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Bewährter Aufheller - Tranexamsäure wirkt gegen Pigmentflecken und Rötungen

 

In der Medizin gilt sie als verlässlicher Blutungsstiller bei Operationen und Unfallverletzungen. In der medizinischen Kosmetik wirkt Tranexamsäure auf die Haut: Schon in kleinen Mengen bleicht die Aminosäure Pigmentflecken und Rötungen - auch in Kombination mit apparativen Methoden.

 

Als pharmazeutischer Wirkstoff ist die Tranexamsäure keine Unbekannte. Bereits 20111) wurde sie in die "Model List of Essential Medicines" (EML) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgenommen - und zwar speziell für Injektionen zur Behandlung von Traumen, etwa bei Verkehrsunfällen, oder wenn Risiken durch Blutungen (Hämorrhagie) und Verblutung bestehen. Der Internationale Freiname (INN = International Nonproprietary Name) lautet Tranexamic Acid. Chemisch gesehen handelt es sich bei der Substanz um eine Aminosäure, genauer: um trans-4-Aminomethylcyclohexan-1-carbonsäure.

Struktur der Tranexamsäure

 Struktur der Tranexamsäure

Die farblos-kristalline Verbindung gehört zur Gruppe der Antifibrinolytika. Das sind Wirkstoffe, die den Abbau von Fibrin blockieren. Fibrin ist ein vernetztes Protein, das bei Blutungen gebildet wird und die Wunden verschließt. Die Fibrinolyse, d. h. der gegenläufige Auflösungsprozess des Proteins, setzt bereits kurz nach der Fibrinbildung langsam ein. Antifibrinolytika werden häufig bei Operationen (Chirurgie) und Zahnextraktionen genutzt, um Blutungen zu reduzieren.

Ein Zufallsbefund für die Dermatologie

Seit langem ist auch die Wirkung der Tranexamsäure in der Dermatologie bekannt, und zwar bei Pigmentstörungen. Der erste Bericht über die Behandlung von Melasmen mit Tranexamsäure stammt aus dem Jahr 19792) und resultierte letztendlich aus einer zufälligen Beobachtung bei der oralen Verabreichung von Tranexamsäure. Dabei verminderte sich die Intensität eines Melasmas innerhalb von zwei bis drei Wochen signifikant.

Melasmen oder Hyperpigmentierungen entstehen auf unterschiedliche Weise3). Auslöser sind verschiedene endogene und exogene Einflüsse, beispielsweise:

  • die UV-Strahlung des Sonnenlichts
  • Photosensibilisierung, also die Herabsetzung der Lichtreizschwelle der Haut, z. B. durch ätherische Öle
  • Hormoneinflüsse, z. B. in der Schwangerschaft
  • Entzündungsmediatoren wie Prostaglandine und Cytokine (postinflammatorische Hyperpigmentierung)
  • AGE (Advanced Glycation Endproducts). Das sind Endprodukte, die im Körper durch die Reaktion von Proteinen oder Lipiden mit Kohlenhydraten entstehen, und die für etliche gesundheitliche Veränderungen im Körper verantwortlich gemacht werden.
  • weitere abgelagerte, endogene Stoffwechselprodukte

Zahlreiche Studien zur Wirkung

Helle und dunkle Flecken auf der Haut stören und können bei starker Ausprägung belasten. Präparate gegen Hyperpigmentierungen sind deshalb von großem ästhetischem Interesse. Daher wurden seit der ersten Beobachtung klinisch und später auch kosmetisch viele Studien zur Wirkung von Tranexamsäure publiziert.4)
Dabei zeigte sich: Tranexamsäure wirkt sowohl oral als auch topisch. Verschiedene biochemische Mechanismen wurden diskutiert, darunter die Hemmung der Tyrosinase und vorgelagerter Prozesse wie die Absenkung freier Arachidonsäure und des Prostaglandins E2. Die Hauptanwendung der Tranexamsäure ist allerdings die Prävention. Die Wirkung setzt schon bei niedriger Dosierung ein; hohe Dosierungen verbessern das Ergebnis nicht, sondern fördern eher Irritationen.

Solo in Cremes und Seren...

Zur kosmetischen Nutzung wird die wasserlösliche Säure mit maximal 2%iger Dosierung kommerziell in Cremes und liposomalen Seren eingesetzt. Die erste liposomale Formulierung wurde 2002 entwickelt.5) In liposomalen Seren dient natives Phosphatidylcholin als Penetrationsverstärker. Andere Verfahren zur Erhöhung der Effektivität, wie etwa die Iontophorese, haben sich nicht bewährt. Über intradermale Mikroinjektionen wurde berichtet.6) Letzteres lässt vermuten, dass Tranexamsäure auch beim dermalen Needling mit Erfolg eingesetzt werden kann.

