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Verkapselte Inhaltsstoffe - was Trägersysteme können 

 

Liposomen und Nanopartikel haben aufgrund ihrer Zusammensetzung eine hohe Affinität zur Hornschicht. Verschiedene wasser- und öllösliche Wirkstoffe können mit Hilfe dieser Transportsysteme besser in die Haut penetrieren.

 

Vor allem, wenn es darum geht, besondere Wirkungen von Kosmetikproduktenzu erreichen und auszuloben, sind die Inhaltsstoffe ein zentrales Thema. Dabei spielt die (Transport-)Verpackung von Wirkstoffeneine große Rolle. Spricht man von einem verpackten oder verkapselten Wirkstoff, geht der Verbraucher im allgemeinen von einer besonders guten Wirkungsentfaltung der betreffenden geschützten Inhaltsstoffe aus. Hinsichtlich der Werbung kann selbst bei einem einfachen Wirkstoff eine interessante Story aufgebaut werden.
Eines der jüngeren Beispiele ist die Verkapselung des allgegenwärtigen Sauerstoffs in Nanopartikeln, um mit Hilfe einer erhöhten Sauerstoffkonzentration in der Haut die Mikrozirkulation und den Stoffwechsel anzuregen. Das Für und Wider dieses Sauerstofftransportes wurde in mehreren Ausgaben der Kosmetik International ausführlich und kontrovers diskutiert.

Geschützt und lange haltbar

Abgesehen von der werblichen Komponente sind Verkapselungen dann sinnvoll, wenn Wirkstoffe geschützt und länger haltbar gemacht werden sollen, wenn sie gut in die Hautpenetrieren, gleichmäßig verteilt und freigesetzt werden sollen.
Bei kosmetischen Präparaten sind insbesondere Vitamine oder Provitamine dazu prädestiniert, da sie in der Regel besonders empfindlich sind. So sind beispielsweise Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E und Coenzym Q10 Wirkstoffe, die im Zusammenhang mit dem Schutz der Haut vor freien Radikalen oder der Pflege der alternden Haut stehen. Diese Wirkstoffe werden häufig in Liposomen oder Nanopartikeln verkapselt.

Auf pharmazeutische Zubereitungen beschränkt

Andere Verkapselungsarten wie feste Nanopartikel, die ursprünglich aus durchgehärteten Protein- oder Peptid-Polymerisaten und pharmazeutischen Wirkstoffen bestanden, haben in der Kosmetik praktisch keinen Eingang gefunden. Diese Partikel, die ihre Wirkstoffe aus dem polymeren Netzwerk langsam an die Umgebung abgeben, sind historisch interessant, da in diesem Zusammenhang der Begriff "Nanopartikel" erstmalig geprägt wurde.
Vor einigen Jahren wurden wachsartige Lipid-Nanopartikel (Lipopearls) vorgestellt, die u. a. auch fettlösliche Wirkstoffe aufnehmen können, die aus den Wachsdispersionen langsam an die Haut abgegeben werden. Diese Partikel sind relativ kompliziert herzustellen und bieten gegenüber den auf dem Markt befindlichen Liposomen und Nanopartikeln mit Membranstruktur keine Vorteile. Dass ein zusätzlicher Hilfsstoff (Wachs) eingesetzt werden muss, wird eher als Nachteil betrachtet. Auch sogenannte Nano- oder Mikrokapseln sind praktisch auf den pharmazeutischen Sektor beschränkt.
In der Tat zeigt sich, dass in Liposomen und Nanopartikeln verkapselte Wirkstoffe sehr viel effektiver als die freien Wirkstoffe sind, wobei allerdings nicht nur der Wirkstoff selbst, sondern auch der Synergismus mit dem Kapselmaterial eine Rolle spielt.
Das Kapselmaterial der Liposomen sind Doppelmembranen (engl.: Bilayer) bzw. bei Nanopartikeln Einfachmembranen (engl.: Monolayer) eines Stoffs, der in der Natur zum Aufbau der Zell-Membranen aller Organismen benötigt wird. Dieser Naturstoff hat den schwer auszusprechenden Namen: Phosphatidylcholin.
Das membranbildende Phosphatidylcholin ist selbst ein sehr interessanter Wirkstoff, da es in chemisch gebundener Form zwei für den Körper und auch für die Haut essentielle Bestandteile enthält: Zum einen mehrfach ungesättigte Fettsäuren, vornehmlich Linolsäure, und zum anderen Cholin, ein Stoff, der zellschützende Funktionen hat. Bereits sogenannte Leerliposomen, d. h. Liposomen ohne eingekapselten Wirkstoff, haben z. B. eine hervorragende Wirkung bei Hautunreinheiten und leichten Akneformen.
Liposomen sind ein Transportmittel, das für wasserlösliche (z. B. Panthenol, NMF, Aminosäuren, Pflanzenextrakte, Mineralsalze) oder amphiphile Stoffe eingesetzt wird, die sich sowohl mit Wasser als auch mit Fetten verbinden können. Dies ist einleuchtend, da der Innenraum der Liposomen wässrig ist und die schmale Hülle wenig Raum für fettähnliche Stoffe bietet.

