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High-Tech-Wirkstoffe: Neu - besser - wirkungsvoller?

 

Bei Pflegeprodukten sind Wirkstoffe ein wichtiges Kriterium für die Auslobung seitens des Herstellers und für die Kaufentscheidung des Verbrauchers. Dementsprechend wird bei Kosmetika immer wieder nach neueren und besseren Wirkstoffen gesucht. Was zeichnet sie aus, was müssen sie können?

 

Fragen, die nicht ganz leicht zu beantworten sind. Einerseits werden von neuen Wirkstoffen Wunder erwartet, andererseits lässt die europäische Kosmetikverordnung nur einen begrenzten Handlungsspielraum hinsichtlich der realen Wirkung zu.

Schon die Basis kann viel

Typisch für kosmetische Wirkungen sind beispielsweise die Hautglättung oder die Erhöhung der Hautfeuchte. Die Wirkungen lassen sich allerdings bereits durch Basis- Präparate erreichen, die sich hinsichtlich ihrer Zusammensetzung an der individuellen Haut orientieren - eine gute Hautanalyse vorausgesetzt. Auch die Senkung des transepidermalen Wasserverlustes oder der Schutz vor externen Stoffen sind Wirkungen, die mehr oder weniger selbstverständlich für eine gute Basispflege sein sollten.

Wirkstoffe und ihre Dosierung

Dagegen bedarf es zur Erhaltung der Haut-Elastizität, der Prävention und Behandlung von Fältchen inklusive Straffung der Haut besonderer Wirkstoffe. Dies gilt auch für ein ebenmäßiges Erscheinungsbild der Haut sowie die Prävention und Behandlung von Problemhaut. In diesen Fällen ist das Zusammenspiel der chemischen Struktur, der Konzentration, des Transportes und der Freisetzung des Wirkstoffes von Bedeutung. Die Dosierungen können durchaus niedrig sein. Vielfach tritt bei hohen Konzentrationen eine gegenteilige Wirkung ein. Daher sind intelligente Transportsysteme gefragt, um das Stratum corneum nebenwirkungsfrei in niedrigen Dosierungen zu passieren, um in den darunter liegenden Hautschichten die Wirkung zu entfalten.
Dass dies nicht selbstverständlich ist, zeigt die Applikation von Vitamin A, von dem die Auslösung von Irritationen in höheren Dosen mehrfach beschrieben wurde. Die Schwelle für die Irritation liegt für mitteleuropäische Haut bei ca. 0,1%. Vitamin C wirkt in hohen Dosen wie eine AHA-Säure keratolytisch und Vitamin E fördert in hoher Konzentration die Autoxidation, die gewissermaßen das Gegenteil einer Radikalfänger- Eigenschaft darstellt.
In den beschriebenen Fällen besteht ein bewährter Ansatz darin, die Wirkstoffe erstens chemisch zu verändern ("zu derivatisieren") und zweitens mit geeigneten Carrier-Systemen zu transportieren.

Der richtige Transport

So werden z. B. Vitamin C als Palmitat (öllöslich) oder Phosphat (wasserlöslich), Vitamin A und E als Acetate (öllöslich) eingesetzt und in Liposomen (wasserlösliche Wirkstoffe) oder Nanopartikel (öllösliche Wirkstoffe) appliziert. Nach der Passage des Stratum corneum werden die Wirkstoffe enzymatisch gespalten, wobei nur physiologische Spaltprodukte entstehen. Auf diese Weise werden die Vitamine zu High-Tech-Wirkstoffen.
Vitamin K und Coenzym Q10 können aufgrund ihrer Öllöslichkeit direkt und unverändert in Nanopartikel verpackt werden.
Allerdings darf man sich die Transportpartikel nicht so vorstellen, dass sie ungehindert durch das Stratum corneum gelangen. Das Gegenteil ist der Fall: Die Membranen der Transportpartikel verschmelzen mit den Barriereschichten der Haut und machen sie aufgrund der Veränderung ihrer Zusammensetzung durchlässiger. Die Barriere wird sozusagen auf Durchlass geschaltet und lässt die Wirkstoffe passieren. Es ist in diesem Zusammenhang gleichgültig, ob ein Liposom ein- oder mehrschalig aufgebaut ist. Auch die Größe wirkt sich eher geringfügig aus; diese ist eher ein Kriterium für dessen physikalische Stabilität. Letztendlich entscheidet allein die Art und Konzentration der verwendeten Membranbestandteile darüber, wie durchlässig die Barriereschichten werden.
Nicht alle als "High-Tech" ausgelobten Wirkstoffe müssen auch eine fulminante Wirkung haben. Vielfach werden sie nur aufwendig hergestellt. Dabei kann z. B. die Umstellung von tierischer oder pflanzlicher Provenienz auf biotechnologische Fertigung eine Rolle spielen. Das stellt aber in der Regel einen Vorteil dar, da Eigenschaften und Qualität reproduzierbarer werden.
Dies gilt z. B. für die bewährte Hyaluronsäure, die früher aus Hahnenkämmen gewonnen wurde und heute mit Hilfe von Kulturen des Streptococcus zooepidemicus hergestellt wird.

