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Pflanzenöle

 

Pflanzenöle sind die ältesten pflegenden Kosmetika. Ihre Bedeutung ist heute noch so groß wie eh und je. Was diese Stoffgruppe so vielseitig und interessant macht, erfahren Sie in der folgenden Übersicht.

 

Bei pflanzlichen Ölen handelt es sich um komplizierte Stoffgemische, deren Zusammensetzung ganz spezifisch ihren Ursprung widerspiegelt. Früchte, Kerne oder Samen haben alle ihre eigenen "fetten" Öle mit unterschiedlichen kosmetischen und physiologischen Wirkungen.
Fettstoffe sind naturgemäß die wichtigsten Komponenten der Öle. Fette glätten, ergänzen den Fettgehalt bei fettarmer Haut und vermindern den Feuchtigkeitsverlust. Viele Pflanzenöle sind ein Bestandteil gesunder Ernährung - ein Aspekt, der auch für die Hautpflege wichtig ist. Denn die in den Ölen gebundenen Fettsäuren nehmen lebenswichtige regulatorische Funktionen in Körper und Haut ein. Unter ihren Umwandlungsprodukten, auch Metabolite genannt, befinden sich unter anderem Hormone, die physiologische Prozesse steuern. Da die hormonellen Wirkungen ganz spezifisch von den Strukturen der Fettsäuren abhängen und teilweise konkurrieren, ist die ausgewogene Zufuhr verschiedener Fettsäuren ganz entscheidend. Defizite essenzieller Fettsäuren oder das körperliche Unvermögen, bestimmte Metabolite zu bilden, weil z. B. Enzyme fehlen, führen nicht nur zu Problemen im Herz-Kreislauf-Bereich, sondern auch zu auffälligen Hauterscheinungen wie Atopie, Schuppenflechte und entzündlichen Prozessen.
Die Grundkörper der in den Ölen enthalten Fette sind Triglyceride - die Verknüpfung von 3 Fettsäuren mit Glycerin. Triglyceride werden in der Haut oder bei der Verdauung unter Freisetzung der Fettsäuren enzymatisch oder hydrolytisch gespalten. Dabei bildet sich neben den 3 freien Fettsäuren auch das feuchtigkeitsbindende Glycerin. Es ist Bestandteil des natürlichen NMF (Natural Moisturizing Factor) der Haut. Als Zwischenprodukte treten Diglyceride (2 Fettsäuen an Glycerin gebunden) und Monoglyceride (1 Fettsäure an Glycerin gebunden) auf. Die Anwesenheit von Mono- und Diglyceriden ist für das natürliche Hautgleichgewicht wichtig. Sie werden ebenfalls aus dem Sebum der Talgdrüsen gebildet. Man unterscheidet:
Gesättigte Fettsäuren - typisch: Palmitinsäure, Stearinsäure
Einfach ungesättigte Fettsäuren - wie Ölsäure, Palmitoleinsäure
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren - z. B. Linolsäure, alpha-Linolensäure, gamma-Linolensäure

