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Oleogele - was wasserfreie Präparate leisten

 

Hautpflegemittel bestehen heute in der Regel aus Emulsionen, also aus einer Wasser- und einer Öl- bzw. Fettphase. Daneben haben sich aber auch Produkte gehalten, die nur aus einer Ölphase bestehen. Zu ihnen gehören die Öle selbst sowie die Oleogele. Sie eignen sich vor allem für Problemhäute und werden daher u. a. in der dermatologischen Kosmetik genutzt.

 

Zu den ältesten Hautpflegemitteln überhaupt gehören die Öle. Mit der Gewinnung von Pflanzenölen und tierischen Ölen für die Ernährung beginnt auch ihre Anwendung für die Hautpflege. Physiologisch gesehen ist diese Art der Pflege auch heute noch optimal, anwendungstechnisch jedoch sehr unzeitgemäß, da die resultierende ölige Hautoberfläche hinderlich ist und als unangenehm empfunden wird.
Mit der Entwicklung der Emulsionen trat dieses Problem nicht mehr auf, da die Konzentration der Öle und Fette (Lipide) im Präparat drastisch gesenkt werden konnte und die verwendeten Emulgatoren die Penetration der Lipide in die Haut ganz wesentlich beschleunigten. Allerdings traten damit andere technische Probleme auf: Die Wasserphase der Emulsionen musste konserviert werden, manche Kosmetikinhaltsstoffe waren Wasser gegenüber empfindlich und die Emulsionen mussten längerfristig gegenüber Temperatur und Lagerzeiteinflüssen stabilisiert werden.
Diese Probleme wurden durch den Einsatz indifferenter Inhaltsstoffe (z. B. Mineralöle, Wachse) und Zusätze von Hilfsstoffen gelöst – mit der Folge, dass in der INCI von Emulsionen die Anzahl der Hilfsstoffe nicht selten die Anzahl der Pflegesubstanzen übersteigt. Heute wissen wir, dass viele dieser Hilfsstoffe von empfindlicher Haut nicht toleriert werden. Neurodermitiker vertragen z. B. auf Dauer keine ethoxilierten Alkohole, die zu den heute häufigst verwendeten Emulgatoren gehören. Allergiker haben Probleme mit entsprechenden Konservierungsmitteln etc.

Physiologische Lipide

Da insbesondere Menschen mit Barrierestörungen auf physiologische Lipide in hoher Dosierung angewiesen sind, gewinnen Problemlösungen für diese Personengruppe an Bedeutung. Diese basieren nach wie vor auf der Anwendung geeigneter Öle, einem Minimum an Hilfsstoffen und sind anwendungstechnisch akzeptabel. Hier bieten sich Oleogele an, die auch unter der Bezeichnung Lipogele bekannt sind. Im Gegensatz zu den flüssigen Ölen haben Oleogele wie Creme-Emulsionen eine gelartige, halbfeste Konsistenz. Diese wird durch Zusätze erreicht, die eine schwammartige Struktur aufbauen und dadurch in der Lage sind, Fettstoffe in größerer Menge aufzunehmen.
Einer der ältesten Verdicker ist hochdisperse Kieselsäure (Aerosil), die allerdings mehr im pharmazeutischen Bereich im Zusammenhang mit mineralischen Ölen und okklusiven Systemen genutzt wird. Für die Hautpflege haben sich Monoglyceride und Diglyceride, die physiologisch völlig unbedenklich sind, sowie Salze der Stearinsäure und Palmitinsäure bewährt. Letztere sind ebenfalls unbedenklich, sofern ihre Konzentration niedrig ist und sie mit freier Stearin- oder Palmitinsäure kombiniert werden, die Bestandteil der natürlichen Barriereschichten sind. Der Anteil von Mono- und Diglyceriden bewirkt neben der Verdickung auch, dass die Oleogele besser in die Haut einziehen. Membranbildende Komponenten wie Phosphatidylcholin, das Bestandteil aller pflanzlichen und tierischen Membranen ist, können diesen Effekt noch verstärken.

Ohne Wasser

Moderne Oleogele haben daher Gebrauchseigenschaften, die sehr nahe an Wasser-in-Öl-Emulsionen (W/O) heranreichen. Da sie kein bzw. nur einen äußerst geringen Anteil Wasser enthalten, kommen sie ohne Konservierungsmittel, Emulgatoren sowie deren Neutralisationsmittel aus. Wenn geeignete Pflanzenöle wie Kokosöl, Olivenöl, Avocadoöl etc. eingesetzt werden, lassen sich mit ihnen ausgezeichnete Pflegeeffekte erreichen. Bei moderater Anwendung werden okklusive Bedingungen, die die Eigenregeneration der Haut beeinträchtigen könnten, weitgehend vermieden.
Der von Emulgatoren bekannte Auswascheffekt beim Kontakt der Haut mit Wasser fehlt diesen Produkten völlig. Daher ist ein wichtiger Anwendungsbereich die trockene und zu Neurodermitis, Ichthyosis und ähnlichen Barrierestörungen neigende Haut, bei der von Natur aus ein Defizit an eigenen Hautschutzstoffen vorliegt.

