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Aluminium - ein viel diskutiertes Element1

 

Über aluminiumhaltige Antitranspiranten und Deos wird seit einiger Zeit heftig diskutiert. Was viele nicht wissen: Aluminium begegnet uns nicht nur in Hygieneartikeln, sondern auch in vielen anderen Kosmetika und fast überall in der Umwelt - buchstäblich auf Schritt und Tritt.

 

Aluminium kennt man aus Leichtbaukonstruktionen wie Flugzeugen, Autos oder Fahrrädern, als elektrischer Leiter, Küchenfolie, als Verpackung für Lebensmittel und Aluminiumtube. Dies sind nur ein paar seiner vielseitigen Möglichkeiten. Das silbrig matte Leichtmetall scheint unverwüstlich, da es sich durch eine dünne Oxidschicht schützt und nicht wie Eisen rostet. Doch seine nichtmetallischen Verbindungen, in Form von Oxiden und Salzen, prägen die Gestalt der Erde wie kein anderes Element. Aluminium ist das häufigste Metall in der Erdkruste.

Von steinhart bis heilend

Alumosilikate sind die Kieselsäuresalze des Aluminiums. Sie sind der Grundstoff für Feldspat und Glimmer, die zusammen mit dem Quarz ganze Gebirge wie die Zentralalpen aufbauen und dort das Urgestein, bestehend aus Granit und Gneis, bilden. Bei ihrer Verwitterung durch Wasser und Kohlendioxid entsteht Ton, dessen Hauptbestandteil ebenfalls wasserhaltige Alumosilikate sind. Eine sehr reine Variante ist das Kaolin, das zur Herstellung von Porzellan und Töpferwaren (Steingut) dient, indem es geformt und gebrannt wird. Der größte Teil des bergmännisch abgebauten Kaolins wird als Füllstoff bei der Papierherstellung sowie in Farben und Kunststoffen verwendet. Ein kleiner Teil wird in Weißpigmenten zu Make-up-Präparaten verarbeitet.
Ton ist ein wesentlicher Bestandteil von Mergel und Lehm, der fruchtbare Lössböden auszeichnet und als atmungsaktiver Baustoff (Lehmziegel) oder gebrannt als konventioneller Ziegel eingesetzt wird. Ein anderer wichtiger Baustoff, der Zement, besteht aus einer Mischung von Ton und Kalk.
Sehr reine Lehmqualitäten kommen als Terra sana (Heilerde) in den Handel. In kosmetischen Packungen und Masken absorbiert die Heilerde körpereigene Stoffe und kann beigemischte Wirkstoffkomponenten kontrolliert an die Haut abgeben. Das Vermögen des Tons, Ionen auszutauschen, ist bei Zeolithen, d. h. kristallinen Alumosilikaten, die sowohl in der Natur vorkommen als auch synthetisch hergestellt werden, besonders ausgeprägt. Mit ihnen kann man in begrenztem Umfang Wasser enthärten.
Im Gegensatz zu Ton besteht Tonerde aus wasserhaltigem Aluminiumoxid; aus dem natürlichen Mineral Bauxit wird Aluminium hergestellt. Tonerde ist in Säuren und Basen löslich. Mit Essigsäure reagiert sie zu essigsaurer Tonerde (Aluminiumdiacetat), die analog dem Aluminiumchlorid antiseptisch und adstringierend wirkt, d. h. sie tötet Krankheitserreger ab und wirkt austrocknend, blutstillend und entzündungshemmend. Sie ist als volksmedizinisches Hausmittel bekannt.
Zusammen mit Weinsäure bildet essigsaure Tonerde eine wässrige Lösung, die nach wie vor in der Roten Liste der Apotheken als Aluminiumacetat-tartrat-Lösung geführt wird2 und bei erhöhter Schweißbildung, Sonnenbrand, Schwellungen, und Insektenstichen lindernd wirkt. Kompakt tritt Aluminiumoxid übrigens als Korund, Saphir und Rubin in Erscheinung. Die Mineralien dienen als Schmucksteine und wegen ihrer hohen Härte auch als Schleifmittel.
Apropos Glimmer: Das aus Glimmerschiefer gewonnene Pulver (INCI: Mica, CI 77019) hat spezielle optische Eigenschaften und gibt Pudern und anderer dekorativer Kosmetik einen Schimmereffekt, der durch Beschichtungen (Coating) noch intensiviert werden kann.

Aluminiumchlorid

Wie das Kochsalz (Natriumchlorid) aus der Küche ist das Aluminiumchlorid (INCI: Aluminium Chlorohydrate) ein Salz der Salzsäure. Als Hydrat enthält es Wasser und wie das zu Heilzwecken eingesetzte Aluminiumacetat-tartrat ist es wasserlöslich.