Die Fettsäuren

In höheren Konzentrationen kommen in Pflanzenölen ca. 30 Fettsäuren vor. Viele weitere sind als Spuren in den Ölen vorhanden, ihre kosmetischen Eigenschaften sind nicht bis ins Detail geklärt. Aus dem Rahmen fällt die Rizinolsäure des Rizinusöls, die einfach ungesättigt ist und eine Hydroxylgruppe trägt. Sie haftet sehr stark und ist z. B. in natürlicher und hydrierter Form ein beliebter Rohstoff für Lippenstifte. In kosmetischen Präparaten und Dermatika weit verbreitet sind Caprin- und Caprylsäure aus dem Kokosöl. Ihre Triglyceride sind unter der INCI-Bezeichnung "Caprylic/Capric Triglyceride" bekannt. Sie bilden gut verträgliche ölige Grundlagen. Im Einzelnen sind die folgenden Säuren hervorzuheben:
Palmitinsäure ist ein Bestandteil der Hautbarriere, wo sie zusammen mit Ceramiden und Cholesterin gegen äußerlich eindringende Stoffe schützt. Palmitinsäure ist gesättigt, d. h. sie enthält mit ihrer Kette von 16 Kohlenstoffatomen die maximal mögliche Anzahl von Wasserstoffatomen. Palmitinsäure kann daher nicht ranzig werden und ist oxidationsstabil. Abkürzung: C16:0. Palmitinsäure kommt im Avocado- und Weizenkeimöl in höheren Konzentrationen vor.
Stearinsäure (C18:0) ist um 2 Kohlenstoffatome länger als die Palmitinsäure und ebenfalls eine Komponente des Stratum corneums - allerdings in weitaus geringerer Konzentration. Dies gilt auch für die Pflanzenöle, wo sie in einem geringen Prozentsatz weit verbreitet ist. Die Triglyceride noch längerer gesättigter Fettsäuren wie Arachinsäure (C20:0), Behensäure (C22:0) und Lignocerinsäure (C24:0) wirken hautschützend, kommen aber in Pflanzenölen eher in sehr kleinen Konzentrationen vor.
Palmitoleinsäure ist anteilig an den Fettsäuren des Avocado- und Sanddornöls zu etwa 10% sowie zu etwa 20% im Macadamianussöl enthalten und trägt zu deren guten Pflegeeigenschaften bei. Sie besitzt wie die Palmitinsäure 16 Kohlenstoffatome und ist einfach ungesättigt. Daher die Abkürzung C16:1. Einfach ungesättigt heißt in diesem Fall, dass die maximal mögliche Anzahl von Wasserstoffatomen nicht erreicht ist - es fehlen zwei. Palmitoleinsäure zählt auch zu den hauteigenen Lipiden.
Ölsäure ist in Pflanzenölen sehr verbreitet. Das Fettsäurespektrum des Olivenöls enthält zwischen 60-70 % Ölsäure. Sie gilt als Penetrationsverstärker für Wirkstoffe, da sie einen Teil der gesättigten Säuren aus der Hautbarriere verdrängt und dadurch die Barriere fluidisiert. Wie die Palmitoleinsäure ist sie einfach ungesättigt und um 2 Kohlenstoffatome länger. Daher die Abkürzung C18:1. Ölsäurereiche Öle lassen sich besser auf der Haut verteilen als Öle mit einem hohen Anteil gesättigter Säuren.
Linolsäure ist mit 18 Kohlenstoffatomen zweifach ungesättigt (Abkürzung C18:2) und gehört zu den essenziellen Fettsäuren. Essenzielle Fettsäuren sind absolut lebensnotwendig und müssen in der Nahrung enthalten sein. Linolsäure wird auch als Omega-6-Fettsäure bezeichnet, weil an der Position 6 und 7 - vom Ende des Moleküls gezählt (daher Omega: der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets) zwei Wasserstoffatome fehlen und sich dort stattdessen die erste Doppelbindung befindet. Linolsäure ist ein wichtiger Teil des Ceramid I der Hautbarriere. Ohne Linolsäure wird die Haut schuppig und trocken. Sie ist ein effektiver Wirkstoff bei Verhornungsstörungen, vor allem im Bereich der Talgdrüsenausgänge. Daher kann sie bei Akne eingesetzt werden. Durch die 15-Lipoxygenase (körpereigenes Enzym) wird ein Metabolit gebildet, der in der Haut entzündungshemmend wirkt. Oral tritt diese Wirkung praktisch nicht auf, da die Säure sehr schnell verstoffwechselt wird. Dabei entsteht über die intermediäre gamma-Linolensäure (siehe unten) und weitere Zwischenstufen die 4-fach ungesättigte Arachidonsäure mit ihren hormonellen Folgeprodukten: Prostacyclin, Prostaglandine, Thromboxane, Leukotriene etc. Die Verteilung dieser Stoffe ist letztendlich auch für die Haut von eminenter Bedeutung. Distelöl hat mit fast 80% den höchsten Linolsäuregehalt der bekannten wichtigen Pflanzenöle.
Gamma-Linolensäure zeigt eine gute entzündungshemmende Wirkung, weil sie wie die Linolsäure durch die 15-Lipoxygenase in einen wirksamen Metaboliten umgewandelt wird. Sie wird z. B. als Nachtkerzenöl bei neurodermitischer Haut appliziert. Gamma-Linolensäure ist dreifach ungesättigt (C18:3) und gehört wie die Linolsäure zu den essenziellen Omega-6-Fettsäuren.
Alpha-Linolensäure ist ebenfalls eine essenzielle, dreifach ungesättigte C18:3-Säure und gehört als Vorläufer der in Fischölen vorkommenden Eicosapentaensäure zu den Omega-3-Fettsäuren, d. h. die erste Doppelbindung beginnt am dritten Kohlenstoffatom (vom Ende her gezählt). Sie bildet wie die Omega-6-Fettsäuren einen Metaboliten, der bei Verbrennungen und Hautrötungen sehr gut Entzündungen hemmt. Leinöl besitzt den höchsten Gehalt an alpha-Linolensäure, nämlich über 50% seiner Fettsäuren, Hagebuttenkernöl etwa 25-30%. Pflanzenöle mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind sauerstoffempfindlich und werden nur selten eingesetzt.