...und in Kombination mit apparativen Verfahren

Die Kombination von Fruchtsäurepeelings, Microdermabrasion, IPL- und Laserbehandlungen mit liposomalen Tranexamsäure-Präparaten ist in Südostasien sehr verbreitet und wird inzwischen auch in Europa praktiziert. Mitunter werden zusätzliche Tyrosinasehemmer wie Ascorbylphosphat (Vitamin C), Pflanzenextrakte und Kojisäure, im medizinischen Bereich auch Hydrochinon (in der europäischen Kosmetikrichtlinie verboten) topisch eingesetzt, um bestehende Hyperpigmentierungen zu entfernen und neue zu unterbinden. Die gleichzeitige orale Verabreichung von Vitamin C und E verstärkt die Wirkung nicht. In den neunziger Jahren wurden vom japanischen Kosmetikhersteller Shiseido Patente zu Tranexamsäure-Derivaten angemeldet, u. a. Ester von antioxidativen Polyphenolen wie Hydrochinon, die sich allerdings nicht durchgesetzt haben bzw. später zurückgezogen wurden.

Unter den zahlreichen Stoffen, die zur Optimierung der Depigmentierung mit Tranexamsäure kombiniert werden, ist Niacinamid (Vitamin B3 alias Nicotinsäureamid) besonders zu erwähnen.7) Niacinamide ist zwar kein Tyrosinasehemmer, aber es greift stattdessen in den Melanosomentransport ein. Die Hemmung von AGE durch Niacinamide ist in der Diskussion.
Tranexamsäure führt nicht nur zu einer Bleichung, sondern auch zu einer Reduzierung der durchscheinenden rötlichen Farbe oberflächlicher Blutgefäße. Resultat ist ein ebenmäßiges Hautbild. Die Rötungsmilderung kommt den Wünschen der Asiatinnen nach einer rein weißen Haut entgegen.

Effektiver Pflege-Partner bei Rosacea und Akne

Tranexamsäure und Niacinamid ergänzen sich auch in einer anderen Indikation, nämlich bei der Pflege der zu Rosacea neigenden Haut. Während in diesem Fall Tranexamsäure die Rötungen mildert, entfaltet Vitamin B3 eine antientzündliche Wirkung, die im Übrigen auch bei Akne beobachtet wird.8) Zusammen mit Azelainsäure, die in ihrer Funktion als 5-Alpha-Reduktasehemmer die bei Akne und Rosacea typische anaerobe Bakterienflora (Propionibacterium acnes und Staphylococcus epidermidis) unter Kontrolle hält, und Boswelliasäuren, die erhöhte Aktivitäten körpereigener Proteasen senken, eröffnet sich eine sehr effektive Behandlungsmöglichkeit.

Oral über den Magen-Darm-Trakt in den Blutkreislauf gelangte Tranexamsäure wird renal innerhalb weniger Stunden wieder ausgeschieden. Der von der europäischen Kosmetikrichtlinie geforderte Sicherheitsbericht weist keine Risiken für topisch-kosmetisch applizierte Tranexamsäure aus. Irritationen bei liposomalen Präparaten (ohne und mit Niacinamid) wurden in der Praxis bisher nicht beobachtet.

Referenzen:

  1. 18th Meeting of the WHO Expert Committee
  2. Sadako N, Treatment of melasma with tranexamic acid, The Clin Rep 1979; 13: 3129-31
  3. Lautenschläger H, Haut ohne Makel - Wirkstoffe und Wirksysteme, medical Beauty Forum 2014; 5: 32-35
  4. Tsz Wah Tse et al., Tranexamic acid: an important adjuvant in the treatment of melasma (Review Article), Journal of Cosmetic Dermatology 2013; 12: 57-66
  5. Manosroi A, Podjanasoonthon K, Manosroi J, Development of novel topical tranexamic acid liposome formulations, International Journal of Pharmaceutics 2002; 235: 61-70
  6. Lee JH, Park JG, Lim SH, Kim JY, Ahn KY, Kim MY, Park YM, Localized intradermal microinjection of tranexamic acid for treatment of melasma in Asian patients: a preliminary clinical trial. Dermatol Surg. 2006 May;32 (5):626-31
  7. Lee do H, Oh IY, Koo KT, Suk JM, Jung SW, Park JO, Kim BJ, Choi YM, Reduction in facial hyperpigmentation after treatment with a combination of topical niacinamide and tranexamic acid: a randomized, double-blind, vehicle-controlled trial, Skin Res Technol. 2014;20(2):208-12
  8. Shalita AR, Smith JG, Parish LC, Sofman MS, Chalker DK, Topical nicotinamide compared with clindamycin gel in the treatment of antiinflammatory acne vulgaris, International Journal of Dermatology 1995; 34 (6): 434-437

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
medical Beauty Forum
2015 (3), 12-14

 
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