Phospholipide

Phospholipide (Abbildung 1) sind essenzielle Bestandteile der Zellstrukturen lebender Organismen. Sie bilden sowohl die zellumspannenden Membranen als auch die intrazelluläre Matrix für viele Stoffwechselvorgänge. Ihre Anteile im erwachsenen, menschlichen Körper betragen [1]:

  • Phosphatidylcholin (PC): 45-55%
  • Phosphatidylethanolamin (PE): 15-25%
  • Phosphatidylinositol (PI): 10-15%
  • Phosphatidylserin (PS): 5-10%
  • Phosphatidsäure (PA): 1-2%

Chemische Strukturen von Phospholipiden
Abb. 1: Chemische Strukturen von Phospholipiden (R1, R2: Fettsäurereste)

Phosphatidylserin

Das Phosphatidylserin (PS) nimmt eine Sonderstellung ein. Seine Gesamtmenge im Körper beträgt durchschnittlich rund 60 g. Davon befindet sich etwa die Hälfte allein im Zentralnervensystem. Studien deuten bei oraler Aufnahme auf eine Steigerung der Leistung des Gedächtnisses und Lernvermögens hin [2, 3] – folglich wird Phosphatidylserin auch als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Höhere Konzentrationen kommen in Kaltwasserfischen wie Hering und Makrele vor [4].
Phosphatidylserin ist ein Bestandteil des Lecithins, das als Nebenprodukt bei der Gewinnung fetter Öle aus Soja, Sonnenblume und anderen Ölpflanzen anfällt. Durch Extraktion aus dem Lecithin erhält man PS-angereicherte Fraktionen, beispielsweise Produkte mit einem Gehalt von 50-70% Phosphatidylserin; der Rest besteht aus anderen Phospholipiden. Phosphatidylserin aus Soja wird von der FDA als GRAS (Generally Recognized As Safe) eingestuft.
Im Unterschied zum Phosphatidylcholin, dem typischen Baustein von Liposomen und flüssiger, biologisch abbaubarer Nanodispersionen sowie lamellarer Cremestrukturen (aus hydriertem Phosphatidylcholin) [5], ist Phosphatidylserin in der Summe ein negativ geladenes, also anionisches Phospholipid (Abbildung 2). In wässriger Umgebung hat es in Verbindung mit einem positiv geladenen Oxonium-Ion (H3O+) formal die Eigenschaften einer Säure (Abbildung 1).

Anionischer Charakter des Phosphatidylserins
Abb. 2: Anionischer Charakter des Phosphatidylserins (R1, R2: Fettsäurereste)

Wie beim Lecithin mit seinen hohen Anteilen anionischer Phospholipide (PI, PS, PA) lassen sich aus Phosphatidylserin keine zellförmige Liposomen oder lamellaren Strukturen analog dem Phosphatidylcholin bilden – mit Ausnahme spezieller Zusammensetzungen [6,7].
In dieses Bild passt das Verhalten des Phosphatidylserins beim programmierten Zelltod (Apoptose): Phosphatidylserin wandert in diesem Fall von seinem Platz an der Innenseite der Zellmembran an die Zelloberfläche und dient dort als Signal für die Makrophagen, die betreffende Zelle aufzulösen und zu verdauen [8].

Serin

Alle Phospholipide enthalten langkettige, in der Mehrzahl essenzielle Fettsäuren (R1-COOH, R2-COOH), die in Form von Estern an Glycerin gebunden sind (Abbildung 1) [9]. Darunter spielen Linolsäure (Omega-6, zweifach ungesättigt) und α-Linolensäure (Omega-3, dreifach ungesättigt) und deren Metabolite in den Organismen eine wichtige Rolle. Aus ihnen werden bei oraler Aufnahme unter anderem lokale Hormone wie Prostaglandine, Thromboxane, Prostacycline sowie Leukotriene gebildet, um nur die wichtigsten zu nennen.
Der darüber hinaus im Phosphatidylserin gebundenen Aminosäure Serin kommt eine zentrale Rolle im Aufbau von Proteinstrukturen zu. Historisch ist der Name Serin mit der Seidenherstellung verbunden. Bei der Verarbeitung von Rohseide wird das sogenannte Sericin entfernt, in dem Serin reichlich vorkommt.
Neben dem Vorkommen in Proteinen wie etwa dem Kollagen befindet sich Serin im katalytisch wirksamen Zentrum spezieller Proteasen, also Enzymen, die Proteine abbauen. Zu diesen Serinproteasen gehören beispielsweise Trypsin (Verdauung) und Thrombin (Blutgerinnung).