Aluminiumaufnahme

In Publikationen und Medien geht es vor allem um den Aluminiumanteil, der mit gesundheitlichen Risiken in Verbindung gebracht wird. Wissenschaftliche Studien - vor allem wenn es um Statistiken geht - entsprechen nicht immer dem wünschenswerten Standard. Der medialen Öffentlichkeit fällt die Unterscheidung zwischen brauchbaren und nicht brauchbaren Studien oft schwer. Das ist nicht weiter schlimm, da fehlerhafte Ergebnisse und Hypothesen später von anderen Wissenschaftlern widerlegt werden. Genauso verhält es sich mit den Berichten über gesundheitliche Gefahren des Aluminiumchlorids. Die Hypothesen, dass Aluminium in täglich verwendeten Antitranspiranten und Deos die Alzheimer-Krankheit und bei Frauen Brustkrebs auslösen kann, sind allesamt widerlegt worden. Im Übrigen wurden bei den Untersuchungen andere Komponenten der Deos wie beispielsweise das Chlorphenol Triclosan, ein bakterienhemmender Wirkstoff, überhaupt nicht berücksichtigt.

Der Grenzwert für die tägliche orale Aufnahme von Aluminium wird von der EFSA (European Food Safety Authority - Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), der WHO (World Health Organization - Weltgesundheitsbehörde) und der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations - Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) unterschiedlich beurteilt. Er liegt im ungünstigsten Fall bei 1 mg/kg Körpergewicht wöchentlich. Bei einer Frau mit einem Körpergewicht von 60 kg entspricht dies 60 mg Aluminium pro Woche. Die Resorption von löslichem Aluminium ist allerdings extrem niedrig, da das Ion mit Proteinen und Säuren wie z. B. der in der Hautbarriere vorkommenden Palmitinsäure schwerlösliche Verbindungen bildet. Die entspricht auch dem Wirkungsmechanismus in Deos und der adstringierenden (austrocknenden, blutstillenden und entzündungshemmenden) Wirkung. Aluminium wird durch die Niere ausgeschieden. Um die Resorption niedrig zu halten, empfiehlt das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) aluminiumhaltige Deos nicht auf frisch rasierte Haut aufzubringen.

Ersatzstoff Alaun

Die negativen Presseberichte haben manche Hersteller veranlasst, Aluminiumchlorid-freie Antitranspiranten zu entwickeln und zu bewerben. So weit so gut. Wenn die Präparate aber bei Verwendung des Ersatzstoffs Alaun (INCI: Potassium Aluminium Sulfate oder Potassium Alum) mit "0% Aluminium Chlorohydrate" beworben werden, könnte es für den Verbraucher allerdings so aussehen, dass die Produkte frei von Aluminium sind. Sind sie aber nicht. Alaun und das darin enthaltene Aluminiumsulfat gibt es schon sehr lange in Blutstillern, Alaunsteinen und Rasierstiften - vor allem für Verletzungen bei der Nassrasur.

Verwendung in der Kosmetik

Interessant sind in diesem Zusammenhang die vielen anderen Produkte, die Aluminium enthalten. Dazu gehören nicht nur Getränkedosen, sondern auch die Aluminiumtuben, Aluminiumspender und Aluminiumdruckdosen in der Kosmetik. Aluminium und Aluminiumoxid lösen sich durch Säuren, z. B. Fruchtsäuren, bei niedrigem pH und durch Basen bei hohem pH langsam auf und das Aluminium geht in die Produkte über. Dieser Korrosionsvorgang wird durch Komplexbildner beschleunigt. Daher müssen die Innenoberflächen der Behälter beschichtet und unverletzt sein. Für die Beschichtung werden unter anderem Epoxid- oder Polyesterharze eingesetzt.
Zu den löslichen Aluminiumverbindungen gehört auch das Aluminiumfluorid, das in Zahnpasten verarbeitet wird und der Karies vorbeugt. Da die Reste der Paste ausgespült werden, ist die Aluminiumaufnahme gering. Andererseits ist ein Austausch durch andere Fluoride leicht möglich.
Andere, zumeist als Kosmetikhilfsstoffe verwendete Aluminiumverbindungen sind unlöslich. Zu ihnen gehören:

  • Bentonit, ein Alumosilikat, bildet mit Wasser anorganische Gele, aus denen mit Pigmenten, Glykolen und Ölen Flüssig-Make-ups hergestellt werden.
  • Aluminiumhydroxid wird zum Überziehen (Coating) von Titandioxid in Sonnenschutzmitteln und Make-up-Produkten verwendet. Das Coating unterbindet die bei Bestrahlung erfolgende Radikalbildung des Titandioxids. Die Übergänge zwischen wasserhaltigem Aluminiumoxid (Tonerde) und Aluminiumhydroxid sind fließend. Die chemischen Eigenschaften sind nahezu identisch.
  • Aluminiumstearat ist Bestandteil von Pudern und stabilisiert ähnlich wie Magnesiumstearat W/O-Emulsionen (Wasser-in-Öl-Emulsionen). Die Viskosität fettreicher und wasserfreier Präparate wird durch Aluminiumstearat erhöht. Ähnlich verhalten sich andere Salze wie z. B. Aluminium Starch Octenyl Succinate (INCI; E 1452).
  • Argilla (INCI) ist die italienische Bezeichnung für Ton, der oben bereits beschrieben wurde.
  • Kaolin ist Bestandteil pigmenthaltiger Produkte wie Lippen- und Abdeckstiften sowie Pudern und Foundations.
  • Das schwefelhaltige Alumosilikat Ultramarin ist ein Blaupigment.
  • Sodium Potassium Aluminium Silicate (INCI) ist Bestandteil von Pudern, Lidschatten und Abdeckcremes. Die Zusammensetzung entspricht der des natürlichen Glimmers (INCI: Mica). Dementsprechend ähnlich ist das optische Verhalten.
  • Zeolithe und vergleichbare poröse Alumosilikatpartikel werden zur Aufnahme amorpher Wirkstoffe und Verwendung in Nanodispersionen verwendet. Bei Durchmessern unter 100 nm müssen sie als Nanomaterial gekennzeichnet werden. Sie sind biologisch nicht abbaubar.

Blick über den Tellerrand

Bei aller Diskussion über Aluminium in Kosmetika sollte die breite Verwendung in anderen Bereichen wie dem Haushalt nicht verschwiegen werden. Denn der Kontakt mit Lebensmitteln erfolgt wesentlich intensiver. Dazu einige Beispiele:

  • Unglasierte Keramiken wie Steinzeug und Steingut. Sie werden beispielsweise von den Fruchtsäuren eingelegter Früchte ("Rumtopf") angegriffen. Früchte und saure Speisen, wie die Milchsäure des Sauerkrauts, werden durch Hitzeeinwirkung noch stärker aktiviert ("Römertopf"). Dagegen können Porzellan und glasierte Keramiken als weitgehend inert angesehen werden; durch häufige Reinigung in der Spülmaschine kann allerdings die Glasierung leiden.
  • Backbleche werden sowohl bei der Herstellung von Laugengebäck durch Natronlauge und Soda als auch durch die Säfte von Obst-Backwaren angelöst. Gleiches gilt für Fertiggerichte in Aluminiumschalen sowie für den Gebrauch von Aluminiumpfannen und -töpfen. Die anfängliche Beschichtung, unter anderem durch Teflon, bleibt naturgemäß bei längerem Gebrauch nicht unbeschädigt.
  • Saftpressen, Schöpfkellen oder Espressokannen sind Geräte, die vielfach aus reinem Aluminium gefertigt werden. Gleiches gilt für Getränkefässer.
  • Auch Lebensmittel wie z. B. Tee, Kakao und Schokolade enthalten Aluminiumverbindungen. E 173 ist eine Lebensmittelfarbe, die auch als Überzug von Dragees verwendet wird. Sie besteht aus reinem Aluminium. Natriumaluminiumsilikat, Kaliumaluminiumsilikat und Aluminiumlacke dürfen seit dem 1. August 2014 nur noch beschränkt in Lebensmitteln verwendet werden.2 Weitere Lebensmittelzusatzstoffe sind: Aluminiumsulfat (E 520), Aluminiumnatriumsulfat (E 521), Aluminiumkaliumsulfat (E 522), Aluminiumammoniumsulfat (E 523), Natriumaluminiumphosphat (E 541)
  • Antazida3, d. h. Mittel zur Magensäure-Neutralisation (Medizinprodukte), können Aluminiummagnesiumsilikat enthalten. Antiseptische Lösungen zum Gurgeln bei Infektionen der Mundhöhle - ebenfalls Medizinprodukte - enthalten verdünnte Aluminiumchlorid-Lösungen.2

Fazit

Im täglichen Leben haben wir ständig Kontakt mit dem Leichtmetall - egal ob wir uns in der Natur bewegen, eine Zeitung lesen, in der Küche arbeiten, einen Schoko-Riegel essen oder ein Make-up auftragen. Wie für viele andere Stoffe haben die Gesundheitsorganisationen für Aluminium Grenzwerte festgelegt, deren Einhaltung man heute wie in der Vergangenheit aber nur schwerlich kontrollieren kann. Die gute Nachricht ist, dass es keine stichhaltigen Beweise für schädliche Nebenwirkungen gibt.

Referenzen:

  1. Originaltitel: Nimm's leicht - Aluminium
  2. Bundesinstitut für Risikobewertung, Fragen und Antworten zu Aluminium in Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten, aktualisiert am 20. Februar 2015
  3. Stand: Rote Liste 2015
Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Beauty Forum
2015 (12), 56-58

 
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