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Nachhaltig? Tendenzen im Bereich Anti-Aging

 

Falten - darauf können Kunden gut verzichten. Und greifen daher gern zu ausgelobter Anti-Aging-Pflege. Deren Ziel muss es allerdings sein, der Hautalterung effektiv vorzubeugen. Nur der Begriff oder kurzlebige Wirkstoffe allein reichen nicht, findet Dr. Hans Lautenschläger.

 

Die Möglichkeiten kosmetischer Präparate haben sich in den letzten Jahren sehr stark weiterentwickelt. Und manch einer reibt sich die Augen, wenn er die Generation der Best Ager in den Medien sieht. Alte Menschen scheint es auf den ersten Blick nicht mehr zu geben. Allerdings beweist uns der nach dem morgendlichen Reinigungsritual alltägliche Blick in den Spiegel, dass das Altern nach wie vor nicht aufzuhalten ist. Was also steckt tatsächlich hinter Anti-Aging-Präparaten, was können oder sollten sie leisten?

Durch Effekte bestechen

Die meisten Anti-Aging-Präparate erfüllen den Sinn des Wortes Kosmetik in seiner ureigensten Form: Es geht ums Schmücken und Verschönern. So wirken spezielle Pigmente z. B. nicht nur deckend, sondern reduzieren Falten optisch, indem sie das Licht diffus reflektieren. Hyaluronsäure polstert die Haut auf. Muskelentspannende Peptide und exotische Extrakte lassen Fältchen verschwinden. Das sind nur einige wenige Beispiele der sich rasant entwickelnden Präparate.
Im engen Wortsinn verstanden ist die Bezeichnung Anti-Aging für die genannten Produkte allerdings kaum gerechtfertigt, denn an der Alterung ändern sie nichts. Um nicht missverstanden zu werden: Es steht völlig außer Frage, dass die erwähnten Produkte als sogenannte Effektpräparate zweifellos eine große Bedeutung haben, da sie das optische Erscheinungsbild temporär verbessern. Nur, wie sieht es mit dem "realen Anti-Aging" aus, wo beginnt die nachhaltige Wirkung? Antiaging ist zwar ein griffiges Schlagwort, aber eigentlich geht es um die Prävention des vorzeitigen Alterns der Haut. Die biologische Uhr zurückzudrehen und die sichtbaren Zeichen der Zeit auf einen Schlag verschwinden zu lassen, das geht einfach nicht. Möglichst früh Alterungsprozessen vorbeugen, muss die Devise also lauten. Und hier hat sich einiges getan.

Gegenläufige Ziele

Es lohnt sich in der Tat ein Rückblick. Denn aus dieser Perspektive kann man auf zukünftige Entwicklungen schließen. Beleuchten wir als erstes die Cremebasen - die Matrix also, in die Wirkstoffe eingebettet werden. Mit ihnen sind untrennbar die Begriffe Hautschutz und Regeneration verbunden. Denn Ziel von Cremebasen sollte es sein, die Haut maximal zu schützen sowie auch maximal zu regenerieren.
Dermatologische Untersuchungen verdeutlichen aber ein Problem: Ein maximaler Hautschutz, wie er sich z. B. durch einen Vaseline-Film, Paraffine oder Camouflage erzielen lässt, führt zu einer minimalen Eigenregeneration der Haut und ist somit auf Dauer kontraproduktiv. Da eine maximale Eigenregeneration auf Dauer wichtiger ist, müssen beim Hautschutz zwangsläufig Kompromisse eingegangen werden. Dies führte zur Entwicklung physiologisch angepasster Cremebasen: hautbarriereähnliche Strukturen, die darauf ausgelegt sind, die Hautbarriere mit körpereigenen bzw. -ähnlichen Stoffen zu reparieren und auf abschließende oberflächliche Filme zu verzichten. Dadurch wird der natürliche TEWL (transepidermaler Wasserverlust) wiederhergestellt, aber nicht signifikant erniedrigt. Die Entwicklung derartiger Systeme hat vor etwa 15 Jahren begonnen und zeichnet sich nach wie vor durch kontinuierliche Zuwachsraten aus.

