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Wie Sand am Meer - Silizium und seine Verbindungen

 

Silizium spielt als Kosmetik-Wirkstoff die Rolle eines Mauerblümchens. Aber nur auf den ersten Blick: Seine Salze und organischen Verbindungen werden nämlich vielfältig genutzt, z. B. in Masken, Packungen oder Haarpflege.

 

Das Element Silizium ist als Kosmetik-Ingredienz in der Tat ohne Bedeutung. Siliziumorganische Hilfsstoffe in Form von Silikonölen sind dagegen bestimmt in mehr als 50% der kosmetischen Präparate zu finden. Anorganische Silikate sind feste Bestandteile von Schminkprodukten und häufige Begleiter in Masken und Packungen. Silizium ist ein Halbmetall und liegt uns überall zu Füßen als Sand, Quarz oder - in Verbindung mit Aluminium - in Ton, Glimmer und anderen Gesteinen.

Kieselsäure und Co.

Wenn Silizium verbrennt (oxidiert), entsteht Siliziumdioxid (SiO2), das auch heute noch in manch scheuernden Handreinigungsmitteln enthalten ist, um hartnäckigen Schmutz wie Teer, Farbe oder Klebstoffe zu entfernen. Meist handelt es sich dabei um Quarzpartikel (z. B. Seesand), die man früher auch in kosmetischen Peelings nutzte, die aber hart sind. Daher ist diese kosmetische Verwendung mittlerweile überholt.
Kieselsäure ist ein hydratisiertes (wasserhaltiges) Siliziumdioxid mit völlig anderen Eigenschaften. Das leichte Pulver mit großer Oberfläche setzt man beispielsweise als Trennmittel bei Gewürzmischungen oder Kochsalz ein, um die Rieselfähigkeit zu erhöhen. Kieselsäure reichert sich z. B. in Kieselalgen an und kommt als Diatomeenerde (Kieselgur) in den Handel. Extrakte des Schachtelhalms enthalten ebenfalls Kieselsäure und werden als Zusatz in Gesichtstonics und Haarpflegemitteln verwendet. Sowohl Bindegewebe als auch Knochengerüst sind auf die Zufuhr von Kieselsäure angewiesen
Feinverteilte (kolloidale) Kieselsäure - auch als Aerosil bekannt - dient als Konsistenzgeber für unpolare Öle wie Paraffinöl. Dabei bilden sich Oleogel (Lipogele) aus, die in der Pharmazie eine gewisse Rolle spielen, im kosmetischen Bereich aber nicht akzeptiert werden. Interessant ist, dass das Aerosil Öle aufnehmen kann, was die "Verwandlung" von Ölen zu Pulvern ermöglicht - eine Technik, die auch für Lebensmittel von Bedeutung ist.

Kleine Mogelei

Mit Titandioxid und Eisenoxid beschichtete (gecoatete) Kieselsäure lässt sich in Pudern und Make-up dazu nutzen, Falten optisch zu reduzieren. Diese Rohstoffe reflektieren das Licht diffus, minimieren die Kontrastwirkung von Falten und verhindern durch ihre hautähnliche Transparenz, dass die Haut maskenhaft aussieht. Kieselsäure ist generell ein häufiger Bestandteil von Pudern (INCI: Silica).
Eine andere Form der Kieselsäure ist das Kieselgel (Silicagel). Es hat eine feste Konsistenz und kommt in verschiedenen Körnungen in den Handel. Es ist sehr hygroskopisch (wasseranziehend) und wird daher in Labors als Trockenmittel verwendet. Im Kosmetikinstitut kann man mit Hilfe von Kieselgel frische Blumendüfte auf Hautpflegeöle übertragen: Indem man z. B. Rosenblüten in Gegenwart des Öls in einem geschlossenen Gefäß trocknet.