Elektronenmikroskop macht Unterschiede sichtbar

Der Kern von Nanopartikeln besteht aus einem Ölkörper. Der Ölkörper kann naturgemäß insbesondere öllösliche Wirkstoffe wie z. B. Vitamin E, Vitamin A, Carotin, Coenzym Q10, Nachkerzenöl, Weizenkeimöl, Sheabutter, Teebaumöl aufnehmen.
Liposomen und Nanopartikel sind etwa gleich groß und weder für das Auge noch unter dem Mikroskop sichtbar. Erst unter dem Elektronenmikroskop ist ihre Struktur zu erkennen. Größere Partikel verleihen den wässrigen Dispersionen ein opalisierendes oder milchiges Aussehen.
Apropos Milch: Natürliche Milch hat einen den Nanopartikeln sehr ähnlichen Aufbau, mit dem Unterschied, dass die Partikel größer sind und sich in der Außenhülle der Milchpartikel neben Phosphatidylcholin noch weitere Naturstoffe wie Proteine und Cholesterin befinden. Auch die Chylomikronen, die Nahrungsfette in den Blut- und Lymphbahnen transportieren, sind den Nanopartikeln sehr verwandt.
Beim Transport von eingekapselten Wirkstoffen ist zwischen Penetration und Permeation zu unterscheiden. Unter Penetration versteht man das Eindringen in die Hornschicht, unter Permeation das Durchdringen der gesamten Haut.
Dementsprechend ist für die Kosmetik die Penetration - verbunden mit einer Depotwirkung in der Hornschicht - der wichtigste Effekt, während die transdermale Permeation eher pharmazeutischen Anwendungen vorbehalten ist.