Mediator

Einerseits aktiviert Phosphatidylserin wie beschrieben die Makrophagen, andererseits werden bei diesem Prozess entzündungsauslösende Botenstoffe wie die Zytokine unterdrückt und TGF-ß (Transforming Growth Factor) sowie Prostaglandin E2 gebildet [10]. Auch bei äußerlichen Verletzungen tritt Phosphatidylserin vermehrt auf den Zelloberflächen auf und aktiviert die Koagulation und den Heilungsprozess. Die entzündungshemmende Wirkung lässt sich in-vivo anhand des Rattenpfotenödems nachweisen [11].

Hautglättung

Während Liposomen und Nanodispersionen auf Phosphatidylcholin-Basis spontan mit den Lipiddoppelschichten der Hautbarriere fusionieren, deren Phasenumwandlungstemperatur senken und damit die Penetration und gegebenenfalls auch Permeation mitgeführter Wirkstoffe erleichtern, haften wässrige, biologisch abbaubare Nanodispersionen mit Phosphatidylserin an der äußeren Hautoberfläche. Ähnlich verhält sich Phosphatidylserin an künstlicher Haut [12].
Die Herstellung stabiler PS-Dispersionen gelingt praktisch nur zusammen mit einer vergleichsweise hohen Konzentration an Phosphatidylcholin. Die sich daraus ergebenen Lotionen lassen sich ähnlich wie Wasser gut verteilen und sind vor allem für die Pflege erythematöser, ekzematischer und atopischer Haut geeignet. Die Affinität des Phosphatidylserins zu den Korneozyten-Oberflächen äußert sich in Form einer langanhaltenden Hautglättung.

Unterstützung der Hautbarriere

Die kritische Mizellbildungskonzentration (CMC), z. B. des Didecanoylphosphatidylserins, beträgt 0.096 mM [13] und weist Phosphatidylserin als anionischen Emulgator aus. Anionische Emulgatoren fallen in der Regel nach ihrer Verwendung in Pflegecremes durch einen Auswascheffekt auf, d. h. bei einer darauffolgenden Hautreinigung werden die Emulgatoren durch Wasser erneut aktiviert und transportieren bei dieser Gelegenheit Fett- und Barrierestoffe aus der Haut heraus. Dieser Negativeffekt der synthetischen anionischen Emulgatoren fehlt dem Phosphatidylserin völlig.
Die essenziellen Fettsäuren des Phosphatidylserins bilden analog zum Phosphatidylcholin entzündungshemmende Metaboliten, indem sie durch die Phospholipasen A1 und A2 abgespalten und in der Haut durch die 15-Lipoxygenase (15-LOX) oxidiert werden. Die Linolsäure-Anteile des Phosphatidylserins und des Phosphatidylcholins bilden darüber hinaus ein Substrat für das linolsäurehaltige Ceramid I (alias Ceramide EOS) und unterstützen so die Barrierefunktion der Lipiddoppelschichten, stabilisieren den transepidermalen Wasserverlust (TEWL) auf einem physiologischen Niveau und tragen zum Feuchthaltevermögen des Stratum corneums bei. In der Summe ergibt sich eine ausgeprägte Regenerationswirkung.

Emulsionen

Von einem anionischen Emulgator erwartet man Öl-in-Wasser-Emulsionen (O/W). Die geometrische Anordnung der Ladungsträger im Phosphatidylserin-Molekül führt jedoch zu Wasser-in-Öl-Emulsionen (W/O), die generell ein reichhaltigeres Gefühl auf der Haut hinterlassen – noch verstärkt durch die erwähnte Oberflächenhaftung. Phosphatidylserin-Emulsionen lassen sich allerdings weniger gut stabilisieren – will man in einer physiologischen Zusammensetzung auf zusätzliche Hilfsstoffe ganz verzichten. Deswegen arbeitet man in der Praxis eher mit den erwähnten biologisch abbaubaren Nanodispersionen, die neben Phosphatidylserin Phosphatidylcholin zusammen mit Fett- und Wirkstoffen enthalten. Sie zeichnen sich durch kleine Partikelgrößen und einen hohen Wassergehalt aus.

