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Triclosan - teils verboten, weit verbreitet

 

Die antimikrobielle Chemikalie, die in Kosmetika als Konservierungsstoff eingesetzt wird, steht schon seit einiger Zeit in der Kritik. Unser Experte erklärt, warum, und gibt ein Update zur aktuellen Gesetzeslage.

 

Triclosan, alias Irgasan, alias 5-Chlor-2-(2,4-dichlorphenoxy)-phenol, ist nicht erst jetzt in die Schlagzeilen geraten. Die antimikrobielle Chemikalie wird zur Konservierung wasserhaltiger kosmetischer Produkte verwendet, dient also der Produktsicherheit. Zum anderen reduziert sie in Deos die Keimbesiedlung der Haut und damit das Auftreten unerwünschter Gerüche.

Gesetzliche Bestimmungen

Mit der EU-Verordnung 2014/358 vom 9. April 2014 ist die Anwendung von Triclosan auf Produkte beschränkt, die nach der Anwendung abgespült ("Rinse-off") werden. D. h. die Konservierung von Körperlotionen und Pflegecremes mit Triclosan ist nicht mehr erlaubt. Noch im Handel befindliche Präparate durften bis zum 30. Juli 2015 weiter verkauft werden. In Rinse-off-Produkten wie Zahnpasten sowie Hand- und Körperseifen inklusive Rasierschäumen, Shampoos, Duschgelen und Flüssigseifen ist Triclosan nach wie vor enthalten. Ausnahmen gelten auch für Gesichtspuder und Concealer. Unverständlich ist der zulässige Gebrauch in Deos, da die Haut unter den Achseln besonders aufnahmefähig ist - insbesondere wenn sie frisch rasiert ist. Auch medizinische Desinfektionsmittel (z. B. für Arztpraxen, Kliniken, öffentliche Gebäude) für Hände und zur Oberflächendesinfektion sind von dem Verbot bisher nicht betroffen, da diese nicht unter die EU-Verordnung fallen.

Triclosan in Alltagsprodukten

Wenig bekannt ist, dass die Verbindung zur Prävention mikrobieller Belastungen auch in vielen alltäglichen Produkten vorkommt. Einige Beispiele:

  • Antimikrobielle Beschichtungen von Textilien, insbesondere für sportliche Aktivitäten
  • Toilettensitze aus Kunststoff
  • Antimikrobielle Folien und Überzüge, z. B. für Matratzen
  • Schuhe
  • Haushaltshilfsmittel aus Kunststoff
  • Beschichtete Möbelplatten
  • Plastik-Spielzeug

Selbst Rezepturarzneimittel mit Triclosan, die in den Apotheken auf dermatologische Verordnung gegen entzündliche Hauterkrankungen und Infekte hergestellt werden, gelangen immer noch in den Handel bzw. an den Patienten. Sie unterliegen dem Arzneimittelrecht, das bisher keine Restriktionen für den Stoff kennt.

Trotz Teilverbot - allgegenwärtig

Mit anderen Worten: Triclosan ist auch nach dem Teilverbot allgegenwärtig. Die gute Nachricht ist, dass man den Stoff bei Kosmetika auf der INCI erkennen kann. Die schlechte Nachricht: Ein neu gekaufter Toilettensitz enthält zwar auf der Verpackung den Hinweis auf die antimikrobielle Substanz, bei einem in Gebrauch befindlichen gibt es diesen Hinweis im Gegensatz zu einem Kosmetikspender nicht mehr. Gleiches gilt natürlich für alle anderen, oben genannten Gegenstände.

Bereits 2009 hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in seiner Stellungnahme Nr. 031/2009 vom 12. Juni das Verwendungsverbot von Triclosan in Lebensmittelbedarfsgegenständen unterstützt. Unter diesen Gegenständen sind insbesondere antimikrobiell beschichtete Verpackungen mit Lebensmittelkontakt zu verstehen.