Gleichmäßige Freisetzung der kostbaren Ladung

Zunächst nur in die Hornschicht penetrierte Wirkstoffe werden jedoch langsam in tiefere, lebende Schichten der Epidermis freigesetzt, anders wären die Effekte verschiedener Wirkstoffe nicht zu erklären.
Die Freisetzung ist sehr gleichmäßig, ein Grund dafür, dass in Liposomen und Nanopartikeln verkapselte Wirkstoffe für die Haut sehr verträglich sind und in der Regel im Vergleich zu konventionellen Systemen niedriger dosiert werden können. Gemäß Kosmetikverordnung muss die Wirkung der eingekapselten Stoffe aber in jedem Fall auf die Haut beschränkt bleiben.
Die gute Verträglichkeit von Liposomen und Nanopartikeln hat jedoch noch eine weitere Ursache, die im physikalischen Aufbau der Hornschicht begründet ist. Die Hornschicht wird von Barriereschichten in Form von Doppelmembranen durchzogen, die sich zwischen den abgestorbenen Corneocyten befinden. Diese Doppelmembranen sind analog wie Zellmembranen und Liposomenmembranen aufgebaut. Die membranbildenden Stoffe der Barriereschichten, der Liposomen und Nanopartikel sind daher miteinander austauschbar.
So ist heute auch die penetrationsfördernde Wirkung von Liposomen auf eingekapselte Wirkstoffe weniger mit der eigentlichen Verkapselung zu erklären, sondern vielmehr durch die Tatsache, dass die Durchlässigkeit der Hautbarriereschichten durch Aufnahme der Liposomenmembranen erhöht wird. Der Fachmann spricht hier von einer Fluidisierung der Barriereschichten. Aus diesem Grund können nach der Applikation liposomaler Präparate die Wirkungen der Liposomenbestandteile festgestellt werden, aber Liposomen in intakter Form nicht mehr nachgewiesen werden. Pauschale Theorien über die Penetrationstiefe und die Penetrationswege der intakten, kugelförmigen Liposomen durch die Haut, wie sie häufig noch in der Werbung zu finden sind, sind daher überholt.
Die fluidisierende Eigenschaft von Liposomen und abgeschwächt der Nanopartikel sollte man in der kosmetischen Alltagspraxis kennen, da es z. B. bei der Kombinationsbehandlung von Liposomen mit anderen Präparaten zu Wirkungsverstärkungen oder auch zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen kann. Dazu zwei Beispiele: Bei der kosmetischen Behandlung mit einem hochkonzentrierten Liposomenpräparat und nachfolgend oder gleichzeitig mit einem Pflanzenextrakt, z. B. grünem Tee, wird man in der Regel feststellen, dass die belebende Wirkung des grünen Tees stärker ist im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit dem Pflanzenextrakt. Letztendlich ist dies ein positiver Effekt, da der Tee von vornherein niedriger dosiert werden kann bzw. die Wirkung insbesondere bei älterer Haut nachhaltiger ist.

Auf Konservierungsstoffe möglichst verzichten

Umgekehrt ist es aber unerwünscht, dass z. B. Konservierungsmittel oder Duftstoff-Komponenten bei Anwesenheit von Liposomen in stärkerem Maß die Barriereschichten passieren, da hierdurch die Gefahr von Sensibilisierungen erhöht wird.
Liposomen- und Nanopartikel-Präparate, die einen hohen Anteil an Membrankomponenten wie Phosphatidylcholin enthalten, sollten aus diesem Grund unkonserviert eingesetzt werden. Darüber hinaus sollte auch die Kombination mit konservierten Präparaten vermieden werden. Es wird zwar immer wieder behauptet, Kosmetika und Dermatika müssten aufgrund der möglichen Gesundheitsgefahren konserviert sein. Dies entspricht allerdings längst nicht mehr dem Stand der Technik.
In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass es im Markt immer mehr Cremes auf DMS-Basis (DMS = Derma Membrane Structure) gibt, deren Grundlage ebenfalls reich an Membranstoffen ist, wobei die Membranen in der Creme als Fragmente vorliegen. Wie Liposomen- und Nanopartikel-Dispersionen sind auch DMS-Cremes emulgatorfrei und können praktisch beliebig miteinander kombiniert werden.
Dies ist deshalb von Bedeutung, weil membranhaltige Präparate sehr empfindlich auf in konventionellen Präparaten enthaltene Emulgatoren reagieren und dabei die Membranen zerstört werden, was im übrigen auch bei der Einwirkung von Emulgatoren auf die Barrieremembranen der Hornschicht passiert.

Gute Hautverträglichkeit

Daher ist die Familie der Membranpräparate, bestehend aus Liposomen, Nanopartikeln, DMS, aufgrund ihrer besonderen Hautverträglichkeit zur Pflege der Problemhäute geradezu prädestiniert.
Zum einen lassen sich Wirkstoffe optimal nutzen, zum anderen bleibt die natürliche Bilayer-Struktur der Haut intakt, und last but not least kann in guten Formulierungen auf Problemstoffe wie Konservierungsmittel, Duftstoffe völlig verzichtet werden. Darüber hinaus entfalten die Membranstoffe eine eigene positive Wirkung hinsichtlich verschiedener Hautstörungen.
Wenn in den Anfängen der Liposomenpräparate mehr die Marketing-Story im Vordergrund stand und die Präparate manchmal nur Spuren von Liposomen enthielten, so zeigen sich heute handfeste und in der Literatur belegte Vorteile gegenüber konventionellen Präparaten auf der Basis von W/O- oder O/W-Emulsionen.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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Veröffentlicht in
Kosmetik International
2001 (2), 112-116

 
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