Oleogele

Alternativ zu den wässrigen Nanodispersionen bieten sich wasserfreie Oleogele alias Lipogele an. Physiologische, biologisch abbaubare Oleogele basieren auf Triglyceriden, Wachsen und strukturbildenden Komponenten, wie sie auch in den Lipiddoppelschichten der Hautbarriere vorkommen – etwa langkettige Fettsäuren, Cholesterin oder dessen verwandte Phytosterine (beispielsweise in Sheabutter enthalten) [14]. In Oleogelen spielt der anionische Charakter des Phosphatidylserins naturgemäß keine Rolle. Es sind kosmetische und/oder pharmazeutische Zusammensetzungen möglich, die praktisch auf jede Hautkondition oder medizinische Indikation eingestellt werden können. Als Penetrationsverstärker wird wie bei Liposomen und Nanodispersionen Phosphatidylcholin hinzugefügt.
Die den Oleogelen fehlende Wasserphase macht viele kontraproduktive Komponenten wie Konservierungsstoffe, Emulgatoren (alias Tenside), Komplexbildner und Alkohole (Lösemittel) überflüssig. Es liegt in der Natur von Phosphatidylserin und Phosphatidylcholin, bis zu einem gewissen Grad auch polare und hydrophile Wirkstoffe – wie etwa Harnstoff – in der lipophilen Matrix zu stabilisieren. Höhere Konzentrationen lassen sich insbesondere in pharmazeutischen Zubereitungen durch mikronisierte Wirkstoffe realisieren.
Bei Oleogelen entfällt die oberflächliche Aufkonzentration wasserlöslicher Inhaltsstoffe, wenn das in den Emulsionen enthaltene Wasser auf der Haut verdunstet. Die dadurch häufig entstehenden hypertonen Verhältnisse führen bekanntlich insbesondere bei O/W-Emulsionen und empfindlicher Haut leicht zu temporären, aber harmlosen Irritationen (Rötungen, Brennen). Ein entscheidender Vorteil der Oleogele für topisch-medizinische Präparate ist die für Arzneimittel geforderte hohe physikalische und chemische Stabilität bei der Herstellung zähflüssiger bis halbfester Zubereitungen, darunter auch Salben und Zäpfchen. Als Träger für Arzneimittel eignen sich im Übrigen auch nanoskalige Cochleate, unter denen man röhrenförmige Strukturen versteht, die sich aus Phosphatidylserin und Calcium-Ionen bilden [15].

Mikrobiom-Kompatibilität

Während sich konventionelle Oleogele aus Paraffinen dauerhaft okklusiv verhalten, sind Triglyceride und Phospholipide enthaltende Oleogele höchstes temporär okklusiv. Dafür gibt es einen einfachen Grund. Ebenso wie die Epidermis ist das dermale Mikrobiom in seiner Diversität mit Vertretern aller Enzymklassen ausgestattet und zu vielen biochemischen Reaktionen befähigt: [16]

  • Oxidoreduktasen führen Oxidationen und Reduktionen aus.
  • Transferasen übertragen funktionelle Gruppen von einem Stoff auf einen anderen. Sie sind unter anderem am Abbau von Fettsäuren durch β-Oxidation beteiligt.
  • Hydrolasen zerlegen Moleküle mit Wasser, z. B. Triglyceride in Glycerin und Säuren.
  • Lyasen spalten Bindungen oder ganze Moleküle.
  • Isomerasen ändern den sterischen Aufbau von Molekülen.
  • Ligasen verknüpfen zwei Moleküle miteinander.