Die Korneotherapie

Die von Prof. Kligman ins Leben gerufene Korneotherapie entstand zu gleicher Zeit. Seine Outside-In-Therapie-Theorie wurde in nachfolgenden Studien bestätigt und ist heute zusammen mit den physiologischen Cremebasen ein Eckpfeiler zur Prävention von Problemhaut. Die Korneotherapie konzentriert sich primär auf die Sanierung der Hautbarriere ("Outside") und wirkt sich dann nachfolgend auf tiefere Hautschichten aus ("In"). Es ist davon auszugehen, dass diese emulgatorfreien Systeme langfristig die konventionellen Präparate verdrängen werden.

Gezielter Hautschutz

Selbstverständlich kommt auch dem gezielten Hautschutz in der Korneotherapie eine große Bedeutung zu. Eine der wichtigsten Säulen ist der Sonnenschutz, der mittels geeigneter UV-A und UV-B-Filter gleichzeitig ein wichtiger Alterungsschutz ist. Dieser reicht allerdings längst nicht aus, wenn es um den Schutz besonders Sonnenhungriger geht. Denn gleichzeitig wirkt auch IR-Strahlung (Infrarot) auf die Haut ein, für die es bisher keine Filtersubstanzen gibt und nach menschlichem Ermessen auch in Zukunft nicht geben wird. Hier hilft neben den bisher erhältlichen Präparaten nur die Vernunft: Man sollte sich besser im Schatten aufhalten.
Dauerbelastungen der Haut durch Tagescremes mit UV-Filtern sind zu vermeiden. Auf diese Weise kann man dafür sorgen, dass die Bildung der Vitamine D2 (Ergocalciferol) und D3 (Cholecalciferol) nicht dauerhaft unterbunden wird.
Für einen weiteren Schutz der Haut sorgt der NMF (Natural Moisturizing Factor). Auch dessen Bedeutung für die Prävention und Behandlung von Barrierestörungen betonte Prof. Kligman immer wieder und übernahm damit eine Vorreiterrolle.
In jüngster Zeit hat sich gezeigt, dass der NMF darüber hinaus der wichtigste natürliche Schutz der Haut gegen freie Radikale ist. Damit wird die Bedeutung vieler Radikalfänger fraglich, die heute noch als Anti-Aging-Wirkstoffe gelten. Insbesondere in diesem Bereich zeigen sich die für die Kosmetik typischen Marktmechanismen - der wellenartige Verlauf der Aktualität von Wirkstoffen: Das bedeutet, sie kommen und sie gehen. Kaum hat sich der Verbraucher an einen Wirkstoff gewöhnt, ist ein neuer und angeblich viel besserer da. Dieser marketing- und werbetechnisch gesteuerte Mechanismus wird sich in Zukunft fortsetzen, doch voraussichtlich nicht zu einer substanziellen Verbesserung von Anti-Aging-Produkten beitragen. Im Gegensatz dazu wird etwa der "alte" NMF auch in Zukunft noch sehr aktuell sein. Das gilt auch für viele weitere, bekannte und bewährte Wirkstoffe, die nach wie vor gefragt sind, z. B. Vitamine oder essenzielle Fettsäuren.

Alte Wirkstoffe - immer noch aktuell

Das Rad komplett neu zu erfinden, das ist auch im Bereich der Wirkstoffkosmetik kaum möglich. Viele Substanzen, denen in Anti-Aging-Präparaten wichtige Bedeutung zukommt, sind daher altbekannt und heute noch modern. Das gilt z. B. für die essenziellen Fettsäuren, die in Form der Linolsäure die hauteigene Barriere-Regeneration unterstützen und mittels der aus Linolsäure, alpha-Linolensäure und gamma-Linolensäure gebildeten hauttypischen Metaboliten entzündliche Vorgänge präventiv und therapeutisch unterbinden. Diese Prozesse versetzen die Haut auf Dauer in Stress und lassen sie altern.
Mit dem aus Lecithin gewonnenen Phosphatidylcholin, das Linolsäure chemisch gebunden enthält, hat man gleichzeitig den Grundstoff für Carrier - in Form von Liposomen und Nanopartikeln. Diese wiederum sind ein wichtiger Bestandteil der erweiterten Korneotherapie. Denn mithilfe der Carrier und der mit ihnen transportierten Wirkstoffe wird die Hautbarriere für die Wirkstoffe gezielt auf Durchlass gestellt und nachfolgend durch barriereähnliche Basiscremes wieder geschlossen. Diese Technik eignet sich auch sehr gut für Masken.
Als Wirkstoffe kommen vor allem die Vitamine A, C, E, die Vitamine der B-Reihe und deren Derivate in Frage. Hier wird sich auch in Zukunft nichts ändern, da die Substanzen die Regeneration der Haut nachweislich fördern und sich über Jahrzehnte bewährt haben.