Hautfeuchtigkeit

Im Unterschied zu Emulsionen steigt die Hautfeuchte bei der Anwendung von Oleogelen nur langsam an. Anders als bei Emulsionen wird von außen kein Wasser zugeführt und die Erhöhung der Hautfeuchte kann nur aus dem Hautinneren erfolgen. Die Lipide der Oleogele unterstützen diesen Prozess, indem sie den transepidermalen Wasserverlust (TEWL) senken. Darüber hinaus lassen sich in Oleogele auch natürliche, feuchtigkeitsbindende Substanzen wie z. B. Harnstoff - der auch juckreizstillend wirkt - integrieren. Im Gegensatz zu den wasserhaltigen Emulsionen gibt es hier kein Problem mit der Langzeitstabilität von Harnstoff.
Der hohe Fettanteil der Produkte bewirkt eine optimale Senkung der Hautrauhigkeit. Daher werden Oleogele zweckmäßig auch zur Pflege der Hände und zum Hautschutz generell angewandt.

Zusätzliche Wirkstoffe

Oleogele können mit fettlöslichen Wirkstoffen ausgerüstet werden. Hierzu gehören vor allem Phytosterine, die in Form von Shea-Butter eingesetzt werden können und fettlösliche Vitamine. Durch die Lipidmatrix werden Vitamine sehr gut gegen Luftsauerstoff geschützt und sind dadurch besonders lange haltbar. Dies gilt auch für spezielle pharmazeutische Wirkstoffe im Bereich der Dermatologie sowie in der Hautpflege für essenzielle Fettsäuren wie Linolsäure, die für den Aufbau des barriereaktiven Ceramid I benötigt wird. Im Übrigen kann durch die Erhöhung der Phosphatidylcholin-Konzentration die Penetration von Wirkstoffen kontrolliert beschleunigt werden. Durch Auswahl geeigneter Fettstoffe kann ein verflüssigender Effekt bei Körpertemperatur erreicht werden, der das Verteilen der Produkte erleichtert.

Anwendungsgebiete

Oleogele sind geradezu prädestiniert für die Lippenpflege, Kälteschutzpräparate sowie rund um die Augen, wenn kriechende oder emulgatorhaltige Formulierungen vermieden werden müssen. Trockene und aufgesprungene Fußhaut wird angenehm glatt und weich. Eine unterstützende Prävention ist auch bei diabetischer Haut, bei perianalen Hautstörungen und bei Dekubitus empfehlenswert.
Emulgatortypische Unverträglichkeiten wie das Auftreten der für ethoxilierte Alkohole oder PEG's charakteristischen Mallorca-Akne sind bei Oleogelen ausgeschlossen. Oleogele können daher auch zum Sonnenschutz verwendet werden, wenn entsprechende Sonnenschutzfilter enthalten sind. Ein großer Vorteil ist dabei ihre Wasser- und Schweißfestigkeit. Auf Mineralöle und Silikone kann dabei ganz verzichtet werden. Im Gegensatz zu anderen konservierungsmittelfreien Präparaten können Oleogele auch in Tiegel abgefüllt werden, da eine Kontamination aufgrund der Wasserfreiheit bzw. Wasserarmut mit Keimen ausgeschlossen werden kann.
Wie Öle können Oleogele auch für Massagen verwendet werden, wobei die halbfeste Konsistenz die Handhabung ganz wesentlich erleichtert. Durch Einarbeiten von Pigmenten können auch Produkte für die dekorative Kosmetik wie Make-up, Mascara und Lidschatten hergestellt werden.

Korneotherapie

Oleogele erfüllen wesentliche Voraussetzungen für die sog. Korneotherapie, wie sie von Albert M. Kligman Ende der neunziger Jahre geprägt wurde. Danach können mit einer geeigneten Hautpflege was die Prävention und Behandlung von Hautstörungen angelangt, ähnliche Resultate erzielt werden wie bei der Anwendung dermatologischer Wirkstoffe. Die "outside-in-therapy" setzt voraus, dass die Zusammensetzung eines Präparates physiologisch der Haut angepasst ist und vor allem kontraproduktive Effekte durch nichtphysiologische Hilfsstoffe ausgeschlossen werden. Beides trifft für Oleogele zu.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Praxis
2004 (4), 6-7

 
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