Chemische Charakteristika

Triclosan neigt bei thermischer Belastung oder unter dem Sonnenlicht (UV-Strahlung) zur Bildung hochgiftiger halogenierter Dibenzodioxine und Dibenzofurane. Wo diese Zersetzungen, stattfinden ist aufgrund der beschriebenen großen Verbreitung der Substanz und der entsprechenden Abfälle unkalkulierbar. Im Übrigen ist der Abbau der durch Hygieneprodukte wie Seifen in die Kläranlagen gelangten Substanz problematisch. Es findet häufig nur ein Teilabbau statt oder es bilden sich andere langlebige und umweltschädliche chlorierte Kohlenwasserstoffe. Diese finden sich z. B. in absorbierenden Bodenschichten wie Lehm wieder. Selbst die lehmhaltigen Heilerden sind mittlerweile kontaminiert, wie eigene Messungen gezeigt haben.

Es wird zwar damit geworben, dass die antimikrobielle und pestizide Aktivität von Triclosan z. B. bei Matratzenüberzügen (Milben!) Allergien verhindert. Es wird aber verschwiegen, dass gerade chloraromatische Desinfektionsmittel und Konservierungsstoffe, ein hohes eigenes allergenes Potenzial aufweisen.

Anstieg von Allergien

In unserer Kultur hat die Hygiene einen hohen Stellenwert. Infektionsquellen wie fehlende Kanalisation und unreines Trinkwasser wurden erfolgreich eliminiert. Mittlerweile ist man aber wesentlich über das Ziel hinaus geschossen. Es macht keinen Sinn, schon bei Babys und Kleinkindern alles sterilisieren und desinfizieren zu wollen - in einer Phase, in der sich das Immunsystem ausbildet. Die Folge ist ein signifikanter Anstieg von Allergien. Zum anderen fördert dieses Vorgehen Resistenzen gegen Antibiotika. Triclosan steht im Verdacht, diesbezüglich einen wesentlichen Beitrag zu leisten.

Alternative Konservierungsstoffe

Dies gilt aber auch für andere aromatische und halogenhaltige Konservierungs- und Desinfektionsmittel. Der beste Schutz vor Nebenwirkungen besteht darin, auf Konservierungsmittel so weit wie möglich ganz zu verzichten. In der Hautpflege ist dies ohne weiteres möglich. Es gibt viele alternative Stoffe wie z. B. Alkohol und Glykole, die konservieren, aber keine Allergien auslösen. Aus diesem Grund stehen diese auch nicht im Anhang V der Kosmetikverordnung. Die dort gelisteten Konservierungsstoffe zeigen durchweg alle ein allergenes Potenzial.

Kontrovers diskutierte Studien

Das EU-weite Verbot von Triclosan in Leave-on-Produkten stützt sich auf Studien, die noch kontrovers diskutiert werden. Dabei treten immer wieder die gleichen Fragen auf:

  • Sind die Arbeiten repräsentativ?
  • Wurden die Studien statistisch einwandfrei durchgeführt?
  • Kann man von Tierversuchen auf den Menschen schließen?
  • Welchen Wert haben in-vitro-Untersuchungen?
  • Sind die teils artifiziellen Rahmenbedingungen auf die tägliche Realität übertragbar?

Diskutiert werden hormonelle Wirkungen, Einflüsse auf die Fertilität, Muskelschwäche und kanzerogenes Potenzial. Bedenklich ist das Vorkommen in der Muttermilch. Unbeantwortet ist bisher die wichtige Frage, wo der No-Observed-Adverse-Effect-Level (NOAEL) für den Menschen liegt. D. h. welches die höchste Dosis ist, bei der kein toxischer Effekt auftritt. Dementsprechend konnte auch kein endgültiger Grenzwert festgelegt werden. Daher wird ein endgültiges Verbot von Triclosan noch auf sich warten lassen. Zu begrüßen ist, dass auch ein anderer hoch allergener Konservierungsstoff, das (Chlor-)Methylisothiazolinon, auf Rinse-off-Produkte beschränkt wurde. Er ist aber mindestens noch genauso stark verbreitet wie das Triclosan, nämlich in Haushalts- und Textilwaschmitteln sowie in Baustoffen und Dispersionsfarben.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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Revision: 26.05.2021
 
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veröffentlicht in
Beauty Forum
2016 (5), 92-94

 
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