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Emotionsauslöser - Streifzug durch die Welt der Duftstoffe

 

Düfte und Aromen gehören ganz selbstverständlich zum täglichen Leben, so dass wir sie häufig gar nicht mehr wahrnehmen. Unbewusst reagieren wir aber darauf. Kleine chemische Moleküle signalisieren Botschaften mit großer psychologischer Wirkung.

 

Die Verwendung von Düften wie Lavendel und Rosmarin lässt sich einige tausend Jahre zurückverfolgen. Damals wie heute dienen sie dem Wohlbefinden, der Überdeckung von Körpergerüchen oder etwa zur Aromatherapie. Chemisch gesehen handelt es sich um einen Mikrokosmos von vielen Einzelkomponenten, die einen Duft oder ein Aroma bilden. Damit eine Duft-Komponente vom Geruchssinn registriert wird, müssen mehrere Voraussetzungen gegeben sein:

  • Der Stoff muss flüchtig sein
  • Das zugrunde liegende Molekül muss relativ klein, man geht allgemein von einer Grenze um die 300 Dalton aus
  • Der Geruchssinn muss auf den Stoff konditioniert sein.

Den Duft wahrnehmen

Die Wahrnehmung einer Duftkomponente kann individuell ganz verschieden ausfallen. Was bei dem einen Menschen angenehme Empfindungen auslöst, ist für den anderen unerträglich oder er riecht es im Extremfall gar nicht. Ein Grund übrigens dafür, dass nur in Ausnahmen mehr als 50% der Bevölkerung ein parfümiertes kosmetisches Produkt akzeptieren. Andererseits gibt es Moleküle, die den Geruchssinn verändern. Beispielsweise wird der nach faulen Eiern riechende, giftige Schwefelwasserstoff nach einer Weile nicht mehr wahrgenommen.
Düfte sprechen die emotionale Ebene an. Sie wirken - nach Paul Jellinek - erfrischend (anti-erogen), stimulierend, erogen oder berauschend (narkotisch). Als Übergänge zwischen diesen Hauptrichtungen bezeichnet der Parfümeur erogen + narkotisch als "schwül" und narkotisch + anti-erogen als "beruhigend".

Natürlich oder synthetisch?

Natürliche pflanzliche Duftstoffe stammen aus Blüten, Früchten, Blättern, Rinden, Harzen und Wurzeln. Darunter sind viele Gewürzpflanzen, Gräser und Moose. Tierische Sekrete wie Ambra (aus dem Verdauungstrakt von Pottwalen), Moschus (aus Drüsen des Moschushirschs), Zibet (aus Analdrüsen der Zibetkatze) und Bibergeil (aus den Biberdrüsen) werden heute praktisch nicht mehr für Parfüms eingesetzt. Dagegen hat die Zahl der synthetischen Riechstoffe stark zugenommen. Viele der natürlichen - insbesondere der tierischen Komponenten - wurden chemisch imitiert oder durch andere Zusammensetzungen ersetzt.
Nach wie vor ist es eine hohe Kunst, einzelne Riechstoffe zu einem Duft oder Parfüm zu komponieren. Weltweit gibt es vergleichsweise wenige Experten, die dieses Handwerk beherrschen. Die einzelnen Riechstoffe gehören zu chemischen Verbindungsklassen, unter denen die folgenden funktionellen Gruppen dominieren:

  • Ester und Lactone
  • Phenole und Phenolether
  • Alkohole
  • Aldehyde und Ketone
  • Acetale und Ketale
  • Amine

Säuren kommen selten vor. Dagegen sind die Ester, die unter Wasseraustritt ("Kondensation") aus Säuren und Alkoholen entstehen, recht häufig vertreten. Die Ester riechen zumeist völlig anders als die zugrunde liegenden Säuren. So erinnert Buttersäure intensiv an ranzige Butter, während die Ester angenehm fruchtig nach Ananas (Ester mit Ethylalkohol) oder Erdbeere (Ester mit Propylalkohol) riechen können.
Bei Lactonen handelt es sich um intramolekulare Ester aus Verbindungen, die gleichzeitig eine Säure- und Alkoholfunktion besitzen und dementsprechend ringförmig kondensieren können. Ambrettolid ist wohl einer der herausragenden Vertreter dieser Gruppe mit 18 Kohlenstoff-Atomen und süßlich-erogener Note.
Als Phenole bezeichnet man Alkohol-analoge aromatische Verbindungen. Aromatisch ist in diesem Fall nur ein historischer Begriff und deutet auf den im Molekül enthaltenen Benzolring ("aromatischer Ring") hin. Phenol riecht unangenehm durchdringend nach Tusche. Als Konservierungsstoff ist die Verbindung darin immer noch häufig enthalten. Phenolether, die sich aus Phenol und einem Alkohol unter Wasseraustritt bilden, zeichnen sich hingegen durch angenehme Gerüche aus wie beispielsweise Anisol. Die Verbindung aus Phenol und Methylalkohol riecht intensiv nach Anis.

