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Peptide - mehr als Botenstoffe und Hormone

 

Bei der Entwicklung der "Anti-Aging"-Kosmetik spielen Peptide eine wichtige Rolle. In der Natur sind sie als Botenstoffe und Hormone weit verbreitet. Auch ihre Abbauprodukte, die Aminosäuren, nehmen eine prominente Stellung im Bereich der Hautpflege ein.

 

Nicht nur die Peptide selbst, auch ihre Abbauprodukte, die Aminosäuren, spielen eine große Rolle. Man unterscheidet Oligo- und Polypeptide. Oligopeptide sind aus einigen wenigen, Polypeptide aus sehr vielen Aminosäure-Einheiten zusammengesetzt, die durch eine Amidbindung miteinander verbunden sind:

Amidbindung

Natürliche Polypeptide mit Molekülmassen von über 10.000 bezeichnet man auch als Proteine. Bei ihnen unterscheidet man extrazelluläre Faserpoteine des Bindegewebes (auch Skleroproteine genannt) und globuläre Proteine (Kugelproteine). Zu den Skleroproteinen gehören z. B. die Kollagene, das Elastin sowie das Keratin der Haare, der Nägel und der Hornschicht. Auch die Seidenproteine gehören zu den Skleroproteinen. Globuläre Proteine sind unter anderem Enzyme, Albumin und Hämoglobin.
Proteine werden seit Langem als effektive Hautpflegemittel genutzt, insbesondere in Collagen- und Elastin-Präparaten. Jedoch sind diese Stoffe als Bestandteile von Hautpflegemitteln nicht in der Lage, ihre natürlichen Funktionen auszuüben, da sie aufgrund ihrer Größe und eines fehlenden Transportmittels nicht dorthin gelangen können, wo sie von Natur aus vorkommen. Sie entwickeln aber an der Hautoberfläche eine leichte straffende Wirkung, da sich die Amid-Bindungen über Wasserstoffbrücken mit dem Keratin des Stratum corneums verankern. Zudem binden auch Proteine sehr gut Wasser, ähnlich wie Aminosäuren und  Hyaluronsäure.

Universelle Verwendung

Proteine wie z. B. Collagen dienen technisch als Ausgangsstoffe für Proteinhydrolysate, die je nach Herstellungsverfahren Proteinbruchstücke, d. h. Oligopeptide, oder Aminosäure-Gemische enthalten. Seit der Diskussion um BSE und um Grundstoffe vom toten Tier werden Proteinhydrolysate hauptsächlich aus pflanzlichen Quellen, z. B. aus Weizenproteinen, produziert.
Aus den Proteinhydrolysaten wiederum werden Kondensate mit Fettsäuren hergestellt, die ebenfalls über Amidbindungen verfügen und aufgrund ihrer durch die Fettsäurereste erhöhten Lipophilie hervorragende Hautpflegeeigenschaften wie Hautglättung und Feuchtigkeitsbindung haben.