Alumosilikate

In der Natur findet man viele Mineralien, in denen Kieselsäure mit Aluminiumoxid vergesellschaftet ist: Alumosilikate. Das Kaolin dient als Weißpigment, etwa bei der Herstellung von Puder- und Make-up. Kaolin entsteht bei der Verwitterung von Feldspat. Feldspäte sind Gerüstsilikate und enthalten neben Silizium und Aluminium noch Elemente wie Natrium, Kalium, Calcium und Barium. Zu den leicht spaltbaren Schichtsilikaten gehören die Glimmer, die man als Mica (INCI) in der dekorativen Kosmetik verwendet. Glimmer haben spezielle optische Eigenschaften und werden als feines Pulver vielfach beschichtet. Zusammen mit Quarz und Feldspäten bilden sie Gesteine wie Granit und Gneis, die zu Ton verwittern. Aufgrund der großen Oberfläche werden Tone und tonhaltiger Lehm zu Heilerden verarbeitet. In kosmetischen Packungen und Masken absorbieren sie körpereigene Stoffe, andererseits können sie beigemischte Wirkstoffkomponenten kontrolliert an die Haut abgeben. Das Vermögen des Tons, Ionen auszutauschen, ist bei Zeolithen noch stärker ausgeprägt. Man kann mit ihnen sogar in begrenztem Umfang Wasser enthärten (Phosphatersatz) und sie als Badezusatzstoff verwenden. Das Alumosilikat Bentonit nimmt sehr viel Wasser auf und bildet anorganische Gele. Zusammen mit Pigmenten, Glykolen und Ölen lassen sich aus Bentonit und analogen Alumosilikaten Flüssig-Make-ups herstellen.

Talk

Der natürlich vorkommende Talk (Speckstein) ist ein besonders weiches anorganisches Material. In Pulverform nennt man es Talkum, ein Magnesiumsilikat, das sich wie ein Fettstoff anfühlt. Als Puderbestandteil ist er in der Kosmetik weit verbreitet, weil er das Verteilen des Produkts leicht und angenehm macht. Fasrige Talkumstäube sind jedoch nicht harmlos. Ähnlich wie Asbest können sie bei niedrigen Teilchengrößen in der Lunge Granulome erzeugen; sie sind biologisch nicht abbaubar. Es wird daher immer mehr mit talkumfreien Pudern geworben.

Silikone

Im Gegensatz zur Kieselsäure und den Silikaten sind Silikone rein synthetische Stoffe. Eigentlich heißen sie Siloxane bzw. Polysiloxane, da sie aus kurzen oder längeren, hintereinander folgenden Silizium-Sauerstoff-Einheiten bestehen. An jedem Siliziumatom befinden sich darüber hinaus zwei, am Anfang und Ende der Ketten drei Kohlenwasserstoffreste. Sind das zwei Methylgruppen, hat man es mit den in der Kosmetik weit verbreiteten Dimethiconen (Dimethylpolysiloxane) zu tun. Sind die Ketten ringförmig geschlossen, handelt es sich um Cyclomethicone. Einzelne cyclische Siloxane werden explizit mit der Vorsilbe Cyclo- und der Endsilbe -siloxane bezeichnet (z. B. Cyclotetrasiloxane). Methicone enthalten an den Siliziumatomen nur eine Methylgruppe sowie einen anderen Kohlenwasserstoffrest, der als Zusatz innerhalb der INCI explizit aufgeführt wird.
Neben diesen relativ einfachen Grundtypen gibt es eine ungeheure Vielfalt anderer Polysiloxane. Anstelle der Methylgruppen befinden sich hier an den Siliziumatomen andere Kohlenwasserstoffreste sowie verschiedene funktionelle Gruppen.

