Säuglinge und Kleinkinder befinden sich in der Aufsicht der Eltern, während die Älteren erstmalig Zeiten außer Haus, u. a. auf dem Spielplatz und beim Sport, verbringen. Sie sind naturgemäß nicht so weit wie die Jugendlichen, um selbst Entscheidungen zu treffen. Was müssen ihnen die Eltern mit auf den Weg geben?
Hautreinigung
Rückblickend auf die eigene Kindheit haben es die Eltern in der Nachkriegszeit mit der Pflege noch nicht so genau genommen, wie es derzeit üblich ist. Die Hauptsache war die Hautreinigung. Und so ist es auch heute noch. Allerdings haben sich die Präparate grundlegend verändert. Die alkalischen Stückseifen sind den Flüssigseifen und Shampoos mit unterschiedlichen Zusammensetzungen gewichen. Ein wesentlicher Aspekt sind die darin eingesetzten alkalifreien Tenside, die ein geringeres Irritationspotenzial besitzen. Wie bei anderen Altersgruppen sind pH-hautneutrale, d. h. schwach sauer eingestellte Grundlagen empfehlenswert. Auch ohne Reinigungsgel oder Ganzkörper-Shampoo hat die Dusche einen hohen Spaßfaktor und schont die Hautbarriere. Darüber hinaus ist das hauteigene Selbstreinigungsprogramm bei Kindern mit Ausnahme des perianalen Bereichs viel effektiver als man denkt. Langer Aufenthalt in warmem Wasser, insbesondere in Gegenwart von Reinigungspräparaten, lässt die Kinderhaut allerdings leicht quellen und öffnet das Tor für Infektionen.
Atopische und trockene Haut
Die junge Haut regeneriert sich nach der Reinigung sehr schnell. Säure- und Lipidmantel werden durch die Aktivitäten der Talg- und Schweißdrüsen sowie des Mikrobioms nach wenigen Stunden wiederhergestellt. Creme und Lotionen sind daher nur in speziellen Situationen wie einer angeborenen atopischen oder trockenen Haut notwendig. In diesen Fällen eignen sich insbesondere wasserfreie Oleogele, wie sie auch bei Kleinkindern Verwendung finden. Sie sind sehr ergiebig und enthalten keine Wasserphase, die durch Additive stabilisiert werden muss. Ideal sind sie dann, wenn sie Barriere-Bestandteile der Haut wie Fettsäuren, Ceramide und Sterine in einer Triglycerid-Matrix enthalten. Entsprechend kommen Neutralöle aus Triglyceriden mittelkettiger, gesättigter Säuren oder Pflanzenöle in Frage. Wenn Pflanzenöle in Pflegeprodukten enthaltenen sind, ist generell zu beachten, dass die Haut nicht kurze Zeit nach der Applikation der Sonnenstrahlung ausgesetzt wird. Denn trotz Antioxidantien kommt es aufgrund der Anteile mehrfach ungesättigter essenzieller Fettsäuren wie Linolsäure, alpha- und gamma-Linolensäure leicht zur Bildung irritierender Peroxide.
Hautrötungen
Sollte es mal zu einem Sonnenerythem gekommen sein, sind jedoch gerade die essenziellen Fettsäuren und ihre Glyceride hervorragend zur Nachbehandlung geeignet, da sie über ein hohes entzündungshemmendes Potential verfügen. Leinöl und Kiwikernöl besitzen die höchsten Gehalte dieser Säuren. Wegen ihres öligen Charakters sind sie allerdings sehr unpraktisch. Aber in Nanodispersionen verpackt, verhalten sie sich wie wässrige Lotionen und ziehen sehr rasch in die Haut ein. Wenn das Kind mit einem heißen Gegenstand in Berührung gekommen ist, was in dem Alter erfahrungsgemäß leicht vorkommen kann, lässt sich mit diesen Präparaten auch das Entstehen von Blasen weitgehend unterbinden.
