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Zellteilung und Haut

 

Der Mensch ist ein hochfunktionelles Bauwerk aus durchschnittlich ca. 100 Billionen einzelner Zellen. Für die Aufrechterhaltung der körperlichen Funktionen befinden sie sich stetig in verschiedenen Phasen der Erneuerung. Im Laufe des Alterns kommt es zu Veränderungen innerhalb der Zellproliferation.

Der menschliche Körper besteht aus verschiedenen Zellarten, wie z. B. Muskelzellen, Nervenzellen und Hautzellen. Sie erneuern sich in unterschiedlichen Abständen. Die tägliche Zellerneuerung ist abhängig von der Anzahl der Zellen und ihrer Lebensdauer. Der durchschnittliche Mann im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, einem Gewicht von 70 kg und einer Größe von 1,70 m, hat im gesunden Zustand einen Gesamtumsatz von 330 ± 20 Milliarden Zellerneuerungen pro Tag. Den größten Teil davon machen die sich schnell teilenden Blut- und Darmzellen aus. Hautzellen reorganisieren sich langsamer. [1] Die Zellteilung findet im Stratum basale der Epidermis statt. Der Zyklus der Zellerneuerung benötigt hier ca. 4 Wochen. [2] Bezogen auf die Masse entsteht im Körper täglich insgesamt 80 ± 20 g neues Zellmaterial. [1]

Zellteilung

Bei der Zellteilung (Zytokinese) teilt sich die Mutterzelle durch Mitose in eine oder mehrere Tochterzellen, deren Genom (Erbgut) identisch ist. Anders ist es bei der Meiose, der geschlechtlichen Fortpflanzung innerhalb einer Art, die zwei unterschiedliche Genome zu einem neuen gemeinsamen vereint. Störungen bei der Zellteilung äußern sich unter anderem in unkontrolliertem Zellwachstum oder einer Tumorbildung. [3, 4]

Eukaryotische Mitose

Im Unterschied zu den prokaryotischen, d. h. kernlosen Zellen (altgriechisch: pro = vor und karyon = Kern) der Bakterien und Archaeen (einzellige Lebewesen) verfügen die eukaryotischen Zellen (altgriechisch: eu = richtig und karyon = Kern) der Menschen, Tiere, Pflanzen und Pilze über einen Zellkern (Nukleus), in dem der Großteil der zellulären Erbsubstanz in Form von Chromosomen hinterlegt ist. Chromosomen bestehen aus doppelhelikal aufgewickelten Nukleotiden – bekannt als DNS (Desoxyribonukleinsäure), engl.: DNA (deoxyribonucleic acid) [5] Die Mitose durchläuft verschiedene Phasen, in denen sich die im Zellkern befindlichen X-förmigen Chromosomen verdoppeln. Am Ende dieses komplexen Vorgangs liegen zwei Zellen mit identischem Erbmaterial vor. [3]

Telomere

An den Enden der Chromosomen befinden sich die Telomere (griechisch: télos = Ende und méros = Teil), die für die Stabilität und den Schutz der DNA zuständig sind. Sie bestehen wie die DNA aus Nukleotidsequenzen, enthalten aber keine relevanten Erbinformationen. Mit jeder Zell-Vervielfältigung werden sie kürzer, bis sie verbraucht sind. Die Zelle kann sich dann nicht mehr teilen und stellt ihre Funktionen ein. In Stamm- oder auch Krebszellen, sorgt eine hohe Aktivität des Enzyms Telomerase für die ständige Verlängerung der Telomere, so dass sich die Zellen weiter vermehren können. [3, 6]

Replikative Seneszenz

Zellen, deren Telomere durch eine fehlende Telomerase-Aktivität nicht erneuert werden, können nur eine bestimmte Anzahl von Zellteilungen durchführen. Dieses Phänomen nennt sich replikative Seneszenz (lat. senescere = altern). [7] Im optimalen Fall gelangt die Zelle, ab einer bestimmten Telomerlänge in den Status der sogenannten „Krise“ und leitet ihre Apoptose (programmierter Zelltod) ein. Durch Makrophagen (Fresszellen) werden die Zellreste abgebaut. [3] Es gibt jedoch Zellen, die die Apoptose unterdrücken können. Sie sind weiterhin metabolisch aktiv, aber teilungsunfähig. Diese in ihrer Funktion eingeschränkten Zellen verbleiben im Gewebe und sondern entzündungsfördernde Substanzen in ihre Umgebung ab. Man ordnet diese Zellen dem Seneszenz-assoziierten sekretorischen Phänotyp (SASP) zu. Sie sind befähigt, auch Nachbarzellen altern zu lassen. Das Immunsystem kann seneszente Zellen abtöten. In erkranktem und alterndem Gewebe häufen sie sich an. [8, 9]