Die duftaktiven Ester resultieren eher aus kurzkettigen Alkoholen. Diese verfügen als solche zwar über einen Eigengeruch wie etwa der in Haarwässern häufig verwendete Isopropylalkohol, aber als Duftkomponente haben sie nur eine geringe Bedeutung. Ethylalkohol eignet sich als Trägerflüssigkeit in Parfüms und als Lösungsmittel. Dagegen sind Alkohole mit längeren Ketten aufgrund ihres schweißigen Geruchs in Kleinstmengen als erogene Komponenten in Parfüms enthalten. Alkohole mit Terpengerüst sind außerordentlich häufig anzutreffen wie etwa Geraniol (blumig-rosenähnlich), Nerol (rosenartig), Linalool (maiglöckchenähnlich), Citronellol (rosenartig), Menthol (kühl, minzähnlich), Terpineol (fliederartig), Farnesol (maiglöckchenähnlich), Eucalyptol (kampferartig).

Aldehyde und Ketone entstehen durch Oxidation von Alkoholen. Neben den Lösemitteleigenschaften ihrer niedrigmolekularen Vertreter (Aceton, Methylethylketon) zeichnen sie sich durch vielfach frische und blumige Noten aus. Dies gilt insbesondere für Vertreter mit Terpenstruktur wie beispielsweise Geranial (Citral A, zitronenartig), Neral (Citral B, zitronenartig), Carvon (kümmelartig). Citronellal (zitronig), Hydroxycitronellal (blumig-süß). Aldehyde sind sauerstoffempfindlich; daher können sich aldehydreiche ätherische Öle und Parfüms bei längerer Lagerung geruchlich verändern.
Bei der Autoxidation ungeschützter, ungesättigter Säuren wie Linolsäure entstehen unangenehm ranzige Gerüche, die unter anderem auf Aldehyde und Ketone zurückzuführen sind. Neben den gesättigten Aldehyden Pentanal, Hexanal und Heptanal werden besonders geruchsintensive ungesättigte Aldehyde mit 7-10 C-Atomen gebildet - darunter 2-Nonenal und das 1-Octen-3-on
Die hohe chemische Reaktionsbereitschaft der Aldehyde und Ketone bedingt nicht nur ihre antimikrobielle Wirkung, sondern auch ihr allergenes Potenzial, das unter anderem bei Zimtaldehyden (Cinnamal, Amyl Cinnamal, Hexyl Cinnamal) stark ausgeprägt ist. Von Aldehyden und Ketonen geht meist eine stimulierende Wirkung aus.

Angenehme Duftnoten bieten die Umsetzungsprodukte von 2 Molekülen eines Alkohols mit einem Aldehyd- oder Keton-Molekül. Dabei entstehen unter Wasseraustritt Acetale und Ketale. Sie kommen auch in der Natur vor und lassen sich leicht synthetisch herstellen, weshalb man sie häufig in Parfümkompositionen findet. Die in der Natur außerordentlich weit verbreiteten Glykoside gehören auch zur Gruppe der Acetale und Ketale.

Eine Zwischenstufe sind Halbacetale und Halbketale. Diese entstehen, wenn sich nur ein Alkoholmolekül anlagert. Halbacetale und Halbketale sind wenig beständig und zerfallen leicht wieder in die Ausgangskomponenten. In der Anmutung von Parfüms können sie Nuancen verursachen. Im Falle einer intramolekularen Anlagerung wird ihre Stabilität erhöht - wie im Fall der Monosaccharide (Einfachzucker).

Amine erinnern an Zersetzungsprodukte körperlicher Sekrete und bilden ein Geruchsspektrum von fischig bis fäkalartig. Die in reinem Zustand kotartig riechenden aromatischen Amine Indol und Skatol (3-Methylindol) sind in kleinen Dosierungen wichtige Bestandteile von Parfüms, da sie im Unterbewusstsein körperliche Nähe vermitteln. Im Übrigen haben sie in kleinster Konzentration eine jasminartige Note und sind in der Tat auch Bestandteil des Jasmin-Blütendufts.