Die Enzyme gestatten selbst den Abbau größerer Moleküle. Das gilt auch für Triglyceride und das native Phosphatidylserin (> 800 Dalton). Da das Mikrobiom an die Epidermis adaptiert ist, werden kontraproduktive Störungen durch die Verwendung physiologisch abbaubarer Komponenten in Hautpflegemitteln und Salben weitgehend vermieden – vorausgesetzt auch die Konzentrationen befinden sich in einem verträglichen Bereich. So sind beispielsweise sehr hohe Konzentrationen von Antioxidantien wie etwa Ascorbinsäure (Vitamin C) für das Mikrobiom eher kontraproduktiv, da die für den Säuremantel wichtige Oxidation und Bildung von Fettsäuren behindert wird.
Phosphatidylserin und die mit ihm hergestellten Oleogele erfüllen die Bedingungen der Mikrobiomkompatibilität, während auf Paraffinen basierende pharmazeutische Oleogele und Basiscremes durch ihre lang andauernde okklusive Wirkung das Wachstum von Populationen anaerober Mikroorganismen fördern, die beispielsweise bei perioraler Dermatitis oder Rosacea zu einer erhöhten Anfälligkeit für Entzündungen und Rezidiven führen.

Anwendungen

Oleogele sind sparsam anzuwenden, da die Konzentration an Lipiden etwa 3-4-mal so hoch ist im Vergleich zu den meistens verwendeten O/W-Emulsionen – ein Umstand, der für die Verwender in der täglichen Hautpflege meist ungewohnt ist. Phosphatidylserin-Oleogele sind im Übrigen aufgrund der oben beschriebenen Hautglättung gut für Massagen geeignet. Hinsichtlich weiterer vielfältiger, hier nicht aufgeführter Eigenschaften von Phosphatidylserin sei an dieser Stelle auf die Übersicht in einer Dissertation der Universität Halle hinzuweisen. [17]

Fazit

Wie im Nahrungsmittelbereich gibt es in der Hautpflege verschiedene Strömungen, die auf die Herkunft der einzelnen Komponenten Wert legen. Dabei spielen positiv besetzte Begriffe wie Naturkosmetik, Biokosmetik und biologische Abbaubarkeit auf der einen Seite und synthetische ("chemische") Inhaltsstoffe auf der anderen Seite eine Rolle. Abgesehen davon, dass sich die Werbung häufig nicht korrekt verhält, und den einen oder anderen Aspekt besonders betont, beispielsweise auf die verwendeten Hilfsstoffe in den Präparaten so gut wie nicht eingeht und die Natur bekanntlich wie die Chemieindustrie viele Substanzen bereithält, die allergisch oder irritativ wirken, gehen diese Begriffe am Kern der Hautpflege vorbei.
Für die nachhaltige Hautpflege ist wesentlich, dass durch ihre Anwendung eine gute Hautkondition erreicht wird, aber Langzeitnebenwirkungen ausbleiben. Dabei ist die Herkunft der verwendeten Stoffe unerheblich. Die physiologische Kompatibilität ist das wichtigste Kriterium, das heißt die Gesamtheit der Ingredienzen fügt sich nahtlos in die biochemischen Verhältnisse von Haut und Mikrobiom ein. Phosphatidylserin ist eine Komponente, die diesen Anforderungen entspricht.