Falten & Co

Die Oligopeptide "Pentapeptid" und "Hexapeptid" sind eine Extrapolation der altbekannten Kollagenhydrolysat-Kondensate - Stoffe tierischen Ursprungs, die noch synthetisch abgewandelt wurden. Oligopeptide werden relativ aufwendig synthetisch hergestellt. Sie können zwar keine Falten durch eine botoxähnliche Wirkung wegzaubern, wie es häufig behauptet wird. Doch zeigen sie aufgrund ihrer Fähigkeit, mit dem Keratin der Haut zu interagieren, oberflächlich eine sehr gute glättende und sichtbar fältchenreduzierende Wirkung. Die Hautfeuchte wird auch im positiven Sinne beeinflusst.
Ceramide haben ein ähnliches Wirkungsspektrum. Auch hier kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass sie nicht in der Lage sind, in der Haut fehlendes Ceramid zu substituieren. Dazu ist die Hautphysiologie, insbesondere die der Ceramid-Familie, viel zu kompliziert. Im kosmetischen Sinne und von der Hautoberfläche aus betrachtet haben sie aber sehr gute Pflegeeigenschaften und können bedenkenlos über längere Zeiträume angewandt werden.

Langzeitwirkung

Bei Wirkstoffen ist zu unterscheiden zwischen einer Sofortwirkung (Effektwirkstoff) und einer Langzeitwirkung. Langzeitwirkungen haben z. B. essenzielle Fettsäuren, da sie wie z. B. die Linolsäure in den Ceramid-Stoffwechsel eingreifen und damit auch das Hautbild verändern können. Langzeitwirkungen können präventiv am besten genutzt werden und fallen unter anderem unter das Stichwort "Antiaging". Inwieweit sich in diesem Sinne die aktuellen Phytohormone auf Dauer bewähren werden, bleibt abzuwarten. Dass sie sich wie menschliche Hormone ohne die diesen Stoffen eigenen Nebenwirkungen verhalten, spricht gegen die bisherige Erfahrung mit vergleichbaren Stoffen.

Soforteffekt

Zu den Effektwirkstoffen mit hautglättender und straffender Wirkung gehören eindeutig Hyaluronsäure, Peptide (siehe oben) und CM-Glucan, also organische Stoffe. Eine interessante Gruppe sind aber auch mineralische Substanzen. Zu ihnen gehören z. B. die mikronisierten, ultrafeinen Titandioxid- und Zinkoxid-Partikel. Früher weiß wie Schnee, sind sie heute farblos und schützen effektiv gegen das UV-haltige Sonnenlicht. Leider sind sie nicht mit allen Cremegrundlagen verträglich.
Ebenfalls mineralisch sind Komponenten der dekorativen Kosmetik, die Pigmente. Sie können in Lebensmittel-Qualität eingesetzt werden und enthalten Einzelbestandteile wie Kieselsäure (Silica), Glimmer (Mica), Titandioxid (Titanium Dioxide), Eisenoxide (Iron Oxide) und Magnesiumstearat. Die daraus resultierenden Tagescremes und Make-ups bringen nicht nur Farbe auf die Haut. Sie können optisch effektiv Falten reduzieren. Dies ist nicht auf einen bloßen Fülleffekt zurückzuführen, sondern auf den Aufbau der verwendeten Partikel, wobei mehrere der oben genannten Stoffe in einem aufwendigen Beschichtungsverfahren miteinander kombiniert werden. Das Resultat sind Teilchen, die Faltenfurchen auskleiden können und dabei eine verstärkte diffuse Lichtreflexion verursachen. Der Kontrast zwischen Faltenfurchen und der übrigen Haut wird deutlich gemildert. Ein typischer Soforteffekt, der natürlich nach der Hautreinigung wieder verschwindet. Auf Talkum und zusätzliche Farbstoffe kann bei diesem Konzept ganz verzichtet werden.

Zusammenspiel der Stoffe

Ein wichtiger Gesichtspunkt ist nicht nur die Wirkung einzelner, sondern auch das Zusammenspiel mehrerer Stoffe. Dabei können die einzelnen Stoffe durchaus unspektakulär sein, während die Mischung etwas völlig Neues darstellt.
So hat sich z. B. herausgestellt, dass Stoffkombinationen, die der chemischen Zusammensetzung der Barriereschichten der Haut nachempfunden sind, physikalisch ähnliche Strukturen bilden und damit "Reparaturen" der Barriereschichten von außen ermöglichen. Messungen mit gewerblichen Arbeitsstoffen zeigen, dass die Haut widerstandsfähiger wird.
Mit Liposomen und Nanopartikeln auf Durchlass geschaltete Barriereschichten (siehe oben) werden wieder in den Normalzustand versetzt. Dies ist ein interessanter Effekt bei trockener Haut, da dadurch sofort nach der Passage von Wirkstoffen der damit umgekehrt verbundene erhöhte transepidermale Wasserverlust wieder auf Normalwerte gesenkt werden kann. Bei fettender Haut kann in der Regel auf diese "Nachbehandlung" verzichtet werden.

Ein Stoff - viele Einsatzzwecke

Viele der High-Tech-Wirkstoffe lassen sich für unterschiedliche Zwecke einsetzen: niedrig dosiertes liposomales Vitamin-C-phosphat hat Radikalfänger-Eigenschaften, regt die Kollagensynthese an, kann aber auch gegen Hyperpigmentierungen (z. B. nach Laserbehandlungen) erfolgreich verwendet werden. Der zugrunde liegende Liposomengrundstoff ist bei Verhornungsstörungen, unter anderem auch bei dadurch bedingter Akne, wirksam. Die Reihe ließe sich weiter fortsetzen.
Ein wichtiger Gesichtspunkt ist jedoch das Verständnis für die molekularen Eigenheiten und den Wirkungsmechanismus der Stoffe in der Haut. Nur dadurch wird gewährleistet, dass der Wirkstoff auch optimal geeignet ist und richtig dosiert wird.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Praxis
2005 (3), 6-8

 
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