Haut und Telomere

Bislang ist nicht bekannt, welche Rolle die Verkürzung der Telomere bei der Hautalterung spielt. Bei der Dyskeratosis congenita, einer viele Organe betreffenden Erbkrankheit mit charakteristischer Hautbeteiligung, konnten verkürzte Telomere gefunden werden. Erkrankte weisen häufig eine Nageldystrophie, verfrühte Ergrauung des Haares, Haarausfall und farbliche Veränderungen der Haut auf. Daraus wurde abgeleitet, dass die Erhaltung der Telomerlänge die Voraussetzung für das gesunde Hautgleichgewicht mit seinen Funktionen ist. [10]
Die Sensitivität der Telomere auf oxidativen Stress wurde ebenfalls bestätigt. Eine humane Fibroblastenkultur, die hyperoxischem Stress (Überangebot an Sauerstoff) ausgesetzt wurde, zeigte die gleiche Verkürzung der Telomerlänge, wie sie bei seneszenten Fibroblasten nachgewiesen wurde. [7]

Zelluläre Hautalterung

Die proinflammatorischen Botenstoffe der seneszenten Zellen können entzündliche Effloreszenzen erzeugen. Die zwischen Epidermis und Dermis liegende dermoepidermale Junktionszone (DEJ) flacht ab. Sie verhindert in der Jugend durch ihren sägezahnartigen Verbund aus Reteleisten und Verankerungsfibrillen ein Ablösen der Epidermis. Im Alter ist sie mechanisch leichter verletzbar. [11]
Die Zellneubildung der Haut verlangsamt sich, was bei Verletzungen eine länger andauernde Wundheilung zur Folge hat. [12]
Die interzellulare Lipidzusammensetzung verändert sich. Im Vergleich zur jugendlichen Haut ist der Lipidgehalt im gealterten Stratum corneum um mehr als 30% gesenkt. Für die intakte Hautbarriere ist ein gleichbleibendes Verhältnis von Cholesterol, freien Fettsäuren und Ceramiden notwendig. [13]
Der natürliche Feuchthaltefaktor der Haut (NMF) nimmt durch die reduzierte Synthese des Profilaggrin ab [11, 14, 15], da die Aminosäuren des NMF aus dem Abbau des Profilaggrin resultieren. Zusammen mit Harnstoff und weiteren Substanzen binden sie die Feuchtigkeit im Stratum corneum.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Länge der Telomere ist der Marker für das biologische Alter der Zellen. Die zelluläre Seneszenz und Apoptose sind tumorsuppressive Schutzvorkehrungen der Zelle. Die Vervielfältigung gendefekter Zellen wird verhindert. Die Zahl seneszenter Zellen nimmt in den Geweben sukzessive zu.
Die Forschung beschäftigt sich gegenwärtig mit der Möglichkeit, seneszente Zellen durch Senolytika (lat. senescere = altern und altgriech. lysis = das Auflösen) aus den Geweben zu entfernen und die damit verbundenen Entzündungsfaktoren zu reduzieren. [16]
Ein anderes Ziel könnte es sein, die Telomere durch die Aktivierung der Telomerase zu verlängern. Doch besteht dabei die Gefahr, durch diese unspezifische Herangehensweise auch präkanzeröse Zellen in ihrem Wachstum zu fördern. [17, 18]

Literatur

  1. R. Sender, R. Milo, Nature Medicine 2021 (27), 45-48
  2. I. Moll, Dermatologie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 978-3131266866
  3. W. Janning, E. Knust, Genetik: Allgemeine Genetik – Molekulare Genetik – Entwicklungsgenetik, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 978-3131287717
  4. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Referat für Gesundheitsforschung, Zellen außer Kontrolle – Erkenntnisse aus der Krebsforschung 2012, 11-12
  5. A. L. Lehninger, D. L. Nelson, M. M. Cox, Prinzipien der Biochemie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg-Berlin-Oxford 1994, ISBN 978-3860251065
  6. C. López-Otín et al., Cell 2013, 153 (6), 1194-1217
  7. G. Saretzki, T. von Zglinicki, Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 1999 (32), 69-758.
  8. M. Scudellari, Nature 2017 (550), 448-450
  9. B. G. Childs et al., EMBO reports 2014, 15 (11), 1139-1153
  10. E. M. Buckingham, A. J. Klingelhutz, Experimental Dermatology 2011, 20, 297-302
  11. P. Fritsch, Dermatologie und Venerologie: Lehrbuch und Atlas, Springer-Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3662217719
  12. E. Proksch, Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2015 (4), 1-7
  13. Z. Wang et al., Aging 2020, 12 (6), 5551-5565
  14. C. Bayerl, Pharmazeutische Zeitung 2017 (32), online
  15. A. V. Rawlings, C. R. Harding, Dermatologic Therapy 2004, 17, 43-48
  16. E. Dolgin, Nature Biotechnology 2020 (38), 1371-1377
  17. M. A. Shammas, Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care 2011, 14 (1), 28-34
  18. J. C. Eissenberg, Missouri Medicine 2013, 110 (1), 11-16

Anne Schieferecke



 
 
 
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Revision: 21.12.2021