Die Natur als Vorbild

Im Übrigen gibt es eine Vielzahl von Naturprodukten, die eine lange Tradition haben und deren Hautpflegewirkung ganz wesentlich von ihrem Proteinanteil bestimmt wird. Man denke z. B. an Stutenmilch, Kolostrum, die besonders protein- und antikörperreiche Vormilch, Quark und andere Milchprodukte. Immer noch aktuell sind Thymus-Peptide, die einerseits die Immunabwehr verstärken, andererseits das Altern der Haut aufhalten sollen. Als Bestandteil hochwertiger Cremes werden sie für die reife und atrophische Haut angeboten.
Peptide aus Thymus, Epiphyse, Knorpel, Leber, Prostata, Herz und Hirn sind Gegenstand intensiver Forschungen. Das Institut für Bioregulation und Gerontologie in St. Petersburg (Prof. Dr. Khavinson) hat dazu eine Vielzahl von Untersuchungen veröffentlicht. Diese Peptide wurden synthetisch nachgestellt und hinsichtlich des Einsatzes in kosmetischen Cremes getestet. Dabei wird von antioxidativer Wirkung, Hautfeuchte-Erhöhung und von einer verstärkten Sauerstoffaufnahme in den oberen Hautschichten berichtet.
Länger bekannt ist auch das Glutathion, ein Tripeptid, das in der Haut an Redoxvorgängen beteiligt ist und in der Hautpflege als Radikalfänger eingesetzt wird. Synthetische Dimerpeptide (Cystein-Glycin)2 gehören auch zu diesem Typ.
Die im NMF befindliche Aminosäure Cystein, die durch den Abbau Cystein-haltiger Peptide entstehen kann, reagiert in gleicher Weise mit Radikalen zu Cystin.
Der Anti-Aging-Bereich konzentriert sich gegenwärtig auf Oligopeptide, seitdem man ihre Bedeutung als Botenstoffe auch für die Kosmetik entdeckt hat. Die Berichte von neuen Peptiden, vorzugsweise mit 2 bis 6 Aminosäureeinheiten nehmen in der Fachpresse explosionsartig zu. Dabei begegnet man in der Regel Peptiden, deren erste Aminosäure mit einer Fettsäure verknüpft wird. Dadurch wird die Lipophilie erhöht und die Penetrationseigenschaften werden verbessert. Die Fettsäurereste heißen Acetyl- (Essigsäure), Caproyl- (identisch mit Hexanoyl-; Capronsäure), Undecenoyl- (Undecylensäure), Palmitoyl- (Palmitinsäure) oder ähnlich.
Nach wie vor ist Vorsicht geboten bei werblichen Aussagen über Wirkung und Wirkmechanismen. Die überwiegende Mehrheit der beschriebenen Effekte wurde "in vitro", d. h. an Zellkulturen, oder unter ähnlich artifiziellen Versuchsbedingungen ermittelt. "In vitro" und "in vivo", letzteres sind Messungen unter realistischen Bedingungen an freiwilligen Probanden, klaffen häufig auseinander.
Eine weitere Einschränkung betr. einer dauerhaften "Anti-Aging"-Wirkung besteht darin, dass viele der Produkte temporär wirken, d. h. nach dem Absetzen stellt sich der alte Hautzustand wieder ein. Dies gilt insbesondere für die oberflächlich wirkenden Substanzen sowie diejenigen mit neuromuskulärem Effekt. Mit anderen Worten: auch Peptide können keine Wunder vollbringen. Die folgenden Peptidklassen werden gegenwärtig intensiv untersucht:

Peptide mit stimulierender Wirkung auf die Collagensynthese. Man bezeichnet sie auch als Matrikine oder Collagenbooster. Bekannter Vertreter: Palmitoyl-Pentapeptid.
Peptide mit Einfluss auf die neuromuskulären Synapsen der mimischen Fältchen. Sie führen zu einer Muskelrelaxation und einer damit verbundenen Faltenglättung. Prominenter Vertreter ist das Acetyl-Hexapeptid.
Hormonartig wirkende Peptide. Cytokine und Wachstumsfaktoren wie Fibroblast Growth Factor (FGF), Signalmoleküle, die unterschiedlichste biologische Vorgänge steuern. Sie werden in der Regel biotechnologisch mit Hilfe genmanipulierter Bakterien hergestellt und liposomal verkapselt.
Unspezifische Oligopeptide. Soja-Oligopeptide und aus hydrolysierten Milchproteinen resultierende Oligopeptide  wirken an der Hautoberfläche. Beim partiellen Abbau dieser Oligopeptide entstehen freie Aminosäuren, die den natürlichen NMF unterstützen.
Polypeptide. Poly-γ-Glutaminsäure ist ein Beispiel für diese Substanzklasse, die feuchtigkeitsspeichernd wirkt.
Bei Aquaporinen handelt es sich um Proteine, die den Durchtritt von Wasser durch Zellmembranen ermöglichen.

Komplizierte Materie

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei Peptiden und Proteinen um eine äußerst komplizierte Materie handelt, die hier nur bruchstückhaft dargestellt werden kann. Inwieweit bei Ihrem Einsatz in der "Anti-Aging"-Hautpflege in altersabhängige Regelkreise eingegriffen wird und welche Langzeitauswirkungen daraus resultieren, bleibt abzuwarten.

Dr. Hans Lautenschläger

Peptide

 


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veröffentlicht in
Kosmetik International
2007(9), 14-17

 
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