Begleitstoffe

Ein Nachteil der Pflanzenöle ist wie bei anderen Naturstoffen ihre schwankende Zusammensetzung. Die Fettsäuregehalte können je nach Erntejahr, Herkunft und Aufbereitung von den Durchschnittswerten abweichen. Bei der Herstellung unterscheidet man Extraktionen mit Lösungsmitteln, Kaltpressungen und Raffinationen. Interessant sind die folgenden Begleitstoffe der Pflanzenöle:
Carotin ist eine Vitamin A-Vorstufe. Es verleiht den Ölen häufig ihren goldgelben Farbton. Besonders farbintensiv ist Karottenöl, bei dem es sich in der Regel um einen Karottenextrakt auf der Basis von Sojaöl handelt. Carotinhaltige Öle werden wie Vitamin A zu Regenerationszwecken eingesetzt. Höhere Konzentrationen von Carotin werden meist vermieden.
Flavonoide sind Polyphenole mit antioxidativer Wirkung. Hier sind vor allem die oligomeren Proanthocyanidine, abgekürzt OPC zu nennen, deren prominentester Vertreter das Procyanidin ist. Die Gehalte, z. B. in Traubenkernöl, sind im Gegensatz zu wässrig-alkoholischen Traubenkernextrakten sehr gering.
Isoflavonoide werden aufgrund ihrer schwachen östrogenen Wirkung auch als Phytohormone bezeichnet. Sie sind wie die Flavonoide in vielen Pflanzensamen wie dem Leinsamen enthalten, gehen aber höchstens in Spuren in die Öle über.
Phytosterine sind dem hauteigenen Cholesterin strukturell sehr ähnlich. Als Hauptkomponente des so genannten unverseifbaren Anteils der Pflanzenöle zeigen sie eine starke hautschützende Wirkung. Öle mit höheren Gehalten an Phytosterinen wie Avocadoöl, Sanddornöl und Weizenkeimöl pflegen daher besonders nachhaltig.
Squalen - ein Begleitstoff des Olivenöls und des Avocadoöls - ist ein reiner ungesättigter Kohlenwasserstoff, der auch im Sebum vorkommt.
Vitamine: Die größte Rolle spielt Vitamin E, das fast in allen Ölen als natürliches Antioxidans in wechselnden Mengen vertreten ist. Seltener sind Vitamine der B-Reihe und Vitamin K, ganz selten Vitamin D, das im Avocadoöl vorkommt.

Charakteristika einiger weiterer Öle

Nachfolgend sind die Charakteristika einiger weiterer Öle gelistet, die oben nicht zitiert wurden:

  • Amaranthöl enthält zwei hauteigene Substanzen in hoher Konzentration: Squalen (ca. 8%) und Palmitinsäure (ca. 17%), Öl- und Linolsäure liegen zwischen 25 und 35%.
  • Aprikosenkernöl besteht aus ca. 6% Palmitinsäure neben ca. 65% Ölsäure und 20% Linolsäure; vergleiche Mandelöl.
  • Arganöl enthält ca. 12% Palmitinsäure, ca. 45% Ölsäure und etwa 30% Linolsäure
  • Borretschöl enthält ca. 20% gamma-Linolensäure, hat aber gegenüber Nachtkerzenöl (siehe oben) an Bedeutung verloren.
  • Johannisbeerkernöl (schwarze Johannisbeere) ist insofern beachtenswert, als es zu gleichen Teilen - nämlich zwischen 13 und 15% - sowohl alpha- als auch gamma-Linolensäure enthält.
  • Jojobaöl ist unter den Wachsen einzuordnen und mit triglyceridischen Pflanzenölen nicht vergleichbar. Der Grundkörper sind Wachsester.
  • Mandelöl: ca. 6% Palmitinsäure neben ca. 65% Ölsäure und 20% Linolsäure
  • Rapsöl: ca. 9% alpha-Linolensäure
  • Sesamöl: ca. 10% Palmitinsäure, 40% Ölsäure, 40% Linolsäure
  • Sojaöl ist reich an Phytosterinen und enthält neben Linolsäure auch beachtliche Mengen an alpha-Linolensäure.
  • Sonnenblumenöl enthält viel Linolsäure (ca. 60%), Ölsäure (ca. 20%), Stearinsäure (5%) und Behensäure (< 1%), Neuzüchtungen über 80% Ölsäure.

Die angegebenen Prozentsätze beziehen sich immer auf die Fettsäurebesetzung, d. h. die Verteilung der einzelnen Säuren auf den Gesamtsäuregehalt.
Die Pflanzenöle werden in vielfältiger Weise weiterverarbeitet und als solche oder in Mischungen in Gesichts-, Körper- und Massageölen eingesetzt. Der größte Teil wird in Form wässriger Emulsionen (Cremes) angewandt. Relativ neu sind flüssige Nanopartikel, deren Hülle aus membranaktivem Phosphatidylcholin (PC) besteht. Diese Formulierungen haben den Vorteil, dass sie sich wie Wasser anfühlen und dementsprechend wie Lotionen applizieren lassen.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetik International
2009 (1), 16-18

 
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