Samtiges Gefühl

Die Einsatzgebiete der Polysiloxane sind vielfältig. In der Kosmetik werden überwiegend die hydrophoben und konditionierenden Eigenschaften genutzt. Es gibt flüchtige und flüssige Polysiloxane, durch die sich Kosmetikpräparate bequem verteilen lassen, und hochmolekulare, sogar wachsartige Vertreter, die auf der Hautoberfläche zurückbleiben. In Pflegepräparaten wird es als sehr angenehm empfunden, dass die Stoffe hydrophob wirken und sich gleichzeitig samtig anfühlen. Die glättende und anhaftende Wirkung nutzt man bei Reinigungspräparaten und Bodylotionen z. B. für die Rückfettung. Das dabei gute Hautgefühl täuscht jedoch eine subjektive Hautregeneration vor, die objektiv nicht vorhanden ist. Ein breites Einsatzgebiet dieser Stoffe sind Shampoos und Haarkuren.
Folgende Vertreter lassen sich nennen - eine kleine Auswahl:
■ Dimethicone (INCI) gibt es von leichtflüssig wie Wasser bis zu zähflüssig - je nach Kettenlänge. Der einfachste Vertreter ist das Hexamethyldisiloxane (INCI). Es ist flüssig wie Wasser, jedoch ohne dessen kühlende Wirkung. Die flüssigen und flüchtigen Verbindungen sind Spreiter und Weichmacher mit niedriger Oberflächenspannung. Sie werden häufig in Antitranspiranten und Deos verwendet und verbessern allgemein die Nasskämmbarkeit der Haare.
Die höhermolekularen, nichtflüchtigen Vertreter werden vielfach in Kombination mit Mineralölen als Fettstoffe in Cremes sowie wasserabweisenden Hautschutzpräparaten verwendet. Im gewerblichen Bereich ist es bei silikonhaltigen Präparaten sehr nachteilig, dass Fingerabdrücke auf Werkstücken nur sehr schwer zu entfernen sind. Daher wird in diesem Bereich häufig mit "silikonfrei" geworben. Bei Haarpräparaten ist nachteilig, dass Polysiloxane bei häufiger Anwendung in den Haaren kumulieren, z. B. bei Shampoos oder Haarkuren.

Ring frei zur Anwendung

■ Cyclomethicone (INCI): Dahinter verbergen sich verschieden große Dimethylpolysiloxan-Ringe. Das definierte Cyclopentasiloxane (INCI) besteht aus einem 10-gliedrigem Ring und wird z. B. als Spreiter für hochviskose Silikonöle eingesetzt. Mit dieser Kombination kann man Haarspitzen behandeln und glattes, glänzendes Haar erzeugen. Im nassen und trockenen Zustand wird die Kämmbarkeit verbessert. Der 6-gliedrige Ring des Cyclotrisiloxane (INCI) und der 8-gliedrige Ring des Cyclotetrasiloxane (INCI) haben noch stärkere spreitende Eigenschaften. Sie sind flüchtig. Cyclische Siloxane sind z. B. in Lippenstiften enthalten, in denen sie einen Teil der nichtflüchtigen Kohlenwasserstoffe ersetzen. Auch Deo-Sprays und Aerosol-Präparate werden mit den Substanzen ausgerüstet.
■ Alkyl Dimethicone ist die Sammelbezeichnung für Dimethylpolysiloxane, bei denen eine Methylgruppe am Siliziumatom partiell durch einen längeren Kohlenwasserstoffrest ausgetauscht ist. Die meist wachsartigen Stoffe werden in Pflegecremes, Sonnenschutz- und Deco-Produkten verarbeitet - u. a. in Lippenstiften, Mascara und auch Make-up.

Strahlendes Resultat

■ Phenyl Methicone (INCI): Diese Verbindungen haben neben den konditionierenden interessante optische Eigenschaften, denn ihr Brechungsindex ist mit dem Haar identisch. Sie erhöhen den Glanz und die Leuchtkraft der Haare. Andererseits bilden sie Gleitfilme und machen das Haar geschmeidig.
■ Dimethicone Copolyol und Cyclomethicone sind Bestandteile von Reinigungspräparaten, da sie lipophile Schmutzpartikel leicht anlösen. Dimethicone Copolyol unterstützt einen stabilen, dichten Schaum und findet daher in Schaumbädern, Duschgelen und Flüssigseifen Verwendung.
■ Silikonisierte Kieselsäuren, z. B. Silica Dimethyl Silylate (INCI), setzt man als Konsistenzgeber ein.
Generell sind Silikone sehr gut verträglich. Mit Naturkosmetik und physiologischen Konzepten sind sie jedoch nicht vereinbar. Vom Hautgefühl her werden sie zwar sehr gut akzeptiert. Im Vergleich mit physiologischen Fettstoffen fördern sie die Hautregeneration aber nicht.

Dr. Hans Lautenschläger

 

Die vorliegende Publikation ist in einer ausführlicheren Fassung unter dem Titel: "Silizium - Global Player der Kosmetik" in Kosmetische Praxis 2010 (6), 12-15 erschienen.

 


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veröffentlicht in
Kosmetik International
2010 (7), 28-30

 
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