Kosmetik und Medizin

In der jüngeren Vergangenheit sind zwei weitere Wirkstoffgruppen dazugekommen: Phytohormone und maßgeschneiderte Peptide. Beide Gruppen greifen schon recht weit in die Stoffwechselvorgänge der Haut ein. Die Wirkungsnachweise muten sehr pharmakologisch an und deuten eine wichtige Entwicklung an: Die Annäherung von Kosmetik und Medizin.
Medical Wellness wird zunehmend großgeschrieben. Häufig werden Wellness-Angebote mit Anti-Aging-Behandlungen kombiniert. Und der Erwartungshorizont der Kunden ist hoch. Für den Bereich der Kosmetik bietet das neue Möglichkeiten, aber auch Konkurrenz. Denn die gegenwärtige Gesundheitspolitik trägt dazu bei, dass sich immer mehr Ärzte nach zusätzlichen Erwerbsquellen umsehen, um ihre Existenz zu sichern. Und sie entdecken daher ebenfalls diese Grenz- und Synergiebereiche für sich.

Größerer Spielraum

Folglich etablieren sich immer mehr Praxen mit angeschlossenen Hautpflegeinstituten, die sich schwerpunktmäßig auf die genannten Gebiete konzentrieren. Daraus kann eine beachtliche Konkurrenz für die etablierten Kosmetikinstitute erwachsen, die sich auf konventionelle kosmetische Behandlungen beschränken. Dermatologische Praxen können zusätzlich auf medizinische Techniken setzen. Hier gilt es also, mit geeigneten Konzepten und Ausbildungen entgegenzusteuern und sich dieser Tendenzen bewusst zu sein. Die Kosmetikerin sollte nicht übersehen, dass Kundenakquisition und -bindung bei entsprechenden dermatologischen Praxen auf einem sehr einfachen Prinzip beruhen: Der Dermatologe therapiert und die Kosmetikabteilung ist nach der Therapie für die unterstützende Prävention zuständig. Der Dermatologe kann also bereits entsprechende Empfehlungen geben, denen der Kunde bzw. Patient vermutlich nur selten widersprechen wird.
So lassen sich Cremebasen sowohl im medizinischen als auch kosmetischen Bereich anwenden. Eine entzündliche Akne wird so mit einer Basiscreme, die ein Antibiotikum enthält (Magistralrezeptur), ärztlich behandelt und nach Ansprechen der Therapie mit der gleichen Basiscreme, die nun präventiv wirksame Wirkstoffe enthält, weiterbehandelt. So profitiert der Kunde davon, dass dermatologisch und kosmetisch in enger Abstimmung behandelt werden kann.
Klar, dass Sie dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen müssen. Es liegt an Ihnen zu reagieren und sich mit Kompetenz sowie der richtigen Entscheidung für das geeignete Behandlungs- und Produktportfolio ihre Existenz zu sichern.

Differenziertere Sicht

Anti-Aging ist im Prinzip ein Unwort. Der natürliche Altersprozess der Haut ist nicht aufzuhalten. Viele innerliche und äußerliche Einflüsse können jedoch zu einer vorzeitigen Hautalterung führen, die es aufzuhalten gilt.
Jede seriöse Hautpflege muss gegen vorzeitige Hautalterung wirken, wenn sie auf dem Stand der Technik sein will. Einen Unterschied zwischen normaler Hautpflege und Anti-Aging zu machen, ist daher nicht sinnvoll. Anti-Aging-Pflege ist gleichbedeutend mit nachhaltiger Hautpflege und lebt nicht von kurzlebigen Wirkstoffen.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetik International
2008 (9), 47-50

 
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