"Körper-Noten"

Körpergeruch kann sowohl anziehend als auch abstoßend wirken. Er lässt sich einerseits direkt den Komponenten einzelner Drüsensekrete, andererseits aber deren Zersetzungsprodukten zuordnen, die durch mikrobielle, oxidative und enzymatische Prozesse entstehen,. Die Zersetzungsprodukte sind besonders intensiv, wenn Feuchtigkeit aufgrund okklusiv wirkender Kleidung, Rasur an den Achselhöhlen oder eng anliegender Schuhe, z. B. Stiefel, nicht entweichen kann. Miroorganismen finden dann ideale Lebensbedingungen vor. Übertriebene Hygiene kann die Probleme weiter verschärfen, wenn sie zu Barrierestörungen führt, die das Eindringen von Mikroorganismen erleichtern.
Schweißgeruch in den Achselhöhlen ist vorwiegend auf die Präsenz von Androstenon (Abbauprodukt des Testosterons), Isovaleriansäure und verzweigten, teils ungesättigten C6-C11-Säuren zurückzuführen. Interessanterweise gibt es einen relativ hohen Prozentsatz an Menschen, die Androstenon nicht wahrnehmen können.
In der Fußregion dominiert unter normalen Verhältnissen die Isovaleriansäure. Haben spezielle Bakterien die Fußhaut besiedelt, können darüber hinaus unangenehm riechende schwefelhaltige Verbindungen entstehen, zu denen Mercaptane, Thioäther und Thioester gehören. Bakterizide und luftiges Schuhmaterial sind in diesen Fällen hilfreich.

Parfüms

Parfüms setzen sich aus einer Vielzahl von Düften zusammen, die wiederum aus vielen Einzelkomponenten bestehen. Dementsprechend kompliziert ist das Zusammenspiel aller Bestandteile, da sie untereinander reagieren oder individuelle Instabilitäten zeigen können. So werden Ester, Acetale und Ketale bereits in schwach sauren Medien auf Dauer merklich in die Einzelkomponenten gespalten. Andere Verbindungen werden durch Sauerstoff und Schwermetallspuren oxidiert. Höhere Lagertemperaturen beschleunigen diese Prozesse. Entscheidenden Einfluss hat auch die Matrix. Es ist ein Unterschied, ob sich die Riechstoffe in einer alkoholischen Lösung, in der wässrigen Emulsion einer Hautpflegecreme oder in einer wasserfreien Formulierung befinden. Daher gehört sehr viel Erfahrung dazu, ein neues Parfüm zu kreieren oder kosmetische Präparate mit Düften auszustatten. Parfüms enthalten in der Regel

  • eine Kopfnote, die relativ schnell verfliegt,
  • ein Herznote, die den Hauptsinneseindruck vermittelt, und
  • eine Basisnote, die lange anhält.

Vielfach dienen Duftstoffe auch dazu, den Eigengeruch von Creme-Inhaltsstoffen zu überdecken. Die Vielfalt unterschiedlicher Düfte ist heute größer denn je. Selbst die an Lebensmittel erinnernden Noten wie Karamell, Schokolade, Vanille, Lebkuchen, definierte Obst- und Fruchtsorten, die früher undenkbar gewesen wären, erfreuen sich großer Beliebtheit.

Grundsätzlich ist es sinnvoll, Pflegecremes aufgrund des Allergiepotenzials duftstofffrei zu gestalten und das Parfüm am Schluss nach der Pflegecreme aufzutragen. So ist die Gefahr gemindert, dass allergene Bestandteile in die Haut penetrieren. Außerdem: Das Parfüm kann sich an der Hautoberfläche frei entfalten.
Folgende potenziell allergene Riechstoffe müssen heute am Schluss der INCI separat deklariert werden: Amyl Cinnamal, Benzyl Alcohol, Cinnamyl Alcohol, Citral, Eugenol, Hydroxycitronellal, Isoeugenol, Amylcinnamyl Alcohol, Benzyl Salicylate, Cinnamal, Coumarin, Geraniol, Hydroxyisohexyl 3-Cyclohexene Carboxaldehyde, Anise Alcohol, Benzyl Cinnamate, Farnesol, Butylphenyl Methylpropional, Linalool, Benzyl Benzoate, Citronellol, Hexyl Cinnamal, Limonene, Methyl 2-Octynoate, Alpha-Isomethyl Ionone, Evernia Prunastri Extract, Evernia Furfuracea Extract. Die individuelle Erfahrung zeigt jedoch, dass viele andere Komponenten sensibilisierende Eigenschaften haben können. Vielfach sind es auch Oxidationsprodukte, die erst während des Gebrauchs entstehen.

Übrigens: die angenehm riechenden Balsame sind viskose Flüssigkeiten, die aus Pflanzensäften oder Harzen gewonnen werden. Beispiele sind Benzoe, Weihrauch, Myrrhe und Perubalsam. Balsame waren im Altertum sehr wertvoll und werden schon in der Bibel erwähnt. Sie enthalten unter anderem freie Säuren und aromatische Ester der Zimt- und Benzoesäure, häufig auch verschiedene Benzaldehyde wie Vanillin. Sie können daher auch Allergien auslösen.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Praxis
2010 (5), 10-14

 
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