Lichtschutz
Eine der wichtigsten Aufgaben der kindlichen Hautpflege ist der Sonnenschutz. Anders als bei Kleinkindern, die nicht der vollen Sonne ausgesetzt sein dürfen, lässt sich eine Hautbelastung beim Spielen an der freien Luft nicht immer vermeiden. Das ist nicht schlimm, wenn die Haut von Beginn des Jahres mit der Strahlung konfrontiert ist und langsam mit der Veränderung des Sonnenstandes ihren eigenen Schutz durch die Bildung von Melanin aufbaut. Anders als in früheren Zeiten, in denen die Abenteuerspielplätze aus unbebauten Grundstücken bestanden, bewegen sich die Kinder heute jedoch mehr und länger in den Gebäuden. Dann ist die Haut schnell überfordert, wenn die Strahlung ungewohnt und intensiv ist. Es ist ein Schutz notwendig, der sich am lokalen UV-Index (UVI) orientiert, den man im Internet jederzeit abrufen kann. Die Konzentration der Lichtschutzfilter sollte idealerweise so bemessen sein, dass die eigene Melanin-Produktion nicht zum Erliegen kommt. Denn das Melanin ist naturgemäß der beste Schutz, den es gibt. Mit anderen Worten: Der höchstmögliche Lichtschutzfaktor ist nicht immer die beste Wahl. Antioxidantien sind in den Präparaten überflüssig, denn effektive Filter lassen erst gar keine Radikale entstehen. In den üblichen Einsatzkonzentrationen werden Antioxidantien darüber hinaus schnell abgebaut und inaktiviert. In hohen Konzentrationen erzeugen sie unter Bestrahlung selbst Radikale. In der Kombination mit Barriere-Bestandteilen ziehen Lichtschutzpräparate schnell ein und wirken gleichzeitig pflegend. Schnelles Einziehen ist wichtig, will man beim Herumtollen nicht überall Spuren hinterlassen. Dabei stellt sich bei Kindern wie bei Erwachsenen immer wieder die Frage, ob rein präventiv eine Tagescreme mit Lichtschutzfilter aufgetragen werden sollte, selbst wenn sich die Kinder hauptsächlich im Haus, Kindergarten oder Schule befinden. Das ist zum Glück nicht nötig, auch wenn es das Marketing empfiehlt und Studien vor angeblich frühen Schäden warnen.
Empfindliche Haut
Statistiken zeigen eine erhöhte Sensibilität der kindlichen Haut gegenüber äußerlichen Einflüssen. Atopische Haut und Allergien kommen in diesem Alter immer häufiger vor. Das liegt nicht an unserer Umwelt, denn die ist eindeutig sauberer geworden, auch wenn es ständig anderslautende Sensationsmeldungen gibt. Denken wir allein zurück an den Ruß der Dampfeisenbahnen, das Blei aus den Verbrenner-Motoren, die Emissionen der Stahl- und der chemischen Industrie und die Smogwetterlagen. Die Ursachen der Empfindlichkeit sind heute eher kultureller Natur. Vor allem in den Städten ist der hygienische Standard so hoch, dass sich das Immunsystem der Kinder in den ersten Jahren nicht ausreichend entwickelt. Will sagen: Eltern sollten der Kinderhaut mehr zumuten, die Hygiene nicht auf die Spitze treiben und den Kindern in der Natur so oft wie möglich freien Lauf lassen. Wenn darüber hinaus Empfindlichkeiten auftreten, sind Hautdiagnostik und womöglich Tagebuchnotizen von Nutzen, die Gewohnheiten in der Hautpflege, der Ernährung und des Arzneimittelkonsums dokumentieren, um den Ursachen auf den Grund zu gehen. Selbst die Wasserhärte kann bei entsprechender Veranlagung einen großen Einfluss haben. Auch lohnt es, sich intensiver mit der INCI-Deklaration von Kosmetika zu beschäftigen.
Gesunde Hautflora
Und noch eins: Ein wichtiger Faktor ist eine intakte und gesunde Hautflora alias Haut-Mikrobiom, das aus einem Team unterschiedlicher Spezialisten besteht, die seit Jahrmillionen mit unserem Körper zusammenarbeiten. Daraus resultiert eine einfache Regel: Präparate und Ingredienzien, die dem Mikrobiom schaden, schaden auch unserer Haut. Meist geht es dabei um Hilfsstoffe (Additive) wie etwa Konservierungsstoffe. Umgekehrt kann man schließen, dass physiologisch verträgliche Stoffe dem Mikrobiom keinen Schaden zufügen – vorausgesetzt die Konzentrationen überschreiten keine physiologisch sinnvollen Grenzen.
Dr. Hans Lautenschläger |