Begriffe und Abkürzungen

Atopische Haut – Auf unterschiedliche endogene und exogene Faktoren immer wieder schubweise mit Rötungen, Schuppungen, Juckreiz oder Entzündungen reagierende, empfindliche Haut – häufig synonym als Neurodermitis oder atopisches Ekzem bezeichnet.
Ceramide – sind eine vielfältige Familie von Amiden, die aus der Acylierung des Aminoalkohols Sphingosin mit langkettigen, teils funktionalisierten Fettsäuren resultieren. Das Ceramid I bildet zusammen mit Cholesterin und langkettigen Fettsäuren wie Palmitinsäure die Lipiddoppelschichten (Bilayer) der Hautbarriere.
CMC – Die CMC gibt die Konzentration eines Stoffes in Wasser an, ab der Agglomerate in Form von Mizellen gebildet werden. Durch die symmetrische Anordnung der Ladungsverteilung besitzen sie meist eine Kugelform. Wenn die Ladungen und die Geometrie der Moleküle es zulassen, können wie beim Phosphatidylcholin auch Liposomen und lamellare Strukturen entstehen.
Ekzem – Entzündliche Hautreaktion, meist ausgelöst durch externe (Arbeits-)Stoffe mit allergener oder irritativer Wirkung. Häufig chronisch, beispielsweise durch immer wiederkehrenden Kontakt mit wässrigen Medien, die geringe Mengen an Detergenzien (Spülmittel) enthalten und auf Dauer die Hautbarriere schädigen.
Erythem – Hautreizungen unterschiedlicher Genese, die eine Hautrötung erzeugen. Beispiel: Sonnenerythem
Hautbelastende Hilfsstoffe – Als Hilfsstoffe in Hautpflegemitteln dienen Emulgatoren, Konsistenzmittel, Konservierungsstoffe, Antioxidantien, Komplexbildner, Duftstoffe, Farbstoffe und Pigmente. Konservierungsstoffe und viele Duftstoffkomponenten zeichnen sich durch allergene oder irritierende Eigenschaften aus. Biologisch nicht abbaubare Öl-in-Wasser-Emulgatoren (W/O) verursachen das Auswaschen von Hautbarrierestoffen bei der Hautreinigung. Antioxidantien und Komplexbildner beeinflussen die Oxidoreduktasen des dermalen Mikrobioms und der Epidermis.
Korneozyten – ist die Bezeichnung für die an der Hautoberfläche befindlichen Hornzellen. Sie sind Bestandteil der äußere Hautbarriere (Stratum corneum).
Lecithin – Das bei der Extraktion von Ölsaaten anfallende Rohöl enthält Phospholipide, Glykolipide, Sterine, freie Fettsäuren und Kohlenhydrate, die als wässriger, auch noch Triglyceride enthaltener Schlamm (Rohlecithin) abgetrennt und getrocknet werden. Aus dem Rohlecithin wird durch Entölung und weitere Reinigungsverfahren Reinlecithin in Form braun-gelber Granulate gewonnen. Der weitaus größte Teil des Lecithins stammt aus der Produktion von Soja-Öl und wird als Lebensmittel-Emulgator weiterverarbeitet. Eine geringe Menge wird aus Hühnereiern gewonnen (Ei-Lecithin); die Phospholipide des Ei-Lecithins unterscheiden sich von den pflanzlichen Phospholipiden hinsichtlich ihrer Fettsäurebesetzung am Glycerin.
Liposomen – ähneln physikalisch und chemisch in ihrer Größe und dem Aufbau ihrer doppelschichtigen Membranen (Bilayer) den Zellen lebender Organismen.
Okklusivität – okklusive Hautpflegemittel oder topische Arzneimittel bilden auf der Haut einen oberflächlichen Film, der für Wasserdampf und Sauerstoff undurchlässig ist und diesbezüglich vergleichbare Eigenschaften wie ein medizinisches Klebeband (Pflaster) hat.
Rattenpfotenödem – Es handelt sich dabei um einen in-vivo-Test, bei dem durch Injektion von Carrageen oder anderen Substanzen in die Rattenpfote eine Entzündung provoziert wird [18].
TEWL – transepidermaler Wasserverlust.

Zusammenfassung

Verfügbarkeit, Wirkung und Verträglichkeit von Inhaltsstoffen kosmetischer Präparate und topisch-pharmazeutischer Zubereitungen spiegeln die Kooperation von Epidermis und Mikrobiom der Haut wider. Physiologische Komponenten in angemessenen Dosierungen bieten daher die beste Voraussetzung für nebenwirkungsfreie (Langzeit-)Anwendungen.
Wasser enthaltende Hautpflegemittel, dazu gehören unter anderem Öl-in-Wasser- (O/W) und Wasser-in-Öl- (W/O) Emulsionen, erfordern Hilfsstoffe, um die mikrobiologische, physikalische und chemische Stabilität der Produkte sicherzustellen. Hilfsstoffe belasten sowohl Haut als auch Mikrobiom.
Wasserfreie Oleogele aus physiologisch kompatiblen und biologisch abbaubaren Komponenten kommen weitgehend ohne Hilfsstoffe aus. Phosphatidylserin, ein physiologischer Bestandteil pflanzlicher und humaner Zellmembranen, ist für die Mikrobiom-kompatible kosmetische und indikationsbegleitende Hautpflege geeignet.

Literatur

[1] P. van Hoogevest, Phospholipids – Properties, manufacturing and use, 5th International Symposium on Phospholipids in Pharmaceutical Research, Heidelberg 2017.
[2] H-Y. Kim, B. X. Huang und A. A. Spector, Phosphatidylserine in the Brain: Metabolism and Function, Progress in Lipid Research 2014, 56, 1-18. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4258547/, abgerufen am 6.7.2023.
[3] H. Dannert, Einfluss von Phosphatidylserin auf den durch Glycolipidtransferprotein katalysierten Gluco- und Galactocerebrosidtransfer zwischen Liposomen, Dissertation Eberhard-Karls-Universität Tübingen 2005, S. 11-14. https://bibliographie.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/44743/pdf/Doktorarbeit_Hans_8112005_Druckversion.pdf?sequence=1, abgerufen am 6.7.2023.
[4] S. W. Souci, E. Fachmann und H. Kraut, Food Composition and Nutrition Tables, Medpharm Scientific Publishers Stuttgart 2008.
[5] H. Lautenschläger, Cosmeceuticals – Phospholipide, medical Beauty Forum 2018, 2, 14-18.
[6] M. Babincová und E. Machová, Dextran Enhances Calcium-Induced Aggregation of Phosphatidylserine Liposomes: Possible Implications for Exocytosis, Physiol. Res. 1999, 48, 319-321.
[7] F. Miere et al., Preparation and Characterization of Two Different Liposomal Formulations with Bioactive Natural Extract for Multiple Applications, Processes 2021, 9, 432 (https://doi.org/10.3390/pr9030432).
[8] R. B. Birge et al., Phosphatidylserine is a global immunosuppressive signal in efferocytosis, infectious disease, and cancer, Cell Death and Differentation 2016, 23, 962-978.
[9] Aus Soja isoliertes Phosphatidylserin enthält ca. 60% mehrfach ungesättigte Fettsäuren, etwa 20% einfach- und ungefähr 20% gesättigte Fettsäuren (Datenblatt PS P 70 vom 17.8.2015, Lipoid GmbH, Frigenstr. 4, D-67065 Ludwigshafen).
[10] P. M. Henson und D. L. Bratton, Antiinflammatory effects of apoptotic cells, The Journal of Clinical Investigation 2013, 123, 2773-2774.
[11] K. Mäder, M. Klein, S. Mauch, G. Ramos, U. Hofmann und A. Meister, Phosphatidylserine enriched phospholipids as anti-inflammatory agents, 5th International Symposium on Phospholipids in Pharmaceutical Research, Heidelberg 2017.
[12] S Zellmer, D. Reissig und J. Lasch, Reconstructed human skin as model for liposome-skin interaction, J Control Release 1998, 55, 271-279.
[13] Reproduzierbare CMC-Werte sind nur von synthetischen Phosphatidylserinen verfügbar. Das aus Lecithin gewonnene native Phosphatidylserin variiert hinsichtlich der Fettsäurebesetzung und enthält gegebenenfalls noch Beimengungen anderer Phospholipide. Der Wert des Didecanoylphosphatidylserins stammt von Avanti polar Lipids, https://avantilipids.com/tech-support/physical-properties/cmcs, abgerufen: 8.12.2022.
[14] H. Lautenschläger, Vorteile von Produkten ohne Wasser und Hilfsstoffe, Kosmetik International 2017, 6, 56-58.
[15] A. Lipa-Castro, F. X. Legrand und G. Barratt, Cochleate Drug Delivery systems: An Approach to their Characterisation. International Journal of Pharmaceutics 2021, 610, 121225 (https://doi.org/10.1016/j.ijpharm.2021.121225).
[16] H. Lautenschläger, Kooperation ist alles – Kosmetika und Hautmikrobiom, Medical by Beauty Forum 2022, 6, 8-11.
[17] M. E. Klein, Phosphatidylserin- (PS) und Phosphatidylglycerol- (PG) angereicherte nanoskalige Formulierungen als antiinflammatorische Agentien: Herstellung und umfassende Charakterisierung. Dissertation Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 8.4.2021.
[18] N. Shejawal, S. Menon und S. Shailajan, A simple, sensitive and accurate method for rat paw volume measurement and its expediency in preclinical animal studies, Human & Experimental Toxicology 2014, 33 (2), 123-129.

*) Veröffentlicht in: Hans Lautenschläger, Trend zu physiologischen Inhaltsstoffen – Phosphatidylserin in der Hautpflege, Chemie in unserer Zeit 2024, 58 (2), 93-97. Copyright © 2023 Wiley-VCH GmbH. Reproduced with permission. Final version: https://doi.org/10.1002/ciuz.202300005; first published: 11. August 2023.

 


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2024, 58 (5), 93-97
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